entstehende Ungunst in vier kurzen Zeilen und in herzlich flauer Weise mehr angedeutet als beschrieben wird. Daß der Dichter absichtlich bei dem zu Ende gehenden Traum die Bilder habe verschwimmen lassen, ist möglich, aber nicht wahrscheinlich. So feiner Mittel pflegt sich Hans Sachs zur Erzielung seiner Wirkungen nicht zu bedienen. Den eigentlichen Grund für jenes Mißverhältnis werden wir wohl in der Anlage des Gedichtes als Meistergesang zu erblicken haben, wobei dem Dichter plöglich eingefallen sein mag, daß er sich ja einen Teil der vor= geschriebenen Verszeilen, eben das ganze dritte Gefäß, für die aus dem Gedichte zu ziehende Moral reservieren müsse. Immerhin zeigt sich uns Hans Sachs in diesem Gedichte als ein Volkslehrer, dessen ernste und wohlgemeinte Mahnungen ihre Wirkung auf die Zuhörerschaft nicht werden verfehlt haben. " In weit höherm Maße noch ist dies der Fall bei dem dritten der hier mitzuteilenden Meistergesänge, der in den von mir benußten Handschriften (cod. germ. fol. 23. BI. Z. 2b; cgm. 4998 Bl. 51 flg.; cod. dresd. M. 194 Bl. 126b) Der Traum", „Der schöne Traum" oder „Der wunderschöne Traum“ überschrieben ist und nach der Münchener Handschrift aus dem Jahre 1530 stammt. Er ist in Regenbogens überlangem Tone" gedichtet, einer Strophenform, die bei ihrer Länge und der komplizierten Verschränktheit ihrer Reime auf uns stellenweise kaum noch den Eindruck einer Reimerei macht, und liest sich daher für uns am besten in der Weise gemischter Rhythmen, nicht holperiger als manche solcher Erzeugnisse von heutzutage. Immerhin verdunkelt indessen die abstruse Form des Gedichtes die eigentliche Schönheit desselben nicht unwesentlich. Einmal lag ich Vor einem herrlichen Palast, Stund überall Der war von Mermelquader. Fein war das Dach, Von Kupfer braun, Das Fensterwerk; Zu oberst an der Burg erglast Von Gold ein' Sonnenuhr, 1. Golden waren die Zinnen, Sah ich ein' Zaun Von Zedernholz, Die Pforte war von Flader. Ich trat auf die Schlagbrücken Von minniglichen Bilden Da war ich gon Zu dieser Pforten Und blickte heimlich da hinein, Wurden gehort, Die adeligen Jungen Nach den Drommeten, Flöten Hoffelich sprungen. In jedes hat Von sechem Wat Ein töstlich Schauben, Ring', Ketten, gold'ne Borten. Herrlich war der Frauen Gebend Darauf het jeds ein Rosenkranz; Der Männer fürstliches Gewand, Von Sammet, Seiden und Daffant, Ich kam hinein Und sah die Tisch Mit Pfellertuch Bedecket all, Mit Teppichen den Saal geziert. Mitten stund im Palaste Bu köstlich reicher Speise. Sieh, manche Blum' Zu Tisch man süßiglich hofiert' Der Dienest-Leut' Nach Art höfischer Weise. Als ein End het das Mahle, Stunden sie auf, Ein' Sommerrei’n sie sprungen, Lieblich Gesang 2. 3. Schau, in dem kam Und mähet' ab und auf, Herein der Tod, Mit sich er trug Ein Sensen scharf Und trat grausam in diesen Saal Bald starb, wen er da trafe. Die fröhlich' Rott', * So die Münchener Handschrift; die anderen beiden Handschriften weisen das weniger leicht verständliche, aber wohl richtigere,,marusscadantz“ auf. Von solchen morisken, morischen Tänzen, bei denen sich die Teilnehmer schwarz kleideten und wohl auch Hände und Gesicht schwärzten, ist in den Nürnberger Ratsprotokollen häufig die Rede. Dreizehn Jahre später verfaßte Hans Sachs ein Spruchgedicht, das in der großen Tübinger Ausgabe von Hans Sachs' Werken Band I Seite 437 flg. abgedruckt ist und sich der Hauptsache nach als eine Umdichtung des oben mitgeteilten Meistergesanges darstellt. Der Dichter mag dazu durch eine Totentanzdarstellung angeregt worden sein. Formell allerdings viel lesbarer als der Meistergesang, steht diese Umdichtung doch an Bedeutsamkeit des Inhalts hinter demselben zurück. Es ist hier nämlich