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war das Vogelleben in den vom Eichenwickler stärker befallenen Beständen. Wir trafen in denselben ganze Schwärme der verschiedenen Meisen, von Staren, Drosseln, Buchfinken und Kleibern an, und von den nützlichen Insekten konnten wir namentlich den Puppenräuber (Calosoma sycophanta) häufig wahrnehmen.

Die Apfelbaumgespinstmotte war in den genannten Jahren, namentlich 1906, in der hiesigen Gegend ungemein häufig, und man kann wohl sagen, daß in fast jeder Gemarkung eine größere oder geringere Zahl von Apfelbäumen stärker oder schwächer von ihr befallen war. Ihre Gespinste waren an manchen Bäumen so zahlreich, daß sie sich untereinander berührten und ineinander übergingen und es aussah, als ob die ganze Krone in nur ein einziges Gespinst eingehüllt wäre. Bei einem derartig starken Auftreten des Schädlings ist seine Bekämpfung sehr schwierig, meist überhaupt nicht durchführbar. Nur dann, wenn diese möglichst zeitig einsetzt, d. h. in dem Augenblick, wenn sich die ersten Gespinste an den Bäumen zeigen, verspricht sie einen vollen Erfolg. Es kann deshalb den Obstzüchtern nur geraten werden, im nächsten Jahre beizeiten auf die Raupennester an ihren Bäumen zu achten, und wo sie solche wahrnehmen, sie alsbald durch Abschneiden und Verbrennen zu vernichten.

Über das starke Auftreten des Goldafters in den Obstpflanzungen am Main, in der Umgebung von Hochheim und Flörsheim, haben wir bereits 1905 berichtet. Auch in 1906 zeigte der Schädling hier dieses Verhalten, wobei er auch wieder hauptsächlich die Zwetschenbäume heimsuchte. Wir konnten dort Schäden beobachten, wie man sie in Obstpflanzungen nicht für möglich halten sollte. Bei einer Besichtigung der dortigen Flur trafen wir nicht nur einzelne Bäume, sondern ganze Baumreihen und Baumkomplexe an, die durch die Goldafterraupen ihr ganzes Laub verloren hatten und wie nach dem Blattfall aussahen. An solchen vollständig kahlgefressenen Bäumen hatten sich die Raupen in größerer Zahl an die Enden der Triebe zurückgezogen und hier gemeinsam in ziemlich großen Gespinsten, die, aus der Ferne betrachtet, an die Winternester des Schädlings erinnerten, verpuppt.

9. Versuche zur Aufhellung der Ursachen des Farbendimorphismus bei Rhynchites betuleti.

Vom Assistenten Dr. E. Molz.

Das Vorkommen von Farben-Varietäten innerhalb ein und derselben Art ist bei den Insekten eine wohlbekannte Erscheinung. Auch bei Rhynchites betuleti treffen wir grüne und blaue Individuen ohne Unterschied des Geschlechtes und des Aufenthaltsortes. Dazwischen gibt es Übergangsformen mit spangrünen Flügeldecken. Beide Varietäten kommen nebeneinander vor und paaren sich, wie man häufig beobachten kann, auch untereinander, was die Annahme. distinkter Arten hinfällig macht.

Durch neuere Forschungen wurde festgestellt, daß die individuelle Farbenwandlung der Insekten auf äußere Einflüsse zurückzuführen ist. Schon im Jahre 1864 hat Dorfmeister den farbenverändernden Einfluß niederer Temperaturen auf Vanessa prorsa nachgewiesen (Mitt. d. Naturw. Ges. f. Steiermark). Diese Versuche gaben Veranlassung zu einem umfangreichen Experimentieren in der gegebenen Richtung, und heute wissen wir, daß Wärme und Kälte, Feuchtigkeit und Trockenheit, Licht und Dunkelheit und endlich auch die Nahrung die Färbung der Einzelwesen der Insektenwelt in hohem Maße beeinflussen.

