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weisen, schon durch eine unwesentliche Verdünnung der Fehler des Schwarzwerdens in Erscheinung treten kann. Die richtige Auswahl und Mischung der zur Bereitung verwendeten Fruchtsorten ist daher das beste Vorbeugungsmittel.

Eine weitere Tatsache, die sich von Jahr zu Jahr immer wieder in der Kellerwirtschaft des Apfelweinproduzenten wiederholt, ist, daß die Weine häufig viel zu spät, zuweilen überhaupt garnicht, von der Hefe getrennt werden. Die Folge davon ist, daß auch diese Weine neben unangenehmen Geschmacksfehlern, die das Produkt unter Umständen vollkommen ungenießbar machen können, mit dem Fehler des Schwarzwerdens behaftet sind.

Unter den im letzten Jahre der Station zur Begutachtung eingeschickten Traubenweinen, befanden sich, wie dies auch in früheren Jahren stets der Fall gewesen ist, meist solche, deren fehlerhafte und direkt krankhafte Veränderungen sich durch Trübung kennzeichneten. Naturgemäß muß bei derartigen Weinen zunächst das Wesen der Trübung festgestellt werden, denn erst nachdem die Natur der trübenden Bestandteile erkannt ist, ist es möglich, auf die Ursache des Übels zu schließen und den rechten Weg zur Beseitigung der Trübung bezw. zur Wiederherstellung des Weines einzuschlagen.

Handelt es sich um Trübungen, welche durch Organismen hervorgerufen werden, so richtet sich die Behandlung des Weines einerseits nach der Art der Organismen und andererseits nach den Ursachen, welche das Auftreten derselben bedingen. Ebenso erfordert jeder Wein, dessen Trübung durch nachträgliche Ausscheidungen entstanden ist, eine Behandlung, die sich seinem speziellen Falle anpaßt und der Beseitigung der Ursache des Fehlers nachgeht. Wenn auch in vielen Fällen erst die chemische Analyse Aufklärung über die Möglichkeit des Zustandekommens vorhandener Trübungen im Wein zu geben vermag, so ist doch die mikroskopische Untersuchung eines solchen. Weines von weit größerer Wichtigkeit. Häufig genügt sogar schon der mikroskopische Befund eines trüben Weines, um die Behandlungsweise zur Beseitigung des Fehlers angeben zu können. Als vorzügliches, fast nie fehlschlagendes Mittel bei der Behandlung kranker und fehlerhafter Weise erwies sich auch im letzten Jahre die Umgärung mittels Reinhefe. Wenn auch in einzelnen Fällen auf eine vollständige Wiederherstellung des Weines durch Umgärung verzichtet werden mußte, so erreichte ihre Anwendung doch wenigstens eine wesentliche Besserung des Produktes, indem dem Weine. die bei der notwendig gewordenen Behandlung, wie Pasteurisieren, Peitschen, Lüften, Filtrieren etc. verloren gegangene Frische wieder zurückgegeben werden konnte.

B. Wissenschaftliche Tätigkeit der Station.
1. Über den Einfluß der Temperatur auf Geruch und
Geschmack der Weine.

Da unser Geschmacks- und Geruchsempfinden in hohem Grade abhängig ist von der Temperatur der Geschmack und Geruch gebenden Stoffe, so muß demzufolge auch die Temperatur des Weines von höchstem Einflusse sein auf seine geschmackliche und geruchliche Wirkung. Da wir aber die Wertschätzung eines Weines bestimmen nach der Intensität, sowie nach der Geschwindigkeit und Dauer der Einwirkung seiner Bestandteile auf unsere Geschmacksund Geruchsorgane, so ist demzufolge die Temperatur des Weines ein sehr wichtiger Faktor bei seiner Wertabschätzung, und es ist deshalb keineswegs gleichgültig, bei welcher Temperatur wir einen Wein genießen.

