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Geruch oder Geschmack aufwiesen. Hierbei zeigte sich nun durchweg, daß derartige Fehler oder Krankheiten der Weine sich bei der eigentlichen Kosttemperatur von 11° C. bezw. 16,5° C. am wenigsten bemerkbar machen, unter Umständen, wenn sie in nur geringem Grade vorhanden sind, sogar ganz verdeckt werden. Sofort änderte sich dieses Verhalten derselben aber, wenn dieselben Weine bei Temperaturen geprobt wurden, die von der Kosttemperatur mehr oder weniger erheblich abwichen! Beispielsweise war bei Weinen, die mit Schimmelgeruch und -geschmack behaftet waren, von diesen Fehlern bei der Kosttemperatur kaum etwas zu bemerken; sobald sie aber bei nur 8° C. (Weiß) bezw. 14° C. (Rot) probiert wurden, trat der muffige Schimmelgeruch unverkennbar hervor. Geschmacklich war der Fehler aber auch bei diesen niederen Temperaturen noch kaum wahrzunehmen, eine Tatsache, die sich aber mit einem Schlage änderte, wenn man den Wein auf 12° (Weiß) bezw. 17 bis 18° C. (Rot) erwärmte. Dann machte sich der Schimmel auch im Geschmack äußerst unangenehm geltend. Das gleiche Verhalten bezüglich des Geruchs und Geschmacks zeigten auch rahne Weine. Bei kahmigen Weinen kam der Gehalt an Buttersäure am deutlichsten bei höheren Temperaturen zum Vorschein, während der Essigäther bei denselben geruchlich bei niederen, geschmacklich bei höheren Wärmegraden am leichtesten zu konstatieren war. Eine besondere Stellung nehmen die stichigen Weine ein. Da nämlich die Essigsäure relativ schwer flüchtig ist, so tritt sie geruchlich am besten bei höheren Temperaturen hervor. Dem Geschmack aber gibt sich die Essigsäure, sowohl bei solchen Temperaturen, die unter, als auch bei solchen, die über der Kosttemperatur liegen, zu erkennen, am deutlichsten aber bei niederen. Dabei ist zu beachten, daß gleiche Mengen flüchtiger Säuren, je nach der chemischen Zusammensetzung eines Weines, in dem sie enthalten sind, verschieden intensiv hervortreten, nämlich um so mehr, je extraktärmer solche Weine sind. Um daher selbst sehr geringe Mengen von Essigsäure feststellen zu können, setzt man einer Probe derart verdächtiger Weine zwecks Herabsetzung des Gehaltes an Mineralbestandteilen Wasser zu und zwar bis zur Hälfte ihres Volumens und probt sie dann bei etwa 8° C. (Weiß) bezw. 14° C. (Rot). Zwar erleidet dadurch ja auch die eventuell vorhandene Essigsäure eine entsprechende Verdünnung, aber trotzdem wird sie auf diese Weise, da sie als Säure dominiert, geschmacklich stärker und leichter empfunden. Endlich sind noch die bitteren Rotweine zu erwähnen. Bereits früher hatte Wortmann nachgewiesen, daß die Bitterstoffe des Rotweines bei niederen Temperaturen zum Teil als sogenannte Bitterkörnchen ausfallen und dadurch geschmacklich unwirksam werden. Beim Erwärmen aber lösen sie sich wieder auf und kommen demgemäß wieder zur Wirkung, woraus folgt, daß ein Rotwein bei der Prüfung auf Vorhandensein von bitterem Geschmack bei höheren Temperaturen, etwa 17,5° C. zu kosten ist.

Aus vorstehend mitgeteilten Untersuchungen, die auf ein außerordentlich reichhaltiges Material gestützt sind und in der Wort

mannschen Abhandlung mit allen Details eingehend wiedergegeben sind, geht also hervor, daß

,,die Temperatur des zu kostenden Weines ein Faktor ist, welcher ganz besonders bei Wein-Taxationen und Versteigerungen die größte Beachtung verdient, weil es gerade hier darauf ankommt, alle guten Eigenschaften, alle geruchlichen und geschmacklichen Finessen, welche der Wein in sich birgt, wahrzunehmen. Falsch temperierte Weine müssen bei der Taxation daher stets geringer bewertet werden, als ihrer Qualität entspricht."

Die Praxis hat diese Erfahrung längst gemacht, und bei den Weinversteigerungen werden die Weine daher tunlichst so dargeboten, daß ihre Temperatur, ungefähr wenigstens, der von Wortmann genauer festgestellten Kosttemperatur entspricht. Allein man stellt die Weine doch nur nach dem allgemeinen Gefühle in der Temperatur und somit nur annäherungsweise richtig". Da nun durch obige Versuche festgestellt wurde, daß schon ein Abweichen von nur wenigen Dezigraden von der Kosttemperatur den Wein geruchlich wie geschmacklich herabstimmt, so dürfte es in hohem Grade wünschenswert erscheinen, sich bei der Taxation der Weine über die Temperatur des Weines im Glase genau zu informieren, um ihn, sofern dieselbe etwas zu hoch oder zu niedrig erscheint, durch Abkühlen oder durch geringes Erwärmen (in den meisten Fällen dürfte schon ein Erwärmen des Glases mit der Hand genügen) zunächst auf seine Kosttemperatur zu bringen.

