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So besonders bei Verben des Hoffens und Fürchtens, z. B. S. 42: Ich besorg mich nit erhalten mög, doch wird ein anderes Subjekt als ich nicht unterdrüdt: S. 7: Jch besorg du habst vnsern son gar zu lieb; S. 43: verhoff vetterlich herz sey erweicht; S. 27: wer zu besorgen eyn meinaidt geschehen wurd; desgleichen auch bei Verben des Sagens, z. B. im Argumentum: Neß bekennt VII jar bei jrem knecht gelegen sei; doch ist hier auch die Konjunktion zu finden; S. 65: ich mag dir bei glauben zusagen, das ich 7 jar... bin gelegen. Nach den Verben des Glaubens folgt Infinitivkonstruktion: S. 68: ich dunck mich als stolz sein als er ist; S. 22: Gott, du hast mir einen reichen jungen man geben/den ich mir beschert zu sein nit gedacht hab.1)

Scheinbarer Infinitiv steht bereits bei werden S. 28: Du wurst mein vergessen werden, S. 9: so wirstu weinen werden, S. 16: Des erb ich werden wird.2) Partizipia Präsentis sind ziemlich viel gebraucht, auch in Verbindung mit sein, das Part. Prät. auch absolut im Genitiv: ich hab Conzen vertrauter meinung daruon gesagt. Der Genitiv hat überhaupt noch reiche Verwendung, so z. B. ganz wie im mhd. es: wie wirstu nun es so stolz werden. S. 28; domit wer ich kippelns und scheltens nimmer an S. 15. So erinnert auch der Wortschaß an die ältere Zeit: Da sehe ich sie eben her tretten, die mir liebt S. 16; zu hönlich S.67 vergl. zwivellop daz hoenet. S. 15: Bedenk dich heindt, gib mir morgen entlich antwort, d. h. definitiv; S. 36: Was hör ich da? ist es war? Es ist eygentlich also; und S. 39: Ist es war? - Eygentlich (also = wirklich). - Vertrauen ist männlichen, Armut weiblichen Geschlechts: S. 34: auff vnsern alten vertrawen, den wir bißher gehabt, S. 36: be schwer dich jres armuts nicht. In der Deklination fällt auf: S. 49: sol ich solchen kümmerlichen schmerzen tragen, in der Konjugation: vnbesindt, f. D. S. 395, er leigt S. 67, hier leistu S. 38, der dag nit S. 65, wurst, wurt neben wird und wirst als Futurum, z. B. was wurt daraus werden S. 19. In Bezug auf den Lautstand macht sich häufig ein Schwanken. zwischen thüringisch-hessischen ö (o) und ü (u) bemerkbar: nottorft S. 67,

1) Vergl. Rüdert: Geschichte der nhd. Schriftsprache 1,380 flg. Dazu,, Mich däucht es unrecht sein“, „Solches däucht mir auch rathsam zu sein“, Engl. Komödien und Tragödien hrsgeg. von Tittmann S. 41 und 92. Fischart: Ehezuchtbüchlein hrsgeg. von Hauffen S. 206: Darumb bedundet jne derselbige weg zu dornig, gähbirgig und rauch sein.

2) Vergl. Seb. Wild: Zwölf Komödien 2c. 1566 Jii 3b.: Wie diß der Ritter sach erschrack er hart, In Ohnmacht nider fallen wardt. Tittmann, Engl. - Kom. S. 95: er trinkt, ihm fallen die Augen zu, wird entschlafen. Noch heute ist der umschreibende Gebrauch von werden landschaftlich, besonders im Präsens bei der Erzählung vergangener Thatsachen: Wie ich zu ihm kam, wird er unter der Thür sizen; ich werde es ihm sagen, und da wird er dir aufspringen 2c.“

