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4. Aus der Erklärung des kgl. preuß. Bandestagsgesandten v. Savigny.

(Aegidi und Klauhold, a. a. D. S. 101).

[Alsbald nach Faßung des Beschlußes gab der preußische Bundestagsgefandte Herr v. Savigny eine Erklärung ab, deren wichtigste Stelle lautet]:

...

.. Durch die, nach dem Bundesrechte unmögliche Krieg 3 erklärung gegen ein Bundesglied, welches durch den Antrag Desterreichs und das Votum derjenigen Regierungen, welche ihm beigetreten sind, bedingt ist, sieht das königliche Cabinet den Bundesbruch als vollzogen an.

Im Namen und auf allerh. Befehl Sr. Majestät des Königs, seines allergnädigsten Herrn, erklärt der Gesandte daher hiermit, daß Preußen den bisherigen Bundesvertrag für gebrochen und deshalb nicht mehr verbindlich ansieht, denselben vielmehr als erloschen betrachten und behandeln wird. Indes will Se. Majestät der König mit dem Erlöschen des bisherigen Bundes nicht zugleich die nationalen Grundlagen, auf denen der Bund auferbaut gewesen, als zerstört betrachten. Preußen hält vielmehr an diesen Grundlagen und an der über die vorübergehenden Formen erhabenen Einheit der deutschen Nation fest und sieht es als eine unabweisliche Pflicht der deutschen Staten an, für die lettere den angemeßenen Ausdruck zu finden. Diet. Regierung legt ihrerseits die Grundzüge zu einer neuen, den Zeitverhältnissen entsprechenden Einigung hiermit noch vor [S. diese Grundzüge S. 94 ff] und erklärt sich bereit, auf den alten, durch eine solche Reform modificierten Grundlagen einen neuen Bund mit denjenigen deutschen Regierungen zu schließen, welche ihr dazu die Hand reichen wollen. Der Gesandte vollzieht die Befehle seiner allerh. Regierung, indem er seine bisherige Tätigkeit hiermit nunmehr für beendet erklärt...

5. Verwahrung des österreichischen Präfidialgesandten v. Kübed.

(Aegidi und Klauhold, a. a. D. S. 102).

[Die Erklärung des preußischen Gesandten wurde von dem österreichischen Präsidialgesandten Baron Kübeck alsbald durch folgende Verwahrung beantwortet, der sich die Regierungen des Majoritätsbeschlußes anschloßen:]

Der Deutsche Bund ist nach Art. 1 der Bundesacte ein unauflöslicher Verein, auf dessen ungeschmälerten Fortbestand das gesamte

Deutschland, sowie jede einzelne Bundesregierung ein Recht hat, und nach Art. V. der Wiener Schlußacte kann der Austritt aus diesem Verein feinem Mitgliede desselben freistehen. Indem Präsidium fich gegenüber der von dem f. preuß. Gesandten eben erfolgten beklagenswerten Erklärung auf den gefaßten competenzmäßigen Beschluß bezieht, Namens der hohen Versammlung auf obige Grundgeseze hinweist und die Motive der preußischen Erklärung als rechtlich und factisch unbegründet erklärt, muß dasselbe in förmlichster und nachdrücklichster Weise alle Rechte und Zuständigkeiten des Bundes wahren, welcher in vollkommen bindender Kraft fortbesteht. Präsidium behält der hohen Bundesversammlung alle weiteren Entschließungen vor und ladet hochdieselbe ein, sich diesem feierlichen Proteste anzuschließen.

[Nachdem sich die Bundesversammlung diesem Proteste ange= schloßen hatte, äußerte das Präsidium weiter:]

Die Verantwortlichkeit für die schwere Verwicklung, welche in Folge des Schrittes der preußischen Regierung für Deutschland eintritt, trifft diese allein. Die bundestreuen Regierungen werden ihre Pflichten gegen einander und gegen die deutsche Nation zu erfüllen wißen, indem sie auf dem Boden des Bundesrechtes fest zusammenstehen.

6. Preußen wollte auf alle Fälle den Bund sprengen.

(Tagebuch - Blätter aus dem Jahre 1866. Erlebtes und Durchdachtes von einem deutschen Statsmanne, 1867, S. 24—25).