Prof. Wortmann hat deshalb ein kleines bequem in der Westentasche zu tragendes Thermometer herstellen lassen, auf welchem mit horizontalen roten Strichen die Kosttemperaturen für Weißweine (11° C.) und für Rotweine (16,5° C.) angegeben sind. Dasselbe ist zu beziehen von der Firma Christ. Kob & Co., Stützerbach i. Thür. K. Löckermann.

2. Die Kultur und Vermehrung der Sammlung der Reinhefen und sonstigen Gärungsorganismen.

Neben der geschilderten Tätigkeit der Station im Verkehr mit der Praxis nach außen ist es ihre besondere Aufgabe, die für die verschiedenen Zwecke der Praxis bestimmten reingezüchteten Hefen und die zu wissenschaftlichen Zwecken dienenden sonstigen Gärungsund Mikroorganismen nach wissenschaftlichem Verfahren von Jahr zu Jahr lebend weiter zu erhalten, andrerseits aber auch neue Reinhefen aus von der Praxis eingesandten Trubs heranzuzüchten und in Bezug auf ihre Leistungen zu prüfen, um sie dann eventuell in den Vertrieb mit aufzunehmen.

Dabei wird besonders darauf geachtet, Hefen für die verschiedensten Zwecke und aus möglichst verschiedenen Weinlagen zu erhalten, da es nach den bisher gemachten Erfahrungen am empfehlenswertesten ist, die Moste möglichst mit Reinhefen aus denselben

oder ähnlichen Lagen, denen die Moste selbst entstammen, zu vergären. Im Laufe der Jahre ist auf diese Weise eine äußerst wertvolle Sammlung entstanden, die Reinhefen so ziemlich aus allen Weinbaugebieten Europas enthält. Für Deutschland fanden selbstverständlich auch kleinere Weinbaubezirke, ja einzelne Lagen Berücksichtigung, so daß in dieser Beziehung die Ansprüche der Praxis in weitgehendstem Maße befriedigt werden können.

Neu hinzugezüchtet wurden neben einer Rheingauer Hefe ,,Geisenheimer Mönchspfad" drei Rassen aus aus dem Trube eines spanischen Rotweines Benicarlo". Das Gärvermögen dieser vier Rassen wurde in üblicher Weise durch Bestimmung der täglichen Kohlensäureproduktion ermittelt und zwar sowohl in gewöhnlichem Most mit 15% Zuckergehalt als Nährlösung, als auch in auf 24% gezuckertem Most. Die letztere Versuchsreihe wurde deshalb angestellt, um die Widerstandsfähigkeit der neuen Rassen gegen Alkohol und, was damit in direktem Zusammenhang steht, ihre Alkoholproduktionsfähigkeit festzustellen.

Gärverlauf der Hefen in Most mit 15% Zuckergehalt.

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Steinberg
Albo ..

0,07

0,25

3,205,13

3,97 3,40 1,35 1,10 0,48 0,35

6,53

6,73

6,40

0,15 0,80 6,20 4,90 3,05 1,85 1,05 0,62 0,33 0,27 Geisenh. Mönchspfad 0,18 0,42 3,37 5,78 4,10 2,38 1.07 0,65 0.45 0,30

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Wie aus den Tabellen hervorgeht, die die Kohlensäureproduktionen an den einzelnen Tagen und die gebildeten Alkoholmengen angeben, stehen die drei Rassen,,Benicarlo" in ihrem Gärvermögen weit über der zum Vergleich herangezogenen gärkräftigen rheingauer Heferasse ,,Steinberg 93". Besonders ist es die Rasse Benicarlo II, die in Bezug auf Gärkraft im gewöhnlichen, wie auch im gezuckerten Moste sich vorzüglich verhält und auch die ihr ebenfalls gegenüber gestellte

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gärkräftige spanische Heferasse Albo" überflügelt. Der wesentliche Unterschied, den die gebildete Alkoholmenge der Benicarlo II" im Vergleich mit den Alkoholproduktionen der übrigen Rassen schon bei der I. Versuchsreihe aufweist, läßt vermuten, daß dieselbe für den Aufbau ihres Körpers, ihre Zellvermehrung relativ sehr wenig Zucker benötigt. Unter den Alkoholproduktionen der II. Versuchsreihe unterscheidet sich namentlich am 10. Tage der Gärung die rheingauer von den spanischen Heferassen, von denen am 20. Tage der Gärung die Rasse ,,Benicarlo II" sich durch ihre große Widerstandsfähigkeit gegen Alkohol besonders auszeichnet.

