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Theologische Nachrichten

18 22.

H e r a u s g e g e b en

von

D. Ludwig Wachler

in Breblau.

Erster Band.

Frankfurt am Main,

im Verlag der Hermannschen Buchhandlung.

Theologische Nachrichten.

Januar 18 22.

Ueber den Erbau einer katholischen Kirche in Zwickau.

ie haben mich aufgefordert, Ihnen das, was mir auf meiner Reise von dem Erbau der katholischen Kirche in Zwickau bekannt geworden ist, mitzutheilen. Mit Freuden erfülle ich diesen Wunsch und erzähle Ihnen, was ich darüber habe erfahren können.

Seit 1776 befindet sich in Zwickau ein Zuchts und Arbeitshaus,das anfänglich nur wenige,jeßt aber einige hundert Sträflinge zählt, die, welcher Confession siè auch seyn möchten, bis zum Jahre 1817 an dem protestantischen Gottesdienste Theil nahmen, den ein von der Commission des Zuchthäuses besonders angestellter Geistlicher zu leiten hat. Die Sträflinge katholischer Confession wurden indeß alljährlich von einem Geistlichen ihrer Kirche besucht, der nicht blos für sie, sondern auch für die in Zwickau und der Umgegend lebenden Katholiken Messe las und einen förmlichen Gottesdienst hielt, wozu ihm die dem Zuchthause zugehörige Kirche jederzeit eingeräumt würde. Der kathol. Geistliche, der von der bestehenden Einrichtung, daß seine Glaubensgenossen im Zucht hause den protestantischen Gottesdienst abzuwarten genöthigt wareh, Nachtheil für seine Kirche befürch tete, mag wahrscheinlich darauf angetragen haben, [ ]

1822,

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daß dieser Uebelstand abzustellen sey, denn es wur den die Katholiken, deren Anzahl sich vielleicht nie über 20 in der Strafanstalt belief, von dem Besuche des protestantischen Gottesdienstes frei gesprochen, und dagegen von ihnen Sonntags Privatandachten unter Leitung eines Sträflings gehalten, wozu fie die erforderlichen Gebetbücher von Dresden aus bekommen hatten. So war zwar im Einzelnen etwas geworden, was aber in der Hauptsache kaum der Erwähnung werth zu seyn schien. Denn die katholische Heerde in und außer dem Zuchthause (in der Stadt sollen sich gegen 30 Katholiken aufhalten] war ja noch immer ohne einen wahren Hirten, und vernahm nur des Jahres Einmal die warnende Stimme eines von ihr selbst nicht eben hoch ge= feierten Zionswächters im - Beichtstuhle *). Man fah sich also genöthigt noch weiter zu gehen, und` nur um das Wie? schien man bei der Ausführung eines früher schon längst gehegten Planes in Verlegenheit zu seyn. Ohne Hirten sollte und durfte die verlaffene Heerde nicht mehr bleiben; nicht etwa, um kein Glied von ihr zu verlieren, was man wenigstens zu befürchten keinen Grund haben konnte, da die angestellten protest. Hausgeistlichen jederzeit alles Proselytenmachen unter ihrer Würde hielten, sondern um diese Heerde zu vermehren, und der Stadt und Umgegend, wenn auch nicht für jeßt, doch für die Zukunft Thor und Thüre zur, alleinseligmachenden Kirche zu öffnen. Aber wo sollte der anzustellende Priester sein Heiligthum aufschlagen? Wie sollte seine Subsistenz gesichert werden? Wie sollte man

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den

*) Es war Pater W., ein Zelot, der seines Gleichen sucht; der horribile dictu, sogar gegen den protestantischen Hausgeißtlichen einmal mit der unverschämten und wahrhaft unbegreiflich plums pen Zumuthung herausrückte, daß er darauf hins wirken sollte, die Sträflinge zur katholischen Kirche zu führen.

etwanigen Oppositionen gnügend begegnen, ohne durch einen Gewaltschritt die Gemüther der evangelischen Kirche zu reizen und eine offenbare feindfelige Stellung gegen sie anzunehmen? Fragen, wie diese, mögen wohl einige Zeit die Herzen derer, die die Anstellung eines katholischen Geistli chen wünschten und dafür wirkten, beunruhigt þaben, aber sicher nicht lange. Denn man hatte ja die Tractaten des Posener Friedens für sich, durch die wir nichts, die Katholiken alles gewonnen haben, um alle Stimmen, die sich etwa mißbilligend erheben könnten, zum Schweigen zu bringen; man fonnte ja darauf dringen, daß für die Sträf linge katholischen Glaubens eben das rücksichtlich ihrer religiösen Bildung gethan werde, was man für die aus der protestantischen Kirche zu thun augeordnet hatte; man konnte sich vielleicht der bes sondern Unterstüßung des Landesfürsten in einer Sache, die mit dem Interesse seiner Kirche so unzertrennlich verbunden war, versichert halten; man konnte endlich aus dem Hinblick auf den gegenwärtig herrschenden Indifferentismus auf der einen, und dem sich immer mehr einschleichenden religiösen Somnambulismus auf der andern Seite die stär kendste Nahrung zur Belebung der Hoffnung auf einen glücklichen Ausgang ziehen. Genug, man schritt nun näher zur Ausführung des Plans, einen katholischen Geistlichen nach 3. zu sehen und eine Kirche für ihn einzurichten; aber sicher dabei weniger die unbedeutende Anzahl der Katholiken im Zuchthause, als vielmehr überhaupt die Anstellung eines Priesters für die Stadt und ihre Umgebungen im Auge habend. Jene mußten wahrscheinlich nur den Namen hergeben, standen wenigstens im Hintergrunde bei den Ursachen, um derentwillen man eine katholische Kirche wünschte. Was von den Freunden dieses Wunsches für die Realisirung desselben bei der Zuchthaus Commission gethan

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