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gesetzt mit Einem Worte, die Erzeugung des Wortes lasse sich als so ein äusserlicher Vorgang behaupten: so wäre nicht abzusehen, warum sich ein solcher Vorgang nicht noch täglich sollte wiederholen können. Allein, wo wäre er jemals gelungen? Wer hätte es mit aller Anstrengung dahin zu bringen vermocht, ein neues ursprüngliches Wort zu schaffen, zu erfinden? Aus dem einmal vorhandenen Vorrathe zu schöpfen, ihn durch Ableitung, durch Zusammensetzung, durch Vereinfachung oder sonstige Umbildung zu vermehren und unserm Bedürfnisse anzupassen ist Alles, was uns zu Gebote steht. Wenn es aber heute nicht mehr gelingt, wenn es, so weit unsere historische Kenntniss zurückreicht, zu keiner Zeit gelungen ist, ein Ur- und Wurzelwort willkürlich aufzustellen und zu erfinden: so dürfte es wohl mehr als zweifelhaft erscheinen, dass dies üherhaupt die Art gewesen sei, welcher die Sprache ihren Ursprung zu verdanken habe.

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Der Grund, warum bei Herder sowohl wie bei Jacob Grimm die ganze Untersuchung so fehl gegangen und aus der Richtung gekommen ist, liegt allein in der unglücklichen Wahl des Ausdruckes „Erfindung," welchen der Erstere angenommen und der Letztere festgehalten hat. Mit diesem Ausdrucke geräth die Sprache in die Reihe derjenigen Dinge, welche absichtlich ersonnen werden, um einem vorgesetzten Zwecke als Mittel zu dienen. Eine Erfindung setzt nicht nur ein deutliches Bewusstsein des angestrebten Zweckes voraus, sondern erfordert selber auch ein bewusstes, reifliches Nachdenken, und mit den praktischen Versuchen, welche gemacht werden müssen, um das rechte, zweckmässige Mittel herzustellen, fällt die ganze Angelegenheit allerdings dem Gebiete historischer Handlungen, empirischer Vorgänge anheim. Aber jenes Nachdenken, jenes Bewusstsein, ohne welches keine Erfindung" zu Stande kommt, erfolgt selber nur in der Form und Weise des Wortes, dessen also, was eben erst erfunden" werden soll. Ohne Wort vergegenwärtigen sich der Seele wohl Bilder, Vorstellungen, Imaginationen, die, wenn man an manchen Thieren wahrnimmt, etwa auch bis auf einen gewissen Grad Verbindungen, Zusammenhänge eingehen; aber ein wirkliches, menschliches Denken, ein vernunftmässiges Behandeln jener Vorstellungen, wie es z. B. zu einer Erfindung" nothwendig und unerlässlich ist, stellt sich erst mit dem Worte ein. Ein Gedanke ohne Wort wäre wie eine Seele ohne Leib; er wäre nicht existenzfähig, und ohne Existenz woul auch nicht fähig, sich den Leib, das Wort das Mittel also seiner Existenz zu erfinden." Herder und selbst Jacob Grimm haben dies augenscheinlich auch gefühlt, indem sie statt Spracherfindung bisweilen blos Sprachfindung sagen, was der Sache schon eine wesentlich andre, aber von ihnen nicht weiter verfolgte Wendung gibt. Denken und Sprechen lassen sich wohl unterscheiden, so wie sich etwa auch Seele und Leib, etwa auch Rechts und Links unterscheiden lassen; scheiden aber, von einander getrennt betrachten lassen sie sich nicht, wenigstens da nicht, wo es sich um die Ursprünglichkeit des Einen oder des Andern von ihnen handelt. Beide sind nur die unterschiedenen Seiten einer und derselben Einheit, und diese ist es, welche in Betracht gezogen werden muss, wenn Eines von ihnen in seiner Ursprünglichkeit begriffen werden soll. Alsdann aber muss auch klar sein, dass der Frage nach dem Ursprunge der Sprache nicht von der historischen, sondern allein von der psychologischen und physiologischen Seite her beizukommen ist, und dass sich der Philolog, der sich hierauf einlassen will, in den Philosophen verwandeln muss. Dass dies bei Herder nicht, oder nicht genügend, geschehen, ist vielleicht der Punkt, in welchem Schelling mit dessen Versuche unzufrieden war, und es ist allerdings mit Jacob Grimm zu bedauern, dass sich Schelling (wohl aus guten Gründen) hierüber nicht näher ausgesprochen hat. G. L. Staedler.