an die Stelle der fröhlichen Festgesellschaft des Meistergesangs ein einziger mächtiger und reicher Herr getreten, der in langem Selbstgespräch dem Glücke dankt und sich des endlich erlangten Reichtums und seiner weitreichenden Macht rühmt, bis dann heimlich und leise ,der Tod mit düssmichem glenster Hin ein den sal stig durch ein fenster" und ein Stuhlbein von dem Thron des Reichen losreißt, sodaß dieser augenblicks zur Erde stürzt und das Genick bricht. Handlung und Moral haben dadurch viel von ihrer Ursprünglichkeit, ihrer lebendigen Eindringlichkeit, ihrer Großartigkeit und auch ihrer Allgemeingültigkeit - es wird mehr die Überhebung bestraft, als über: haupt an die Vergänglichkeit aller irdischen Lust gemahnt — eingebüßt und auch der, wie im Meistergesang an Hiob anknüpfende, aber der leicht veränderten Situation angepaßte Schluß wie mir scheint nicht unwesentlich gelitten. Troß der Künstlichkeit der Form merkt man bei dem Meistergesange deutlich, daß der Dichter hier mehr sein unmittel bares Empfinden wiedergegeben, als sich durch ein Vorbild hat beein flussen, mehr die Phantasie, als seinen Verstand hat walten lassen, und eben das macht uns dieses Traumgedicht so wertvoll und weist ihm einen Ehrenplag unter den zahlreichen Schöpfungen des alten Meisters an. Sprechzimmer. 1. Zu Annette Drostes Knaben im Moor. S. 556 flg. des vorigen Jahrgangs bemüht sich Sprenger vergeblich um die Erklärung der Zeile:,,Hu, hu, es bricht wie ein irres Rind." An mhd. brëhen, das er herbeizieht, ist nicht zu denken; ein so völlig verschollenes Wort würde die Dichterin, wenn es ihr überhaupt bekannt war, auf keinen Fall gebraucht haben. Was sie aber sagen will, ergiebt sich unschwer aus ihren übrigen Gedichten. In der Ballade „Der Geierpfiff" heißt es von einer jungen Dirne, die sich im Walde verirrt hat: Siehst du sie brechen durchs Genist Der Brombeerranken, frisch, gedrungen, Vor Übermut vom Stiel gesprungen. Desgleichen im „Hirtenfeuer“: Da bricht ein starker Knabe Aus des Gestrippes Windel; und in der „Jagd": Die Bracken brechen aus Genist und Tann. Namentlich kommen folgende drei Stellen in Betracht: 2. Sprechen kann er nicht, aber er denkt desto mehr. ,,Schwäge kann hä frelich net, aber hä diankt soi Döähl!" heißt es von dem Uhu als Papagei bei Otto Müller: Münchhausen im Vogelsberg (1876). Neuer deutscher Novellenschat, herausgegeben von P. Heyse und L. Laistner Bd. 2, S. 160. Danzig. 3. k. Prahl. Zu Franz Kuglers Lied an der Saale hellem Strande". Eines der verbreitetsten und beliebtesten Studentenlieder ist Franz Kuglers, an der Saale hellem Strande" aus dem Jahre 1826 ge= worden. Es lautet: An der Saale hellem Strande Zwar die Ritter sind verschwunden, Droben winken holde Augen, Freundlich lacht manch' roter Mund: Wandrer schaut wohl in die Ferne, Schaut in holder Augen Sterne, Herz ist heiter und gesund. Und der Wandrer zieht von dannen, Denn die Trennungsstunde ruft, Und er singet Abschiedslieder, Lebewohl tönt ihm hernieder, Tücher wehen durch die Luft gesungen, aber nicht nach gleicher Es ist interessant zu beobachten, Auch im Volfe wird das Lied Melodie und nach völlig anderm Text. Liebeslied umgeformt ist. in welcher Weise das Kuglersche Lied im Sang des Volkes zu einem Erhalten ist vom Ursprünglichen mit geringer Seine zwei ersten Zeilen bilden jedesmal den Anfang der folgenden Verse. Im Inhalt klingt an Kuglers Lied nur Der Text lautet im Volksmund: noch das Motiv des Abschieds an. An der Saale kühlem Strande Wolken ziehen drüber hin. An der Saale kühlem Strande Gedenket seiner Liebsten nie. An der Saale kühlem Strande Doch ich muß scheiden, muß dich verlassen, Beitschr. f. d. deutschen Unterricht. 10. Jahrg. 9. Heft. 41 |