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Könige von Jemen, bald mit dem altiranischen Könige Feridun identifizierte und der den großen Wall gegen Gog und Magog (die nördlichen Völker der unerforschten Gebiete hinter dem Kaukasus und Himalaja) errichtet haben soll. Mit diesem unternahm er der Sage nach einen Zug in das „Land der Finsternis".) Hier entdeckte er als Führer des Vortrabes in einem Thalgrund den Quell des Lebens, trank daraus, badete sich und wusch seine Kleider darin, während Zu-lkarnein von der Richtung, die ihm Chidr wies, abirrte und den Rand der Quelle verfehlte.

Den Beinamen Zu-lkarnein erhielt aber in der morgenländischen Sage auch Alexander der Große, und so tam es, daß Chidr später dessen Wesir wurde und der erzählte mythische Vorgang in die Alexandersage überging. Durch ein seltsames Mißverständnis Mohammeds fand er nun aber sogar Aufnahme in den Koran. Die 18. Sure erzählt nämlich, wie Moses den nach arabischer Vorstellung gemeinsamen Ursprung aller süßen und salzigen Wasser der Erde aufsucht; auf seiner Wanderschaft gesellt er sich dabei einem frommen Diener Gottes, den er bei der Vereinigung der beiden Meere" antrifft und der dann im Fortgang der Reise allerlei Unbegreifliches und scheinbar Ungerechtes thut, was sich hinterher als weise Vorkehrung zu Lebensrettungen und Beglückungen herausstellt. Die Koranausleger sahen in diesem merkwürdigen Manne sehr bald unsern Chidr. Eine der Ursachen dieser Gleichsetzung war sehr wahrscheinlich der Umstand, daß auch Moses als ein Zu-lkarnein galt. Wir lesen 2. Moses 34, 29: „Da nun Mose vom Berge Sinai ging... wußte (er) nicht, daß die Haut seines Angesichts glänzete." Für Luthers glänzete" hat Aquila und die Vulgata,, war gehörnt", wie denn die lettere auch die gehörnte Darstellung Mofis in der christlichen Kunst veranlaßt hat. Im Hebräischen steht kāran „strahlte“, ein Denominativ von keren „Horn“, „Kraft“, „Strahl“; die Strahlen der Sonne erschienen dem Morgenländer als Hörner.

Da Chidr somit ein Zeitgenosse des Moses geworden war, sahen ihn die Koranlehrer bald bestimmter in Aarons Enkel Pinehas,

1) Nach den Vorstellungen der alten Araber lag dies in dem ihnen noch völlig unbekannten Südwesten Afrikas; auch der Ozean in diesem Weltteile war ihnen ein,,Meer der Finsternis." Hinter dem die ganze Erdscheibe umgebenden Ozean ragte dann das ungeheure, weltumgürtende Kettengebirge Käf aus grünem Chrysolith, dessen Farbe sich dem darauf ruhenden Himmel mitteilte, sodaß dieser den Arabern grün, nicht blau erschien. Hier war der Aufenthalt der Dschinnen (Dämonen) und die Schazkammer aller zauberkräftigen Kleinode. Kaf hieß aber namentlich auch der Kaukasus (als Teil des Ganzen), und sowohl mit diesem wie mit der grünen Gebirgsfarbe scheint der Chidr- Mythus in Beziehung zu stehen.

