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31. 5.

Frhr. Gans Edler zu Putlih, v. Kloeden, v. Walther und Kronegk, v. Pape, v. Werder und viele Andere.

Die Gesammtzahl der Theilnehmer am Festessen betrug etwa 180 Personen.

Die meisten Gäste wurden bereits am 31. Mai Abends im Garten vom Offizierkorps begrüßt. Leider mußten eines heftigen Regens wegen bald die heißen Kasinoräume aufgesucht werden, die kaum im Stande waren, die Gäste zu fassen. Man trennte sich erst spät; die Heiterkeit der Jugend wirkte auf einige der älteren Herren ansteckend, unter denen Landrath v. Klizing (1850-56 im Regiment) Alle in ausgelassener Laune mit sich fortriß.

1. 6. Am 1. Juni um 12 Uhr Mittags stand das Regiment im Paradeanzug mit enthüllten Fahnen in einem Viereck, dessen eine Seite von den Vorgesetzten und Gästen eingenommen wurde. Der Kronprinz, sämmtliche Vorgesezte und die meisten Gäste waren hierbei zugegen.

Der Regiments-Kommandeur, Oberst v. Sannow, hielt eine kernige, zu Herzen gehende Ansprache, deren Inhalt kurz die Geschichte des Regiments bildete. Mit dreimaligem Hurrah unter präsentirtem Gewehr auf Se. Majestät schloß er seine Rede. Er verlas sodann die vom Kaiser aus Anlaß der Feier verliehenen Gnadenbeweise - Oberstlieutenant 3. D. v. Flotow erhielt den Charakter als Oberst, dem Hauptmann a. D. Frhr. Hiller v. Gaertringen wurde die Regimentsuniform und dem Feldwebel Schwarze das Allgemeine Ehrenzeichen verliehen. Ein Parademarsch in Zügen, den der Kronprinz abnahm, beschloß die militärische Feier des Tages.

Um 12 Uhr fand das gemeinschaftliche Essen der früheren und jezigen Unteroffiziere im Eiskeller statt. Viele Offiziere begaben sich dorthin, um ihre alten Untergebenen zu begrüßen. Um 4 Uhr begann das Festmahl des Offizierkorps. An den Eingängen des Speisesaals standen Doppelposten in getreuen Nachbildungen der 3 verschiedenen Uniformen, die das Regiment während seines 50jährigen Bestehens getragen hat.

Bei jedem Gedeck lag außer der sehr hübsch gezeichneten Speisenfolge eine jahrgangsweise geordnete Liste aller Offiziere des Regiments seit seinem Bestehen und ein Abdruck des von E. v. Wildenbruch zum Stiftungsfest verfaßten Gedichts „Gesang vom weißen Adler auf gelbem Felde".

Der Kronprinz saß zwischen den beiden Feldmarschällen, ihm gegenüber der Oberst. Auch der Kriegsminister General der Infanterie v. Kameke nahm an der Tafel Theil; ebenso die Stadtverordneten

Jürst und Kauffmann, die aus Anlaß dieses Festes in anerkennender Weise Geldstiftungen zu Gunsten des Regiments gemacht hatten.

Das erste Hoch brachte auf Befehl des Kronprinzen Generalfeldmarschall Herwarth v. Bittenfeld auf Se. Majestät aus, ihm folgte der Kronprinz, der mit folgenden Worten das Regiment feierte:

„Das Regiment, das heute den 50. Jahrestag seines Bestehens feiert, hat insofern eine besondere Geschichte, als es die ersten 40 Jahre seines Bestehens im Frieden gelebt hat und seine Kriegstüchtigkeit erst spät vor dem Feinde beweisen konnte. Was aber in dieser langen Friedenszeit das Regiment zu leisten vermocht hatte, beweist der Umstand, daß zwei sieggekrönte Generalfeldmarschälle und eine Anzahl anderer berühmter Generale aus seinen Reihen hervorgegangen find. In gleicher Weise wie die älteren Regimenter hat sich auch das Garde-Füsilier-Regiment allenthalben in Krieg und Frieden ehrenvoll ausgezeichnet und sich die vollständige Zufriedenheit des Obersten Kriegsherrn erworben. Das Regiment darf mit Stolz auf seine Geschichte blicken; wir wollen hoffen, daß es mit denselben Gefühlen dereinst seinen 100. Geburtstag feiert! In diesem Sinne trinke ich auf die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft des Regiments.“

Begeisterter Jubel folgte diesem Trinkspruche, worauf die Musik den zu diesem Tage vom Stabshoboisten Frese verfaßten „Jubiläumsmarsch" spielte.

