Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

B. Wissenschaftliche Tätigkeit.

I. Von Tieren hervorgerufene Krankheiten der Kulturpflanzen. 1. Beobachtungen über das Auftreten von Pflanzenläusen auf den Früchten der Kernobstbäume. 1)

Von Dr. Gustav Lüstner.

Über das Auftreten von Schildläusen auf Obst hat Reh auf Grund seiner Untersuchungen an eingeführtem amerikanischem Obste berichtet. Es ist nun sehr interessant, daß das Ergebnis dieser Untersuchungen auch vollständig zutreffend ist für die in Deutschland auf Obstfrüchten auftretenden Schildlausarten. Von diesen kommen namentlich in Betracht: die gelbe austernförmige SchildAspidiotus ostre aeformis Curt., die rote austernförmige Schildlaus Diaspis fallax Horv. und die Komma-Schildlaus Mytilaspis pomorum Bché.

=

Von diesen drei Arten ist wohl die letztere die auf Obstfrüchten häufigste Art. Sie kommt sowohl auf Äpfein, als auch auf Birnen vor und zeigt sich auf diesen meist nur vereinzeit, wobei eine Bevorzugung irgend eines Teiles der Frucht nicht festgestellt werden kann.

Diaspis fallax trifft man vorzugsweise auf den Früchten der Birnen an. Auch er verirrt sich meist nur vereinzelt hierher, ist jedoch zuweilen häufiger. Über einen derartigen Fall habe ich im letzten Jahre schon berichtet (Jahresbericht der Anstalt 1906, S. 140). Daß die Schildläuse die Obstfrüchte nur unter ganz bestimmten Bedingungen befallen, konnte mit aller Deutlichkeit gerade für diese Art nachgewiesen werden. Während nämlich der Diaspis fallax im Jahre 1906 in so ungemein großen Mengen die Früchte der Sorte „Kuhfuß" heimsuchte, daß auch nicht eine von ihm verschont blieb, zeigte sich die Schildlaus in 1907 hier überhaupt nicht; keine der auf dem Baum vorhandenen Früchte war von ihm bewohnt.

Aspidiotus ostreaeformis endlich findet sich in geringer Zahl fast in jedem Jahre auf den Früchten des Apfelbaumes ein, ja wir haben ihn vereinzelt schon auf den Blättern dieser Baumart beobachtet. Ein stärkerer Befall der Apfelfrüchte ist uns seither noch nicht zu Gesicht gekommen, und erst in diesem Jahre hatten wir Gelegenheit, einen derartigen Fall festzustellen (Fig. 57 und 58). Es fanden sich an einem Apfel der Sorte „graue französische Reinette" 116 Schilde vor, von denen an den unteren Teilen der Frucht 11%, an den Seiten 67% und an den oberen Teilen 22% sich festgesetzt hatten.

Vergleichen wir unsere Befunde mit den von Reh an amerikanischen Obstschildläusen gesammelten Erfahrungen, so zeigt Aspidiotus ostreaeformis hinsichtlich seines Auftretens auf den Früchten eine gewisse Übereinstimmung mit Aspidiotus perniciosus und Mytilaspis pomorum in Amerika, insofern er auf allen Teilen der

1) Veröffentlicht in der Zeitschrift für Pflanzenkrankheiten, 1908.

[graphic][merged small][graphic][merged small]

Früchte anzutreffen ist, und genau ebenso verhält sich Mytilaspis pomorum in Deutschland. Ganz anders liegen diese Verhältnisse bei Diaspis fallax. Wir finden ihn fast ausschließlich an den geschütztesten Stellen der Früchte, er zeigt damit eine große Übereinstimmung mit den amerikanischen Arten Aspidiotus ancylus und Aspidiotus forbesi.

Dem Geschlechte nach waren die auf den Apfel- und Birnfrüchten aufgefundenen Läuse meist Weibchen, nur bei Diaspis fallax wiegten die Männchen vor. Aspidiotus ostreaeformis wurde nur als unreifes Weibchen vorgefunden. Bei Diaspis fallax stellten die Läuse dar: eine abgestorbeue Larve, 77 männliche Schilde und 6 weibliche.