Um so auffallender war es daher, daß die Weinliteratur über diesen wichtigen Faktor für die richtige Taxation eines Weines, zumal bei Versteigerungen, bisher teils gar keine, teils nur sehr unvollkommene Angaben machte und daß diese letzteren sich zudem noch meist nicht unwesentlich widersprachen. Letzterer Umstand beruht wohl darauf, daß die über diesen Punkt bisher angestellten Beobachtungen nicht planmäßig und auch nicht mit genügend großen und genügend differentem Materiale angestellt waren. Es erschien daher dringend wünschenswert, über diese Frage durch genaue vergleichende Versuche, welche wissenschaftlich einwandsfrei waren und zugleich den Forderungen der Praxis gerecht wurden, nähere Aufklärung zu verschaffen. Dieser Aufgabe hat sich nun der Vorstand der Station, Professor Dr. Wortmann unterzogen, indem er es sich angelegen sein ließ, an der Hand eines sehr wertvollen und umfangreichen Materiales diejenigen Temperaturen zu ermitteln, bei welchen die einzelnen Geschmacks- und Geruchsstoffe des Weines am besten zur Wirkung gelangen und damit gleichzeitig zu ermitteln, bei welchen Temperaturen ein Wein sich am vorteilhaftesten probiert. Wortmann nennt diese Temperatur für jeden Wein kurz die Kosttemperatur". Das Resultat dieser Untersuchungen und ihre Methode sind in Thiels Landwirtschaftlichen Jahrbüchern, Bd. XXXV, S. 741 u. f. im Laufe des Berichtsjahres veröffentlicht und es kann daher wegen der näheren Details der Versuche selbst auf die ausführliche Abhandlung an jener Stelle verwiesen werden.

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Als Material waren Prof. Wortmann für diese Untersuchungen etwa 150 Weine, Weiß- und Rotweine, der verschiedensten Qualität, Herkunft, Jahrgänge und Lagen aus dem In- und Auslande zur Verfügung gestellt worden. Die chemischen Analysen dieser Versuchsweine sind der Abhandlung bei jeder Nummer beigegeben. Doch wurden dieselben, um eine Beeinflussung durch dieselben auszuschließen, erst nach jedesmaliger Kostprobe festgestellt.

Durch entsprechende Vorversuche wurde zunächst die zuverlässigste Methode, die Temperatur der Weine für die Dauer der Versuche konstant zu erhalten, ausprobiert und dabei wurden zugleich die unteren und oberen Temperaturgrenzen festgelegt, innerhalb deren die Kosttemperatur im allgemeinen zu suchen war. Als Prüfungskommission trat jedesmal ein aus mehreren Weinsachverständigen zusammengesetztes Kollegium zusammen.

Schon die ersten orientierenden Vorversuche ergaben sehr interessante Resultate. Sie zeigten, daß für Weißweine Kosttemperaturen unter 10° C. direkt ungünstig wirken; die Geschmacks- und Geruchsnerven werden bei solchen Temperaturen zu wenig erregt und die Reaktion selbst dauert zur kurze Zeit an. Infolgedessen verschwindet der Wein zu bald von der Zunge und probiert sich daher leer. Als obere Temperaturgrenze erwies sich 12° C. Über diese hinaus stört ganz besonders ein übermäßiges Hervortreten von Alkohol die Harmonie im Geruch, das Bukett fällt auseinander". Geschmacklich tritt über 12° die Saure einseitig hervor und macht den Wein daher direkt kratzend.

Wiesen bereits diese vorläufigen Resultate auf eine ungemein feine Reaktionsfähigkeit unserer Geruchs- und Geschmacksnerven hin, indem dieselben sich im stande zeigten, bei einer und derselben Materie Temperaturdifferenzen von nur 2o C. schon scharf zu empfinden, so zeigte sich diese Eigenschaft unserer Sinnesorgane in noch auffälligerer Weise bei den weiteren Vorversuchen mit Rotweinen. Bei diesen lagen die Temperaturgrenzen, innerhalb deren die Kosttemperatur zu suchen war, um nur 1° C. auseinander, nämlich zwischen 16° und 17° C.

Es war mithin durch diese Vorversuche nicht nur die allgemeine theoretische Erwägung bestätigt, daß der Temperatur ein sehr wesentlicher Einfluß auf den Geschmack und Geruch der Weine zugeschrieben werden müsse, sondern zugleich auch gezeigt, daß das Temperaturoptimum sogar zwischen sehr engen Grenzen liegt. Deshalb sind auch, wie oben bereits hervorgehoben, die Angaben früherer Autoren, sofern sie überhaupt nähere Angaben über die Kosttemperatur machen, nicht nur ungenau, sondern in ihrer Allgemeinheit infolge der erwähnten feinen Reaktionsfähigkeit unserer Nerven geradezu unbrauchbar.