jenem hochgefeierten und z. B. in den Apokryphen (Sir. 45, 1. Makkab. 2) mit den größten Gottesmännern in eine Reihe gestellten Hohenpriester. Als Tausende von Israel im Lande Moab zu dem Baal Peor abfielen, da war es Pinehas, der mit heldenhafter Entschlossenheit für die Sache Jehovahs eintrat: sein Speer traf den Simeonitenfürsten Simri und die Midianiterin Kosbi, während sie das Heiligtum Gottes entweihten, und für diese That verlieh ihm Jehovah ewiges Priesterrecht für seine Familie (4. Mose 25). Derselbe verzehrende Feuereifer für Jehovah gegen Baal wiederholte sich in dem Schlächter der Baalspriester, dem Propheten Elias, und in diesem begann man jezt um so mehr denselben Chidr zu erblicken, als Elias durch seine Entrückung von der Erde dem Tode entging und nach Maleachi wiederkehren sollte. Dazu kam, daß nach Christi eigener Aussage die Geisteskraft des Elias in dem Täufer Johannes wieder aufleuchtete und daß er sich auf dem Berge der Verklärung auch mit Moses zusammenfindet; ja, wie Chidr den langersehnten, befruchtenden Regen bringt, so brachte ihn auch (Jak. 5, 17) das Gebet des Elias nach jahrelanger Dürre. Bald ließ nun auch die moslemische Sage den Elias aus dem Duell des Lebens trinken.

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Jezt war die rege Mythenbildung so weit fortgeschritten, daß die Vorstellung von einer Seelenwanderung Raum fand, mit der Chidrs wunderthätiger Geist in immer andere segenverbreitende Persönlichkeiten übergehen konnte; aber indem man gleichwohl auch an ein beständiges Dasein seiner nur sich selbst gleichen Persönlichkeit dachte, stellte man sich den ewig jungen" Chidr als einen uralten Mann vor, mit lichtem Antlig und in weißen oder grünen Kleidern, und verlegte seine Jugend noch über Abrahams Tage hinaus in die Zeit des Stammvaters der Südaraber. Die Genealogen machten ihn ebenso wie Jarub, den Urahnen der Nachtaniten (Jemeniten), zu einem Enkel des Peleg (1. Mose 10, 25), und nannten ihn Baljā Ben Malkān. Nun mußte man mit doppelter Verehrung zu ihm emporschauen.

Eine geistesgewaltige, zum Heiligen gewordene Persönlichkeit, in der sich zu irgend einer Epoche die Helferkraft Gottes vielfach und einzigartig offenbarte, nannten die arabischen Theologen den Kutb, d. i. die Are seiner Zeit. Zu einem solchen Kutb machte man den Chidr wie den Elias, und aus der biblischen Erzählung von der Investitur Elisas durch des Elias Mantel (1. Kön. 19, 19) ging der Glaube hervor, daß der fortlebende Elias alle nachfolgenden,, Axen" in ihre Würde einkleide. Von dem größten aller Träger dieses Ehrennamens glaubte man, er weile unsichtbar auf der Decke der Ka'ba; diese wurde daher der Lieblingssit des Chidr. Wie aber Gottes Geist den Elias, so könne, meinte man, auch Chidr sich selbst von einem Orte der Erde an den

andern in einem Augenblick verseßen. Den Bedrängten zu helfen, durfte er dann nicht lange auf sich warten lassen. So entstand das Sprichwort: Chidr wird an keinem Ort genannt, ohne daß er gegenwärtig ist" und die sprichwörtliche Wendung: Gegen den und den ist Chidr ein Pfahl," d. h. im Vergleich mit ihm ist sogar der ewig Bewegliche noch unbeweglich.