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Lattmann. Ueber die Frage der Concentration in den allgemeinen Schulen, namentlich im Gymnasium. Göttingen. 1860. (Vandenhoeck und Ruprecht.)

Spät, aber doch nicht zu spät kommen wir auf dieses vor drei Jahren erschienene verdienstliche Buch zurück. Seine Wirkung hat es freilich zum Theil bereits gethan, kann aber nicht verfehlen, sie auch fernerhin zu üben: und desto weniger kann es schaden, auch jetzt noch darauf hinzuweisen. — Es ist nicht bloss der Gesichtspunkt, unter dem die Frage der allgemeinen Schulen aufgefasst ist, es ist insbesondere der Geist eines besonnenen und gesunden Urtheils, der den vorliegenden Untersuchungen einen dauernden Werth verleiht. Die Frage der Concentration ist, scheint es, nur für die Gegenwart der Schulen eine so dringliche. Erst die Gefahr einer vollstandigen Zersplitterung, die durch das Eindringen des mannigfaltigsten Stoffes und durch die Erhebung der disparatesten Anforderungen an unsere Schulen entstanden ist, hat jene Frage zu einer so wichtigen gemacht. Der Verfasser halt überall in seinen Erörterungen das Princip einer gesunden und von praktisch bewährten Principien ausgehenden Vermittelung inne. Aber an jene Frage knüpft sich so vieles Bedeutsame in Bezug auf den Organismus des Schulwesens überhaupt und die Organisation der einzelnen Classen von Schulen insbesondere, dass das Buch grade hierdurch einen dauernden Werth erlangt. Der Geist des Verfassers ist auch auf praktischem Gebiete ein systematisirender. Nicht überall wird man mit seinem Urtheile übereinstimmen können, nicht überall den Ausgangspunkt seiner Betrachtung billigen: und doch wird man ihm zugestehen müssen, dass er überall eine nachahmenswerthe Klarheit und Bestimmtheit des Gedankenganges, so wie eine grosse Umsicht und Besonnenheit bewiesen hat. Ueber Einzelnes uns hier auszusprechen, reicht der Raum nicht hin. Nur Folgendes. Die Scheidung der Bürgerschule und des Gymnasiums nach den Principien von Nationalität und Humanität scheint doch sehr idealistisch zu sein. Weder die modernen Sprachen noch die moderne Geschichte, noch Mathematik oder Naturwissenschaften können eine Grundlage nationaler Bildung gewähren. Die antike Bildung allein gibt auch die Möglichkeit einer wahrhaft nationalen Bildung, und die Bürgerschule verzichtet mit jener zum Theil auch auf die allgemeine Bildung (?) überhaupt. Man muss sich darüber nicht tauschen wollen. Selbst ein in einigem Umfange betriebener lateinischer Unterricht kann das nicht aufheben. Die Bürgerschule mit ihrer Unmasse innerlich nicht gegliederter Objecte kann keine andere (?) Bestimmung haben, als mit theilweisem Aufgeben des Zieles der Gelehrtenschule eine speciellere Fachbildung zu erreichen. Ein anderer principieller Unterschied ist nicht da, und so bleibt es nach allen Experimenten immer noch die Frage, ob es nicht gerathen sei, das Lateinische grade im Interesse der hier dringend gebotenen Concentration wenigstens auf den höheren Stufen der Burgerschule ganz zu beseitigen, weil es in seiner Vereinzelung wenig leistet, die andern Zwecke der Schule aber beeinträchtigt. Eine Coordination von Gymnasien und Bürgerschulen in Bezug auf allgemeine Bildung ist ein innerlich unmögliches Ding. (cf. p. 38-55.) Wir empfehlen insbesondere die Abschnitte uber die Concentration der Lehrkraft und über das Verhältniss der Schule zur Kirche zu gründlichster Erwägung. Es sind hier zumeist Betrachtungen und Vorschlage niedergelegt, die uns im höchsten Grade beachtungswerth scheinen.

A. Lasson.

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Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit. Neue Folge: 10. Jahrgang. Nürnberg 1863. Nro. 1-4.