Da Rhynchites betuleti auch auf dem Birnbaum vorkommt, so glaube ich annehmen zu dürfen, daß die Ernährung der Larven die erwähnte Farben variation herbeiführe, zumal ja Birnbäume in Weinbergen recht häufig sind, und auch das starke numerische Zurücktreten der blauen Individuen gegenüber den grünen der Folgerichtigkeit dieser aprioristischen Ansicht nicht entgegenläuft.

Aus der Literatur sind einige Beispiele des Einflusses der Nahrung auf die Färbung der Schmetterlinge bekannt. Bieger (Entom. Nachr.) fütterte Raupen der Euprepia caja mit Schneebeere und erhielt so eine Varietät, deren weiße Querbinden bedeutend breiter wie gewöhnlich waren. Keitel (siehe Keferstein, Betracht. üb. d. Entw. d. Schmetterlinge 1880) erzielte durch Füttern einer Raupe von Euprepia caja mit blühendem Rittersporn eine fast schwarze Aberration. Durch Fütterung mit Birke erlangt man die braungelbe Varietät des Lindenschwärmers (Richter, Stett. Ent. Zeit. 1869).

Auf Nahrungs-Dimorphismus wird von Topsent (s. Wochenschr. f. Entomolog. 1897) auch der Farbenunterschied von Eumolpus obscurus und Eumolpus vitis zurückgeführt; letzterer lebt auf der Rebe, ersterer auf Epilobium-Arten. Diese Ansicht ist aber bis jetzt experimentell noch nicht bewiesen, doch sprechen noch viele andere Beispiele im Sinne dieser Annahme.

Es durften deshalb auch die folgenden Versuche mit einiger Aussicht auf Erfolg in Angriff genommen werden. Bei diesen galt es zu ermitteln, ob die Ernährung mit Rebenlaub einerseits, mit Birnlaub andererseits von Einfluß auf die Farbe der aus solcherweise ernährten Larven hervorgehenden Imagines ist.

Zu diesem Zwecke wurden am 15. Mai aus einem Weinberge eine größere Anzahl blauer und grüner Käfer eingefangen und unter Berücksichtigung der Geschlechter je 20 blaue und 20 grüne Käfer getrennt an kleine Topfreben angesetzt. Diese kamen in Glaskasten, die in der Nähe eines Ostfensters aufgestellt wurden. Ebenso wurden Topfbirnbäume im Freien, die mit Gazeschleier umhüllt wurden, besiedelt.

Leider miẞglückten diese Züchtungsversuche. An den Reben wurden die Blätter nur ganz wenig befressen. Obwohl ich die Käfer öfters auf die Blätter setzte, immer wieder flogen sie ab und krochen auf dem Boden und den Wänden des Gefäßes umber. Ich erhielt deshalb hier auch keine Wickel. Besser war das an den Birn

bäumen. Da konnten in dem Gazeabteil der grünen Käfer 3, in dem der blauen 4 Wickel geerntet werden. Diese legte ich auf Sand. Doch leider entwickelten sich in ihnen keine Larven. Sie waren also sehr wahrscheinlich nicht mit Eiern belegt worden.

Zu weiteren Versuchen war die Zeit schon zu weit vorgeschritten; es waren nur noch wenige Käfer zu finden. Um deshalb im Laufe des Jahres wenigstens noch zu einem Resultate zu kommen, sammelte ich am 14. Juni eine große Anzahl Rhynchites-Wickel und legte sie in einem Kasten auf Sand. Von Zeit zu Zeit wurden sie schwach angefeuchtet und der Sonne ausgesetzt, dann der Kasten wieder an einen schattigen Ort gestellt. Der Kasten war oben vollkommen offen, so daß die Luft frei zirkulieren konnte. Später, nachdem sich alle Larven in den Sand verkrochen hatten, wurde dieser sorgfältig in ein großes Glasgefäß übergefüllt, und dieses mit Gaze zugebunden, das Gefäß in meinem Laboratorium aufgestellt. Der Sand wurde hie und da schwach angefeuchtet. Der erste Käfer kam am 31. August aus, die übrigen folgten im Laufe der nächsten 8 Wochen. Bemerkenswert ist, daß bei dem zuerst ausgekommenen Zweidrittel der Käfer nur grüne Exemplare waren, hie und da auch ein spangrüner, während im letzten Drittel die spangrünen häufiger und auch blaue vertreten waren. Bis zum 1. November waren ausgegangen: 62 grüne

