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So wiesen auch die Insurgenten am folgenden Tage einen zwiefach wiederholten Versuch der feindlichen Avantgarde, in Blain einzudringen, glücklich zurück, und erst

als Marceau am 21sten December von Derval her (wo-3 M. w. Chatbr. hin er am 20sten von Chateaubriand gerückt war) vor

der Stadt erschien, räumten sie solche in der Nacht, und Blain 8 M. erreichten am 22sten Savenay.

Fleuriot war zu Blain von den noch übrigen Führern an die Stelle la Roche Jacqueleins zum Feldherrn erwählt worden. Talmont entfernte sich unmittelbar nach erfolgter Wahl von dem Heere, und gab dadurch zu der Meinung Anlaß, daß ihm selbst in diesem Augenblicke noch der schreckliche Posten beneidenswerth erschienen sei. Jezt konnte solcher Neid ein ehrendes Gefühl genannt

werden.

Nach mehreren Angaben zählte der fliehende Haufe in Savenay kaum noch 7000 Individuen mit 7 Ge= schüßen, und diese wie das Fußvolk waren fast ohne Munition; dazu lag eine Meile im Rücken und zur Rechten der Armee die Loire, links seßte das Meer und die bewachte Villaine nach einem Tagemarsche dem fernern Rückzuge Schranken, und von Blain her traf Westermann kaum eine Stunde nach den Insurgenten vor dem Orte ein, und eröffnete unverweilt den Angriff. Er ward diesmal noch muthig zurückgewiesen; das Gros der Republikaner konnte in den grundlosen Landwegen die Gegend von Savenav erst nach Einbruch der Nacht

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Derv.

24 M. f.

Blain.

erreichen. Marceau verschob deshalb den allgemeinen Angriff bis auf den folgenden Morgen.

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Wohl erkannten die Vendéeführer, daß nun nichts mehr übrig sey, als das Leben theuer zu verkaufen. Man entfernte während der Nacht, soviel es ohne Entmuthung der Soldaten geschehen konnte, Weiber, Kinder und Kraftlose, damit sie sich vielleicht bei royalistisch gesinnten Einwohnern der Gegend verbergen möchten; die Wittwe Lescure, welcher wir als Frau von la Roche Jacquelein in ihren Memoiren die wichtigste Quelle über den Vendéekrieg verdanken, ward auf diese Weise geret= tet. Alles, was noch fechten konnte, gehorchte den Ermahnungen der Führer und schickte sich zu der hartnäckigsten Vertheidigung an; wie in der physischen Natur, schien auch hier dem gänzlichen Erlöschen neu auflodernde Flamme in jeder Brust voranzugehen.

Als die Republikaner am Morgen des 23ften De= cember zum Angriff vorrückten, fand die vorderste Division, von Kleber geführt, noch vor Savenay so tapfern Widerstand, daß sie nach kurzem Gefecht zurückweichen mußte. Die Division Tilly, welche ihr folgte, stellte zwar das Treffen augenblicklich wieder her, und warf den Feind in einem zweiten Angriff bis in den Flecken zurück; allein hier in den Straßen vertheidigten sich die Insurgenten noch Schritt für Schritt mit solcher Hartnäckigkeit, daß selbst die höchste Anstrengung der alten Truppen unter Tilly den Kampf nicht entscheiden konnte. Gleich zu Anfang des Gefechts hatte sich Westermann

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mit einer dritten Abtheilung links gewendet, um den Ort von dieser Seite zu umgehen; die Bewegung gelang, ohne daß sie der Feind bemerkte, und noch schlug man sich auf das hartnäckigste in dem Flecken, als Westermann unvermuthet von der Rückseite her eindrang. Dieser Angriff überwand endlich allen Widerstand, so daß den Republikanern weiter keine Arbeit blieb, als die Fliehenden niederzuhauen. Sie wurde mit derselben Grausamkeit vollbracht, wie bei le Mans, und da sich hier kein offener Ausweg fand, so beleuchtete der folgende Morgen als ganzen Rest der Vendée-Armee nur noch einige hundert zufällig entkommene Flüchtlinge, und die leider weit größere Zahl der Unglücklichen, welche Gnade suchend sich ergeben hatten, und die man nun als Siegeszeichen nach Savenay oder nach dem nahen Nantes führte, um sie dort zu schlachten.

