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über Weimar nach Karlsruhe zurückgekehrt. Ueber den Zweck dieser Reise wurde das strengste Geheimnis bewahrt. In den Umgebungen des Königs [von Sachsen] vermutete man jedoch, daß es sich um einen Vermittelungsversuch gehandelt haben könnte, welchen die da= mals noch in Baden weilende Königin Augusta inspiriert. Diese Vermutung zeigte sich als unbegründet. Der Großherzog hatte einfach am Vorabende der Entscheidung sich mit dem ihm eng be= freundeten Könige Johann aussprechen wollen. Es ist ein denkwürdiges Zeichen der Zeit, daß der Großherzog von Baden in jener Krisis gegen seinen Schwiegervater, den König von Preußen, Stellung nahm und wie Sachsen, Bayern, Hannover, Württemberg, beide Hessen usw. offen für Oesterreich Partei ergriff. Der Grund lag einfach darin, daß Preußen notgedrungen keine Verständigung, sondern Unterwerfung der deutschen Fürsten verlangte, und daß diese für ihre ihnen durch das Bundesrecht gewährleistete Unabhängigkeit nur bei Desterreich Schuß zu finden hofften." [S. 207.] „Als [dann später] der badische Gesandte in Berlin seinen Instructionen gemäß anzeigte, daß der eigene Schwiegersohn des Königs von Preußen die Neutralität aufgebe und den Bamberger Beschlüßen beitrete, soll ein höherer Beamter des Ministeriums ausgerufen haben: „So haben wir denn nur zwei Alliierte, den Großherzog von Mecklenburg-Schwerin und Garibaldi!"" [S. 221.]

8. Selbstbekenntnisse Bismarcks.

A.

(Aus Kaiser Friedrichs Tagebuch 1870–71", mitgeteilt in der Deutschen Rundschau" herausgegeben von Julius Rodenberg, Octoberheft 1888, S. 18-19.

14. November [1870]. Gespräch mit Bismarck über die deutsche Frage, er will zum Abschluß kommen, entwickelt aber achielzuckend die Schwierigkeiten; was man denn gegen die Süddeutschen tun solle? ob ich wünsche, daß man ihnen drohe? Ich erwidere: "Ja wol, es ist gar keine Gefahr, treten wir fest und gebietend auf, so werden Sie sehen, daß ich Recht hatte zu behaupten, Sie seien sich ihrer Macht noch gar nicht genügend bewußt." Bismarck wies die Drohung weit ab und sagte, bei eventuellen äußersten Maßregeln dürfe man am wenigsten damit drohen, weil das jene Staten in Desterreichs Arme treibe. So habe er bei Webernahme seines Amtes den festen Vorsaz gehabt, Preußen 3um Krieg mit Desterreich zu bringen, aber sich wol

gehütet, damals oder überhaupt zu früh mit Sr. Majestät davon zu sprechen, bis er den Zeitpunkt für geeignet angesehen. So müße man auch gegenwärtig der Zeit anheimstellen, die deutsche Frage sich entwickeln zu sehen.

B.

(Lord Augustus Loftus, The diplomatic reminiscences. London, Cassel & Co. 11. 1894.)

Ich war am Abend des 15. Juni [1866] bei dem Grafen Bismarck. Wir waren in seinem Garten auf- und abgegangen und saßen dann in demselben plaudernd bis spät in die Nacht hinein, die Zeit verflog schnell. Schon schlug es zu meiner Ueberraschung zwölf Uhr, als der Fürst vergleichend seine Uhr zog und sagte: „Um diese Stunde sind unsere Truppen in Hannover, Hessen-Kassel und Sachsen eingerückt." Er fügte hinzu: „Der Kampf wird hart sein. Preußen kann verlieren, aber es hat dann wenigstens tapfer und ehrenvoll gefochten. Wenn wir geschlagen werden, tehre ich hierher nicht zurück. Ich falle dann in der legten Charge. Man kann nur einmal sterben, und ehe man unterliegt, ist es beßer, man stirbt."

C.

