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Eiserne, wie ihn die Welt nennt, vor dem Reiche weinend, nichts kann so schön das Wesen dieser Tage, das Große des Augenblicks beleuchten, groß in Schmerz und Erhebung zugleich, groß in Trauer und Treue."

In der Betrachtung,,Aus der Geschichte unserer Sitte" behandelt er das Hutabnehmen, das soldatische Grüßen und den Fußfall, überall geistvolle geschichtliche Erklärungen und Erörterungen der Sitte beibringend. Der lezte Auffaz „Ein Wunschzettel an den Zeitgeist" be= spricht das Verhältnis der Zeit zu den Farben, das Mienen- und Gebärdenspiel, die Stimme, das Tanzen, wobei er wieder scharf mit dem Rundtanze ins Gericht geht, unser Titelwesen, unsre Fürstentracht, wobei er darüber klagt, daß unsre Fürsten, wo sie in ihrer ganzen Würde erscheinen, keine fürstliche Kleidung mehr haben, sondern nur eine soldatische, und schließt mit einer köstlichen Plauderei über Sonntagsstimmung", die nur über uns kommt, wenn wir uns aus dem unruhigen Treiben und Drehen der Alltagswelt in eine reine Höhe erheben und dann von dieser mit reinerm Blicke in das bunte Durcheinander unten hinein blicken und zugleich die Masse als ein Ganzes übersehen.

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So sind diese von G. Wustmann herausgegebenen Tagebuchblätter, von deren sinnigem und in die Tiefe greifendem Inhalte wir hier freilich kaum eine Ahnung geben konnten, nach Inhalt und Form lebenweckende Ausstrahlungen einer großen, ganz in sich ruhenden Persönlichkeit. Sie sind wie aus einer Sonntags- und Feierabend= stimmung heraus geschrieben; es wird uns wohl ums Herz, wenn wir darin lesen, und die göttliche Freude am Leben leuchtet darin, wie in allem wirklich Großen und Guten, was unsere Litteratur hervorgebracht hat. Wenn die Gedanken, die Hildebrand hier in so herrlicher Weise an alltäglichen Erscheinungen und Vorkommnissen entwickelt, in unserm Volke wieder zur Herrschaft kämen, dann könnten wir getrosten Mutes in die Zukunft schauen. Unsere leitenden Kreise können viel aus diesen Betrachtungen lernen. Gesundung thut uns not; hier ist der Weg dazu gezeigt. So liegt in diesen Blättern eine wunderbare Gedankenwelt eingeschlossen,, ewiges Lebens ahndevoll".

Sprechzimmer.

1.

Sprachliches aus älteren, k. sächsischen Akten.

Karl von Weber hat in seiner Anna-Biographie (1865), S.203 bereits Hierhergehöriges angemerkt. In meiner, nunmehr zwanzigjährigen Archivthätigkeit bin ich auf anderes, sprachlich Beachtenswerte gekommen,

wovon ich zum Teil einem Rudolf Hildebrand noch Kenntnis gegeben habe und woraus ich hier einiges wiederhole. Das Nähere findet sich in dem Hilfsmittel des k. s. Hauptstaatsarchivs (XVI. Nr. 1053c II., 87 flg., 108 flg.) angegeben.

15. Jahrh. Auf der vorigen Saite harfen (sich wiederholen).

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Wer zu halten gedenkt, dem ist keine Vorschreibung zu hart.
Er dreht sich aus (stirbt), (Kurfürst August, der Drechsler war).
Von fern ins Haus hören (Jem. nach und nach auskundschaften).
Auf der Luderei herumgehen.

Zwirn im Beutel haben (potent sein).

Der verbrühte Hund fürchtet auch das kalte Wasser.
Ein Eisen abwerfen (außerehelich niederkommen).
Die Kreide merken (Argwohn bekommen).

Wer mit vielem Rat fährt, fährt am sichersten.

Das Argument steht wie ein Pelz auf seinen Ärmeln (nüßt zu nichts).
Ein Edelmann kann Doktor, der Doktor nicht Edelmann werden.
Jemand die Ohren reiben (Jem. in den Ohren liegen ist verwandt).
Verwiesene find gezwungen, die Lande von außen anzusehen.
Etwas armt nicht (macht nicht arm).

Liebesleute spielen mit einander, bis drei daraus geworden find.
Den Dorn aus seinem Fuße ziehen und in eines anderen
Fuß stecken und den andern im Zweifel sißen lassen.

Der Wahrheit einen großen Feiertag machen (s. nachh.) und
Mehl im Maule behalten (s. nachh.)

Mit dem Saukarren fahren.

