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Mit den nötigen Gesten vorgetragen wird dies Gedicht seinen Eindruck auf die Zuhörer nicht verfehlt haben.

8. Nr. 289. „Antwort ainer schwanckschrift."

Zeitschr. f. d. deutschen Unterricht. 10. Jahrg. 11. Heft.

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Ein weiterer Punkt, weswegen man Herrn Professor Goeße für diese Neuausgabe von Hans Sachsens Fabeln und Schwänken dankbar sein muß, ist die chronologische Anordnung, die es uns erleichtert, uns ein Bild von der künstlerischen Entwickelung des Dichters zu machen. Es ist hier nicht der Ort, auf diese Frage, für deren Lösung noch manches zu thun bleibt, näher einzugehen. Daß aber, beispielsweise was Hans Sachsens Wig betrifft, deutlich eine gewisse Entwickelung stattgehabt hat, wird den aufmerksamen Lesern des Buches nicht entgehen.

Endlich aber ist der Wissenschaft ein großer Nußen erwachsen durch die reichen Anregungen, die Goeße durch zahlreiche dem Texte beigegebene Anmerkungen und Nachträge insbesondere über die Quellen des Dichters gegeben hat. Auf diesem Gebiete ist ihm auch bereits A. L. Stiefel mit umfassenden Untersuchungen gefolgt, die ohne die neue Ausgabe der Fabeln und Schwänke schwerlich angestellt worden wären. Denn die große Tübinger Ausgabe, nur für die Mitglieder des Stuttgarter Litterarischen Vereins gedruckt, ist überdies durch ihre Umfänglichkeit und die Art ihrer Anordnung weniger dazu geeignet, solche und ähnliche Studien zu unterstüßen, sie genußreich und erfolgversprechend erscheinen zu lassen, als die durch die trefflichen Vorarbeiten Goezes, dann aber ganz besonders auch durch ihre Handlichkeit, Übersichtlichkeit und Billigkeit ausgezeichnete neue Ausgabe.

Solche und ähnliche Studien - damit komme ich zu dem lezten Abschnitt meiner Besprechung, einer kurzen Skizzierung dessen, was als weitere Folge von Goeßes Buch zu erhoffen steht oder doch gewünscht werden muß. Zunächst können die Untersuchungen über Hans Sachsens Quellen auch durch Stiefels Arbeiten noch nicht als abgeschlossen betrachtet werden. Dann aber und vor allem sollte man sich auch der Frage, wieweit Hans Sachs von Späteren benußt worden ist, mehr, als es bisher geschehen, zuwenden. Denn gerade daraus würde sich das Maß des Einflusses, den er auf Mit- und Nachwelt geübt, genauer bestimmen lassen. Freilich handelt es sich dabei zumeist um die verhältnismäßig geringen Reste der eigentlichen Volkslitteratur des 16. bis 18. Jahrhunderts, die uns erhalten geblieben sind, um die Flugschriften und Einblattdrucke, jene Eintagsfliegen der Litteratur, deren Geschichte wie die der litterarischen Makulatur überhaupt ein wichtiges aber noch ungeschriebenes Kapitel in der Geschichte des Geisteslebens unseres Volkes bildet. Auf manche dieser Erzeugnisse ist bereits von Goeze und Stiefel, dann aber namentlich auch von Albert Richter in seinem Auffaze: Hans Sachsens Fortleben im 17. Jahrhundert1) hingewiesen worden. Andere Drucke der Art

1) Zeitschr. für Deutsche Kulturgeschichte III. Folge, 3. Jahrg. (1893) S. 355 flg.

würden sich bei Nachforschungen in den größeren Bibliotheken und Kupferstichkabinetten gewiß noch in beträchtlicher Zahl nachweisen lassen. So besißt das Germanische Museum außer mehreren schon bekannten Neudrucken, bezw. Bearbeitungen Hans Sachsischer Gedichte auch ein solches Flugblatt, das sich uns als eine Kontamination der beiden Schwänke von dem Ei,,mit den achtzehen schanden" (Nr. 73 und Nr. 178) und vermutlich einen ziemlich späten Druck der von Weller unter Nr. 106 angeführten und von Goeße I, 505 Anm. zitierten Umarbeitung darstellt. Es trägt die Überschrift: „Kurtzweilige vnd lächerliche Erzehlung, Wie einer in einer Gastung wol achtzehen Schanden an einem weychen Ey begangen, eh er dasselbe gar gessen hat," weist einen rohen Holzschnitt auf und ist „Gedruckt zu Nürnberg, durch Johann Lanzenberger, Anno MDCX."