(Aus der Rede Bismarcks in der Sigung des Deutschen Reichstages v. 28. Nov. 1881.) Nehmen Sie an, daß der böhmische Krieg mislang, daß dieser zur Entscheidung der deutschen Verhältnisse zur Durchhauung des gordischen Knotens, in dessen Verschlingung wir seit langen Jahrhunderten lagen, leider notwendige Bürgerkrieg für Preußen verloren gieng, so war ja ganz klar, daß ich, wenn ich überhaupt nach diesem Vorfall lebendig meine Heimat wiedergesehen hätte, der allgemeine Sündenbock war, der Verbrecher, der das Vaterland leichtfertig ins Verderben geführt hatte, und alle die Ovationen das habe ich mir beim Einzuge von 1866 gesagt wäre es anders gegangen, wären in ihr Gegenteil umgeschlagen. Es drückte sich einer meiner Kameraden auf dem Schlachtfelde so aus: die alten Weiber hätten Sie zu Hause mit Besenstielen totgeschlagen.

Bweites Kapitel.

Die schleswig-Holsteinische Angelegenheit bis zum preußischen Kriegsrat vom 28. Sebruar 1866.

1. Das Leitmotiv der preußischen Schleswig-Holsteins

Politik.
A.

(Moriz Busch, Unser Neichskanzler, Studien zu einem Characterbild, Leipzig 1884, 1, S. 400.)

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Eine andere Gestalt nahm das Verhältnis Bismarcks zu Desterreich an, als die schleswig-Holsteinische Frage im Herbst 1863 brennend wurde. Das ist die diplomatische Campagne, auf die ich am stolzesten bin," sagte er 1877 zu uns in Varzin. Baron von Holstein fragte: „Sie wollten die Herzogtümer gleich von Anfang an?" "Ja," erwiderte der Fürst, gewis, gleich nach dem Tode des Königs von Däne= mark. Es war aber schwer. Alles war dabei gegen mich, verschiedene Stellen am Hofe, Desterreich, die kleinen deutschen Staten, die Engländer, die uns den Kieler Hafen nicht gönnten. Mit Napoleon, da gieng es, der dachte uns damit zu verpflichten. Endlich waren zu Hause die Liberalen dawider, die auf einmal das Fürstenrecht für wichtig hielten — es war aber nur ihr Haß und Neid gegen mich —, und auch die Schleswig-Holsteiner wollten nicht. Die alle und was weiß ich noch. Wir hatten damals eine Statsratssitzung, wo ich eine der längsten Reden hielt, die ich je abgeschoßen habe, und vieles sagte, was den Zuhörern unerhört und unmöglich vorgekommen sein muß. Nach ihren erstaunten Mienen zu urteilen, dachten sie offenbar, ich hätte zu stark gefrühstückt. Costenoble führte das Protocoll, und wie ich mir das hernach an= sah, fand ich, daß die Stellen, wo ich am deutlichsten und eindringlichsten geworden war, weggelaßen worden waren. Sie enthielten gerade meine besten Gründe. Ich machte ihn darauf aufmerksam und beschwerte mich darüber. Ja, sagte er, das wäre richtig; er hätte aber gemeint, daß mirs lieb sein würde, wenn das wegbliebe. Ich erwiderte: Ganz und gar nicht. Ich bestehe darauf, daß es so, wie ich es gesagt habe, hineinkommt."

B.

Aus einem Brief des Kronprinzen Friedrich Wilhelm von Preußen, dd. Wyk, 24. Juli 1865, an seinen vortragenden Rat Dr. Mar Dunder.

(R. Hahm, Das Leben Max Dunckers, Berlin 1891, S. 363-64.)

Wollte man rasch nach unseren vorjährigen Siegen die Angelegenheiten der Herzogtimer ordnen, so konnte man bald mit dem Herzog Friedrich einig werden, vertraulich die Lebensfrage für Preußen mit ihm abmachen und dann seine Candidatur betreiben. Man wollte aber ihn verderben. So trieben denn die Dinge, bis Oesterreich sich, nach altem Brauch, einer antipreußischen Unternehmung annahm und uns hier in dem gemeinschaftlich verwalteten Lande überall ein Bein zu stellen suchte. Dieß der Segen einer Alliance mit unserem geborenen Widersacher.

