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geführt wird. Durch einen glücklich kombinirten Marsch konzentrirt General v. Falckenstein seine ganze Streitmacht bei Brückenau und entreißt am 10. Juli dem Gegner die sämmtlichen Defileen der fränfischen Saale, welche die Versammlung der Bayern zur Schlacht decken sollen. Nach einem excentrischen Rückzug steht Prinz Carl am 17. bei Schweinfurt mit wenig mehr als der Hälfte seines Korps in einer Stellung, den Main unmittelbar im Rücken, der gesammten preußischen Armee gegenüber.

Aber auch für lettere waren inzwischen die politischen vor den militairischen Erwägungen maßgebend geworden. Obwohl durch das Vordringen der preußischen Waffen bis an den mittleren Main OberHessen, Nassau, Frankfurt und ein Theil von Bayern vom Gegner ganz von selbst geräumt werden mußten, erschien es, nachdem der Krieg überhaupt entschieden und Friedens - Verhandlungen auf der Basis des uti possidetis in unmittelbarer Aussicht standen, doch erforderlich, jene Gebiete wirklich militairisch zu besetzen. Die bereits eingeleitete Bewegung gegen Schweinfurt wurde aufgegeben und die Armee setzte sich nach Frankfurt in Marsch.

Der bisherige Mißerfolg hatte den Verbündeten gezeigt, wie unumgänglich nöthig es sei, alle Kräfte zusammen zu fassen, wollte man dem Gegner widerstehen. Die ursprünglich gegen Thüringen beabsichtigte Konzentration wurde 20 Meilen weiter rückwärts nach Mittel-Franken verlegt, aber auch diesmal war es weniger ein Entgegenkommen beider Theile, als ein Heranziehen des VIII. an das VII. Korps, durch welches die Vereinigung bewirkt werden sollte.

Prinz Alexander erkannte, daß nur die Behauptung der Mainlinie von Hanau bis Miltenberg seinen schwierigen Flankenmarsch sichern könne, und detachirt auf die wichtige Straße durch den Spessart. Aber schon ist auf dieser General v. Goeben im Anmarsch, schlägt am 13. Juli die hessische Division bei Laufach zurück, und entreißt am 14. der österreichischen das wichtige Defilee von Aschaffenburg, an welchem vorüber das in sich noch nicht versammelte VIII. Korps seinen Marsch auszuführen hat.

Dieser gelingt indeß wegen der von der Main- Armee eingeschla

genen Richtung auf Frankfurt, und am 20. Juli wird an der Tauber die Verbindung mit den vorwärts Würzburg stehenden Bayern glücklich hergestellt. Die Preußen scheinen ihre Ziele erreicht zu haben, von ihnen erwartet man weitere Unternehmungen nicht und beschließt, bei der nunmehr gewonnenen Ueberlegenheit selbst offensiv durch den Spessart vorzugehen. Wartete man preußischer Seits dies ab, so konnte die Armee von ihren Verbindungen mit der Osthälfte PreuBens abgeschnitten und durch ein gelungenes Gefecht auf den Rhein zurückgedrängt werden.

In eben dem Augenblick jedoch, wo nach abermaliger Zeitversäumniß der rechte Flügel des verbündeten Heeres die Bewegung antritt, erscheint, nach kürzester Rast, General v. Manteuffel mit gesammter Macht vor dem linken. Unter kleinen Gefechten vor der Front konzentrirt der Prinz von Hessen seine Abtheilungen hinter der Tauber, aber schon am 24. Juli entreißt General v. Goeben mit der Brigade v. Welzien den Badensern den Uebergang bei Werbach, mit nur einem Theil der Brigade v. Wrangel den Württembergern, trok heraneilender Unterstützungen, Bischofsheim, schlägt am folgenden Tage bei Gerchsheim und bedroht so den Rückzug des VIII. Korps selbst auf Würzburg. Freilich wird dasselbe durch dies kühne Vorgehen des Gegners geradezu auf die Vereinigung mit den Bayern hingedrängt, wenn diese, um es aufzunehmen, sich rechtzeitig versammeln. Allein ihre einzeln heranrückenden Divisionen stoßen bei Helmstadt bereits auf die preußische des General v. Beyer und werden aus ihrer Richtung gedrängt. Am 26. tritt auch General v. Flies hinzu. Die Gefechte werden bei Uettingen und Roßbrunn fortgesezt und der Feldmarschall befindet sich an diesem Tage zum zweitenmal in der Lage, allein eine Entscheidung mit dem Rücken an den Main-Defileen annehmen zu müssen. Denn das VIII. Korps, welches den linken Flügel der Schlachtstellung bei Waldbüttelbrunn bilden sollte, ist bereits in Folge der vorangegangenen unglücklichen Gefechte im vollen Rückzug hinter den Strom.

Gegen die aufs Aeußerste gedrängten Bayern hätte jedoch die Division v. Goeben erst herangezogen werden müssen, welche nach

ununterbrochenen Märschen und Kämpfen an diesem Tage bei Gerchsheim rastete. Der Angriff unterblieb und am 27. Juli befanden die sämmtlichen, aber durch Mißerfolge erheblich geschwächten Abtheilungen der Verbündeten sich in der in ihrer Front völlig unangreifbaren Stellung hinter Würzburg versammelt. Ihr gegenüber aber stand die preußische Main-Armee zwischen den Kontingenten des VIII. Korps und deren Heimath, und durch einen einfachen Rechtsabmarsch wurden selbst die Verbindungen der Bayern bedroht. Außerdem nahte in ihrem Rücken der Großherzog von Mecklenburg im raschen Vormarsch auf Bayreuth mit dem II. Reserve-Korps.