15. Juni... So erzählt man sich hier [Frankfurt a. M.] ganz öffentlich, daß für den Fall der Ablehnung des österreichischen Antrages eine andere preußische Erklärung vorbereitet war, welche ebenfalls den Austritt verkündigte, natürlich mit etwas verschiedener Motivierung. Herr von S.[avigny, der preußische Bundestagsgesandte] soll sich sogar unter den ihm vorliegenden Papieren vergriffen und eine Erklärung vorzulesen begonnen haben, die er dann rasch unterdrückte, um die für den gegebenen Fall passendere hervorzuholen.

Das aber wird einer unparteiischen Geschichtskritik nicht entgehen: daß die preußische Erklärung und Motivierung des Bundesbruches auf den Bundesbeschluß vom gestrigen Tage durchaus nicht paßt, sondern nur auf den österreichischen Antrag und dessen Motivierung. Der Bund hat aber diese österreichische Auf

faßung von sich gewiesen, wenn auch erst in der zwölften Stunde, - ein früherer Anlaß war nicht gegeben.

Somit nehme ich Act davon: daß die jedem unbefangenen Auge schon längst ersichtliche Bemühung Preußens, die Bundesacte zu zerreißen, ihre officielle Bestätigung durch die gestrige AustrittsErklärung erhält, welche vollständig ein referens sine relato ist.

7. Verteidigungsmaßregeln des Deutschen Bundes.

[In der Bundestagssigung vom 16. Juni zeigte das Königreich Sachsen an, daß seine Ablehnung der preußischen Sommation vom 15. Juni (S. Kap. 3), „die Kriegserklärung der fgl. preußischen Regierung und das Einrücken kgl. preußischer Truppen in das Königreich Sachsen zur Folge hatte", und verband mit dieser Anzeige den Antrag: „Hohe Bundesversammlung wolle... unverweilt die geeigneten Maßregeln auf Grund der Artikel XVIII und XIX der Wiener Schlußacte treffen, damit der vorhandenen Störung Einhalt getan werde, insbesondere aber die höchsten Regierungen von Oesterreich und Bayern ersuchen, die von der kgl. preußischen Regierung ergriffenen Maßregeln, dafern nötig mit Gewalt, zurück zu weisen und zu einem solchen Vorgehen ohne Aufschub das nötige vorzukehren." Dieser Antrag wurde mit 10 Stimmen (Desterreich, Bayern, Sachsen, Württemberg, Hannover, Baden, beide Hessen, Naßau und XVI. Curie) gegen 5 angenommen, welche lettere sich der Stimmabgabe enthielten. Ferner wurde in derselben Bundestagssißung vom 16. Juni ein hessen-darmstädtischer Antrag zum Beschluß erhoben, welcher den Ausschuß in MilitärAngelegenheiten beauftragte, im Einvernehmen mit dem Senat der freien Stadt Frankfurt und mit der Militärcommission alle nach Befund nötig erscheinenden Maßregeln zum Schuße der Bundesversammlung, insbesondere durch Heranziehung der erforderlichen Anzahl von Truppen der nächstbenachbarten Regierungen nach Frankfurt unverweilt anzuordnen." (Aegidi und Klauhold, Die Krisis des Jahres 1866, S. 118 ff.)

Nachdem dann am 18. Juni auch das Königreich Hannover und das Kurfürstentum Hessen dieselbe Anzeige wie Sachsen am 16. Juni erstattet und die Bundeshülfe gegen die in ihre Gebiete eingebrochenen kgl. preußischen Truppen nachgesucht hatten, beschloß die Bundesversammlung, nicht bloß Oesterreich und Bayern, sondern sämtliche in der Bundesversammlung vertretene Regierungen zu ersuchen, alle militärischen Maßregeln mit gröster Beschleunigung zu treffen, um den durch das gewalttätige Vorgehen Preußens bedrängten, gegen Recht und Gesez des Bundes

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mit Krieg überzogenen bundestreuen Regierungen die tuenlichste Unterstügung und Hülfe zu gewähren", - ein Beschluß, der mit 11 Stimmen Mehrheit gefaßt wurde, indem ihm dießmal, außer den früher genannten 10 Stimmen, auch noch diejenige der großherzogl. und herzogl. sächsischen Häuser beitrat (Vgl. Denkschrift Sr. gl. Hoheit des Kurfürsten 2c., S. 45 und H. Schulthess, Europ. Geschichtskalender Jahrg. 1866, S. 108).

