Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

darüber sein, daß die Bedingungen hier für die Eingliederung des Edelreises in den Gewebeverband der Unterlage recht günstig liegen. Die Art und Weise, wie von Seiten der Unterlage die Verwachsung eingeleitet wird, zeigt eine weitgehende Übereinstimmung mit dem entsprechenden Vorgang bei der Rindenpfropfung. Die Rindenlappen sterben in ihren den Schnittwunden zunächst liegenden Partieen mehr oder weniger weit ab und werden dann durch Wundkork abgegrenzt. An ihrer Innenfläche geht aus den unterhalb der zerrissenen liegenden Kambiumzellen ein vielfach sehr deutlich in Reihen angeordneter Kallus hervor, der nur dort, wo er sich in die Hohlräume hinein ausbreitet, ein unregelmäßigeres Aussehen erhält. In den seitlichen Winkeln, bis zu denen die Ablösung der Rinde erfolgt. ist, geht er in die Kaliusmassen über, die weniger regelmäßig auf der Holzblöße entstanden sind. Allmählich nehmen auch hier diese Kallusbildungen, indem sie sich vergrößern und bei der Berührung verwachsen, den Charakter eines geschlossenen, die Hohlräume erfüllenden Gewebes an, in welchem Unterbrechungen des festen Zellverbandes nur durch die gelb bis braun gefärbten Reste zerdrückter und abgestorbener Zellen, die noch von einer Isolierschicht verkorkter Zellen umgeben sein können, gebildet werden. Die Beteiligung des Edelschildes an der, die erste Verwachsung einleitenden Kallusproduktion erreicht ein verschiedenes Maß, je nachdem das Schild, wie der technische Ausdruck lautet, ,,ohne" oder „mit Holz" eingesetzt worden ist. Im ersteren Falle bemüht man sich bei der Ablösung des Augenschildchens vom Zweige das Messer in der Region des Kambiums und am Auge selbst durch die Grenze der verholzten Markbrücke und des noch unverholzten, zum Auge gehörenden Markkörpers zu führen, so daß sich auf der Innenseite des Okulationsschildchens, abgesehen von den zum Auge führenden Leitbündeln, kein Holz befindet. Da der Schnitt genau in dieser Richtung in Wirklichkeit aber sehr schwer ausführbar ist, vielmehr fast stets in der Mitte des Schildes etwas von dem Holze wie von der verholzten Markbrücke des Triebes haften bleibt, so muß man, um ohne Holz" zu okulieren, dieses erst nachträglich herauslösen. Das ist jedoch insofern eine mißliche Sache, als dabei leicht der zum Auge gehörige Leitbündelkörper mit herausgerissen werden. kann: ein solches Auge ist dann natürlich zur Okulation nicht mehr verwendbar, und wenn dies nicht beachtet und das Schildchen trotzdem eingesetzt wird, so kann es zwar anwachsen, doch nie ein Trieb daraus hervorgehen. Aus diesem Grunde wird namentlich ein wenig geübter Veredler besser handeln, wenn er das Holzspänchen an der Innenfläche des Rindenschildchens nicht abspaltet, sondern ruhig mit Holz" okuliert. Freilich kann dann die Kallusbildung nicht auf der ganzen inneren Fläche von statten gehen, wie dies bei der Okulation ohne Holz" der Fall ist, sondern sie bleibt auf die peripherische Region des Schildchens beschränkt, wo das Kambium und die Rinde an die Wundfläche stoßen. (Auch der Außenrinde kommt bei der Okulation vielfach ein nicht unbedeutender Anteil an der Kallusbildung zu.) Allein auch dann