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Notiz und Anfrage über das mangelnde Bildniss Christian's I. vom Oldenbenburgischen Stamme. Mit diesem kleinen, aber interessanten Aufsatze des jetzigen ersten Vorstehers des germanischen Museums, A. L. J. Michelsen, wird der 10. Jahrgang des Anzeigers eröffnet. Zur Ankündigung semes Amtsantritts hat Herr Michelsen zugleich mit dem ersten Hefte der Zeitschrift eine Abhandlung von grösserer Bedeutung erscheinen lassen, nämlich einen „urkundlichen Beitrag zur Geschichte der Landfrieden in Deutschland" 31 S., in welcher nach Hinweisung auf die Fehde- und Streitlust früherer Jahrhunderte, auf die Unsicherheit geordneter Rechts- und Lebensverhältnisse vor der Aufrichtung des ewigen Landfriedens und Gründung des Reichskammergerichts 1495, der Verfasser bezweckt, „eine urkundliche Nachricht und Uebersicht über die im 14. Jahrhundert in dem centraldeutschen Lande Thüringen geschlossenen Landfriedensbündnisse zu ertheilen." Die Abhandlung ist aus den zuverlässigsten und grossentheils noch, ungedruckten archivalischen Materialien geschöpft, deren einige anhangsweise mitgetheilt werden.

Heraldisches Räthsel. Von F. K. Abbildung und Besprechung von 4 Siegeln der Grafen von Bregenz-Montfort und Sigmaringen, deren Erklä rung in einigen Punkten unsicher und unbekannt ist.

Deutsche Reichsacten. Von Dr. Soldan zu Giessen. Mittheilung aus einer bisher von Niemand als von Herrn Soldan selbst in dessen Abhandlung „Deutsche Königswahlen" in Raumers historischem Taschenbuche für 1863 benutzten Handschrift der Universitätsbibliothek zu Giessen. Sie betrifft den Augsburger Reichstag von 1550 und der Inhalt derselben wird nach den einzelnen Materien im Allgemeinen angegeben. Das Ganze hat nach Soldans Meinung einst zu den Acten des Reichsarchivs gehört.

Zur näheren Kenntniss der Cisterzienserkirchen. Von Dr. Rein zu Eisenach. Kurze Hinweisung auf die Eigenthümlichkeiten der genannten Kirchen, die 1) in dem Fehlen der Thürme, 2) in gradlinigem Chorschluss mit doppelten Capellenpaaren auf jeder Seite des Hochaltars, 3) in übermässiger Länge des Schiff's bestanden.

Ueber ein Landfriedenssiegel des Kaisers Sigismund. Von Dr. Euler zu Frankfurt am Main. Beschreibung eines im November 1862 zu Frankfurt gefundenen Siegelstempels und des Siegels selbst.

Die Chronik von Weissenborn. Von Jos. M. Wagner in Wien. Beschreibung einer Wiener Handschrift (Nro. 2943), die vielleicht mit jener obengenannten identisch ist.

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St. Georg oder St. Moriz? Von Dr. Kittel. Hinweisung auf Verwechselung dieser Heiligen und des heiligen Michael. Die Abbildungen der Heiligen sind trotz ihrer stereotypen Gestaltung und derselben Attribute doch nach dem jedesmaligen Geist des Jahrhunderts mannigfach verändert. Ueber die Broncedenkmäler zu Römhild and Hechingen. Von Döbner in Meiningen. Ausführliche Polemik gegen Heideloffs Ansichten (Ornamentik 24. Heft) über den genannten Gegenstand.

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Die Fugger in Nürnberg. Von Lochner in Nürnberg Verzeichniss der Mitglieder dieses berühmten Handelsgeschlechts, die entweder in näherer Beziehung zu Nürnberg gestanden oder dort gewohnt haben.

Die Weiss- oder Freikäufer in den Messen zu Braunschweig. Vom Registrator Sack zu Braunschweig. Mit Bezugnahme auf Nro. 3 des Anzeigers vom Jahre 1862 wird über Messen in Braunschweig und Handelsverordnungen bezüglich derselben manche interessante Notiz beigebracht.

Grabstein eines deutschen Ritters in Rom, Mitgetheilt von A. v. Reumont. Derselbe ist einem „nobilis armiger Gozo de Husbergen de Theotonia" gewidmet.