Auf Grund dieser Beschlüße des Deutschen Bundes haben das 7. (bayerische) und 8. Bundesarmeecorps ihre kriegerischen Operationen vollzogen d. h. zur Aufrechterhaltung des Besißstandes" der von Preußen bereits mit Krieg überzogenen Bundesgebiete. Nur in diesem Sinne ist auch die Beseßung der hohenzollers schen Lande durch kgl. württembergische Truppen erfolgt. Sie wurde, wie die von dem Grafen Leutrum als "Bundescommissar“ unterzeichnete Proclamation, dd. Sigmaringen, 26. Juni, ausdrücklich besagt, vollzogen auf Grund des Bundestagsbeschlußes vom 25. Juni, dessen Inhalt die genannte Proclamation dahin angibt, die hohenzollerschen Fürstentümer sofort mit Bundestruppen beseßen zu laßen und die kgl. württembergische Regierung zu beauftragen, diesen Beschluß zu vollziehen, auch die Verwaltung dieser Fürstentümer im Namen des Bundes zu übernehmen“ (Aegidi und Klauhold a. a. O. S. 147). Diese Maßregel war also eine Repressalie des Bundes gegen die preußischen Occupationen seiner nördlichen Gebiete, zu denen seit dem 21. Juni auch noch das Herzogtum Sachsen-Meiningen hinzugekommen war.

Aus dem Gesagten ergibt sich, daß auch nach dem 15. Juni eine Kriegserklärung des Bundes oder bundestreuer Staten gegen Preußen nirgends erfolgt, sondern der von dieser Seite geführte Krieg lediglich ein Verteidigungskrieg gewesen ist.]

Zweites Kapitel.

Der Krieg der Preußen und Hannoveraner.

1. Königlich preußische Cabinetsorder an den General Vogel von Falckenstein, Commandeur des VII. Armeecorps zu Münster, dd. Berlin, 13. Juni.

(Fr. von der Wengen, Geschichte der Kriegsereignisse zwischen Preußen und Hannover 1866, Gotha 1886, S. 282-83.)

Sollte das Verhalten Hannovers bei der morgenden Abstimmung am Bundestage über den österreichischen Antrag Mich zur

Kriegserklärung gegen erstgenanntes Königreich veranlaßen, so werden Sie Meinen Befehl zum Einrücken in dasselbe auf telegraphischem Wege erhalten. Ich lege in diesem Falle die weiteren Operationen vertrauensvoll in Ihre Hand. Für dieselben steht zu Ihrer Verfügung die 13. Division, welche Sie den Umständen gemäß und nach eigenem Befinden durch disponible Landwehrtruppen aus dem Bereiche Ihres General-Commandos verstärken können.

Ferner steht am 15. bei Altona eine Division von etwa 11,000 Mann aller Waffen unter dem General von Manteuffel bereit, um mit Ihnen zu cooperieren, und ist der genannte General angewiesen, Ihre Befehle darüber entgegenzunehmen.

Die Nachrichten über den Stand der hannoverschen Armee ergeben, daß dieselbe noch nicht in voller Kriegsstärke und nicht völlig vorbereitet ist, sich auf höchstens 15,000 Mann aller Waffen beTäuft1) und sich teils bei Stade und Lüneburg, teils bei Hannover, Burgdorf und Celle versammelt.

Außerdem scheint aber auch die etwa 4-5000 Mann starke österreichische Brigade Kalik bei Harburg verblieben zu sein. Ez muß Ihnen überlaßen bleiben, genauere Nachrichten über diese Verhältnisse einzuziehen.

Bei den von Ihnen zu unternehmenden Operationen wird es weniger auf Beseßung gewisser Punkte, als vielmehr darauf ankommen, die hannoverschen Truppen durch Entwaffnung oder durch Angriff auf dieselben außer Wirksamkeit zu seßen.

Sollte Ihnen bei Beginn der Operationen über eine Kriegserklärung zwischen Preußen und Oesterreich noch nichts bekannt sein, so haben Sie den etwa im Königreich Hannover verbliebenen _commandierenden österreichischen Officier von dem Kriegsfall zwischen Preußen und Hannover amtlich in Kenntnis zu sehen, damit er in der Lage ist, sich mit seinen Truppen dem tatsächlichen Conflict entziehen zu können. Sollte derselbe demungeachtet in Verbindung mit den hannoverschen Truppen sich an deren Operationen gegen Sie beteiligen, so haben Sie auch ihn als Feind zu behandeln.

Sie haben eintretenden Falls bei sichtspunkt festzuhalten, daß durch

ihren Operationen den Geein schnelles Agieren Ihre

1) Striegsmäßig mußte sie, nach v. d. Wengen, 26,000 Mann stark sein.

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