ist die Verbindungsfläche zwischen Unterlage und Reis noch groß genug, so daß die Okulation mit Holz" ganz unbedenklich angewandt werden kann, ohne daß man nennenswerte Nachteile gegenüber der Okulation ,,ohne Holz" daraus zu befürchten braucht. In beiden Fällen treten nun etwa 2-3 Wochen nach der Veredelung die Kallusbildungen von Unterlage und Rindenschildchen in Verbindung, und das Kambium des Schildchens beginnt sich seitlich in den Verbindungskallus fortzusetzen. Die Vereinigung dieses Kambiums mit dem der Unterlage ist hier ebenso wie bei der Rindenpfropfung nicht direkt, sondern nur auf einem Umwege zu erreichen. Dadurch, daß an den Rindenlappen das Kambium bald nach der Veredelung begonnen hat, Holzelemente zu produzieren, hat sich diese Holzschicht zwischen dasselbe und den eigentlichen Kallus, der nach einiger Zeit ebenfalls verholzt, eingeschoben. Das Kambium muß sich also an den Enden der Rindenlappen, ähnlich wie man es bei Überwallungsrändern sieht, an dem neugebildeten Holze herumwenden, ehe es mit dem aus dem Edelschilde in den Kallus hineingehenden in Berührung kommen kann (Fig. 52.) Da dieser

[graphic][merged small]

Prozeß jedoch einige Zeit in Anspruch nimmt, besonders wenn die neue Holzschicht an den Rindenflügeln schnell an Dicke zunimmt, so reicht der Zeitraum von der Ausführung der Veredelung bis zum Schlusse der Wachstumstätigkeit im gleichen Jahre vielfach nicht aus, um die Kambialverbindung an den Seiten und am unteren Ende der Veredelung herzustellen. Der weitere Fortgang der Verwachsung bleibt dann dem nächsten Frühjahr vorbehalten, was ja aber, wie bemerkt, nicht weiter bedenklich ist. Am oberen Ende der Veredelung, wo das Schildchen dicht an die quer durchschnittene Rinde der Unterlage herangeschoben ist, ermöglicht diese Sachlage eine schnellere Verwachsung der Kalli und im Zusammenhang damit auch eine leichtere und unmittelbarere Vereinigung der Kambien von Edelschild und Unterlage. Abweichungen von dem normalen Verwachsungsverlauf können bei dieser Veredelungsart resultieren. aus verschiedenen Mängeln der Ausführung: zu schmales Schildchen. dann weisen besonders die seitlichen Verwachsungsregionen große Unterbrechungen durch abgestorbene und verkorkte Partien auf; das Schildchen schließt oben nicht eng an die Rinde der Unterlage dann verzögert sich die Verwachsung auch hier, wo sie sonst

an

[ocr errors]

[ocr errors]

ziemlich bald zu konstatieren ist; die Flächen, von denen die Kallusbildung ausgehen soll, werden unvorsichtig berührt oder anderweitig geschädigt dann muß die Produktion der Verwachsungsgewebe sehr unregelmäßig und lückenhaft ausfallen; der Verband wird zu locker angelegt dann trocknen größere Zellkomplexe an den Wundflächen aus als sonst, das Schildchen kann sich verschieben oder bei der Kallusbildung herausgedrängt werden usw. Auf alle diese Erscheinungen, die der Verwachsungsstelle an den einzelnen Veredelungen ein sehr wechselndes Aussehen geben, kann an dieser Stelle nicht näher eingegangen werden; es genügt hervorzuheben, daß auch bei der Okulation ebenso wie bei der Kopulation und den anderen Veredelungsmethoden in der Art und Weise, wie sie in der Praxis zur Anwendung kommen, der Normalverlauf bei der Verwachsung nur in der Minderzahl der Fälle verwirklicht wird. Zwischen rasch und vollkommen anwachsenden Veredelungen und solchen mit völlig negativem Resultat findet man, wenn man eine größere Anzahl derselben untersucht, stets die mannigfachsten Zwischenformen, was den zeitlichen Verlauf der Verwachsung, wie auch den Modus derselben an den einzelnen Stellen einer Veredelung betrifft.