Allerdings zeigen die Angaben von Babo und Mach1), dal Piaz) und Schilling 3) insofern eine Übereinstimmung mit Wortmanns Befunden, als sie sämtlich als unterste Temperaturgrenze für Weißweine 10° C. angeben. Auch Hellenthal) empfiehlt, den Wein nicht unter 10" C. temperiert zu trinken, macht aber gar

1) Babo, A. von und Mach, E., Handbuch des Weinbaues und der Kellerwirtschaft, 3. Aufl. 2. Band, S. 771, Berlin, P. Parey, 1896.

2) Dal Piaz, Handbuch der praktischen Kellerwirtschaft; S. 80. Leipzig, A. Hartleben.

3) Schilling, J. A., Gewerbeblatt für Hessen 1881.

4) Hellenthal, K. A., Hilfsbuch für Weinbesitzer und Weinhändler, 10. Aufl., verfaßt von J. Beyse, S. 250; Hartlebens Verlag, 1883.

keinen Unterschied zwischen Weißwein und Rotwein! Nach unten hin gehen Hamm 1) und Dahlen) zu weit, wenn sie als unterste Grenzen 8-10° C. angeben und nach oben hin entfernen sich Babo und Mach zu sehr vom Optimum, wenn sie dieses, besonders für feine Bukettweine, 12-15° C. nennen. Noch mehr gilt dieses aber für Rotweine, für die sie als beste Kosttemperatur 18-20° C., für sehr herbe Rotweine selbst 30° C. bezeichnen! Überhaupt weichen bezüglich der Rotweine die Angaben untereinander und gegen die von Wortmann gefundenen Werte erheblicher ab als bei Weißweinen. So gibt Schilling (1. c.) als beste Kosttemperatur für Rotweine 15° C., dal Piaz 15-171o C. an. Letztere Grenzzahlen kommen ja den in Wortmanns Vorversuchen gefundenen Temperaturen näher, sind aber aus den angegebenen Gründen viel zu weit gehalten.

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Im übrigen zeigten die Vorversuche sämtlich ein einander ähnliches Bild. Die Geruchsstoffe kommen bei niederen Temperaturen (unter 5o C.) noch gar nicht zum Ausdruck, die Geschmacksstoffe sogar nicht unter 8° C. Bei steigender Temperatur treten dann beide mehr und mehr hervor, um schließlich bei einer Mitteltemperatur (bei Weißweinen zwischen 10 und 12° C., bei Rotweinen zwischen 16 und 17° C.) zu einer harmonischen Gesamtwirkung sich zu vereinen. Über diese obere Temperaturgrenze hinaus macht sich ein einseitiges Hervordrängen einzelner Bestandteile des Weines, im Geruch besonders des Alkohols, im Geschmack der Säure, bei den Rotweinen auch der Gerbstoffe, in störender Weise bemerkbar. Die schon wiederholt hervorgehobene äußerst empfindliche Reaktionsfähigkeit unserer Geruchs- und Geschmacksnerven ließ es nun als wünschenswert erscheinen, auch innerhalb der in den Vorversuchen gefundenen Grenzen, die für alle Rot- bezw. Weißweine als maßgebend erkannt waren, noch jene Kosttemperaturen näher zu bestimmen, die für Weine ganz bestimmter Gattungen, z. B. schwere und leichte, bukettreiche und bukettarme usw. als Optima anzusprechen wären. Denn da alle jene Stoffe, welche die Gesamtqualität des Weines charakterisieren, sowohl quantitativ wie qualitativ, in so mannigfaltiger Weise in demselben variieren, daß es kaum zwei Weine von genau gleicher Zusammensetzung geben dürfte, und da andrerseits alle jene Stoffe bei verschiedenen Temperaturen verschieden stark zur Geltung kommen, so mußte es auch, rein theoretisch betrachtet, für jeden Wein eine durch seine spezifische Zusammensetzung bedingte spezifische Kosttemperatur geben, bei welcher derselbe geruchlich und geschmacklich seine Eigenschaften am besten entfaltet.