Andere Einblattdrucke, wie etwa ein noch der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts angehöriges Blatt mit der Abbildung des Narrenfressers (,,Secht an jhr Freundt den erschröcklichen Mann, genandt der Narrenfresser" etc.), fönnen zwar gleichfalls durch Gedichte Hans Sachsens angeregt worden sein, bieten aber im Texte nur wenig oder gar keine direkten Berührungspunkte.

Weiter aber legt die neue kritische Ausgabe der Fabeln und Schwänke aufs Neue den Wunsch nach grammatischen Untersuchungen namentlich über die Sprache des Hans Sachs, dann auch über den Nürnberger Dialekt selbst und über das Verhältnis von jener zu diesem nahe. Der Wortschatz unseres Dichters z. B. ist ein ungemein reicher, und man hat sogar beim Lesen nicht selten das Gefühl, daß sich Hans Sachs dieses oder jenes oft recht bezeichnende Wort selbst erst geschaffen habe. Der= artige Nachweise, wie auch die Erklärung mancher ziemlich dunkler Worte würden nicht wenig zum besseren Verständnis des alten Meisters, seines Wesens und seiner Werke beitragen.

Und welche Perspektiven eröffnen sich erst, wenn wir an die Ausbeutung dessen, was uns Hans Sachsens Fabeln und Schwänke bieten, zu kulturgeschichtlichen Zwecken denken!

Doch nicht nur an den Gelehrten, den Fachmann wendet sich, wie ich bereits oben betont habe, Goezes Buch; es könnte bei einigem freundlichem Entgegenkommen auch in den Kreisen gebildeter Laien zu einem wahren Hausbuch und zu einer Quelle echten Genusses werden. Diesen Erfolg vor allem möchte ich der neuen Ausgabe wünschen.

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Bu Eichendorffs Novelle „Aus dem Leben eines Taugenichts“. Von Ludwig Kemmer in Aschaffenburg.

,,und wenn sie nicht gestorben sind, leben sie heute noch," flang es mir im Ohr, als ich zum ersten Male die Novelle gelesen hatte. So schloß meine Mutter ihre Märchen, froh, des kleinen Plagegeistes Märchendurst gestillt zu haben. Daß ich ein Märchen gelesen hatte, belehrte mich damals das Erwachen dieser Worte. Seitdem habe ich die Novelle oft gelesen, in vielen guten Stunden, jener erste Eindruck ist aber nicht verwischt worden. Hier zunächst eine Übersicht über den Inhalt des Märchens," dann einen Blick unter des Taugenichts schlichten langen Rock, wie es darunter golden schimmert von des Märchenprinzen Gewand.

Der Held, ein Jüngling „näher dem Knaben," wird von seinem Vater in die Welt geschickt, daß er selber sein Brot verdiene. Wanderfroh mit leichter Habe zieht der Taugenichts zum Dorf hinaus. 'In Gesang und Geigenspiel jubelt er seine Freude aus. Dadurch erregt er das Interesse zweier desselben Weges fahrenden Damen. Sie nehmen ihn mit auf ein Schloß in der Nähe von Wien. Dort wird er Gärtnerbursche. Die jüngere der beiden Damen hat es ihm angethan. Bei ihr weilen seine Gedanken, ihr gelten seine Lieder. Durch die Gunst der Herrschaft bekommt der junge Fant die erledigte Stelle des Einnehmers. Zeit zum Träumen hat er nun noch mehr, wie als Gärtnerbursche, so träumt er hoffend und bangend den ersten Liebestraum, bis er bei einem Feste im Schlosse seine vielschöne gnädige Frau" am Arme eines Kavaliers, ihres Gemahls, wie er meint, auf den Balkon treten sieht. Aus allen Himmeln stürzt ihn dieser Anblick.

