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95. Verordnung, betreffend die Anwerbung von Eingeborenen des Togogebietes zu Diensten außerhalb des Schutzgebietes.

§ 1.

Die Anwerbung von Eingeborenen des Togogebietes zu Diensten außehalb des Schußgebietes ist nur mit Genehmigung des Kaiserlichen Kommissers gestattet.

Diese Genehmigung ist in jedem einzelnen Falle schriftlich nachzujuhen und wird in gleicher Form ertheilt werden.

$ 2.

Für die Anwerbung eines jeden Eingeborenen zu dem angegebenen Zweck ist, falls der Dienst nicht länger als ein Jahr dauern soll, eine Gebühr von 5 Mark, für jedes begonnene weitere Jahr eine Gebühr von 22 Mark an das Kaiserliche Kommissariat zu entrichten.

§ 3.

Die Gebühr für das erste Dienstjahr, sowie die Hälfte des dem Eingeborenen ausbedungenen Gejammtlohnes ist bei Abschluß des Dienstvertrages, der Rest nach Beendigung der Dienstzeit zu zahlen.

$ 4.

Im Falle des Todes eines Eingeborenen während seiner Dienstzeit außerhalb des Schußgebietes ist, außer der fälligen Löhnung, der volle Lehnbetrag für den Monat, in welchem der Eingeborene gestorben, und der Betrag für die auf diesen Monat folgenden zwei Monate zum Zwecke der Uebermittelung an die erbberechtigten Hinterbliebenen zu entrichten.

Ist der Tod im Gefecht erfolgt, ohne daß kriegerische Verwendung ausdrücklich vorbedungen gewesen, so ist der Betrag von Mk. 250 zur Entschädigung für die Hinterbliebenen zu entrichten.

§ 5.

Sämmtliche in vorstehenden Paragraphen erwähnten Zahlungen sind an das Kaiserliche Kommissariat in Sebbe zu leisten.

$ 6.

Zuwiderhandlungen gegen die obigen Bestimmungen werden in jedem einzelnen Fall mit einer Geldstrafe von nicht unter 300 Mark bestraft.

$7

Die vorstehenden Bestimmungen beziehen sich nicht auf Dienstverhältnisse, welche Eingeborene mit der Kaiserlichen Regierung bezw. deren Bevolmächtigten oder als kaufmännische Gehülfen irgendwelcher Art mit kaufmännischen Firmen eingehen.

§ 8.

Das Hinterland von Togo jenseits der nördlichen Grenzlinie gilt nicht als Ausland im Gegensaße zum Schutzgebiete im Sinne des § 1 dieser Verordnung.

Sebbe, den 24. Dezember 1891.

Der Kaiserliche Kommissar.
Graf Pfeil.

96. Derordnung, betreffend die Befreiung der in Sklaverei gehaltenen Personen.

Auf Grund des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete, und der Verfügung des Reichskanzlers vom 29. März 1889 verordne ich hiermit, wie folgt:

§ 1.

Personen, welche sich im Zustande der Sklaverei, Haussklaverei oder Hörigkeit befinden, erlangen ihre volle Freiheit dadurch, daß ihr bisheriger Herr ein ihr Verhältniß zu ihm lösendes Rechtsgeschäft (Kauf, Tausch, Schenkung u. s. m.) mit einem Dritten oder mit ihnen selbst abschließt.

§ 2.

Jeder Loskauf eines Sklaven ist von dem Befreienden innerhalb vier Wochen dem Kaiserlichen Kommissar oder dem Amtsvorsteher des Bezirkes, in welchem der Freigewordene oder der Befreiende seinen Wohnsig hat, anzuzeigen, worauf auf Antrag dem Sklaven unter Siegel und Unterschrift ein Freibrief unentgeltlich auszustellen ist. In gleicher Weise kann auch solchen Personen, welche kraft einer behördlichen Verfügung oder aus sonst einem Grunde die Freiheit erlangt haben, ein Freibrief ertheilt werden.

3.

Eine zwischen dem Loskaufenden und dem Losgekauften getroffene Vereinbarung, wonach dieser die Loskaufsumme ganz oder theilweise abverdienen joll, ist zulässig, doch muß eine derartige Vereinbarung vor einer der in $2 genannten Behörden schriftlich abgeschlossen werden und unterliegt der Genehmigung derselben. Die Behörde hat das Interesse des Losgekauften dabei zu wahren und insbesondere darauf zu achten, daß der abzuverdienende Betrag weder die vereinbarte Loskaufsumme noch die landesüblichen Preise übersteigt.

