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Schriften ans Licht kommen seyn, deren Inhalt öfters mit dem Titul wenig übereinstimmt... inzwischen aber muß es alles Politisch heissen, solten es auch allerhand Lappalien aus der Schule oder auf den Trödelmarkt zusammengelesen seyn."

Gleichsam der Geruch des gesellschaftlichen Begriffs politisch ist noch erhalten im Spiritus politicus, d. i. Spiritus odoratus, wie jest der pharmazeutische Ausdruck für Eau de Cologne fautet.

Dresden.

3.

Altes Volkslied.

Danz, danz, Quiselche,1)
Ech gewen der och en Ei!
Do säht dat huddeleg Quiselche:
Ech danz noch net für zwei.

Danz, danz, Quiselche,

Ech gewen der och e Paar Schon!
Do säht dat huddeleg Quiselche:
Ech kann et dafür net dohn.

Danz, danz, Duiselche,
Ech gewen der och ene Mann!
Do säht dat huddeleg Quiselche:
Nu danzen ech, wat ech kann.

Carl Müller.

Das hübsche Liedchen soll am Niederrhein bekannt sein. Mein Gewährsmann hat es in Düsseldorf von einem Herrn in der Mundart vortragen hören. Der 4. Verszeile in Strophe 2 erinnerte er sich nicht ganz genau; sie habe ablehnend und wahrscheinlich so gelautet. Beim Schluß der 3. Strophe wird ein paar Mal herumgetanzt.

Boppard.

4.

H. H. Mönch.

Zu Rückerts „Der betrogene Teufel."

In der Auswahl von Friedrich Rückerts Gedichten von Herm. Fietkau, welche jüngst in Freytags Sammlung deutscher Schulausgaben erschienen ist, vermisse ich zu Bd. II S. 20, wo unser Gedicht aufgenommen, einen Hinweis darauf, daß der Schwank, welcher den Inhalt bildet, unter dem Titel der Bauer und der Teufel" auch in den Märchen der Brüder Grimm (Gr. Ausg. Nr. 189) sich findet. Mancher Lehrer, der dieses bei den Kindern sehr beliebte Gedicht in der Schule durchnimmt, wird das Volksmärchen gern zum Vergleiche herbeiziehen. Nachweise über die

1) Spottname für ein lediges Frauenzimmer.

weitere Verbreitung des wahrscheinlich aus dem Orient herübergekommenen Stoffes in den europäischen Litteraturen giebt W. Grimm im dritten Bande der Kinder- und Hausmärchen (3. Aufl. Göttingen 1856) S. 259. Bemerken will ich hier noch, daß das 19. Gedicht des zweiten Bandes von Fietkaus Auswahl,,Hormusan" zum Vergleiche mit Platens,,Harmosan"; Nr. 23,,Der Blinde“ mit Chamissos „Abdallah“ auffordert.

Northeim.

R. Sprenger.

Über Schülerverbindungen." Von Dr. Franz C. Müller, Nervenarzt in München. München. Medizin. Verlag von Seiz und Schauer (1896; bis jezt 7 Auflagen). 8. 16 Seiten. 50 Pf. Wohl alle sorgfältigen Leser unserer Zeitschrift wissen es dem Herausgeber Dank, daß er seit Anfang sein Streben nach Vielseitigkeit ihres Inhalts besonders in Betreff der angezeigten Bücherneuheiten bethätigt, darin seinen Mitarbeitern mit schönem Beispiele vorangehend, was Fleiß und Umsicht anlangt. Namentlich über alle allgemein pädagogischen Neuerscheinungen sollte, nachdem zu häufigeren Auffahausflügen in dies Gebiet leider der Raum fehlt, berichtet werden, vorzüglich über solche, die vom medizinischen Standpunkte Grundfragen unsers Schulbetriebs beleuchten und uns so manche Rätsel der Unterrichtspraxis lösen helfen. Fr. Nowacks Besprechung der Schrift des berühmten Psychiaters Emil Kräpelin Über geistige Arbeit" (Jena 1894) in dieser Zeitschrift VIII, 858 — 862 liefert einen hübschen Beleg, wie solche Anregungen unser Urteil über die Schülerleistungen fördern können. Das dünne Heft, auf das ich heute die Aufmerksamkeit aller wohlmeinenden Lehrer deutscher Mittelschulen lenken möchte, behandelt einen thatsächlich heiklern, zudem leichter anzupackenden Stoff. Der Münchener Arzt Dr. Fr. C. Müller, ein erprobter Nervenspezialist,1) teilt darin die Erfahrungen eigner achtjähriger Beobachtungen darüber mit und knüpft sein fachmännisches Gutachten in übersichtlicher Gliederung nebst festem Verlangen nach einem Einschreiten daran.