Da ergaben nun aber die weiteren Versuche ein sehr überraschendes Ergebnis. Ungeachtet der spezifischen Wirkung der einzelnen für den Geruch und Geschmack eines Weines maßgebenden

1) Hamm, W., Das Weinbuch S. 607 u. f. Leipzig, J. F. Weber, 1886. 2) Dahlen, H. W., Die Weinbereitung S. 889. Braunschweig, F. Vieweg und Sohn, 1878.

Geisenheimer Bericht 1906.

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Stoffe ergaben die vergleichenden Kostproben als wesentliches Resultat, „daß die Gesamtkomposition des Weines auf die Wirkung der Geruchs- und Geschmacksstoffe desselben bei verschiedenen Temperaturen ohne besondere Bedeutung ist". Es ergab sich vielmehr für sämtliche Weißweine, ebenso wie für sämtliche Rotweine je eine Einheits-Kosttemperatur, indem festgestellt werden konnte, daß sich alle Weißweine bei 11° C. und alle Rotweine bei 16,5o C. am besten probieren. Dieses ist nicht etwa ein zufälliges Resultat, welches daraus zu erklären wäre, daß zufällig alle Versuchsweine eine gleiche oder doch annähernd gleiche chemische Zusammensetzung gehabt hätten. Denn wie schon aus der bei allen Weinen angegebenen chemischen Analyse hervorgeht, handelte es sich bei ihnen um solche, die zum Teil sogar sehr weitgehende Verschiedenheiten in der stofflichen Zusammensetzung aufwiesen. Auch wurden ja, wie schon eingangs erwähnt, Weine der verschiedensten Jahrgänge, Lagen und auch Gebiete untersucht. Unter den Weißweinen befanden sich solche vom Rheingau, der Pfalz, der Mosel, Saar und Bergstraße. Die untersuchten Rotweine entstammten sowohl deutschen Rotweingebieten, wie Aßmannshausen, Ingelheim, Baden, als auch ausländischen, z. B. Steiermark, Tirol, Italien, Bordeaux und Burgund. Es handelte sich also um Weine, die nach Art und Qualität sich durchaus voneinander unterschieden und in der Tat auch bei der Probe die größten Verschiedenheiten in Geruch und Geschmack aufwiesen. Dennoch ergab sich aber als ständig wiederkehrendes Resultat, daß jeder Weißwein bei 11° C. und jeder Rotwein bei 16,5° C. sich am vorteilhaftesten probte. Schon so geringe Abweichungen wie nur wenige Zehntelgrade von dieser Kosttemperatur lassen einen Wein deutlich minderwertig erscheinen, und zwar Quantitätsweine in höherem Grade als Qualitätsweine. Dabei zeigte sich als eine weitere Regelmäßigkeit, daß sich Abweichungen nach unten weniger störend bemerkbar machten, als solche nach oben, so daß z. B. Weißweine von Qualität bei 10° C. besser munden als bei 12o C. und Rotweine bei 151,0 C. besser als bei 17° C. Hieraus folgt, daß Qualitätsweine eher zu kühl als zu warm getrunken werden dürfen.

Für die Konsumenten geht aus obigen Darlegungen hervor, daß es ebenso falsch ist, die Weine zu kalt zu trinken wie dieses besonders mit den auf Eis gekühlten Weißweinen leider vielfach geschieht noch dieselben zu sehr zu erwärmen, wie z. B. Rotweine. In beiden Fällen werden alle guten Eigenschaften, welche ein Wein in sich birgt, geradezu getötet, während zugleich, und das ist für die Weinproduzenten und -händler von großer Wichtigkeit, etwa ihm anhaftende Geruchs- und Geschmacksfehler nur um so schärfer hervortreten. Die Versuche Wortmanns haben sich nämlich nicht nur auf gesunde Weine, sondern auch auf fehlerhafte und kranke erstreckt.

Zur Untersuchung gelangten in dieser Richtung über 30 verschiedene Weiß- und Rotweine und zwar solche, die stichig, kahmig, schleimig oder rahn waren oder einen fauligen oder schimmeligen

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