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förchten S. 46, nöchtern S. 38 (nuchterer S. 40), erzörnt S. 42, zörnens S. 55. u. ö. (erzurnen S. 46), gelöbd (S. 19 — Verlobung), wie künt mir grösser leid begegnen S. 49, vergl. 34 und ö. Für hochd. ei steht e: nach langem wegeren S. A 2, für au mehrmals a: Dagen daugen, s. o. S. 406, für auslautendes g gern t: Der ehe leucknen S. 18 (leugenen S. 27), fürschlack S. 63, wegk S. 19, krigk S. 68 (also kurzer Vokal), gesandk: klanck S. 71. Das Dehnungs-h steht vor dem e: nun mhe S. 18 u. ö., zughen S. 19, damit nichts zwerchs inn wegk khem S. 19, (doch wie kehm das S. 34, wehen wen S. 26) und vor i: nhi S. 27, vergl. jhe und S. 13: Das hiesch dich Gott reden. Wir erscheint sehr häufig als mir, nur immer als nurren (S. 24 nuren), vergl. zuberen (S. 14 = zerschlagen) und greniz = Grenze S. 61, von fernis S. 31. Die nhd. Endung fehlt S. 57: ich ging in einem gedecht (= Gedanken), S. 28: nach gefalner schenk = vor= gefallener Beschenkung. Aus dem Wortschaße erwähne ich: gereit schon S. 37, 39, 40, 50 u. ö. (S. 63 ich hab dich schon gereidt lieb), Freundschaft, gefreundten von Verwandtschaft durch Heirat S. 55 und 56, guter gelaube friedliche Gesinnung S. 60, (sich) enthalten unterhalten S. 49 und 55, vertragen S. 60 u. ö. und güten S. 9 = schlichten, einigen; geunwilliget S. 40 veruneinigt; irgents S. 41 1. D. etwa. Den eheverdeiting auffrichten S. 61, sich der ehe verdeitung mit eynander vergleichen S. 60, S. 24 Lugendeitung. S. 49: ich muß mein leben und zeit (lateinisch?) in traurigkeit vertreiben. Fremdwörter begegnen abgesehen von Rechtsausdrücken wie Kondiktion und Exekution nicht außer S. 23, wo Met sagt: mein mutter macht zu uil rumors vnnd geschreis auf der gassen. Dagegen S. 19 buben leben = Konkubinat, vergl. Bübin S. 64; S. 40 schem dich nit = genire dich nicht. Mehrfach finden wir Sprichwörter und volkstümliche Redensarten: S. 6: Was einem zu eng, zweien gerecht, ist dreien zu weit, S. 38: eyn voller sein maul selten bindt, S. 34 soll ich nit meyn maul mit ehnem schlos der gestalt verwaren, dzß es schweigen fünt, ich bin der keine die nit schweigen wöllen/dan eyns deils sprechen sie haben kein ander schwert sich zu weren/dan im Mundt/ vnd werden zeiten dar über auff die scheiden geschmissen') / vnd wan ich eynen schon nackent sehe ich wolts

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1) Fischart: Ehezuchtbüchlein (hgg. v. Hauffen) S. 203: Man sagt:

Man hab nie keyn stumm Frau gefunden,

Wie nie keyn stummen vntern Hunden.
Vnd man schlag sie drumb auf die schaid,

Das eim ir schwerd nichts thu zu leyd.

Nach Egenolffs Sprichwörtersammlung 197 b:

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aufhalten,

Weiber füren das schwert im maul, drumb werden sie auff die scheiden geschlagen.

Bismarcks Briefe an den General Leopold von Gerlach. Von Otto Lyon. 413

meym man nit sagen. Zur Beschönigung ihres Treibens mit dem Knechte verwendet Neß S. 67 das Wort: Wo feuer und stro bey einander leigt, do brennt es gern.

Doch genug. Nur schwer widersteht man der Versuchung, das ganze Stück auszuschreiben. Ich glaube aber bewiesen zu haben, daß diese Komödie vom Jahre 1540 ein wertvoller Besig ist, die volkstümlichkünstlerische Darstellung eines Stückes deutschen Lebens, ein echtes Lustspiel, vielleicht das einzige, das diesen Namen verdient in der Zeit vor Minna von Barnhelm.

Bismarcks Briefe an den General Leopold von Gerlach.') Von Otto Lyon in Dresden.