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Von seines großen Genossen Krafft-Ebing Behauptung, die Nervengesundheit des Kulturmenschen werde immer seltner, ausgehend, findet er einen Haupthebel der weithin wütenden Unzufriedenheitsseuche in der schier allgemeinen Nervosität, der man zwar auf allen möglichen

1) Er war erster Assistent des dem König Ludwig II. von Bayern zugeordneten und von ihm mit in den Tod gezogenen Geheimrats von Gudden und selbst bis 1896 Direktor der berufenen Kaltwasserheilanstalt Alexandersbad im Fichtelgebirge, wo ich sein glückliches Eingreifen in meiner Familie schäßen gelernt habe.

sanitären Wegen zu steuern suche, aber ohne überall oder nur in der Regel dem schlimmsten Todfeinde unserer Intellekts- und Gemütsnormalität die ganze Gefährlichkeit beizumessen - dem Alkoholismus. Ich sehe hier viele Kollegen lächeln. Aber ich versichere aufrichtig, wer wie ich, von jeher achtsam bezüglich der nirgends ganz ungebräuchlichen Kneipereien der männlichen Jugend, seit längerer Zeit, zugleich nun selbst vollständiger Abstinent, in der Bewegung wider dieses uralte Erbübel unsers Volkes mitten drin steht und einerseits die verheerenden, ja vernichtenden Wirkungen der narkotischen Genußmittel, anderseits die unglaublich wohlthätigen entschiedener Enthaltsamkeit bis ins einzelne verfolgt hat und zwar alles dies in Bayern, der Hauptstätte der Trinkfitte, tritt der Angelegenheit doch ernster gegenüber.1) Profeffor C. Hilty, der uns das prächtige, gottlob oft aufgelegte Büchlein vom „Glück“ schenkte, weist in dem über „Die Aufgaben der akademischen Jugend" auf Deutschlands jährlichen Alkoholaufwand von zwei Milliarden Mark hin, und Müller druckt diese Angabe gesperrt. Weshalb? Weil er die erdrückende Mehrzahl von Neurastheniefällen bei Gymnasiasten und der= gleichen beinahe ausschließlich auf „Exzesse in Baccho“ zurückführt. Nachdem er nun auf den ersten Blättern durch scharfe Logik unter Beihilfe gewichtiger Zeugen die grimmen Schäden des Alkohols für den menschlichen Organismus und die dadurch herbeigeführte Erstickung der Verstandesobliegenheiten erwiesen hat, leitet er uns (S. 6) mit dem Gedanken Was nügen alle Humanitäsbestrebungen, der Bau prachtvoller Schulpaläste, das Verbot der Hausaufgaben, die aufs peinlichste durchgeführte Individualisierung der Pädagogen, wenn außer der Schule Schädlichkeiten vorhanden sind, die nur in den seltensten Fällen aufgedeckt werden?" zu dem Kernsaße seiner Auseinanderseßungen, der weiterhin - ebenfalls in gesperrten Lettern so formuliert wird: „Außerhalb der Familie hat der heranwachsende Schüler Gelegenheit und Verführung genug zum Alkoholgenuß. Beides, die Gelegenheit und die Verführung, findet sich nirgends besser als in den sogenannten Gymnasialverbindungen, die, vielfach verbreitet, als ein wahrer Krebsschaden zu betrachten sind; durch sie ist manche Familie um ihr Glück, mancher Schüler um seine Zukunft betrogen worden."