Der Zahl (Zagel = penis), auch Popps, männliches Zeichen.
Jem. die Zunge in den Hals stecken (jem. unkeusch küssen).
Jem. lochen, quirlen (mit jemand Unzucht treiben).
pemmeln (fich langweilig geberden).

Beischlag (uneheliches Kind).

Finnichter Speck und garstige Butter sind nicht weit von einander.
Schuhbahn (Fußweg).

Uffrasch (Geräusch).

Herumrindern bis der Bauch voll ist (von einer liederlichen
Weibsperson).

X. hatte ein Thun (es war eine Fackel) in der Hand, mit der
er den Brand ansteckte.

Kann ein Weib die große Zehe in den Mund nehmen, so ist sie nicht schwanger.

Die Wahrheit sparen (lügen); man vgl. den franz. Ausdruck dazu u. oben an zwei Stellen.

17. Jahrh. Neue Schulden und jährliche Pensionen, die nichts anderes, als heimliche und immerfressende, verzehrende Würmer sind. Der abgeseelte Leichnam Octavio Piccolominis.

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17.

17.

Wiederdrieß (verdrießlich).

Möchte dieses oder jenes Wort wieder aufleben!

Dresden.

2.

Theodor Distel.

Zu dem Liede:

Soldate, nimm den Bettelsack,

Soldat bist du gewest!

Die Vermutung des Herrn Franke (Borna), daß diese im Volksmunde lebenden Zeilen einem älteren Soldatenliede entstammen möchten, siehe Festschrift zum 70. Geburtstage Rud. Hildebrands S. 34, ist zu= treffend. Sie finden sich in einem Soldatenliede, dessen Inhalt auf jene Zeiten zurückweist, wo die Soldaten körperliche Züchtigungen erlitten. In einer Soldatendichtung, deren Ursprung in die Zeit des Siebenjährigen Krieges zu sehen ist, heißt es:

Und thut man auf der Parade nur einen falschen Tritt,

So kommt der Adjutante: Schmeißt den Kerl aus dem Glied,
Die Tasche abgehangen, den Säbel abgelegt,

Und tüchtig drauf geschlagen, bis er sich nicht mehr regt.

Ist es denn noch ein Wunder, wenn man da desertiert?
Wir werden wie die Hunde mit Schlägen malträtiert.
Die Hunde habens besser, sie haben ihre Ruh,
Sie kriegen satt zu fressen und keine Schläg dazu.

Und wenn wir ausgedienet, wo wenden wir uns hin?
Die Gesundheit ist verloren, die Kräfte sind dahin.

Da wird es denn nun heißen: Ein Vogel und kein Nest,

Soldate, nimm den Bettelsack! Soldat bist du gewest.

Anklänge an vorstehende lezte Strophe finden sich in dem Soldaten= liede: Ich armer miserabler gequälter Soldat, ich habe das Leben schon müde und satt - da klingt die lezte Strophe aus:

Wenns Friede wird werden, wo wende ich mich hin?

Die Gesundheit meines Leibes ist längst dahin.

Dann heißt es: kein Vogel, kein Feder im Nest,

Jung gesuchtelt, alt gebettelt, ist der Soldaten ihr Best.

Endlich finden sich auch beide Zeilen in einer dichterischen Schilderung

des Verlaufs einer Bataille:

Als nun die erste Bataille geschah,

Daß einer den andern sterben sah,

Da schrien wir aus Jammer, aus Jammer und aus Not:
Mein bester Kamerad ist geschossen tot.

Die Örten, die waren von Blut übergossen,
So mancher Dragoner vom Pferde geschossen,
So mancher Infanteriste muß fallen vom Schwert,
So mancher Kavalleriste muß runter von seim Pferd.

Und wenn nun Friede wird, wo wenden wir uns hin?
Die Gesundheit ist verloren, die Kräfte sind dahin.

Da heißt es denn zuleßt: ein Vogel und kein Nest,

Herr Bruder, nimm den Bettelsack, Soldat bist du gewest.

Das Vorkommen der lezten beiden Zeilen in den neuern Soldatendichtungen bestätigt ein Lied, das sich in der von Herrn Professor Konrektor Dr. Dunger (Dresden) angelegten Sammlung von Soldatenliedern befindet, welche Sammlung mir bei Herausgabe meiner „Historischen Volkslieder des sächsischen Heeres" in liebenswürdigster Weise zur Verfügung gestellt wurde. Die Dichtung: Der verdrießliche Soldat betitelt, lautet: Du König von Sachsen, du großer Potentat,') Ich habe deine Dienste, überdrüssig satt.

Wir müssen exerzieren von früh bis Mittag
Und das verd .