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Da wacht die alte Liebe in thm auf, die Liebe zum Wandern, und arm, wie er gekommen, scheidet er vom Schlosse und wandert wieder in die Welt,,,so weit der Himmel blau ist." Nach Italien steht sein Sinn, nach dem schönen Lande,,,wo die Pomeranzen wachsen.“ Mit seinem Geigenspiel schlägt er sich durch.

Zwei Maler, wie sie sich nennen und tragen, in Wahrheit ein junger Graf und seine Braut, die Tochter des gräflichen Hauses, bei dem unser Held als Einnehmer bedienstet war, nehmen ihn mit nach Italien, als lustigen Reisegefährten und als Bedienten. - Durch die Flucht hoffen die Beiden, die ihrer Liebe entgegenstehenden Hindernisse zu überwinden. Nicht lange, und das Pärchen muß, um seine Ver

folger zu täuschen, einen andern Weg einschlagen und läßt den Einnehmer, der den plözlichen Umschwung der Verhältnisse verschläft, auf dem vorausbestellten Postkurse allein fortfahren. So kommt der Held auf ein Schloß, auf dem der Graf ursprünglich seine Braut zu bergen gedachte, wird dort für die verkleidete Verlobte des Schloßherrn gehalten und entsprechend geehrt. Da kommt ihm ein Briefchen zu Händen, worin die vielschöne gnädige Frau die junge Gräfin auffordert, zurückzukehren, da alle Hindernisse beseitigt seien. Das Briefchen ent behrt der Anrede, so bezieht er das darin ausgesprochene Sehnen der geliebten gnädigen Frau auf sich, und mächtig kommt die Liebe wieder über ihn. Es zieht ihn nach der Heimat, zur Geliebten. Wie er aber vom Abreisen spricht, wird er von der Schloßverwalterin, die mit den Verfolgern der flüchtigen Verlobten in Verbindung steht, eingeschlossen. Nun wird ihm unheimlich, er flieht und kommt nach Rom.

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Wie ein Irrlicht erscheint ihm hier bald da bald dort das Bild der Geliebten, bis er endlich nach mancherlei Abenteuern die Gewißheit erhält, daß sie in Deutschland weilt. Nun leidet es ihn nicht mehr in Italien, er wandert noch zur selbigen Stunde zum Thore hinaus.

Froh grüßt er bald vom Berge sein Heimatland und in fröhlicher Gesellschaft fährt er die Donau hinunter zur Geliebten, die sehnend seiner harrt. Bei ihr erfährt er nun, daß sie keine Gräfin, sondern die Gesellschafterin der Gräfin sei, in deren Schloffe sie weilt, daß ihn eine Galanterie, die in jener Ballnacht der Sohn der Gräfin ihr erwiesen habe, in die Welt getrieben, auch daß der Brief, aus dem er zuerst frohe Sicherheit gewonnen hatte, daß seine Liebe erwidert werde, nicht ihm gegolten habe, und er lacht über seine Blindheit und freut sich seines Glücks- und es ist alles, alles gut.

Dies ist der Inhalt der Novelle.

Betrachten wir nun die Unwahrscheinlichkeiten und Unklarheiten, welche im Verein mit dem Mangel bestimmter Lokalfärbung der Novelle den Charakter ein Märchens verleihen.

Gleich der fang hat etwas vom Märchen. Vater und Sohn scheiden so plötzlich und so leicht voneinander, wie ein richtiger, nüchterner Märchenvater und ein richtiges Märchenkind, das Feen umsorgen, weil es die Eltern verstoßen. Dieser Eindruck wird ja bald etwas gemildert. Wenn dem Sohne auf der Fahrt nach dem Schlosse sein Heimatdorf einfällt und sein Vater und die Mühle, so erkennt man, daß Vater und Sohn doch ein Liebesband umschlingt und muß auch des Alten gedenken, wie er vielleicht um dieselbe Zeit seinen Lerchenfröhlichen Taugenichts vermißt. Allein der erste Eindruck ist immer der, als wenn Vater und Sohn so recht märchenlieblos und märchensorglos voneinander schieden. ✔

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