Das hervorragende Verdienst, das sich Dr. Horst Kohl in Chemniz durch seine Bismarck-Regesten, seine vortreffliche Ausgabe der Reden Bismarcks sowie durch Begründung des Bismarckjahrbuches erworben hat, verpflichtet jeden nationalgesinnten Deutschen ihm gegenüber zu lebhaftem Danke. Die unzähligen ungenauen Zeitungsberichte über Bismarck und seine Thätigkeit, sein Privatleben und sein Haus, seine Neigungen und seine Gedanken, die zahllosen dilettantischen Veröffentlichungen über seine ganze Persönlichkeit und seine ganze Sinnes- und Geistesart, verschiedene geradezu flüchtige, liederliche und fehlerhafte Ausgaben seiner Reden und Briefe fangen bereits an, die größte deutsche Heldengestalt der neueren Zeit in einen die Wahrheit verdeckenden Nebel zu hüllen und, ganz abgesehen von der nicht geringen Zahl von Legenden und Fabeln, die seine Person bereits wie einen Heros der Sage zu umranken beginnen, den Kern seines Wesens und seiner Natur uns immer unfaßbarer und unergründlicher zu machen. Es fehlte auf diesem unendlich wichtigen Gebiete mit geringen Ausnahmen die klare Leuchte scharfer wissenschaftlicher Erkenntnis. Es war nötig, daß ein Mann der strengen wissenschaftlichen Arbeit, der mit unerbittlicher Konsequenz und Genauigkeit die einschlagenden Fragen untersuchte und die landläufigen Terte der Reden und Briefe prüfte, sich dieser Angelegenheit mit Ernst und Nachdruck annahm. Und dieser Mann, der sich dieser wichtigen und schwierigen Aufgabe, ohne Furcht vor der Parteileidenschaft verblendeter Bismarckhasser, mit ganzer Seele und voller Hingabe und daher mit glänzendem Erfolge unterzogen hat, ist Horst Kohl. Ausschlaggebend für den

1) Bismarcks Briefe an den General Leopold von Gerlach. Mit Genehmigung Sr. Durchlaucht des Fürsten von Bismarck neu herausgegeben von Horst Kohl. Berlin, D. Häring 1896. XXXII, 378 S.

Erfolg seiner Arbeit war außer den genannten Eigenschaften unbedingter Treue und Zuverlässigkeit sowie sorgfältigen wissenschaftlichen Ernstes der Umstand, daß er sich durch seine Leistungen das Vertrauen des Fürsten Bismarck errang sowie der Personen, die mit Bismarck in näherer Verbindung gestanden haben und Urkunden oder Briefe besigen, die von Bismarcks Hand stammen oder zu diesem in Beziehung stehen. Dadurch öffnete sich ihm das Bismarckarchiv, und durch persönlichen Verkehr mit dem großen Staatsmanne war Horst Kohl in den Stand gesezt, das Urteil der in allen diesen Fragen bedeutendsten und höchsten Autorität, nämlich Bismarcks selbst, jederzeit zu Rate zu ziehen. So erhielten seine Arbeiten den Stempel einer über jeden Zweifel erhabenen Zuverlässigkeit und Sachrichtigkeit, und damit wurde es zugleich möglich, die Kohlschen Bismarckveröffentlichungen zur Grundlage für eine wirkliche wissenschaftliche Erforschung nicht nur der Zeitgeschichte sondern der Eigenart und des Wesens, der ganzen Persönlichkeit des gewaltigen Staatsmannes zu machen, der schon längst nicht mehr lediglich sich selbst oder einem kleinen Kreise von Verwandten und Freunden, sondern der ganzen Nation, ja der ganzen Menschheit angehört. Mögen die ehemaligen politischen Gegner Bismarcks (von den bloßen Kläffern und Neidern, die alles Große gewohnheitsmäßig ihren niedrigen Instinkten folgend zu besudeln pflegen, reden wir hier nicht) heute auch noch immer nicht im stande sein, das politisch Vergängliche und durch den Streit der Meinungen vorübergehend Hervorgetriebene von dem ewig Unverlierbaren und Großen in dieser gewaltigen Natur zu trennen und den großen Staatsmann und Menschen Bismarck mit unbefangenem Blicke zu be= trachten, für den weitaus größten Teil der Nation, dessen Blick nicht durch Parteileidenschaft getrübt ist und der mit Ruhe und Besonnenheit den Kern einer Persönlichkeit zu erfassen vermag, ist die weltgeschichtliche und menschliche Größe Bismarcks nicht nur ein herrliches und kostbares Kleinod seiner tiefsten und innersten Überzeugung, sondern eine durch den Gang der Ereignisse unerschütterlich fest gerammelte Thatsache.