Pußen ist eine rechte Plag.

Alle Tage 19 Pfennig ist unser Traktement
Und dazu wird die Hälfte zum Saufen angewendt.
Und wird man einmal alt wie der Vogel ohne Nest
Da heißt es: du Bettelsack! Du bist Soldat gewest.
Und manches junge Mädchen von schönem Angesicht

Die spricht: Du Lumpenkerl!2) Du bist Soldat gewest.

Die uns schier unbegreifliche abweisende Haltung des weiblichen Geschlechtes gegen die schmucken Marssöhne erklärt sich wohl aus dem Umstande, daß in Sachsen vor 1866 nur die Söhne aus unbemittelten Familien dienten, die Reichen kauften sich frei. Herr Dr. Dunger giebt als Erläuterung zu dem Liede folgende Fußnote, die wir als eine von ihm gehörte Äußerung einer vogtländischen Schönen deuten: „Weil ner die Arme diene mußten, die Reichen käfeten sich lus, und de Arme käfeten sich immer nei. Wenn se nachert häm kame, schmeckt'n de Arbät nett. Döß is iße (nach 1866) annerschter. Sinst rissen mer aus vor den Soldaten auf den Tanzbuden, iße sein se geestimirt. Respekt vurn Soldaten."

Auerbach i. V.

3.

An

Richard Freytag.

Ein echtes Beispiel für den Konjunktiv der subjektiven Empfindung, wie man ihn wohl nun nennen kann, bietet Luther (Krit. Ausg. 14,

1) Nachahmung von einem älteren Liede: Du König von Preußen, du großer Potentat.

2) Im Original: Sch . . . kerl.

438, 18/19.) Hier heißt es am Ende einer längeren Auseinanderseßung: Das wehren dy drey Capittel de Jacob. Es findet sich diese Stelle in der einen Nachschrift einer Predigt Luthers vom 19. März 1524. In der anderen (ebd. 438, 4) heißt es: Hec sunt 3 capita de Jacob und in der gedruckten Ausgabe v. 1527 (Erl. Ausg. 34, 192): Das sind... Rud. Hildebrands Annahme (diese Zeitschr. 8, 690), daß die Ausdrucksweise früher (wie auch heute) wesentlich der gesprochenen Sprache angehört habe, findet in diesen Thatsachen eine Bestätigung.

Berlin.

4.

Hacht (Zeitschr. 10, 71 flg.).

P. Pietsch.

Das im 1. Heft dieses Jahrgangs a. a. D. besprochene Hacht ist im DWB. 4, 2, 98 nicht bloß in der lezten Strophe des ,,Heiderösleins“ in Uhlands Volksliedern (3. Aufl. 1,85), sondern noch an vier anderen Stellen nachgewiesen und meines Erachtens mit voller Sicherheit für eine ,,Nebenform von Hache mit angetretenem t" erklärt. Wir werden also Hacht zu jenen Wörtern stellen, von denen Weinhold in der Bair. Gramm. § 143, Frommann in seiner Grübels Gedichten angeschlossenen Gramm. der Nürnb. Mundart § 82, Lerer im DWB. 11, 1 handeln. In Mathesius' Sarepta, Ausgabe von 1587 Bl. 12a, steht an der im DWB. unter Gað und Hache zitierten Stelle nicht mehr wie früher hach, sondern hacht.

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Ebenso ist Schacht, schon mhd. schaht, eine Nebenform Schachen, mhd. schache, einzelnstehendes Stück Wald, f. DWB. 8, 1964, wobei gelegentlich bemerkt werden kann, daß dort Sp. 1958 (unter Schache) beim viertleßten Verse des bekannten Uhlandschen Gedichtes auf Tells Tod an den ,,wilden Schächen" (des Schächenthals) in der zweiten Strophe zu denken war.

Was die noch nicht sicher aufgehellte Etymologie von Hache betrifft, so verweise ich neben dem Grimmschen Wb. auf das Schweizerische Idiotikon 2, 968, wie auch auf das vermutlich hierher gehörende norweg. hake, haka Knecht, Lümmel (Aasen, 1. Aufl., S. 256) und auf das niederländ. hak, Plur. hakken Tölpel, Stümper, unbedeutender Mensch (Dudemans' Bijdrage 3, 18). Schmeller hat im Bair. Wb. an das tschechische hoch Junge, Bursch gedacht, das ganz wohl von dem deutschen Hache herftammen könnte.

Leitmeriz.

5.

Zu Ztschr. 9, 185.

J. Peters.

Müller vermißt in den Schriften Pauls eine Bemerkung über das Wesen des Sazes. Eine solche findet sich in den „Prinzipien der Sprach

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