Die dem Losgekauften in Anrechnung gebrachten Raten dürfen nicht unter den üblichen Lohnsäßen bleiben. Unzulässig ist eine Vereinbarung, wonach auf den abzuverdienenden Betrag Lieferungen des Loskaufenden an Lebensmitteln, Kleidungsstücken und dergleichen in Anrechnung gebracht werden.

§ 4.

Sowohl dem Loskaufenden wie dem Losgekauften ist von Amtswegen eine Ausfertigung der im vorigen Paragraphen erwähnten Vereinbarung auszuhändigen. Auf derselben sind seiner Zeit die abverdienten Beträge von der Behörde zu vermerken.

§ 5.

Es steht dem Losgekauften frei, jederzeit den ganzen Rest oder einen Theil des Restes der abzuverdienenden Summe abzuzahlen und dadurch das Dienstverhältniß aufzuheben oder entsprechend zu verkürzen.

§ 6.

Auch im Falle des § 3 ist der auf diese Weise Losgekaufte alsbald nach Bezahlung der Loskaufsumme, welcher die Vereinbarung der Stundung derselben gleichsteht, als Freier zu betrachten, welchem von der zuständigen Behörde ein Freibrief ertheilt werden kann. Dem neuen Dienstherrn stehen nur die Rechte gegen den Losgekauften zu, welche in der vor der Behörde getroffenen Vereinbarung ihre Begründung haben.

§ 7.

Diejenige Behörde, in deren Amtsbezirk der Losgekaufte seinen Wohnsiz hat, hat auch über die pflichtmäßige Ausführung der getroffenen Vereinbarung zu machen.

§ 8.

Jede der erwähnten Behörden des Schußgebietes hat ein Register zu führen, in das jeder angemeldete Loskauf unter fortlaufender Nummer einzutragen ist.

§ 9.

Zuwiderhandlungen gegen die Paragraphen 2 bis 5 dieser Verordnung werden mit Geldstrafe bis zu 1000 Mark, an deren Stelle im Unvermögensfalle Gefängniß bis zu drei Monaten tritt, bestraft.

§ 10.

Diese Verordnung tritt mit dem Tage ihrer Veröffentlichung in Geltung und hat auch auf alle etwa früher bereits vereinbarten Abverdienungsverträge rückwirkende Kraft.

Sebbe, den 15. Januar 1893.

Der Kaiserliche Kommissar.
v. Buttkamer.

C.

Das südwestafrikanische Schußgebiet.

I. Rechtspflege.

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97. Verordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in dem südwestafrikanischen Schutzgebiet.

Vom 21. Dezember 1887.
(Reichs-Gesezblatt S. 535.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König Preußen 2c., verordnen auf Grund des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete, vom 17. April 1886 (Reichs-Geseßblatt S. 75) im Namen des Reichs, was folgt:

Einziger Paragraph.

Das Gesetz über die Konjulargerichtsbarkeit vom 10. Juli 1879 (ReichsGejegblatt S. 197) tritt für das südwestafrikanische Schußgebiet in Gemäßheit des § 2 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schußgebiete, am 1. Januar 1888 in Kraft.

Urkundlich unter Unserer Höchsteigenhändigen Unterschrift und beigedrucktem Kaiserlichen Insiegel.

Gegeben Berlin, den 21. Dezember 1887.
(L. S.)

Wilhelm.

Graf v. Bismarc.

98. Derordnung, betreffend die Rechtsverhältnisse in dem südwestafrikanischen Schutzgebiet. Vom 10. August 1890. (Reichs-Gesezblatt S. 171.)

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen 2c., verordnen auf Grund des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Reichs-Gejezblatt 1888, S. 75), für das südwestafrikanische Schutzgebiet in Ergänzung der Verordnung vom 21. Dezember 1887 (Reichs-Gesetzblatt S. 535) im Namen des Reichs, was folgt:*)

§ 1.

Der Gerichtsbarkeit (§ 1 der Verordnung vom 21. Dezember 1887) unterliegen alle Personen, welche in dem Schußgebiet wohnen oder sich aufhalten oder bezüglich deren, hiervon abgesehen, ein Gerichtsstand innerhalb des Schußgebietes nach den zur Geltung kommenden Gefeßen begründet ist, die Eingeborenen jedoch nur, soweit sie dieser Gerichtsbarkeit besonders unterstellt werden.