Ein interessantes Schwert mit der Jahreszahl 1619. Von Dr. jur. J. Erbstein, erstem Secretair des germanischen Museums. Ausführliche Beschreibung dieses durch Darstellungen reich verzierten Schwertes. Der Trebitzer Bracteaten fund. Von Dr. Erbstein. Von den vor Kurzem zu Trebitz in der Nähe Wittenbergs aufgefundenen Bracteaten sind 52 Stück in die Hände des Dr. Erbstein gekommen, der von denselben eine genaue Beschreibung liefert.

Todtenurnen bei Hannover. Mittheilung von Dr. Schläger zu

Hannover.

Hünenbetten, Grabhügel und Ausgrabungen im nördlichen Westphalen. Andeutungen von Dr. Hartmann zu Lintorf über die Natur und Art der Begräbnisse der alten Germanen und Kelten.

Trinkgefässe in Walhalla. Herr Michelsen weist auf die seit Worm (1643) irrthümlich übersetzte Stelle in dem Krakemal Ragnar Lodbroks hin, nach den die Gestorbenen in Walhalla aus den Schadeln ihrer erschlagenen Feinde trinken. Er übersetzt nach Finn Magnussens Vorgange: Wir trinken Bier alsbald aus den Krummhölzern (Geschirren) der Haupter." Diese gekrümmten Trinkgeschirre von den Häuptern (oder Hirnschalen) sind nicht von Menschenköpfen, sondern von Thierköpfen, zunächst vom Rindvieh zu verstehen.

Das älteste, bis jetzt unbekannte deutsche Werk über Chirurgie. Herr Geheimrath Dr. Flaeser zu Breslau macht auf ein handschriftliches Werk aufmerksam, welches ein Bruder des Deutschen Ordens Meister Heinrich von Pfolsprundt im Jahre 1460 verfast hat. Dasselbe hat im Jahre 1519 der Caplan Heinrich Hentze von Sondershausen auf Befehl seines Kirchenpatrons verfertigt. Prof. Middeldorpf beabsichtigt, dasselbe herauszugeben.

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Grabstein eines deutschen Ritters in Rom. Zusatz des Prof. C. Schmidt zu Strassburg zu der Notiz in der Februarnummer des A. f. K. d. D. V. p. 56. „Im Jahre 1313 kaufte das Kapitel von St. Thomas für 45 Strassburger Pfund Güter in einem dieser Dörfer (Hausbergen) von den Schwestern des armiger gotzemann de Hugesbergen," welcher offenbar der zu Rom begrabene ist.“

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Beilagen mit Anzeigen, vermischten Nachrichten, Chronik des Museums und dergleichen mehr.

Altdeutsche Märchen, Sagen und Legenden. Treu nacherzählt und für Jung und Alt herausgegeben von Reinhold Bechstein. Leipzig bei Schulz. 1863.

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Deutsche Sagen. Herausgegeben von Dr. Heinrich Pröhle.
Mit Illustrationen. Berlin 1863, bei U. Frank.
Sagenbuch von Böhmen und Mähren. Von Dr. Joseph Vir-
gil Grohmann. 1. Theil: Sagen aus Böhmen. Prag 1863,
Universitätsbuchhandlung.

Nachdem in der neuesten Zeit das Sammeln von Märchen, vorzugsweise durch die Gebrüder Grimm angeregt, einen mehr wissenschaftlichen Charakter angenommen und das Flüchtige und Phantastische derselben einen festen Grund und Boden gefunden hat, haben sich zu den vorhandenen Sammlungen immer neue Schösslinge und Ausläufer gefunden, so dass die Zahl der Märlerer," wie Conrad von Meyenberg solche Leute nennt, die sich mit Erzählung mythologischer Dinge befassen, von Tage zu Tage noch zu wachsen scheint. Es wurde danach ein gewisser Abschluss noch lange