Nachrichten über das Auftreten anderer Pflanzenläuse auf den Früchten der Obstbäume scheinen in der Literatur nicht vorhanden zu sein. Mündlich wurde

[merged small][graphic][merged small]

andere Teile, namentlich die Kelchhöhle, befallen kann, geht aus obiger Angabe hervor.

2. Ein Beitrag zur Parasitenfrage des Heu- und Sauerwurmes.

Von Dr. Gustav Lüstner.

Ohne Zweifel werden wir bei der Bekämpfung der Rebenschädlinge, besonders der Schmetterlinge unter denselben, dem Springwurmwickler (Pyralis vitana) und den beiden Traubenwicklern (Cochylis ambiguella und Eudemis botrana), außer von einigen Spinnen und Milben noch von einer Anzahl nützlicher Insekten unterstützt, unter denen namentlich die Raupenfliegen und Schlupfwespen und der Ohrwurm eine wichtige Rolle zu spielen scheinen. Den anderen Nützlingen aus dem Insektenreiche, wie z. B. den Herrgotts- oder Marienkäferchen (Coccinelliden) und ihren Larven und den Larven der Flor- und Schwebefliegen (Hemerobiinen und Syrphiden) kommt in den Weinbergen bei weitem keine so große

Bedeutung zu, wie den oben genannten, denn ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus Blattläusen, die sie in den Rebpflanzungen nur selten vorfinden. Aus diesem Grunde gelingt es auch nicht, sie in die Weinberge zu übertragen und sie dort zur Bekämpfung der Traubenwickler weiter zu züchten, wie dies ein vor einigen Jahren von Herrn Landes-Ökonomierat Czéh im Steinberg ausgeführter Versuch mit Herrgottskäferchen leider nur allzu deutlich gezeigt hat. Trotzdem von diesem viele Tausende dieser Käfer dort ausgesetzt worden waren, war diese Maßnahme dennoch ohne jeglichen Erfolg gegen den Heu- und Sauerwurm, weil sie alsbald die Reben verließen und wieder zu ihrer gewohnten Nahrung, den Blattläusen, zurückkehrten.

In neuerer Zeit wird namentlich von Herrn Amtsgerichtsrat Gescher-Trarbach aufgefordert, ähnliche Versuche mit Schlupfwespen auszuführen, und er hofft hierbei endlich des so gefährlichen Schädlings Herr zu werden. Die Schlupfwespen sind bekanntlich kleine, fliegenartige Tiere, die ihre Eier meist in oder auf den Körper der Larven anderer Insekten ablegen. Die daraus hervorgehenden Schlupfwespenlarven ernähren sich von den Körpersäften des befallenen Tieres, ihres Wirtes, und richten ihn dadurch früher oder später zugrunde. Die Verpuppung der Schlupfwespenlarven erfolgt entweder im Innern oder außen auf dem Körper des Wirtes. Dieser stirbt unter dem Einfluß der in ihm lebenden Larven entweder direkt ab, oder er findet noch Zeit zur Verpuppung und geht erst hiernach ein. Hält man solche Puppen in der Gefangenschaft, so erscheint aus ihnen ungefähr um die Zeit des normalen Ausgehens des betreffenden Insektes zur größten Überraschung des Züchters statt diesem die Schlupfwespe.

Trotzdem aus dem Gesagten hervorzugehen scheint, daß durch ihre eigenartige Entwicklung die Schlupfwespen die gegebenen Feinde der anderen Insekten sind und deshalb für den Menschen die besten Helfershelfer im Kampfe gegen die Feinde der Kulturpflanzen darstellen, gibt es dennoch Forscher, welche diesen Standpunkt nicht teilen, sondern den Wert der Schlupfwespen für die Schädlingsbekämpfung bei weitem nicht so hoch einschätzen. Unter den letzteren befindet sich kein geringerer als der bekannte Forstzoologe Ratzeburg, der sich während des größten Teiles seines arbeits- und erfolgreichen Lebens hauptsächlich mit dem Studium der Schlupfwespen beschäftigt und seine Beobachtungen in einem größeren Werke „Die Ichneumonen der Forstinsekten" niedergelegt hat. Er war der Ansicht, daß die Schlupfwespen nur kranke Raupen befallen, und daß diese auch sterben würden, wenn gar keine Ichneumonen da wären. Sei dem wie ihm wolle, bis jetzt ist es noch nicht gelungen, Schlupfwespen künstlich zu züchten und mit ihnen Erfolge bei der Schädlingsbekämpfung zu erzielen.

