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zu frühe Ernte desselben kann ebenso nachteilig einwirken, als wenn selbige zu spät ausgeführt wird. Eine zur unrichtigen Zeit vorgenommene Ernte macht sich besonders bei einer Anzahl von Birnsorten unangenehm bemerkbar. Es sei nur an Clairgeaus B.-B. erinnert, die bei zu langem Hängenlassen am Baume mehr einen groben Geschmack annimmt, während dieselbe, zur richtigen Zeit geerntet, schmelzendes Fleisch aufweist. Die Klage über die geringe Güte dieser oder jener Birnsorte, die den Erfahrungen anderer widersprechen, sind nach unseren Beobachtungen in vielen Fällen auf unrichtige Pflückzeiten zurückzuführen.

In Lehrbüchern finden sich nun sogenannte,, Pflücktabellen" vor, welche für die einzelnen Sorten durch Monats- und Tagangabe den geeigneten Zeitpunkt zur Vornahme der Ernte genau festlegen. Nach unseren Erfahrungen ist es jedoch ein großer Fehler, wenn nach diesen Tabellen gleichsam als nach einem Schema überall gearbeitet wird. Es ist zu berücksichtigen, daß der Eintritt der Reife von verschiedenen Faktoren abhängig ist, die zunächst in Kürze erörtert werden sollen.

Der Eintritt der Reife wird ganz bedeutend von den klimatischen Verhältnissen einer Gegend beeinflußt. So ist z. B. die Vegetation auf den oberen Teilen des Westerwaldes im Vergleich zu der des Rheingaues um 3 bis 4 Wochen zurück. Diese Differenz tritt bei allen Kulturpflanzen und somit auch bei dem Eintritt der Reife einzelner Obstsorten hervor.

Auch die Bodenverhältnisse üben einen Einfluß auf die Vegetation und somit auf die Reife der Früchte aus. Je zeitiger sich der Boden erwärmt, je mehr Wärme er aufzunehmen und zu halten vermag, um so früher wird die Vegetation angeregt und um so schnellere Fortschritte macht dieselbe. Daß auf mehr leichtem, sandigem Boden die Früchte derselben Sorte früher reifen und wohlschmeckender werden, als auf mehr schwerem, kaltem Boden, trotzdem dieselben klimatischen Verhältnisse vorliegen können, findet hierin die richtige Erklärung.

Selbst die Lagenverhältnisse können auf einer engbegrenzten Fläche Unterschiede im Eintritt der Reife bei Früchten derselben Sorte hervorrufen. So reifen Pfirsiche an einer geschützten Südwand früher, als an einem freistehenden Buschbaum. In den hiesigen Anlagen sind eine Anzahl von Birnsorten sowohl im Spaliergarten als auch in dem mehr freigelegenen Muttergarten angepflanzt. Es erweist sich in jedem Jahre als Notwendigkeit, die Früchte derselben Sorte im Spaliergarten im Durchschnitt 5 Tage früher zu ernten, als im Muttergarten.

Selbst die Unterlagen und das Alter der Bäume beeinflussen die Entwicklung der Früchte. Bäume auf schwachwachsenden Unterlagen und solche, welche infolge mangelhafter Ernährung oder hohen Alters schwach im Wuchse sind, bringen ihre Früchte früher zur Reife als solche, die sich unter besseren Verhältnissen befinden. Ja, daß selbst das Licht eine große Rolle bei der Ausbildung der Früchte an ein und demselben Baume spielt, weiß jeder Obst

züchter. Bei der Ernte der Aprikosen z. B. ist ein Ausbrechen der Früchte nötig, wobei die auf der Sonnenseite sitzenden als die früher reifenden zuerst geerntet, die übrigen jedoch noch einige Zeit dem Baume zur weiteren Ausbildung belassen werden müssen.

Abgesehen von diesen Faktoren sind jedoch die jeweiligen Witterungsverhältnisse des Jahres vom zeitigen Frühjahre bis zur Zeit der Ernte bestimmend für den geeigneten Zeitpunkt derselben. Setzt das Frühjahr zeitig ein, beginnt die Blüte früh und herrscht während des Sommers mehr warmes Wetter, so entwickeln sich die Früchte schneller und die Ernte muß früher ausgeführt werden.

Aus diesen Tatsachen geht hervor, daß der Benutzung von Pflücktabellen aus Lehrbüchern nur bedingungsweise zugestimmt werden kann. Man kann aus denselben wohl entnehmen, in welcher Reihenfolge die einzelnen Sorten in ihrer Pflückzeit zu gruppieren sind, die Pflückzeit selbst sollte oder muß jedoch jeder Obstzüchter selbst bestimmen. Dazu gehört ein recht aufmerksames Beobachten der Entwicklung der Früchte von der Ernte bis zur Genußreife, eine kritische Prüfung des Geschmackes sowie der Haltbarkeit der Frucht auf dem Lager. Es müssen aber diese Beobachtungen in jedem Jahre gemacht werden, um unter Berücksichtigung der jeweiligen Witterungsverhältnisse Vergleiche anstellen zu können. Wenn über diese Beobachtungen Notizen gemacht werden, so ist man nach Ablauf einer Reihe von Jahren in der Lage, sich ein klares Bild über die zweckmäßige Pflückzeit der einzelnen Sorten zu verschaffen und erst dann kann eine Pflücktabelle" aufgestellt werden, die nur für die örtlichen Verhältnisse maßgebend ist, dabei aber für die Zukunft sehr wertvolle Anhaltepunkte bei der Ernte bietet.