Unter solchen Umständen wurde der Waffenstillstand abgeschlossen, welcher, wie wir wissen, mit dem Frieden endete.

Ohne große Entscheidungsschlacht und nur durch Gefechte nach links und rechts war auf dem westlichen Kriegstheater der Zweck erreicht, daß am Schluß des Feldzugs Preußen im faktischen Besiß des ganzen oder eines erheblichen Theils des Territoriums aller seiner Feinde stand und ihnen die Bedingungen des Friedens vorschreiben konnte.

Einheit in der Führung und rastloses thätiges Handeln hatten die numerische Ueberlegenheit der Gegner ausgeglichen.

13.X.1910

Die Friedens - Verhandlungen und der Rückmarsch der preußischen Armeen.

Unmittelbar nach der Schlacht bei Königgrät hatte, wie wir wissen, der Kaiser von Oesterreich dem Kaiser Napoleon Venetien abgetreten und sich bereit erklärt, seine Vermittelung anzunehmen, um dem Kriege in Deutschland und Italien ein Ziel zu setzen. Dies theilte Kaiser Napoleon dem König Wilhelm in einem Telegramme mit, welches in der Nacht vom 4. zum 5. im Hauptquartier Horiz intraf. Der Kaiser sagte darin, das durch die so großen und schleumigen Erfolge der preußischen Waffen herbeigeführte Ergebniß nöthige ihn, aus seiner Rolle vollständiger Enthaltung herauszutreten; er kenne aber zu gut die hochherzigen Gesinnungen des Königs, um nicht zu glauben, daß dieser, nachdem die Ehre der preußischen Armee so hoch gehoben, nunmehr die Bemühungen, welche er selbst geneigt sei, zur Herstellung des Friedens aufzuwenden, mit Genugthuung aufnehmen und daß ein Waffenstillstand den Weg zu Friedensverhandlungen eröffnen werde.

Die politische Lage war hiermit in eine neue und bedeutsame Phase getreten.

Frankreich hatte, seit der Versuch, die schwebende Frage zwischen Breußen und Desterreich auf einem Kongreß zum friedlichen Austrag zu bringen an der Abneigung Oesterreichs gescheitert, sich jeder Theilnahme an den Begebenheiten enthalten und die Stellung eines beobachtenden Zuschauers bewahrt. Jezt hatte Desterreich seine Vermittelung angerufen; der Kaiser Napoleon bot sie Preußen und Stalien an.

Es lag in der Natur der Dinge wie in der Friedensliebe des Königs, daß die dargebotene Vermittelung nicht ohne weiteres von der Hand gewiesen werden konnte. Die Rückwirkung einer Ablehnung auf die fernere Haltung Frankreichs war um so schwieriger zu berechnen, als geregelte Verhandlungen und diplomatische Korrespondenzen mit den Ereignissen nicht Schritt zu halten vermochten, und als die Intervention Frankreichs sofort eine Publizität erhalten hatte, welche ihren Erfolg unter die Kontrolle der französischen Nation stellte.

Leicht war es möglich, daß Frankreich der wohlwollende Freund desjenigen Theiles wurde, welcher die Vermittelung angerufen und in seine Hand das Opfer niedergelegt hatte, wozu der Mißerfolg des Krieges ihn genöthigt. Nachdem der Moniteur vom 4. Abends die so plöglich eingetretene Phase einmal verkündigt hatte, wurden in Frankreich selbst zahlreiche und bedeutende Stimmen laut, welche ein dringlich forderten, daß der Kaiser Napoleon die Vermittler - Rolle übernehmen solle. Die Gefahr abzuwenden, welche in der öffentlichen Meinung eines großen Theiles der französischen Nation lag, und die Weisheit der Kaiserlichen Regierung in der ruhigen Beurtheilung der Verhältnisse zu unterstüßen, war Aufgabe der preußische Politik.

Einen Stillstand der Operationen freilich schlossen sowohl die militairische Situation, wie die gegen Italien übernommene Verpflich tung absolut aus. Preußen und Italien hatten sich gegenseitig zugesichert, nach ausgebrochenem Kriege weder auf Frieden noch Waffenstillstand ohne die Zustimmung des anderen Theils eingehen zu wollen.

Die Entscheidung Seiner Majestät des Königs fiel dahin aus, daß die Vermittelung Frankreichs im Prinzip angenommen, die erforderliche Verständigung mit Italien gesucht, die militairischen Operationen aber mit allem Nachdruck fortgesezt werden sollten.

Noch am 5. wurde von Horiß aus an den Kaiser der Franzosen telegraphirt, daß man seinen Vorschlag annehme und bereit sei, sich über die Mittel zur Herstellung des Friedens zu verständigen. Der Königliche Botschafter in Paris wurde zugleich angewiesen, dem Kaiser die Bedingungen darzulegen, unter welchen die Verpflich

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