nicht zu erwarten sein. Und doch wäre es höchst wünschenswerth, ja eine wahre Wohlthat für den, der sich als Nachgeborner gern über das Vorhandene orientiren möchte, wenn einer oder der andere solcher „Märchenlehrer oder Poeten, wie an einer andern Stelle derselbe Conrad sagt, sich der Arbeit unterzöge, eine Art von Compendium aller deutschen Sagen und Märchen zu entwerfen. Dadurch würde dann freilich auch dem Uebelstande abgeholfen, dass jedes neue Märchen und Sagenbuch ein gut Theil schon anderswo entweder besser oder eben so gut erzählter Dinge bringt, die Arbeit und Kosten und den Ballast der Bibliotheken unnützer Weise ver

grössern. Die jüngeren Märchen- und Sagensammler wissen dies wohl, aber ist es der verlockende gleissende Schimmer des dämonischen Inhalts, oder ist es wirklich wissenschaftlicher Anreiz; auch die kleinste Ausbeute tritt frisch und keck hervor, will gelesen und beachtet sein und freut sich des Daseins.

Auch die oben genannten drei Büchlein bringen meistens Bekanntes, schon in gleicher oder ähnlicher Weise Gedrucktes; und doch hat jedes sein eigenthümliches Verdienst, und darf mit vollstem Recht Achtung und Betrachtung fordern. Um so mehr, da alle drei, wenn sie auch auf allgemeinere Anerkennung der Gebildeten Anspruch machen dürfen, doch der Gelehrsamkeit nicht entbehren und so eben so wohl unterhaltend als belehrend genannt werden müssen. Dies zu erweisen, sei es gestattet, näher auf Inhalt und Beschaffenheit der Sammlungen einzugehen.

Reinhold Bechstein, durch gelehrte Studien seit einigen Jahren den deutschen Philologen wohl bekannt, gibt in dem Vorworte zu den 32 Erzählungen den Zweck seiner Arbeit dahin an, dass, da den grösseren Literaturwerken, besonders den herrlichen Erzeugnissen der Glanzperiode der mittelalterlichen Dichtkunst eine erfreuliche Aufmerksamkeit zugewendet werde, da es ferner auch der Novellenliteratur nicht an Erneuerungen gefehlt habe, es an der Zeit sei, auch die kleineren prosaischen Stücke, Märchen, Sagen und Legenden in der Gestalt, wie sie uns aus älterer Zeit überliefert werden, gehörig für die Gegenwart zu verwerthen. Die meisten der Erzählungen sind Handschriften des 15. Jahrhunderts entnommen; sie waren daher eigentlich nicht altdeutsch zu benennen, wenn auch ihr höheres Alter nicht zu bezweifeln ist und zum Theil nachgewiesen werden kann. Einige derselben sind allgemein bekannt, z. B. der Ritt nach dem Kalkofen, die Bürgschaft, Griseldis, die meisten jedoch wohl der Mehrzahl der Leser völlig unbekannt. Im Stil sucht Bechstein das Eigenthümliche des älteren Originals möglichst beizubehalten und zwar in der Absicht, die Beschaffenheit der älteren deutschen Prosa nach ihrer Einfachheit und Natürlichkeit wenigstens annähernd darzustellen. Zwölf Seiten Anmerkungen am Schlusse setzen den Leser in Stand, das Original mit der Uebersetzung oder besser Erneuerung zu vergleichen und werden jedem Gebildeten Belehrung und Anregung gewähren.

Der Wunsch des Verfassers am Schlusse des Vorworts, dass die kleine Sammlung bei Kennern Nachsicht und bei Jung und Alt eine freundliche Aufnahme finden möge, ist ebenso bescheiden als gerecht, und ich zweifle keinen Augenblick daran, dass derselbe auf das Schönste wird in Erfüllung gehen.

Die Deutschen Sagen" Pröhle's sind bedeutend stattlicher und umfangreicher. Sie verbreiten sich über ganz Deutschland im weitesten Sinne des Worts. Sie beginnen mit dem Braunschweigischen, wenden sich dann über den Harz und Thüringen den Halberstädtischen, Anhaltischen und Magdeburgischen Sagen zu. Diesen folgen die der Mark Brandenburg, der Lausitz, der Küstenländer der Ost- und Nordsee, dann Hannoversche, Westphalische, Rheinische Sagen; Sagen aus Elsass, Burgund, Baden und Würtemberg. Durch die Schweiz werden wir nach Oesterreich, Böhmen und Baiern geführt. Franken und Thüringen machen den Beschluss. So wird, wie der Verfasser sagt, in dem Buche ein rascher Ueberblick über

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