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ihrer Wirtspflanzen. Die Abweichung von dieser Ernährungsart wurde hier nur dadurch veranlaßt, daß ein vorangegangenes Hagelwetter die saftigen Rebtriebe verletzt und teilweise das Mark bloßgelegt hatte. Diese Wunden wurden von den Raupen, die sehr starke Freẞzangen, mit denen sie kräftig kneifen können, besitzen, erweitert, und das Mark ausgefressen. Spilosoma lupricipeda darf deshalb nur als ein gelegentlicher „,Wundparasit" des wilden Weines angesehen werden.

13. Untersuchungen an der roten austernförmigen Schildlaus, Diaspis fallax nov. nom. Horvath.)

Vom Assistenten Dr. H. Morstatt.

a) Die Einwirkung auf die Nährpflanze.

Diaspis fallax ist hier im Rheingau unsere gefährlichste Obstschildlaus. Durch die besondere Art ihres Schadens, die Deformationen, die sie verursacht, unterscheidet sie sich von den übrigen rindenbewohnenden Schildläusen. Es treten an den Ästen und älteren Stämmen, und zwar vorwiegend an Spalierbirnen grubige Vertiefungen auf; oft sind es auch größere Stellen, wo das Wachstum des Holzkörpers einseitig zurückbleibt und längere flache Partien zustande kommen läßt. Die Vertiefungen scheinen zuweilen unregelmäßig am Stamm und an den Zweigen verteilt; in der Regel treten sie jedoch sowohl oberhalb, wie auch unterhalb der Insertionsstelle von Verzweigungen auf. Junge Seitentriebe können durch die Kolonien des Diaspis an ihrer Basis zum Absterben gebracht werden. Die kleinen Zweige und Triebspitzen sind stets frei von Deformationen, da ja Diaspis fallax zu seiner Ansiedlung ältere Rinde bevorzugt.

Die bisherigen Beschreibungen der Deformationen, in denen von Eindellungen und beuligen Anschwellungen die Rede ist, ließen eine anatomische Untersuchung der Beschädigung angezeigt erscheinen. Insbesondere war es von Interesse, dadurch zu erfahren, ob in der Tat hier auch eine Hypertrophie eintritt und ob eine direkte Störung der Kambialzone zustande kommt.

Bei der oberflächlichen Betrachtung von Querschnitten deformierter Äste und Stämme tritt in erster Linie die stets exzentrische Lage des Markes hervor. Die Rinde läßt dagegen keine Wachstumsstörung erkennen.

Der Einstich der Saugborsten erfolgt geradlinig und intracellular. Im Innern der Rinde ist der Stichkanal meist schwach hin und her gebogen. Er biegt vor Sklerenchymfasergruppen rechtwinklig ab, um sie zu umgehen, und endet im Parenchym der sekundären Rinde. Er erreicht in keinem Falle weder das Kambium, noch den jüngsten Jahreszuwachs der sekundären Rinde.

1) Die ausführliche Arbeit erscheint im Centralblatt f. Bakteriologie, Parasitenkunde u. Infektionskrankh., II. Abt.. 1908. Mit 1 Tafel und 19 Textfiguren.

Das Wachstum der Rinde erleidet durch das Saugen der Diaspis fallax keine für die Entstehung der Vertiefungen direkt in Betracht kommende Störung. Vereinzelt treten gebräunte Zellgruppen auf, welche eine Strecke des Stichkanals oder sein Ende umgeben. Als sekundäre Erscheinung treten größere und kleinere Rindenrisse auf, sie gehen jedoch nicht bis auf den Holzkörper. Die Dicke der Rinde bleibt in normalen Grenzen.

Der Holzkörper ist nach Differenzierung und Gestalt der Zellen normal entwickelt. Die Eindellungen kommen durch die geringe Breite des Jahreszuwachses an den befallenen Stellen zustande. Dort gehen die Jahresringe bis auf etwa 12 Zellen 0,13 mm Breite zurück, während sie an den sogenannten Anschwellungen 2-3 mm erreichen. So viel kann aber auch der Jahreszuwachs des ungeschädigten Holzes betragen.