Die geringste Angabe der Republikaner sezt den Verlust der Insurgenten an Todten und Gefangenen, welche gleich darauf hingerichtet wurden, auf 6000 Menschen; die Führer Lyrot de la Patouillière und Piron befanden sich unter dieser Zahl. Donnissan, Desessarts und der Ritter Beauvolliers entkamen in den Wald von Gavres, sammelten dort gegen 200 Flüchtlinge und erreichten mit denselben in Eilmärschen, hinter dem Republikanerheer weg, glücklich Ancenis. Die schwache Garnison wurde überfallen und aus der Stadt gejagt, und schon schöpfte der kleine Haufe Hoffnung, über den Strom zu kommen, als der Feind verstärkt wiederkehrte

und nach hartnäckigem Gefecht fast die ganze Truppe tödtete oder gefangen nahm. Die drei genannten Führer hatten lézteres Schicksal und starben zu Angers auf dem Schaffot; der Bischof von Agra war schon vor dem Treffen bei Savenay von dem Heere abgekommen, bald erkannt worden, und endigte ebenfalls zu Angers sein Leben unter der Guillotine. Talmont irrte einige Zeit als Landmann verkleidet in der Bretagne umher, wurde endlich in Fougeres erkannt, und nachdem man ihn mehrere Monate im Gefängniß hatte schmachten lassen, ge= bot ein bestimmter Befehl des Convents, ihn in dem Hofe seines Schlosses zu Laval hinzurichten; er starb mit unerschütterter Standhaftigkeit. Perault wurde, ebenfalls auf der Flucht gefangen und zu Ernée erschossen. Von allen bedeutenden Personen des Vendéeheeres auf dem rechten Ufer der Loire entrannen dem allgemeinen Untergange nur Marigny, Fleuriot, Forestier, Scepeaux, Rostaing, der Ritter Beaurepaire, der Heerschahmeister Beauvollier, der Pfarrer Bernier und der Abbé Jagoult; die meisten werden uns in der Folge Gelegenheit geben, ihrer Rettung und ihres fernern Schicksals ausführlicher zu erwähnen. Was von der Masse der Armee während des ganzen Zuges dem Tode entgangen ist, läßt sich nicht mit Bestimmtheit angeben; die höchste Vermuthung beschränkt sich auf wenige tausend Individuen *).

*) Moniteur p. 391. 392. 398. 435. 443. 470. 531. Madame la Roche Jacq. II. 109-125. 176–182.

Entschuldigen möge der Leser mit dem Interesse des Gegensages, wenn wir dem Ende der Vendée-Armee gleich hier das Schicksal der merkwürdigsten Personen folgen lassen, welche in dem beschriebenen Zeitraume gegen sie aufgetreten sind. Es lag schon in dem schnel len Wechsel der Gewalt, welcher die französische Revolution auszeichnet, daß fast keine menschliche Vorsicht ge= gen die Folgen dieser häufigen und schnellen Verånderungen sichern konnte. Ein General oder Beamteter in den Provinzen mußte eifrig der herrschenden Partei anhängen, wenn er bestehen wollte; es war sogar unumgänglich nothwendig, sich den persönlichen Schuß irgend eines bedeutenden Mannes von derselben zu verschaffen. Heute sprach dieser im Convent vortheilhaft von seinem Freunde, morgen wurde der Protector oder dessen ganze Faction gestürzt, und in der Regel war dann die erste Nachricht, welche dem Schüßling von dem unseligen Ereignisse zukam, der Befehl zu seiner Absehung und die Citation, als Mitschuldiger oder Anhänger des Gestürzten vor dem Revolutionstribunal zu erscheinen. So war Beyffer, welcher zuerst die Mordbrennerfackel in der Vendée schwang, wie es scheint, nur durch Hebert, Ronsin und deren Freunde gerettet worden, als er vor den Jacobinern das Leben für seine frühere Unterwürfig

Guerres des Vendéens II. 448-460. Westermann p. 422-430. Benaben II. 61-66. Beauchamp II. 111-125.

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