Was uns hier besonders interessiert, ist der Umstand, daß es außer den Schlupfwespen, welche ihre Eier in den Leib anderer Insekten ablegen, auch solche gibt, die ihre Brut in den Larven anderer Schlupfwespen absetzen, also ihre Entwicklung im Innern

des Körpers ihresgleichen durchmachen. Man bezeichnet derartige Schlupfwespen als Schmarotzer-Schmarotzer oder als Schmarotzer zweiten Grades, wobei allerdings zu beachten ist, daß sie sich auch, wenn auch nur selten, im ersten Wirte zu entwickeln imstande sind. Diese Schlupfwespen stehen also zu dem Menschen in einem ganz anderen Verhältnis wie die erstgenannten. Sie können ihm einmal Vorteil, das anderemal Nachteil bringen. Wenn sie ihren ersten Wirt heimsuchen, sind sie ihm nützlich, legen sie jedoch ihre Eier in die Larven ihrer Verwandten und richtet die daraus entstehende Brut diese zugrunde, so fügen sie ihm hierdurch Schaden zu. Dieses Verhältnis kann noch weiter steigen, denn es gibt auch Schmarotzer dritten Grades, also solche, welche sich in den Larven der Schmarotzer zweiten Grades entwickeln.

Hinsichtlich ihrer Wirte verhalten sich die Schlupfwespen sehr verschieden. So gibt es Arten, welche stets nur in den Larven ein und derselben Insektenart leben, während andere nicht so wählerisch sind, sondern in einer kleineren oder größeren Zahl ganz verschiedener Wirte ihre Entwicklung durchmachen. Wie diese Verhältnisse beim Heu- und Sauerwurm liegen, ist, soviel mir bekannt, seither noch nicht klar gestellt worden. Nur soviel geht aus der Literatur hervor, daß bis jetzt verschiedene Schlupfwespen-Spezies aus Heu- und Sauerwurmraupen und -puppen erzogen worden sind. Die erste davon wurde nach Jolicoeur (Description des ravageurs de la vigne, S. 16) von Goureau beobachtet, der sie als Campoplex difformis bestimmte. Es ist das dieselbe Art, die auch Taschenherg (Prakt. Insektenkunde III. Teil, S. 95) für die Puppen des Schädlings angibt. Nach Ratzeburg (1. c. S. 93) ist diese Spezies auch von Hartig als Seltenheit aus den Raupen von Tortrix Buoliana (Kieferntriebwickler), von Boie aus den Puppen von Tortrix ameriana (veilrötlicher Wickler) und von Bouché aus Ocneria dispar (Schwammspinner) erhalten worden. Eine zweite Schlupfwespenart wurde nach. Jolicoeur (1. c.) von Deresse für den Heu- und Sauerwurm festgestellt und als Anomalon flaveolatum erkannt. Hierzu bemerkt Jolicoeur, daß sie von Deresse öfter beobachtet sei, daß aber der Heu- und Sauerwurm nicht den einzigen Wirt für diesen Schmarotzer darstelle. Die Angaben Ratzeburgs über diesen Ichneumon bestätigen diese Ansicht, denn dort sind noch als Wirte genannt: Tortrix heparana (leberbrauner Wickler) und Tortrix chlorana (hochgrüner Wickler). Deresse züchtete endlich noch eine dritte Schlupfwespe aus Heu- und Sauerwurmpuppen, die in die Gattung Pimpla gehörte (1. c.). Nach Gescher (Die nützlichen Weinbergsinsekten) trägt die am häufigsten im Heu- und Sauerwurm und seinen Puppen vorkommende Schlupfwespe den Namen Agrypon flaveolatum Grav., welche Bezeichnung wohl ein Synonym für Anomalon flaveolatum darstellt. Die von uns aus Heu- und Sauerwurmpuppen in größerer Zahl erzogenen Schlupfwespen gehören, der freundlichen Bestimmung des Herrn Prof. Schmiedeknecht nach, der Art Pimpla alternans Grav. an. Von ihr gibt Ratzeburg (1. c. S. 93) an, daß sie auch in Cynips terminalis (Eichen gallwespe), ferner in

« ZurückWeiter »