Nach den Versuchsergebnissen ist zu erwarten, daß mit den neugezüchteten Rassen auch in der Praxis recht gute Resultate , erzielt werden und daß besonders die Rasse Benicarlo II" die Vergärung schwerer Moste, sowie Nachgärung und Umgärung alkoholreicher Weine mit gutem Erfolg durchführen wird. Auch ist es wegen der hohen Gärkraft und wegen des südlichen Charakters dieser Rasse wahrscheinlich, daß sich dieselbe für die Bereitung von Beerenwein recht gut eignet. Vergleichende Gärversuche, die mit der bisherigen Beerenweinspezialhefe „Laureiro", allerdings im Traubenmost, vorgenommen wurden und bei denen auch der hemmende Einfluß der in Beerenmosten in relativ großer Anzahl vorhandenen Apiculatushefen auf Wachstum und Gärtätigkeit der Rassen ,,Laureiro" und ,,Benicarlo" in Mischsaaten bestimmt wurde, ergaben zum Teil recht günstige Resultate, nach welchen eine vorzügliche Vergärung der Beerenmoste mittels der Rassen,,Benicarlo II" und ,,Benicarlo III" zu erwarten sein dürfte. Es sollen deshalb im kommenden Sommer Gärversuche mit Beerenmosten angestellt werden, nach deren Ergebnis erst eine entscheidende Beurteilung der Rasse ,,Benicarlo" für ihre Verwendung als Beerenweinhefe möglich ist.

C. Sonstige Tätigkeit der Station.

1. Wissenschaftliche Publikationen.

a) vom Vorstande, Professor Dr. Wortmann:

„Über den Einfluß der Temperatur auf Geruch und Geschmack der Weine. Thiels Landw. Jahrbücher XXXV, Heft V, 1906. b) vom Assistenten, Dr. Boetticher:

1. Die Alkoholfrage vom physiologischen, sozialen und wissenschaftlichen Standpunkte". Mitteilungen über Weinbau und Kellerwirtschaft 1906, Heft 4 und 5.

2.,,Wissenschaftliche Forschungen über die Säureabnahme bei lagernden Weinen und die sich aus ihnen ergebenden Konsequenzen für die praktische Kellerwirtschaft". Allgemeine Weinzeitung 1906, No. 27, 28, 29.

3. Ein neuer Apparat zur Bestimmung der flüchtigen Säure im Wein". Zeitschrift für analytische Chemie 1906, 755.

4. Die reingezüchtete Hefe in der Beerenweinbereitung". Praktischer Ratgeber im Obst- und Gartenbau 1906, No. 27.

Bericht

über die Tätigkeit der meteorologischen Station während des Etatsjahres 1906.

Erstattet von Dr. Gustav Lüstner, Vorstand der Station.

Die meteorologische Station der Königlichen Lehranstalt ist eine Beobachtungsstation II. Ordnung des Königlichen meteorologischen Instituts zu Berlin. Sie liegt:

östliche Länge von Greenwich 7° 58'; nördliche Breite 49° 59'; Höhe des Nullpunktes des Barometers über N. N. (Normal-Null), d. h. über dem Nullpunkte des Amsterdamer Pegels 193,37 m. Die Ablesungen finden täglich statt:

728 h a 228 h p 928 hp

Die hierbei gemachten Beobachtungen werden in eine Tabelle eingetragen (Monatstabelle, Sonnenscheintabelle), welche nach Schluß eines jeden Monats sofort dem Königlichen meteorologischen Institut in Berlin eingesandt wird. Über Gewitter, Wetterleuchten, Höhe der Schneedecke und andere wichtige meteorologische Erscheinungen wird besonders dorthin berichtet. Die Königliche Rheinstrom-Bauverwaltung zu Koblenz erhält an jedem Montag über die Höhe der Schneedecke und die Temperatur Nachricht; der Wetterdienst der Landwirtschaftsschule zu Weilurg a. L. wird täglich über die Wetterlage im Rheingau unterrichtet. Die Station ist mit nachstehenden Instrumenten ausgestattet.

I. Im Innern der Wildschen Hütte:

1. Ein trocknes Thermometer

} Augustsches Psychrometer.

2. Ein feuchtes Thermometer f

3. Ein Maximum-Thermometer mit durch Luftblase getrenntem Quecksilber-Index nach Negretti und Zambra.

4. Ein Alkohol-Minimum-Thermometer mit verschließbarem GlasIndex nach Rutherford.

5. Ein Haarhygrometer nach Koppe.

6. Ein Richardtscher Thermograph.

7. Ein in halbe Grade geteiltes Quecksilber-Thermometer (KontrollThermometer zu 6).

II. In unmittelbarer Nähe der Wildschen Hütte:

8. Ein Maximum-Thermometer nach Negretti und Zambra.

9. Ein Minimum-Thermometer nach Rutherford.

(Beide Instrumente liegen 7,5 cm über dem Boden.)

10. Zwei Regenmesser nach Hellmann.

11. Eine Wildsche Windfahne mit Anemometer auf hohem Maste.

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