Käfer

22 spangrüne
9 blaue

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Durch diesen Versuch ist vorerst nur der Nachweis erbracht, daß die Ernährung der Rhynchites-Larven mit Rebenlaub an und für sich die Farben variation des Käfers nicht auslöst. Es schließt diese Tatsache aber das Bestehen des Ernährungs-Dimorphismus in unserem Falle keineswegs aus, denn der allgemeine Begriff Rebenlaub kann eine große Anzahl Ernährungsvariationen umfassen, wie sie entstehen durch den Unterschied zwischen Rot- und Weißweinsorten, alte und junge Blätter, ganz dürre, durch Wasser ausgelaugte und nur welke, noch am Stock hängende Blätter; auch der Boden und jeder Einzelstock kann hier von Bedeutung sein. Die Versuche sollen deshalb im nächsten Jahre in dieser Richtung weitergeführt werden.

10. Einige Bemerkungen über die durch Chermes piceae var. Bouvieri auf Abies nobilis hervorgerufenen Triebspitzengallen. 1)

Vom Assistenten Dr. E. Molz.

In den Anlagen des Rheinkais in Bingen stand bis vor kurzem eine Abies nobilis mit eigenartig verkrüppeltem Habitus. Der Gipfelteil des etwa 1,50 m hohen Baumes war von Nadeln fast vollkommen entblößt und größtenteils abgedürrt, die einzelnen Zweige mit zahl

1) Die Originalarbeit ist veröffentlicht in ,,Naturw. Zeitschr. für Forst- und Landwirtschaft", 1908.

reichen knolligen Anschwellungen von etwa Hasel- bis Walnußgröße überdeckt. Die unteren Seitenäste waren noch in Vegetation, doch auch hier fanden sich an den Triebenden, wie auch an den Verzweigungsstellen der Triebe meist kleinere oder größere Verdickungen.

Als Krankheitserreger wurde eine Chermes-Art festgestellt, die durch Prof. Eckstein, Eberswalde als Chermes piceae var. Bouvieri bestimmt wurde. Diese Laus wurde zum ersten Male 1903 durch Cholodkovsky beschrieben. Die Gallen wurden bis jetzt erst an wenigen Orten gefunden. Herr Dr. Lüstner hat eine mit solchen. Gallen behaftete Abies schon vor einigen Jahren im Schloßgarten von Johannisberg aufgefunden. Herr Dr. Grevillius, Kempen sandte mir am 11. März 1908 solche Chermesgallen auf Abies, die in Oldenburg gesammelt waren und Herr Seminarlehrer Niessen fand sie, wie er mir brieflich mitteilte, auf einer Abies-Art im Stadtgarten von Kempen (Rhein) am 2. März 1908.

Über die Art der Gallenbildung herrschen noch Unklarheiten. Nach meinen Untersuchungen verdickt sich nicht die Knospe tonnenartig, wie es Cholodkovsky annimmt, sondern die Wucherung beginnt unterhalb der Knospe und umschließt diese allmählich scheidenartig. An den Innenwänden dieser Galle sitzen die Läuse entweder direkt oder in besonderen Gallenkammern, die hier ausmünden.

Bezüglich der verschiedenen Arten von Gallen, die durch Einwirkung dieser Chermes-Art entstehen, sei auf die Originalarbeit verwiesen.

11. Über Beeinflussung der Ohrwürmer und Spinnen durch das Schwefeln der Weinberge. 1)

Vom Assistenten Dr. E. Molz.

