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I

Es gelangte nämlich die hessische Division nach Gr. -Lüder, die württembergische konzentrirte sich um Lauterbach, und die österreichischnassauische rückte bis Schotten nach. Freilich war dabei wenig Terrain in der Richtung auf Fulda gewonnen, aber wenn das Korps endlich in sich versammelt werden sollte, so mußte die Tete nothwendig kurze Märsche machen.

Am Morgen dieses Tages hatte Prinz Karl folgenden Befehl an das VIII. Korps erlassen :

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Wegen dem allseitigen Vordringen der preußischen Kolonnen über die Werra ist eine Vereinigung des VII. und VIII. Korps nördlich der Rhön nicht mehr thunlich; ich werde deshalb auf die Höhe Neustadt-Bischofsheim zurückgehen und stelle an das VIII. Armee-Korps die Anforderung, sich in gleicher Höhe zu halten und möglichst rasch die Verbindung über Brückenau und Kissingen herzustellen.

Unmöglich, weitere Maaßnahmen jezt schon zu treffen. Am 7. stehe ich auf der Höhe von Neustadt.

gez. Prinz Karl von Bayern, Feldmarschall."

Auch diesmal war der beabsichtigte Vereinigungspunkt so gewählt, daß dem VIII. Korps die bei weitem schwierigere Leistung zufiel. Die bayerische Armee konnte von Kalten - Nordheim aus Neustadt allenfalls in zwei Tagen erreichen, sie hatte für diesen Marsch wenigstens eine gute Straße im Thale und war durch das Rhön-Gebirge vom Gegner getrennt. Das in sich selbst noch nicht versammelte VIII. Korps hingegen hatte die doppelte Entfernung zurückzulegen und sollte eben jenes Gebirge, Angesichts des Feindes, auf Transversalwegen überschreiten.

Das Hauptquartier des Prinzen von Hessen befand sich im Schloß Eisenbach bei Lauterbach, als am Nachmittage die veränderten Dispositionen des Ober-Kommandos eintrafen. Gleichzeitig erhielt man von einem am 3. zum Prinzen Karl entsandten Adjutanten die telegraphische Benachrichtigung von den Gefechten am 4. und dem

6. Juli.

Vordringen der Preußen im Felde- und Ulster-Thale. Auch der Rückzug des bayerischen Kavallerie - Korps und das Vordringen der Preußen über Hünfeld hinaus wurden jezt bekannt.

Unter solchen Umständen beschloß der Prinz sein. Korps bei Schlüchtern zu konzentriren.

Die Truppen wurden für diesen Zweck am 6. in Marsch gesetzt. Die württembergische Division ging bis Grebenhain und Freiensteinau, sie beförderte noch am selben Tage sehr zweckmäßig eine Abtheilung per Wagen nach Flieden im Fliedener-Thale an die Straße Fulda-Hanau voraus.

Hinter ihr kantonnirte die hessische Division bei Herbstein und Altenschlirf. Die österreichisch-nassauische Division rückte bis Wennings und Seemen vor.

Somit waren jetzt drei Divisionen einigermaßen versammelt, und auch die endlich disponibel gewordene letzte württembergische Brigade, welche inzwischen bis Gelnhausen herangerückt war, wurde nach Sallmünster vorgezogen und somit in nähere Verbindung zum Korps gebracht.

Die bayerische Armee trat am 6. ihren Rückmarsch an, gelangte aber, da nur eine Hauptstraße zur Verfügung stand, Abends nicht über Ostheim und Fladungen hinaus.

Preußischerseits erreichten die Divisionen Beyer und Goeben die Gegend von Fulda, General v. Manteuffel Hünfeld.

Die Division Goeben wurde durch das bei der Armee eingetroffene Füsilier-Bataillon Lippe-Detmold verstärkt.

Im Laufe des Tages war dem Prinzen von Hesseu Nachricht über die Katastrophe bei Königgrät zugegangen. Lage und Aufgabe des VIII. Korps erschienen jezt einigermaßen in anderem Licht.

Nach der schweren Niederlage der österreichischen Waffen war die gemeinsame Offensive aller Verbündeten gegen Preußen völlig gelähmt; kein Erfolg auf dem westlichen Kriegsschauplaze konnte wieder gut machen, was auf dem östlichen verloren war. Die Hauptsache war entschieden und ein baldiger Friedensabschluß stand

zu erwarten. Jeder der alliirten Staaten mußte wünschen, bis; dahin sein Territorium gegen feindliche Invasion gesichert zu sehen und es ist begreiflich, daß der Führer der Kontingente von Hessen, Nassau, Baden und Württemberg sich schwer entschließen konnte, alle diese Länder, durch einen Rechts- Abmarsch nach Bayern, den Jukursionen des Gegners Preis, die Vasirung auf die Heimath auf zu geben. Diese partikularen Rücksichten, welche beim Einheitsstaat wegfallen, erschwerten unstreitig in hohem Grade die Leitung der Operationen durch das bayerische Ober-Kommando, aber eben so traten sie wohl auch dem Prinzen von Hessen in der freien Verfügung über sein aus fünf verschiedenen Kontingenten zusammengesetztes Korps hindernd entgegen.

Schlüchtern, der vom Prinzen Alexander für seine Konzentration zweckmäßig gewählte Punkt war, nachdem Fulda nicht mehr zu erreichen, der leßte, von wo aus in der Defensive die gemeinsamen Interessen noch gemeinsam gewahrt werden konnten. Das VIII. Korps, nach Abrechnung der badischen Division und der Kavallerie gegen 30,000 Mann stark und mit 42 Geschützen ausgerüstet, fand am Eingange des Kinzigsthals starke Stellungen, in denen es das Vordringen der Preußen wesentlich erschweren und möglicherweise das freilich langsame Heranrücken der Bayern abwarten konnte. Dabei blieb der Rückzug nach Frankfurt völlig gesichert. Jedenfalls wäre die Vereinigung der füddeutschen Streitkräfte an der unteren Saale, etwa auf der Linie Hammelburg Gemünden, auch jetzt

noch ganz wohl ausführbar gewesen.