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1) Angenehm berührt es da, daß ein Mann, wie der Provinzial-Schulrat Dr. Robert Pilger in Berlin, unmittelbar nach seinem wissenschaftlichen Buche (,,Die Dramatisierungen der Susanna im 16. Jahrhundert") seine Feststellungen ,,Über das Verbindungswesen auf norddeutschen Gymnasien" veröffentlichte, die im Erscheinungsjahr, 1880, sofort neu aufgelegt werden mußten und, ob zwar noch jezt das wesentliche Arsenal für ihren Bezirk, Müller bedauerlicherweise unbekannt zu sein scheinen. Müller zieht dafür etliche medizinische Äußerungen maßgeblicher Geltung in unsern Gesichtskreis.

Aus mehrfachen Gründen halte ich es nicht angebracht, die klaren Darlegungen Müllers hier zu exzerpieren, zumal sie schon an Ort und Stelle knapp und scharf gefaßt sind und so wohl hoffentlich jeden milden Richter oder gar Verteidiger solcher angeblich unschuldigen Freuden umstimmen. Möchten doch alle, die es mit den Zielen unserer höhern Erziehung streng nehmen, sich Müllers Schilderung der einschlägigen Vorgänge bei jenen periodischen Trink-Zusammenkünften, seine ziffernmäßigen Ergebnisse bezüglich der arg bösen Folgen, seine Warnungen gesagt sein lassen und auf ihrem Felde in der Schülerverbindung nicht in erster Linie die Geheimbündelei, sondern die Abtötung der Geisteskraft durch das Bier bekämpfen! Wie sehr in den betreffenden Kreisen Bayerns das Verständnis dafür vorhanden ist, beweist die Aufnahme der ersten viel kürzeren, belegärmeren und der Citate entbehrenden Fassung von Müllers Abhandlung an die Spiße des Schlußheftes vom einunddreißigsten Bande der „Blätter für das Gymnasial-Schulwesen, herausgegeben vom Bayer. Gymnasiallehrerverein“ (1895, S. 657-664). Um so willkommener ist Dr. Fr. C. Müllers Schrift, weil er gebürtiger Bayer, gewesener bayerischer Gymnasiast und Student und seitdem auf diesem Idealnährboden des tiefgreifenden Lasters ansässiger Spezialarzt ist und wirklich alle diese Vorteile, dieser schweren sozialen Krankheit nachdrücklichst zu Leibe zu gehen, ganz und gar ausnußt. Er hat als Arzt zahlreiche Beichten gehört, die kaum einem Geistlichen gemacht worden wären, und stellt nun all sein umfängliches Material in den Dienst der nötigen einschneidenden Reform. Handelt sich's da doch um eins der heiligsten Güter unseres Volkes: um die Stärke und Frische der gebildeten Jugend, also um die deutsche Zukunft. Und wahrlich, nicht Duckmäuserei und philiströse Denkart diktiert mir die Forderung, daß jede Mittelschul- und pädagogische Bibliothek, ja der Alltagsbüchervorrat jedes Mittelschullehrers, der auch mit der Seele im Berufe steht, das keineswegs von Stubenluft durchwehte, von keinem Mäßigkeitsfanatiker geschriebene Heft Müllers anschaffe. München (z. 3. Würzburg). Ludwig Fräntel.

Fischers Ausgabe von J. L. Frischs Schulspiel von der Unsauberkeit der falschen Dicht- und Reimkunst,') dabei etwas von hochund niederdeutschen Leberreimen.