Das Vertrauen, das sich Horst Kohl durch seine gründlichen und gediegenen Arbeiten in allen maßgebenden Kreisen erworben hat, erschloß ihm auch das Archiv der Familie des Generals Leopold von Gerlach, der seinerzeit mit dem Bundestagsgefandten Otto von Bismarck zahlreiche Briefe gewechselt hatte. Dieser Briefwechsel war 1893 im Verlage von Wilhelm Herz (Bessersche Buchhandlung) in Berlin an die Öffentlichkeit getreten, aber diese Ausgabe der Briefe erwies sich bei näherer Prüfung als eine nach jeder Richtung hin unzuverlässige und ungenaue Arbeit, der jeder wissenschaftliche Wert abgesprochen werden mußte. Hören wir, was Horst Kohl selbst über die angeführte Veröffentlichung sagt:

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Von allen Freunden deutscher Geschichtsforschung wurde diese Publikation mit Freuden begrüßt; eine zweite Auflage folgte schnell der ersten Ausgabe. Man erwartete in diesen privaten, für die Öffentlichkeit nicht bestimmten Äußerungen zweier so hervorragender Männer mancherlei interessante Enthüllungen, manchen lehrreichen Blick hinter die Koulissen des politischen Theaters, scharf zugespizte Urteile über Personen und Dinge, und fühlte sich auch nicht gerade enttäuscht. Das Buch wurde als eine wertvolle Ergänzung des Poschingerschen Werkes (Preußen im Bundestage) betrachtet, und man begann alsbald, die Briefe auch für die wissenschaftliche Forschung nußbar zu machen. Niemand konnte vermuten, daß hier ein Werk geboten wurde, das allen Anforderungen, die an eine Publikation dieser Art gestellt werden müssen, geradezu Hohn sprach.

Die eingehende Beschäftigung mit den Briefen brachte mich auf den Gedanken, daß die Publikation fehlerhaft sein müsse: ich fand grelle Widersprüche zwischen den amtlichen und diesen privaten Äußerungen Bismarcks, die sich nicht erklären ließen, und nicht bloß in Fragen von untergeordneter Bedeutung, sondern selbst in den großen Fragen der Politik und des Staatslebens; ich fand Ausdrücke und Wendungen, die nach meinem durch Jahre langes Studium der Bismarckschen Redeweise geschärften Gefühl so nicht aus Bismarcks Feder geflossen sein konnten, wie sie dem Leser hier entgegentraten; ich fand in manchem Briefe Erörterungen über Fragen der innern und äußern Politik Preußens, die sich mit dem Datum des Briefes nicht in Einklang bringen ließen.

Nachdem der Zweifel einmal rege geworden war, beschloß ich, mir Klarheit zu verschaffen. Fräulein Agnes v. Gerlach, die Tochter des Generals, in deren Besiß die Originale sich befinden, war so gütig, mir die Briefe auf einige Wochen zu eingehender Vergleichung zu überlassen. Und siehe da, mein Verdacht bestätigte sich in einer Weise, wie ich es bei allem Mißtrauen nicht befürchtet hatte. Die gröbsten Lesefehler auf jeder Seite, Auslassungen in Hülle und Fülle, die durch keinerlei persönliche Rücksicht geboten waren, falsche Datierungen, Verschmelzung von Briefen verschiedener Tage, ja selbst Jahre zu einem Briefe unter beliebig gewähltem Datum, Aufnahme fremder Bestandteile in Briefe Bismarcs — das alles enthüllte diese Untersuchung. Der ungenannte Herausgeber hat nicht das Gefühl der Verantwortlichkeit gehabt, das den wissenschaftlichen Arbeiter beseelt; er hat mit dem kostbaren Gute, das ihm anvertraut war, geschaltet wie ein ungerechter Haushalter und dem Fürsten Bismarck, dessen geistiges Eigentum er verwaltete, schweres Unrecht zu= gefügt.

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