Nunmehr brachte Oberst v. Sannow ein Hoch auf die hohen Gäste und alle alten Kameraden des Regiments aus; diesen dankte er besonders für ihr schönes Geschenk, das in einem prächtigen auf reich geschnißtem Pulte ruhenden Album mit den Photographien aller früheren Offiziere bestand.

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Die Rede des Regiments-Kommandeurs sollte der Verabredung gemäß eigentlich die letzte sein. Da erhob sich noch Einer, der DivisionsKommandeur, der alte Pape“. Gewaltig, wie die ganze Persönlichkeit, war auch seine Rednergabe. Wie auf dem Uebungsplatze sein Urtheil schneidig und schneidend, stets in furzer Form das Wesentliche traf, so sprach er auch bei festlichen Anlässen treffend und schlagend, ließ dabei aber den Humor zu seinem Rechte kommen. Der ganze Ruhm des Tages von St. Privat umstrahlte ihn; Jeder sah zu ihm, als zu einem Helden und zu einem Vorbilde empor. Unter seinen Augen hatte das Regiment gegen Desterreich und Frankreich gefochten; Wenige waren, wie er, im Stande, die Thaten des Regiments zu würdigen.

Mit Stolz lauschte das Offizierkorps den anerkennenden Worten,

die er dem Regiment zollte, und mit Begeisterung wurde nochmals in ein Hoch auf das Regiment eingestimmt.

Im späteren Verlauf des Effens ging auf Wunsch des Kronprinzen eine Liste herum, in der jeder Theilnehmer zur Erinnerung für Höchstdenselben seinen Namen eintrug.

Mittlerweile hatten sich die Mannschaften des Regiments, die schon in der Kaserne festlich gespeist waren, in dem Garten der Norddeutschen Brauerei versammelt. Für jede Kompagnie war eine Bude errichtet, in der Erfrischungen gereicht wurden, und in der Mitte des Gartens fanden auf einer Bühne Vorstellungen statt, die Premierlieutenant v. Bergmann eingeübt hatte. Hierzu fanden sich zahlreiche Zuschauer ein, Mannschaften und deren Angehörige, sowie Bewohner des Stadttheils, in dem die Kaserne liegt, die stets regen Antheil an dem Ergehen des Regiments genommen haben. Leider stellten sich auch an diesem Tage ab und zu Regenschauer ein, doch thaten sie dem Frohsinn keinen Abbruch.

Der Kronprinz wohnte der Vorstellung noch lange bei und gewann durch Seine Leutseligkeit alle Herzen; vielfach mischte Er sich unter die Zuschauer und sprach manche in Seiner gnädigen Weise an. Die Vorstellung mußte mehrmals wiederholt werden, da jedes Mal nur ein Theil der Anwesenden ihr beiwohnen konnte. Gegen 8 Uhr verließ der Kronprinz das Regiment. Die frohe Feststimmung hielt die Mannschaften bis spät in die Nacht hinein zusammen. Am anderen Morgen

Kameraden zum Frühstück im

trafen sich die Offiziere mit den alten Gasthaus der Frau Wilde, der früheren

langjährigen Kasinowirthin. Dann schlug die Trennungsstunde und die Anforderungen des Dienstes traten wieder in ihre Rechte.

2. Abschnitt. 1876-1886.

Der weitere Verlauf des Jahres 1876 brachte wenig Bemerkenswerthes. Viele bauliche Veränderungen, so der Anschluß an die Kanalisation und der Abpuß der Kaserne, bereiteten zwar augenblickliche Unannehmlichkeiten, waren aber ihres Nuzens wegen sehr erwünscht.

1877.

Am 31. Januar 1877 starb zu Meran nach langem Leiden 31. 1. Premierlieutenant v. Schaper, tief betrauert vom Offizierkorps, in dessen Reihen er 1866 und 1870 mit Auszeichnung gekämpft hatte.

Der Erbprinz von Sachsen-Meiningen, Hauptmann und Chef der 1. Kompagnie, verlobte sich in diesem Frühjahr mit der Prinzessin Charlotte von Preußen, Tochter des Kronprinzen. Aus Anlaß dieses frohen Ereignisses fand am 16. April eine Hofcour vor dem hohen 16. 4. Brautpaare statt, bei der das ganze Offizierkorps betheiligt war.