Der Prinz von Hessen glaubte aber, daß es unter den eingetretenen Umständen das Dringendste sei, die Main-Linie von Hanau bis Mainz wieder zu gewinnen und trat sofort den Marsch dorthin an. In der desfallsigen Mittheilung an den Feldmarschall wurde die Hoffnung ausgesprochen, daß man nun die Vereinigung, statt in Franken, auf der Linie Hanau-Aschaffenburg anstreben werde.

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Die bayerische Armee marschirte am 7. Juli nach Mellrichstadt Neustadt. Wollte man etwas thun, um den Anmarsch des VIII.

7. Juli.

Korps zu sichern, so mußte das bei Brückenau wieder versammelte Kavallerie - Korps aufs Neue gegen Fulda vorgeführt werden, es ging aber nach Hammelburg zurück.

Wir wissen, daß der Prinz von Hessen jenen Anmarsch jezt überhaupt aufgegeben hatte. Das VIII. Korps marschirte an diesem Tage auf den Parallel - Straßen über Ortenberg und Birstein, ohne auch nur den Feind gesehen zu haben, zurück. Auf erster ererreichte die österreichisch- nassauische Division Allenstadt und Lindheim, die hessische Gedern und Lisberg, auf letterer gelangten zwei württembergische Brigaden nach der Gegend von Birstein, während die dritte wieder nach Gelnhausen zurückkehrte. Das Hauptquartier des Prinzen kam nach Ortenberg.

Somit war die Vereinigung beider Korps vorerst unmöglich geworden und die bayerische Armee bei Fortsetzung ihres Rückzuges einem Angriffe in der rechten Flanke ausgesetzt.

Noch am selben Tage forderte das Ober-Kommando die Umtehr des VIII. Korps. Dasselbe sollte noch jetzt möglichst weit gegen Schlüchtern vorgehen, dabei aber zugleich eine Brigade nach Gemünden entsenden.

Nicht minder erhielt der Prinz von anderer Seite die entgegengesetzte Aufforderung.

In Frankfurt hielt man bei der eingetretenen politischen Lage der Dinge die Vertheidigung von Mainz und Frankfurt für die Hauptsache, dadurch schüße man ganz Südwest-Deutschland, was einem Marsch gegen Often vorzuziehen sei. Indem der Prinz ersucht wurde, für solchen Zweck Sorge zu tragen, war mit diplomatischer Feinheit hinzugesetzt, daß man in keiner Weise in die militairischen Operationen eingreifen, am allerwenigsten von einer Aktion abhalten wolle.

Wir haben die badische Division und die Reserve - Kavallerie am 3. in der Gegend von Gieffen verlassen.

Der Auftrag des Prinzen Wilhelm war, Frankfurt und die Mainlinie zu sichern, die linke Flanke des VIII. Korps zu schüßen.

Beide Aufgaben ließen sich bei dem Vorrücken des lettern bis in die Höhe von Fulda nicht vereinen.

Die Kavallerie hatte das Land in nordöstlicher Richtung aufgeklärt, war von Giessen über Heskern, Homberg nach Alsfeld vorgegangen und kehrte über Grünberg und Hungen nach Friedberg zurück. Sie bestätigte das Vorgehen des Feindes im Fulda-Thale und meldete, daß bis Cassel nichts vom Feinde stehe. Eine Gefahr drohte von dieser Seite nicht, dagegen war man in Mainz und Frankfurt fortdauernd lebhaft beunruhigt wegen preußischer Unternehmungen im Rheinthal. Anstatt seine Kräfte gn der Lahn zu zersplittern, war daher Prinz Wilhelm von Baden am 5. nach Butzbach, am 6. nach Vilbel hinter die Nidda zurückgegangen.

Der Prinz von Hessen billigte diesen Rückzug nicht, obwohl er durch dieselben Motive veranlaßt war, welche das VIII. Korps bestimmt hatten, zurück zu gehen: die Sorge um Frankfurt und die Mainbasis. Die Division wurde wieder nach Friedberg vorbeordert.

Durch seinen Abmarsch auf Frankfurt tritt jezt das VIII. Korps außer Beziehung zu den nächsten kriegerischen Ereignissen und wir dürfen es vorerst außer Betracht lassen.

Die preußische Armee hatte an diesem Tage Ruhe in ihren Kantonnements um Fulda gehabt.

Bei der bayerischen Armee hatte das schlechte Wetter der lezten 8. Juli. Tage, nach der vorhergegangenen großen Hiße und bei gänzlichem Mangel an Stroh für die Bivouaks, nachtheilig auf den Zustand der Truppen gewirkt. Man glaubte, mit Rücksicht auf ihre Gesundheit und Schlagfertigkeit, größere Anstrengungen vermeiden zu müssen. Die Truppen sollten daher in kleinen Märschen, wie dies freilich schon am 6. und 7. geschehen, nach Poppenhausen zurückgeführt werden. Unter leichter Besetzung der Saal-Defileen vor der Front wollte man dort in günstiger Stellung dem Gegner die Schlacht anbieten. Aus nicht wohl ersichtlichen Gründen wurde angenommen, daß die Preußen nicht vor dem 11. Juli an der Saale erscheinen

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