$ 2.

Der Kaiserliche Kommissar für das südwestafrikanische Schußgebiet bestimmt mit Genehmigung des Reichskanzlers, wer als Eingeborener im Sinne dieser Verordnung anzusehen ist, und inwieweit auch Eingeborene der Gerichtsbarkeit (§ 1) zu unterstellen sind.

§ 3.

Für das Schutzgebiet werden an den vom Reichskanzler zu bestimmenden Orten Gerichtsbehörden erster Instanz errichtet**)

§ 4.

Als Berufungs- und Beschwerdegericht wird an Stelle des Reichsgerichts (Gesez über die Konsulargerichtsbarkeit §§ 18, 36, 43) für das Schußgebiet eine Gerichtsbehörde zweiter Instanz am Size des Kaiserlichen Kommissars errichtet, welche aus dem vom Reichskanzler zur Ausübung der

*) Vergl. § 3 des Gesezes, betreffend die Rechtsverhältnisse der deutschen Schutzgebiete (Nr. 15). **) Vergl. Nr. 15 § 2.

Gerichtsbarkeit zweiter Instanz ermächtigten Beamten als Vorsitzenden und vier Beisißern besteht.

Auf die Beisißer und den Gerichtsschreiber finden die Vorschriften im § 6, Absatz 2 SS 7, 8 und 10 des Gesezes über die Konsulargerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.

$ 5.

Die Zustellungen werden ausschließlich durch die zur Ausübung der Gerichtsbarkeit ermächtigten Beamten veranlaßt.

Dieselben haben dafür zu sorgen, daß die innerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Sit hat, zu bewirkenden Zustellungen mit der nach den vorhandenen Mitteln möglichen Sicherheit erfolgen. Sie er lassen unter der Oberaufsicht des Kaiserlichen Kommissars die hierfür erforderlichen Anordnungen und überwachen der Befolgung.

Zustellungen in dem Verfahren zweiter Instanz, sowie Zustellungen in dem Verfahren erster Instanz außerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siß hat, erfolgen im Wege des Ersuchens.

$6.

In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten sind in dem Verfahren vor den Gerichtsbehörden in dem Schußgebiet alle Entscheidungen, einschließlich der auf Grund einer mündlichen Verhandlung ergehenden, von Amtswegen zuzustellen. Diese Vorschrift findet auch auf die Zustellung der Zahlungs- und Vollstreckungsbefehle an den Schuldner, sowie der Pfändungs- und Ueberweisungsbeschlüsse an den Schuldner und den Drittschuldner Anwendung.

Für Beschlüsse, welche lediglich die Prozeß oder Sachleitung, einschließlich der Bestimmung oder Aenderung von Terminen betreffen, genügt die Verkündung.

Die Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke kann in allen Fällen durch den Gerichtsschreiber erfolgen.

Soll durch eine Zustellung eine Frist gewahrt oder der Lauf der Verjährung oder einer Frist unterbrochen werden, jo treten die Wirkungen der Zustellung bereits mit der Einreichung des zuzustellenden Schriftstücks bei der Gerichtsbehörde ein, sofern die Zustellung demnächst bewirkt wird.

Bei Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Ladung kann die Gerichtsbehörde anordnen, daß eine Einrückung in öffentliche Blätter nicht erforderlich sei.

Wohnt eine Partei außerhalb des Bezirks, in welchem die Gerichtsbehörde ihren Siz hat, so kann, falls sie nicht einen daselbst wohnhaften Prozeßbevollmächtigten bestellt hat, angeordnet werden, daß sie eine daselbst wohnhafte Person zum Empfange der für sie bestimmten Schriftstücke bevoll mächtige. Diese Anordnung kann ohne mündliche Verhandlung erfolgen. Der Zustellungsbevollmächtigte ist bei der nächsten gerichtlichen Verhandlung oder, wenn die Partei vorher dem Gegner einen Schriftsaß zustellen läßt, in diesem zu benennen. Geschicht dies nicht, so können alle späteren Zustellungen bis zur nachträglichen Benennung durch Anheftung an die Gerichtstafel bewirkt werden.

Der Nachweis über die erfolgte Zustellung ist zu den Gerichtsakten zu bringen.

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