Der Garde-Füfilier Herzer, 2. Kompagnie, rettete am 11. Juni 11. 6. mit eigener Lebensgefahr einen Knaben vom Ertrinken im BerlinSpandauer Schiffahrtskanal. Für diese muthige That wurde ihm durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 7. Dezember 1877 die Rettungsmedaille am Bande verliehen.

1878.

Am 18. Januar 1878 wurde Oberst v. Sannow zum General- 18. 1. major befördert und zum Kommandeur der 43. Infanterie-Brigade ernannt. So schmerzlich das Regiment das Scheiden dieses vortrefflichen Kommandeurs empfand, so war auch die Freude darüber, daß ein früherer Offizier des Regiments, Oberst v. Lattre, zum Kommandeur ernannt wurde, eine große.

Arthur v. Lattre, geboren zu Berlin am 31. Januar 1833, Sohn des Wirklichen Geheimen Kriegsrathes im Militärkabinet und Rittmeisters a. D. v. Lattre, entstammte einer ursprünglich französischen Familie, die nach der Aufhebung des Edikts von Nantes nach Süd. deutschland ausgewandert war. Auf dem französischen Gymnasium zu Berlin und im Kadettenforps erzogen, trat er am 26. April 1851 als Sekondlieutenant in das Garde-Reserve-Regiment ein, besuchte 1856 bis

18. 2.

1. 4.

1859 die Allgemeine Kriegsschule und war 1860 bis 1863 zum Generalstabe kommandirt. Am 17. März 1863 wurde er Hauptmann und Chef der 9. Kompagnie des Regiments, aber schon am 16. Mai 1866 in den Generalstab verseht, dem er fast 9 Jahre ohne Unterbrechung angehörte. Im Feldzuge 1866 war er als Generalstabs-Offizier zum Großen Hauptquartier und später zum General-Gouvernement von Böhmen kommandirt. Zum Major wurde er 1867 befördert. Im Jahre 1870 verblieb er bis zum November als Militär-Attachee in Florenz, dann wurde er dem Stabe des Generallieutenants v. Oberniz, des Führers der Württembergischen Feld-Division, früheren Kommandeurs des Regiments, zugetheilt.

Als Oberstlieutenant erhielt er am 12. Januar 1875 das Kommando des 1. Hannoverschen Zufanterie-Regiments Nr. 74 und wurde bald darauf Oberst.

Wissenschaftlich hoch gebildet, war Oberst v. Lattre hervorragend befähigt, das Offizierkorps fortzubilden und zu höchsten Leistungen zu erziehen. Seine in vielen verantwortlichen Stellungen erworbenen Kenntnisse hat er als geistvoller Lehrer und Erzieher seiner Untergebenen voll verwerthet. Die Ueberlieferung und Eigenart des Regiments, mit der er aufs Innigste vertraut war, fand in ihm sorgsamste Pflege.

Man bedauerte sehr, daß er seinem Dienstalter nach voraussichtlich nur wenige Jahre an der Spize des Regiments bleiben fonnte.

Eine der ersten Maßregeln des neuen Kommandeurs war die Einführung regelmäßiger Regiments appells der Unteroffiziere, die am ersten Montage jeden Monats stattfanden. Durch persönliche Einwirkung suchte er das Ehrgefühl und Standesbewußtsein der Unteroffiziere zu heben, den Stolz auf ihr Regiment ihnen anzuerziehen.

Am 18. Februar und den folgenden Tagen wurde die Vermählung des Erbprinzen von Sachsen-Meiningen im Königlichen Schloß gefeiert, zu der viele Offiziere des Regiments eingeladen waren. An diesem Tage wurde der Erbpring als Major und etatsmäßiger Stabsoffizier in das 1. Garde-Regiment 3. F. versezt.

Am 1. April traf das 3. Garde-Regiment 3. F. aus Hannover zum dauernden Aufenthalt in Berlin ein und wurde von den Offizieren der Garnison empfangen. Zur Begrüßung des Offizierkorps fand am 1.6. 1. Juni ein Gartenfest beim Regiment statt, das sehr heiter verlief. Dienstlich war der Zuwachs der Garnison sehr erwünscht, da hierdurch der recht lästige Wachdienst eine wesentliche Erleichterung erfuhr.

Tiefe Betrübniß erfüllte das Regiment, als im Frühjahr 1878 das Leben des heißgeliebten Kaiserlichen Kriegsherrn zwei Male durch 2. 6. ruchlose Hände bedroht wurde. Als sich am 2. Juni die Kunde von einer

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