Auch aus diesem Befund geht hervor, daß die Saugborsten nicht bis zum Kambium vordringen. Denn die charakteristische Reaktion, die auf die Verletzung von Kambiumzellen einzutreten pflegt, war hier nicht festzustellen.

Die Vertiefungen sind somit als eine lokale Hypoplasie einfachster Art aufzufassen, bei welcher nur der Holzzuwachs gehemmt ist, während der normale Bau des Xylems unbeeinflußt bleibt, und die scheinbaren Anschwellungen sind lediglich dem ungehemmten Wachstum in der Umgebung der Vertiefungen zuzuschreiben.

b) Interkortikale Schildbildung.

Bei meinen Beobachtungen an Diaspis fallax stellte sich heraus, daß der Rückenschild des weiblichen Tieres nicht nur aus den beiden Exuvien und der weißen Schildmasse besteht, sondern daß er stets noch eine einzellige Schicht vom Periderm des Substrates enthält. Dabei liegt die Larvenhaut zentral oben; an sie schließt sich seitlich die Peridermlage an, welche sich am Rande des Schildes auf der Nährpflanze fortsetzt. Unter der Larvenhaut und der Peridermlage befinden sich die Nymphenhaut und die Chitinoidmasse.

Der Vorgang der Schildbildung spielt sich bei unserer Art in folgender Weise ab: Die Larve scheidet zuerst aus den paarigen Sekretdrüsen des Rückens weiße Fäden aus, die als loser Knäuel das Tier einige Zeit einhüllen, ohne zu verschmelzen. Bald darauf beginnt am Rande der Larve die Sekretion viel feinerer Fäden, aus welchen eine häutige Masse entsteht, durch welche die Larve auf der Unterlage befestigt wird. Nun erfolgt die erste Häutung, die Nymphe tritt nach unten aus der Exuvie heraus und ist also unter dieser vollständig eingeschlossen. Beim Weiterwachsen schiebt sich die Nymphe ringsum unter die oberste Zellschicht des Substrates ein und vergrößert dort ihren Schild durch Sekretion aus den Drüsen des Hinterleibsrandes. Die Exuvie der Nymphe wird bei der Häutung gespalten, so daß ihr Dorsalteil zum Rückenschild kommt und mit

diesem verklebt, während der ventrale Teil die Hauptmasse des sogenannten Ventralschildes bildet.

In welcher Weise nun die Peridermlage zu Anfang losgelöst wird, ob sie durch den vertikalen Druck des eingeschlossenen, wachsenden Tieres abgesprengt wird oder ob dieses mit seinen Hinterleibslappen sich einschneidet, konnte noch nicht entschieden werden. Soviel ist jedenfalls sicher, daß ein Unterkriechen der Larve unter spontane Abschilferungen der Rinde nicht vorliegt. Denn die Larvenhaut bleibt in den allermeisten Fällen ganz frei von der Überdeckung mit Periderm und die Peridermlage ist an jungen Schilden ringsum in fester Verbindung mit ihrer Fortsetzung auf der Rinde. Auch wo die Larven, wie es häufig vorkommt, sich unter dem mütterlichen Schilde, also auf ganz glatter Rinde ansiedeln, nehmen sie die Peridermschicht in den Schild auf.

Dieselbe Beteiligung des Periderms am Aufbau der Schilde von Diaspis fallax findet sich auch auf der Rinde der übrigen Obstbäume, wo diese Art vorkommt, so z. B. auf Apfel, Zwetsche und Mirabelle. Sie geht auch auf Früchte über, und man findet dort, an Äpfeln wie an Birnen, die Schilde von einer Epidermalschicht überzogen.

Bei dieser Untersuchung wurde Aspidiotus piri und Aspidiotus ostreaeformis zum Vergleich herangezogen. Bei diesen Arten ist der Nachweis der Zellschicht viel schwieriger, da sie schwarze oder wenigstens dunkelgefärbte Schilde bilden. Als Nährpflanzen kommen hier für Asp. piri Apfel, Birne, Zwetsche, Weißdorn, Populus pyramidalis und Quercus pedunculata vor, von Apfel und Birne auch die Früchte. Asp. ostreaeformis fand ich hier bisher nur auf Birke und an unterirdischen Stämmchen von Calluna vulgaris, welche Herr Dr. Lüstner gesammelt hat. In allen Fällen war die Zellschicht mehr oder weniger deutlich sichtbar zu machen; am besten gelang dies bei den beiden letzten Nährpflanzen und bei den übrigen an den großen Schilden der ausgewachsenen Weibchen.