Da alle Veredelungsmethoden hinsichtlich der Schnelligkeit und Festigkeit, mit der sich bei ihnen die Verwachsung von Unterlage und Reis erreichen läßt, neben Vorzügen auch den einen oder anderen Mangel aufweisen, wie wir gesehen haben, so kann man eine Reihenfolge der Methoden nach ihrer Zweckmäßigkeit auf Grund der festgestellten anatomischen Tatsachen nicht konstituieren. Wenn wir von denjenigen Veredelungsarten, die sich leicht von vornherein. als ungeeignet erkennen lassen, absehen und uns auf die erprobten, zu denen die hier behandelten gehören, beschränken, so werden die einander widersprechenden Urteile, die auch noch bezüglich der mit diesen Methoden erzielten Erfolge von verschiedenen Seiten abgegeben werden, wohl in vielen Fällen weniger in der Methode als solcher ihre Erklärung tinden als vielmehr in der mehr oder minder großen Sorgfalt bei der Vorbereitung und Ausführung der Operation selbst. Damit muß ja allerdings stets gerechnet werden, daß in der Praxis wie eingangs bereits hervorgehoben nie alle für einen günstigen Verwachsungsverlauf maßgebenden Bedingungen vollauf erfüllt werden können, sondern stets ein Kompromiß zwischen dem Wünschenswerten und dem Erreichbaren, das durch die Forderungen der Praxis eingeschränkt wird, geschlossen werden muß. 1) Deswegen sollte der Veredeler aber um so mehr sein Augenmerk auf die Innehaltung derjenigen Bedingungen richten, deren Erfüllung auf keine Schwierigkeiten stößt; es sei nur auf solche

1) Die Praxis muß z. B. danach trachten. im größeren Betriebe wenigstens, nur solche Methoden zu verwenden, die möglichst schnell und leicht ausführbar sind und auch nachher wenig Pflege beanspruchen, und wird daher diesem Gesichtspunkt große Bedeutung bei der Wahl der Veredelungsart beilegen, bei der ferner auch die Beschaffenheit (Stärke usw.) der gegebenen Unterlage berücksichtigt werden muß.

Punkte wie die Wahl des richtigen Termines zur Veredelung, gewissenhafte Ausführung der Veredelung selbst und ähnliche hingewiesen. Vor allem aber möge in dieser Beziehung zum Schlusse nochmals betont werden, was auch durch die vorliegenden Untersuchungen wieder bestätigt wurde, daß von allergrößtem Werte für das gute Anwachsen die kritische Auswahl des Veredelungsmaterials ist, durch welche sich Mängel der Methode oder der Ausführung bis zu einem gewissen Grade am ehesten wieder ausgleichen lassen.

4. Zur Anatomie der Wundschutzgewebe: Verkorkung an Holzwunden.

Bearbeitet von F. Herse.

W. Voss hatte gelegentlich der Untersuchung von Rebveredelungen an den Querwunden, mit denen die zur Veredelung verwendeten Achsenstücke aneinander gefügt werden, eigentümliche Verkorkungserscheinungen beobachtet (vgl. Ber. d. D. Botan. Gesellsch., Bd. 22 (1904), Seite 560-563, sowie Ber. d. Geisenheimer Lehranstalt 1904, Seite 53). Im alten, vor der Veredelung gebildeten Holze werden in den Markstrahlzellen in wechselnder Entfernung von der Schnittfläche Suberinlamellen aufgelagert und zwar derart, daß eine fast Jückenlose Schicht dieser verkorkten Zellen die an die Wundfläche angrenzenden, abgestorbenen Zellen von den lebenden trennt. Gleichzeitig werden auch in den vom Schnitt getroffenen und in den auf diese folgenden gefächerten Holzfasern von mindestens einer, häufig jedoch auch von mehreren Zellen gleiche Korklamellen aufgelagert. Die Zone, in welcher diese Verkorkungserscheinungen auftreten, hat in den einzelnen Fällen eine verschiedene Breite.

Diese Angaben Voss', die sich nur auf die zum Zwecke der Kopulation beigebrachten und so in gewissem Grade vor dem Austrocknen geschützten Wunden bezogen, können nunmehr dahin erweitert werden, daß ganz allgemein, auch an ungeschützten Querwunden von Vitis-Achsen die lebenden Zellen des Holzes durch eine derartige Korkschicht nach der Schnittfläche hin abgegrenzt werden. Es war dies ja von vornherein als wahrscheinlich anzunehmen, da an Wunden, die allen Einwirkungen der Atmosphärilien ausgesetzt sind, die Bedingungen, welche in jenem Falle die Ausbildung der Korkzone veranlaßten, nach allem, was wir über die Ätiologie der Korkbildung wissen, jedenfalls in noch höherem Grade gegeben sein müssen.