Wie unter den gegebenen Verhältnissen, d. h. wie sie heute liegen, und abgesehen von meinen Ihnen bekannten Gründen für Einseßung Friedrichs, jemals eine Annexion der Elbherzogtümer durch Preußen zugestanden werden könnte, kann ich mir nur im Falle eines von uns siegreich geführten Krieges mit dem Kaiserstat denken. Denn Compensationen durch Bezahlung der Kriegskosten Seitens Preußens find wol eine Unmöglichkeit bei den Dispositionen des Kaisers. Seine Näte würden schon eher hierauf eingehen. Immerhin würde in jenem Falle aber Preußen die Herzogtümer kaufen und fein Jota Recht auf ihren Besit erlangen.

Sie meinen, ich solle auf Herzog Friedrich wirken, daß er die Bedingungen vom 22. Februar annehme.

Glauben Sie aber, daß er so abhängig von meinen Ratschlägen ist und nicht vielmehr, durchdrungen von seinen Rechtsansprüchen, wie auch von der großen Zahl seiner Anhänger gestüßt, eher sich durch Militär-Arrestation aus dem Lande tragen läßt, als nachzugeben? Und nun soll ich ihn veranlaßen, jene Bedingungen anzunehmen, nachdem Bismarck mir am 18. Juni c. sagte, selbige seien also redigiert, daß sie un annehmbar für Herzog Friedrich würden!

Man will ja einen Conflict, um durch einen Krieg den inneren unhaltbaren Zwist beizulegen! dieß ist doch ziemlich flar? Und wenn Herzog Friedrich wirklich nach gäbe, und wenn er noch stärkere Bedingungen annähme, man würde

es bei uns schon verstehen, die Dinge so zu be= treiben, daß neue Complicationen erständen, um Krieg zu bekommen.

Meine Stellung ist und bleibt eine passive; dem König und Bismarck sind meine Ansichten bekannt, und habe ich, dießmal wirklich einmal von dem bevorstehenden Regensburger Tage" im Voraus unterrichtet, nochmals schriftlich meine Ansichten ausgesprochen. Daß dieselben gleichgültig sind, weiß niemand beßer als ich, aber ich mußte doch wenigstens zeigen, daß ich den beabsichtigten Conflict nicht als unabweislich betrachte.

Halten Sie das aber ja fest, daß meine Argumente nicht aus der bloßen Freundschaft für Herzog Friedrich stammen, sondern vor allen Dingen aus meiner Liebe zum Vaterlande und aus der Ueberzeugung, daß Preußens Geschicke auf den gegenwärtigen betretenen Bahnen nicht heilsam und förderlich geleitet werden.

2. Entstehung und Verlauf der Verwicklung bis zur Gasteiner Convention.

[Die beiden deutschen Vormächte Oesterreich und Preußen hatten im Jahre 1864 die Elbherzogtümer nicht in Besit, sondern Namens des Deutschen Bundes und des erbberechtigten Landesfürsten in einstweilige Verwaltung genommen. Dieß ergibt sich aus folgenden Tatsachen.

Für die Herzogtümer Holstein und Schleswig bestand seit 1460 die Realunion untereinander (daß die Lande ewig zusammenbleiben sollten ungeteilt") und die Personalunion mit dem Königreich Dänemark zu Recht. Holstein (wie das erst 1815 tauschweise an Dänemark gekommene Herzogtum Lauenburg) gehörten dem Deutschen Bunde an, Schleswig nicht. Schleswig-Holstein war ein Mannslehn mit agnatischer Erbfolge, während in Dänemark seit 1660 die weibliche Erbfolge galt. Nun war am 15. November 1863 mit Stönig Friedrich VII. der Mannsstamm der zu Kopenhagen_regierenden königlichen Linie des Hauses Oldenburg erloschen. Es succedierte für den gesamten bisherigen Umfang der Monarchie Prinz Christian von der jüngern agnatischen Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glü & 3 burg als Christian IX. und zwar auf Grund des für Dänemark geltenden weiblichen Erbfolgrechtes und des von Dänemark mit den einzelnen Mächten Oesterreich, Frankreich, Großbritannien, Preußen, Rußland, Norwegen und Schweden abgeschloßenen Londoner Protokolls vom 8. Mai 1852. Dieser Vertrag hatte gegen Zusicherung der verfaßungsmäßigen Selbständigkeit der Elbherzogtümer namentlich Schleswigs, dieselben der in Dänemark geltenden weib

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