Aspidiotus perniciosus konnte ebenfalls berücksichtigt werden, da älteres Material die Untersuchung noch zuläßt; er verhält sich auf den verschiedenen Nährpflanzen, die mir vorlagen, ebenso wie die beiden anderen Aspidiotusarten. Bei Chionaspis salicis auf Salix, Populus und Syringa ist die Peridermlage auf den dünnen, weißen weiblichen Schilden ebenfalls leicht sichtbar.

Zu erwähnen ist noch, daß die interkortikale Schildbildung nicht vorkommt bei Diaspis rosae und den auf Blättern sitzenden Diaspinen wie D. carueli, Aspidiotus Nerei und A. bromeliae; sie fehlt auch allen bisher untersuchten Mytilaspisschilden.

Ich sehe in der interkortikalen Schildbildung eine reguläre Einrichtung bei gewissen rindenbewohnenden Diaspinen, die dadurch charakterisiert ist, daß die Larve sich frei auf der Oberfläche des betreffenden Pflanzenteiles festsetzt, wogegen dann der weitere Schild unter die ringsum emporgehobene oberste Zellenlage eingeschoben wird. Der Vorgang setzt natürlich ein geeignetes Sub

strat voraus, ist aber unabhängig von Rissen und spontanen Abschilferungen der Rinde. Biologisch stellt diese Art der Schildbildung jedenfalls eine sehr merkwürdige und bisher in diesem Umfange nicht bekannte Einrichtung verstärkten Schutzes der auch sonst an ihre Lebensweise so vorzüglich angepaßten Diaspinen dar.

c) Zur Entwicklungsgeschichte und Morphologie.

Diaspis fallax überwintert als geschlechtsreifes Weibchen. Die Eiablage zieht sich von Ende Mai bis Ende August hin; erst im abgelegten Ei entwickelt sich die Larve. Geschlechtsunterschiede der Larven waren bisher nicht bekannt, es ließ sich aber feststellen, daß wenigstens die der Häutung nahen Larven Unterscheidungsmerkmale aufweisen. Dieser Dimorphismus beruht auf einer Annäherung an die Form des aus der nächsten Häutung hervorgehenden Stadiums und tritt besonders am Umriß des Körpers und an der Segmentierung des Hinterleibes in die Erscheinung.

Etwa drei bis vier Wochen nach der Eiablage erfolgt die erste Häutung der Larven, wobei die Nymphe nach unten aus der Exuvie heraustritt. Die weibliche Nymphe hat im wesentlichen dieselbe Gestalt, wie das aus einer folgenden Häutung hervorgehende geschlechtsreife Weibchen; ihr Hinterleibsrand ist jedoch einfacher gebaut. Daß bei der zweiten Häutung die Exuvie gespalten wird, ist schon oben erwähnt; merkwürdig ist dabei, daß trotzdem die charakteristische Verschiebung des Mundgerüstes an den Hinterleibstattfindet.

Im männlichen Geschlecht werden noch zwei weitere Zwischenstadien eingeschaltet, indem auf die Nymphe die Propuppa mit Extremitätenanfängen und die Puppe, mit hinzukommender Anlage des Analgriffels, folgen. Beide Stadien sind ohne Organe für dieNahrungsaufnahme und durch eine Häutung voneinander getrennt. Den Männchen unseres Diaspis fehlen bekanntlich die Flügel, von welchen auch in den beiden Vorstadien keine Rudimente nachweisbar sind.