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Im christlichen Mittelalter ging nun noch eine Verschmelzung des Chidr-Elias mit dem Schußheiligen St. Georg vor sich, dessen Verehrung namentlich in den Kreuzzügen allgemeiner wurde. Ursprünglich ist dieser ein Kappadokier Georgius, einer der Gegenbischöfe des Athanasius, der zur Zeit der Thronbesteigung Julians des Abtrünnigen, 361 n. Chr., in einem heidnischen Volksaufstande das Martyrium erlitt. Die Verschmelzung vollzog sich offenbar in Syrien. Hier, unweit Beirut, soll der hl. Georg den Drachen getötet haben, der die Königstochter Aja verschlingen wollte. Pinehas, Elias, St. Georg, alle drei Gottesstreiter und Überwinder widergöttlicher Unholde, konnten im Volksglauben leicht die gleiche Bedeutung erhalten. St. Georg trat mit dem muhammedanischen Volksheiligen außerdem in enge Verwandtschaft als Lebensretter der bedrängten Unschuld, und früh wurde er wie Chidr ein überall gegenwärtig geglaubter Befreier von allerlei Not und als Lebensspender vor allem ein wunderwirkender Arzt aus der unsichtbaren Welt. Die syrischen Christen nennen ihn Mär Dschirdschis (d. i. St. Georgius), und vor dem Jaffathore in Jerusalem z. B. trägt ein griechisches Kirchlein sowohl diesen Namen als auch den des Chidr, der dort Chadr heißt. In Palästina und Syrien ist die Verknüpfung der beiden Heiligen so vollständig, daß der schlichte Moslim Kerzen und Weihrauch oder Opfer= tiere, die er für die Erlösung von einer Krankheit seinem Chadr gelobt hat, in eine christliche Georgskirche trägt, und ein St. Georgskloster in dem ganz moslemischen Dorfe el-Chadr südlich von Bethlehem ist eine durch wunderbare Heilungen berühmte Irrenanstalt für alle Bekenntnisse. Von diesem allen hat uns Frau L. Einsler aus Jerusalem in der Ztschr. des d. Palästinavereins (Band 17, S. 42 flg., 65 flg.) die merkwürdigsten Mitteilungen gemacht. Wie in jenem Kloster Chidr den Kranken nachts in der Gestalt eines uralten Mannes erscheint, so auch Elias in einer Höhle bei Haifa, in dessen Nähe er ja auf dem Karmel den Baalsdienst richtete, und Moslemen, Christen und Juden versammeln sich dort am 20. Juli einträchtig zu einem Volksfest, um den Chidr, den St. Georg oder den Elias zu feiern. Neuerdings hat Prof. Sepp (,,Neue hochwichtige Entdeckungen auf der zweiten Palästinafahrt", München 1896) diese uralte Feier eingehend geschildert. Danach ist in der Klosterkirche zu Haifa Elias mehrfach so als Baalspfaffentöter in Holz dargestellt,

daß sich der Gedanke an den Drachentöter St. Georg jedermann aufdrängt, und eine besondere Bildsäule des Elias heißt auch, wie er schreibt, el Kadr, was el-Chadr gelesen werden muß. Chidrs Lebenswasser ferner spendet dort die Eliascisterne; ein kleines Kind wird bei der Feier darüber gehalten, dem alles, was es sich in dieser Stellung wünscht, erfüllt werden muß.

Als ich am St. Georgstage des Jahres 1890, am 23. April, bei Haidar-Pascha gegenüber Konstantinopel spazieren ging, sah ich auf einer Wiese ein buntes Festgetümmel und erfuhr, die Türken feierten da ein Frühlingsfest, das Chidr-Elès heiße. Als ich die Bedeutung des Namens erkannte, war ich nicht wenig erstaunt, daß ich den lieben Bekannten aus meiner Knabenzeit, den Chidher, hier noch als Frühlingsbringer verehrt fand, daß man ihn mit dem Elias zusammenstellte und an einem christlichen Datum, das dem Patron der christlichen Ritterschaft geheiligt ist, seiner gedachte. Später fand ich in türkischen Büchern die Benennung des Festes damit erklärt, daß Chidr und Elias am Georgstage eine Zusammenkunft hätten. Nach Lane (Arabian Night Entertainments I, 22) kam dagegen unter den Arabern die Meinung auf, den Tag über weise Chidr den Seefahrern und Elias den Bergund Wüstenwanderern den rechten Weg, nachts aber vereinigten sich beide zur Wacht an dem großen Wall gegen Gog und Magog.