Die Publikationen des Vereins für die Geschichte Berlins haben seit 1865 schon oft das höchste Interesse in der Gelehrtenwelt erregt.

1) Schriften des Vereins für die Geschichte Berlins, Heft XXVI. J. L. Frischs Schulspiel von der Unsauberkeit der falschen Dicht- und Reimkunst. Mit Einleitung und Anmerkungen herausgegeben von 2. H. Fischer. Berlin 1890 (Mittler). 65 S. und XX S. 8°.

Das gilt auch von dieser Ausgabe des Schulspiels von J. L. Frisch. Der Neudruck wird durch die Seltenheit und Wichtigkeit des Schriftchens für die Geschichte des Schulwesens gerechtfertigt. Die in der Einleitung voraufgeschickte Lebensbeschreibung ist bedeutend vollständiger als die von Johann Jacob Wippel, Das Leben des Weiland hochberühmten Rectors an dem Gymnasio zum Grauen Kloster in Berlin Johann Leonhard Frisch, Berlin 1744. Der Verfasser hat die ganze reichhaltige Litteratur herangezogen, so wurde zum erstenmal der auf der Königlichen Bibliothek zu Hannover aufbewahrte Briefwechsel Frischs mit Leibniz berücksichtigt. Fischer hat das vielbewegte Jugendleben des berühmten Schulmannes eingehend und anschaulich dargestellt. 1708 erhielt Frisch das Konrektorat am Grauen Kloster, 1727 wurde er Rektor, welches Amt er bis zu seinem Tode am 21. März 1743 verwaltete. Seine Grabstätte in der Klosterkirche ist heute nicht mehr zu ermitteln, ich habe schon 1883 vergebens danach geforscht. Die Unterrichtsfächer, welche er im Gymnasium vertrat, waren Mathematik und Physik; daneben leitete er die Lektüre des Virgil und Horaz und des griechischen Neuen Testaments. Er verschmähte es nicht, Schulbücher zu verfassen, die nur einem praktischen Bedürfnis dienen und den Schülern die Lernarbeit erleichtern wollten. Daneben war er wissenschaftlich außerordentlich thätig, besonders seitdem er auf Leibniz' Veranlassung 1706 zum Mitglied der Sozietät der Wissenschaften in Berlin ernannt worden war. Sein Wissen war eben universal, dabei gründlich, klar und tief, darin ähnelt er seinem Freunde Leibniz. Seine vielen Schriften hat Fischer eingehend in der Einleitung S. XIV flg. besprochen. Sein Schulspiel, das bei der Aufzählung seiner Verdienste um die deutsche Sprache nicht unerwähnt bleiben darf, enthält nicht, wie man wohl gemeint hat, wesentlich neue und bahnbrechende Ansichten über die Poesie. Schon vor Frisch hatte Christian Weise gegen den Schwulst und die Unnatur der zweiten schlesischen Schule geeifert und verlangt, daß man in der Dichtkunst dahin strebe, „die Sachen also vorzubringen, wie sie naturell und ungezwungen sind." (Vergl. Überflüssige Gedanken der grünenden Jugend, Leipzig 1668, 8°, Vorrede zur zweiten Abteilung.) Auch war Weise wie Christian Gryphius in Breslau bemüht gewesen, in seinen Schülern Sinn und Eifer für deutsche Dichtkunst zu wecken. Ja Gryphius hat etwa zu gleicher Zeit mit Frisch einen ähnlichen Gegenstand in einem Schulspiel zur Darstellung gebracht. Im Jahre 1708 erschien nämlich zu Breslau:,,Der Deutschen Sprache unterschiedene Alter und nach und nach zu nehmendes Wachsthum, ehemahls in einem öffentlichen Dramate auff der Theatralischen Schau-Bühne bey dem Breßlauischen Gymnasio zu St. Maria Magdalena entworffen“. Von der Frische der

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