Einige Tage nach den letzten Eiern konnte ich Ende August die ersten ausgeschlüpften Männchen beobachten. Es waren somit um diese Zeit alle Entwicklungsstufen von der Larve an vertreten bei einer vom Ei bis zur Imago etwa drei Monate umfassenden. Entwicklungsdauer des Einzeltieres. Bei Eintritt des Winters ist die Entwicklung der Männchen durchweg abgeschlossen; die noch weit bis ins nächste Jahr vorhandenen männlichen Schilde sind alle leer, während die weiblichen Schilde nur geschlechtsreife Tiere ent-halten.

Es ergibt sich aus diesen Beobachtungen, daß Diaspis fallax bei uns jährlich nur eine Generation vollendet, wobei allerdings die Eiablage sich sehr lange hinzieht.

Bei manchen Schildläusen, wie z. B. bei Mytilaspis pomorum, müssen wir bekanntlich parthenogenetische Vermehrung annehmen, da bei ihnen männliche Individuen entweder ganz fehlen oder äußerst selten gefunden werden. Die gleiche Annahme scheint mir wenigstens

für einen Teil der fallax-Weibchen notwendig zu sein trotz der relativ großen Zahl von Männchen, die zu gleicher Zeit mit den geschlechtsreifen Weibchen auftreten. Diese letzteren sind nämlich einesteils durch den in die Rinde eingefügten Schild vollständig nach außen abgeschlossen, und andererseits entwickeln sich viele von ihnen. unter mehreren Lagen abgestorbener Tiere oder in Rissen und Spalten der Rinde, so daß es nicht einzusehen ist, wie die Männchen zu ihnen gelangen sollten. Und doch bringen diese verdeckten weiblichen Tiere regelmäßig ebenso zahlreiche Eier hervor, wie diejenigen, welche sich unter frei der Rinde aufliegenden Schilden. entwickelt haben.

14. Uber einen bisher in Deutschland noch nicht beobachteten Schädling der Gartenerdbeere. 1)

Vom Assistenten Dr. H. Morstatt.

Auf den Erdbeerquartieren der Kgl. Lehranstalt wird seit Sommer 1906 eine Krankheit der Erdbeerblätter beobachtet, welche bisher hier nicht bekannt war. Da sie 1907 wieder auftrat und durch ihre Verbreitung eine erhebliche Schädigung des ganzen Wachstums der Erdbeerpflanzen verursachte, wurden die Pflanzen eingehend untersucht, um den Grund der Beschädigung zu ermitteln und womöglich eine Bekämpfung der Krankheit einleiten zu können. Dabei zeigte es sich, daß die Krankheitserscheinungen von einer sehr kleinen Milbe hervorgerufen werden, die an den jungen Teilen der Pflanze in großer Zahl auftritt und dort durch ihr Saugen Verletzungen der Oberhaut bewirkt.

Die Milbe wurde 1905 als Tarsonemus fragariae Zimmermann beschrieben; sie ist bisher nur aus Mähren und aus Finnland bekannt geworden. Der hiesigen Station wurde sie im August noch aus Niederlahnstein eingesandt.

Die Krankheit zeigt sich in einer Kräuselung und Verkrümmung der Blätter; zugleich bleiben die befallenen Pflanzen im Wachstum zurück. An den älteren und stark veränderten Blättern ist der Schädling jedoch nicht vorhanden, wir finden ihn an den jungen, noch zusammengefalteten Blättchen und am Grunde der Blattstiele in den Blattscheiden und Ausläuferknospen. Unter einer guten Lupe kann man die Ansiedlungen der Milbe dort deutlich erkennen, es lassen sich damit sogar die weißen Larven von den bräunlich gefärbten ausgewachsenen Tieren unterscheiden. Die letzteren erreichen eine Länge von 1/4 mm.

Die Weiterverbreitung des Tarsonemus fragariae erfolgt durch die Ausläufer, weshalb eine sorgfältige Entfernung der befallenen Pflanzen aus den Beeten notwendig ist. Besonders aber ist die Überwachung neu bezogener Pflanzen ratsam, damit nicht die Krankheit an Orte verschleppt wird, wo sie bisher nicht aufgetreten ist. Schon jetzt läßt sich ein Unterschied in der Stärke

1) Die Originalarbeit erschien in der Deutschen Landwirtschaftl. Presse, 1908.

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