Es lag nun nahe, zu prüfen, ob die Art des Wundschutzes verholzter Gewebe auf die Vitis-Arten, bei denen sie bisher aufgefunden worden war, beschränkt sei, oder ob sie, wie zu vermuten, auch bei anderen Holzgewächsen in gleichen Fällen Verwendung finde. Daher wurde diesem Punkte auch bei der Untersuchung von Apfelveredelungen, an denen der Verlauf der Verwachsung verfolgt werden sollte, Beachtung geschenkt. Bei diesen Veredelungen (es handelte sich um Verbindung verschiedener Apfelvarietäten durch Kopulation) wurde eine derartige Erscheinung, wie sie hier in Frage

kommt, in den meisten Fällen, wo die Schnittflächen dicht auf einander gefügt worden waren, nicht beobachtet. An einigen wenigen Veredelungen jedoch, bei denen der Spalt zwischen den Schnittflächen ziemlich breit war (jedenfalls war der Bastverband hier von vornherein nicht fest genug, oder er hatte sich nachträglich gelockert, ehe Verwachsung eingetreten war), wurden im Holze den an Rebenveredelungen gefundenen analoge Verkorkungserscheinungen wahrgenommen. In einer nahe an der Schnittfläche dieser parallel laufenden Zone hatten alle ursprünglich lebenden Zellen, also Markstrahl- und Holzparenchymzellen, ihrer Innenwand eine verkorkte Lamelle aufgelagert, und diese Korkzone setzte sich auch durch das Mark 1) hindurch fort. Während aber an diesen, durch die Aneinanderfügung der Veredelungsflächen, das Umbinden der Veredelungsstelle mit Bast und die Verschmierung derselben mit Baumwachs gegen übermäßige Transpiration, Infektionsgefahr usw. geschützten Wunden Verkorkung nur in Ausnahmefällen zu konstatieren war, ergab die Prüfung der Frage an solchen

Fig. 53. Korkscheide an einer Querwunde (Pirus Malus L.). Schematischer Längsschnitt.

Achsen-Querwunden, denen keinerlei künstlicher Wundschutz zuteil geworden war, daß in derartigen Fällen die Ausbildung einer verkorkten Zone durch Holz und Mark hindurch nie unterbleibt. An den Wundkork anschließend, der die Rinde quer durchzieht, werden die Markstrahlzellen, sowie die des Holzparenchyms mit einer feinen Korklamelle ausgekleidet. Nicht immer erstreckt sich diese Verkorkung auf alle Zellen eines Markstrahls oder alle aus der gleichen Kambiumfaser hervorgegangenen Holzparenchymzellen, jedoch ist stets der Zusammenhang der verkorkten Zellen in der Querrichtung so gewahrt, daß die lebenden Zellen durch die Korkzone von den von der Schnittfläche her abgestorbenen streng geschieden sind. Auch in der Markkrone und im Mark selbst findet diese Korkgrenze ihre Fortsetzung, so daß über die ganze Querfläche des Zweiges hinweg alle lebenden Elemente durch Kork gegen die infolge der Verwundung zugrunde gegangenen Gewebeteile abgeschlossen werden und diese Korkscheide nur durch die Bastfasergruppen, sowie die durch Wundgummi verstopften Gefäße und Tracheïden unterbrochen wird (Fig. 53.)

Im Mark kann die Ausbildung der Korkwände in solchen Fällen, wo die Verwundung zu einer Zeit erfolgt, in der die Markzellen noch nicht ihre definitive Ausbildung erlangt haben, noch eine

1) Das Mark besteht bei den verschiedenen Varietäten von Pirus Malus in ausgebildeten Achsen entweder durchweg aus lebenden, dickwandigen, verholzten Zellen, oder es finden sich neben solchen größere, früh abgestorbene Zellen mit dünneren Wänden.

[graphic]
« ZurückWeiter »