Die Nützlichkeit des Ohrwurmes und der Spinnen als Vertilger von verschiedenartigem Ungeziefer ist bekannt. Auch für den Weinbauer sind beide Tiere von Bedeutung, da sie unter anderen Schädlingen auch den Raupen des Heu- und Sauerwurmes fleißig nachstellen. Da in letzter Zeit Stimmen aus der Praxis über ein Zurückgehen der Zahl der Ohrwürmer in stark geschwefelten Weinbergen laut wurden, so war eine Untersuchung der Frage, ob der Schwefel imstande sei, eine derartige Wirkung zu äußern, nicht ohne Interesse. Die von mir mit Ohrwürmern und Spinnen ausgeführten Versuche führten zu folgenden Resultaten:

1. Ein Bestäuben der Ohrwürmer mit Schwefelpulver hat besonders bei wiederholter Ausführung und bei höherer Temperatur für die behandelten Tiere tödliche Folgen.

2. Der Tod der mit Schwefel bestäubten Ohrwürmer erfolgt durch Verstopfen ihrer Atemlöcher (Stigmen).

1) Die Originalarbeit ist veröffentlicht in Zeitschrift für wiss. Insektenbiologie", 1908.

3. Die Ohrwürmer nehmen Schwefelpulver sehr gerne. in ihren Verdauungsapparat auf, es entstehen für sie aber daraus keine Nachteile.

4. Das Oxydationsprodukt des Schwefels, die schwefelige Säure, übt auf die Ohrwürmer eine abschreckende Wirkung aus und veranlaßt sie, Orte, an denen sich dieses Gas auch nur in Spuren findet, zu meiden.

5. Ein Bestäuben der Spinnen (Clubiona) mit Schwefelpulver scheint für diese ohne Bedeutung zu sein.

Diese Ergebnisse geben der Beobachtung einer Abnahme der Zahl der Ohrwürmer in stark geschwefelten Weinbergen eine ziemlich große Sicherheit. Doch wäre es durchaus falsch, aus ihnen den Schluß einer Verminderung der Schwefelungsarbeiten in unseren Weinbergen abzuleiten. Von zwei Übeln wählt man das kleinere. Die durch das Oidium entstehenden Schäden sind ohne Zweifel fast immer bedeutender als der Effekt der ungünstigen Nebenwirkung des Schwefels auf die Ohrwürmer, der uns erst indirekt zur Wahrnehmung kommt. Auch wird die berührte Schaden wirkung des Schwefels in der Praxis auf keinen Fall in gleich scharf ausgesprochener Weise zur Geltung kommen, wie in den Laboratoriumsversuchen. Immerhin geben uns die erlangten Versuchsresultate einen Fingerzeig für die Erklärung der in den letzten Jahren immer mehr zunehmenden Heu- und Sauerwurmplage und fordern zwingend zur Ergreifung von Maßnahmen zur Paralysierung dieser ungünstigen Momente auf.

12. Über eine eigenartige durch Spilosoma lupricipeda am wilden Wein (Ampelopsis quinquefolia) hervorgerufene Beschädigung. 1)

Vom Assistenten Dr. E. Molz.

An einigen Stöcken von wildem Wein in einem Dorfe Rheinhessens machte sich anfangs Juli eine eigenartige Erscheinung bemerkbar. Inmitten der üppig wachsenden Triebe sah man Triebteile, die anfingen zu verwelken und schließlich ganz abdürrten. Die beschädigten Triebe waren von den Rebstöcken ganz oder zum Teil durch typische, sich bei jedem Einzelfall wiederholende Fraßstellen abgetrennt. Das Mark war an den Schadenstellen vollkommen ausgefressen.

Als Verursacher des Schadens wurde die Raupe von Spilosoma lupricipeda L. erkannt, die gewöhnlich nur an Nesseln, Hollunder, Himbeeren usw. vorkommt. Ampelopsis quinquefolia wird von Hofmann (Die Raupen der Großschmetterlinge Europas, 1893, S. 48) als Wirtspflanze dieser Raupe nicht genannt. Der Schaden, den die Raupe in dem besprochenen Falle verursacht hat, ist in seiner Art auch kein gewöhnlicher, denn unter normalen Verhälthältnissen ernährt sich die Raupe vornehmlich von dem Blattwerk

1) Die Originalarbeit ist erschienen in ,,Zeitsch. f. Pflanzenkrankheiten", 1908

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