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Die türkische Legende weiß auch von einer Anwesenheit des Chidr bei der Eroberung Konstantinopels; beim Einzuge des Sultans in die Aja Sofia (1453) soll er unerkannt unter dessen Gefolge gewesen und, nachdem er zur Bekundung seiner Gegenwart mit dem Finger ein Loch in die Mauer gestoßen habe das noch heute gezeigt wird verschwunden sein. Hier erscheint Chidr als Zeuge der großen Weltbegebenheiten, wahrscheinlich aber auch in einer Stellung zu Mohammed dem Eroberer wie einst zu Zulkarnein, d. h. als weiser Ratgeber oder Wesir. Diese Legende hat, wie es scheint, den Verfasser von Ben Hur, L. Wallace, veranlaßt, in seinem neuesten Roman (,,Der Prinz von Indien") den ewigen Juden, der doch sonst dem Chidr unähnlich genug ist, zum geheimnisvollen Mentor Mohammeds bei der Vernichtung des byzantinischen Reiches zu machen.

Wer sollte sich nicht endlich bei den 500 Jahren in Rückerts Gedicht an die Verjüngungsperioden des Wundervogels Phönix erinnern? Und wirklich, die heutigen Juden noch werfen in den liturgischen Liedern, mit denen sie die Wiederkehr des Elias als ihres Messiasherolds erflehen, den Pinehas mit dem fabelhaften Phönix ohne Bedenken zusammen und schildern sogar seine Gestalt mit dessen Attributen. Vergl. Ztschr. der d. morgenl. Gesellschaft, Band 48, S. 35 flg. und 49, S. 562. Veranlassung

gab natürlich die ganz zufällige Ähnlichkeit der Namen (hebr. Pineḥās, arab. Finḥās; Hiob 29, 18 heißt indes der Vogel Phönix chōl oder chul). In diesen Liedern wird Pinehas zu den zehn gerechnet, „zu denen der Todesengel nicht kam," und überdies heißt es darin geradezu: ,,Pinehas Elia ist er Heil über ihn!"

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Die Schreibung der S-Laute.

(3u,,Regeln und Wörterverzeichnis" § 11 und 12 S. 8 und 9.)
Von Carl Böttcher in Königsberg.

1. Man unterscheidet einen weichen und einen scharfen (harten) S-Laut. Den weichen S-Laut hören wir in sausen, brausen, die Häuser, der Rasen. Den scharfen S-Laut hören wir in grüßen, küssen, der Gruß, der Kuß, beißen, das Haus, die Maus.

2. Der weiche S-Laut wird durch s (S) bezeichnet. 3. B. reisen, sausen, brausen, die Häuser, die Mäuse, leise, die Preise.

3. Für den scharfen S-Laut haben wir die Zeichen ß, ss, s und in einzelnen Fällen auch s.

4. Der scharfe S-Laut innerhalb eines Wortes nach einem langen Vokal oder nach einem Diphthongen wird durch ß bezeichnet. 3. B. grüßen, heißen.

5. Der scharfe S-Laut innerhalb eines Wortes nach einem kurzen Vokal wird durch ss bezeichnet, wenn auf den scharfen S-Laut noch ein anderer Vokal folgt. Z. B. lassen, essen, vermissen, müssen, wissen, die Kresse, die Gleichnisse, die Iltisse.

6. Der scharfe S-Laut am Ende eines Wortes oder einer Silbe wird mit ß bezeichnet, wenn in der Verlängerung der scharfe S-Laut gehört wird. 3. B. der Gruß (die Grüße), gewiß (gewisse), der Haß (des Hasses).

Ausnahme: aus wird mit 3 (Schluß-3) geschrieben, obwohl man die Verlängerung außer bildet; auch des und wes werden mit s (Schluß-s) geschrieben troß der Verlängerungen dessen und wessen. Daher schreibt man auch in folgenden Wörtern s: deshalb, deswegen, indes, unterdes, weshalb, weswegen.

7. Der scharfe S-Laut am Ende eines Wortes oder einer Silbe wird mit 3 (Schluß-s) bezeichnet: 1. nach einem Vokal oder Diphthongen, wenn in der Verlängerung der weiche S-Laut gehört wird; 2. stets nach einem Konsonanten. Z. B. das Haus (die Häuser), die Maus (die Mäuse), das Häschen (der Hase), der Fuchs, der Krebs.

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