Auf Veranlassung des früheren Direktors, Kgl. Landesökonomierat Goethe, wurde in diesem Sinne an der hiesigen Anstalt im Jahre 1898 durch Anstaltsgärtner Baumann damit begonnen, genaue Beobachtungen bei den vorhandenen Sorten anzustellen. Über die einzelnen Sorten wurden notiert: Tag der Ernte, Tag des Eintrittes der Genußreife, Dauer der Haltbarkeit auf dem Lager, Ausbildung der Frucht und des Geschmackes. Gleichzeitig wurden Aufzeichnungen gemacht über die Witterungsverhältnisse, sowie den Eintritt und Verlauf der Blütezeit.

Diese Aufzeichnungen, welche bis zum heutigen Tage fortgesetzt wurden, die sich also auf 9 Jahre erstrecken, sind sorgfältig gesammelt und bieten jetzt hinreichendes Material, um eine Pflücktabelle für die hiesigen Obstanlagen aufstellen zu können.

In der nachfolgenden Zusammenstellung ist bei den einzelnen Sorten die Pflückzeit nicht durch einen bestimmten Tag festgelegt, sondern es ist stets ein gewisser Spielraum gelassen. Die Notwendigkeit ergibt sich aus den vorhergehenden Erörterungen. Wenn z. B. bei Williams Christbirne als Pflückzeit angegeben ist: 14. August bis 3. September, so soll hiermit gesagt sein: auf Grund der erfolgten Beobachtungen und Aufzeichnungen wird in Jahren, in denen

die Ausbildung der Früchte infolge günstiger Verhältnisse schneller von statten geht, mit der Ausführung der Ernte bereits am 14. August gerechnet werden müssen, während in Jahren mit ungünstigen Verhältnissen (spätes Frühjahr, späte Blüte, kühler Sommer) der Beginn der Ernte sich bis zum 3. September hinausziehen kann."

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Wie vorstehende Zusammenstellung lehrt, erstreckt sich bei einzelnen Sorten die Pflückzeit auf 14 Tage bis 3 Wochen. Dieser auffällig große Zeitraum wurde ausschließlich durch die Witterungsverhältnisse in den einzelnen Beobachtungsjahren (1898-1905) hervorgerufen. Insbesondere sind es die Witterungsverhältnisse

der Jahre 1898 und 1905 gewesen, welche eine sehr späte resp. frühe Ernte hervorriefen. Im Jahre 1898 trat die Blüte infolge kühler Witterung recht spät ein und bis Ende Juli herrschte nasses, kühles Wetter, so daß die Entwicklung der Früchte und somit die. Ernte bedeutend verzögert wurde. Im Jahre 1905 dagegen setzte von Anfang Mai ab anhaltende Trockenheit und hohe Wärme ein, welche eine beschleunigte Entwicklung der Früchte zur Folge hatte. Wir haben diese beiden Jahre trotz der abnormen Witterungsverhältnisse nicht ausgeschaltet, denn sie beweisen auf das beste, daß am Ort selbst die Pflückzeit bei den einzelnen Sorten bedeutenden Schwankungen unterworfen ist. Dieses Zahlenmaterial mahnt aber gleichzeitig, mit der Benutzung der in Lehrbüchern sich vorfindenden Pflücktabellen etwas vorsichtig zu sein.

Wenn auch diese Zusammenstellung, wie die einleitenden Ausführungen lehren, für andere Obstanlagen nicht so ohne weiteres zur Anwendung kommen darf, so bietet dieselbe doch für jeden Obstzüchter wertvolle Anhaltepunkte, in welcher Reihenfolge die Ernte der einzelnen Sorten der Reifezeit nach zu erfolgen hat. Hierdurch kann in der Praxis bereits mancher Fehler vermieden werden.

Für Obstanlagen, die sich unter denselben klimatischen Verhältnissen befinden wie die hiesigen, kann unsere Pflücktabelle schon mit größerer Sicherheit praktisch ausgenutzt werden, wobei allerdings immer zu berücksichtigen ist, daß der Boden und die Lage des Grundstückes Abweichungen hervorrufen können.

Die in neuerer Zeit für die Obstkultur immer mehr zur Bedeutung kommende Phaenologie wird uns auch in dieser Frage, in dem Maße als dieselbe weitere Interessenten findet und die Aufzeichnungen sich vermehren, recht wertvolle Anhaltepunkte zum Vergleich bieten.

Vor der Hand wäre es dringend erwünscht, daß auch in anderen Anlagen derartige genaue Beobachtungen und Aufzeichnungen gemacht würden, um von anderen Seiten her ähnliche Pflücktabellen für örtliche Verhältnisse zum Vergleich zu erhalten.

b) Der Spindelbaum, eine zweckmäßige Zwergbaumform für den Erwerbsobstbau.

Über die Bedeutung der Buschobstkultur ist in den letzten Jahren des öfteren in Fachzeitschriften geschrieben worden. Infolge dieser Anregungen hat diese Baumform in den Erwerbsobstanlagen, die in neuerer Zeit angelegt sind, die weitgehendste Aufnahme gefunden.

Seit dem Bestehen der Anstalt wurden in den hiesigen Anlagen von den freistehenden Zwergbaumformen neben Buschbäumen noch Pyramiden und Spindelbäume in großer Zahl angepflanzt. Die günstigen Erfolge, welche bisher insbesondere mit dem Spindelbaum erzielt wurden, geben Veranlassung dazu, auf die vermehrte Anpflanzung desselben an dieser Stelle hinzuwirken. Gerade weil in neuerer Zeit in verschiedenen Fachblättern Stimmen gegen den

Geisenheimer Bericht 1906.

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