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1862.

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Paris, 14. Juli 1862. Heut traf endlich der Courier ein, um dessenwillen ich vorgestern vor 8 Tagen eiligst London verließ. Auf mein Urlaubsgesuch habe ich heut von B. die Antwort erhalten, der König könne sich noch nicht entschließen, ob er mir Urlaub gäbe, weil dadurch die Frage, ob ich das Präsidium übernähme, noch 6 Wochen in der Schwebe gehalten würde, und ich möchte schreiben, ob ich es für nüßlich hielte, in der jezigen Kammersession noch einzutreten und wann? und ob ich nicht vor Antritt meines Urlaubs nach Berlin kommen wollte. Lezteres werde ich nach Möglichkeit ablehnen, vorschlagen, mich bis zum Winter ruhig hier zu lassen und dann einstweilen, übermorgen oder Donnerstag, nach Trouville gehen, westlich von Havre an der See, und dort den Winter abwarten. Ich kann von da in 5 Stunden immer hier sein.

27. Juli. Reise nach Südfrankreich. Biariz.

Die Entscheidung.

Toulouse, 12. Sept. 62.

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Mein Urlaub ist um; ** schreibt, daß der König den 9. in Carlsruhe ist, nach Deinem Brief erst den 13. Es würde das Beste sein, wenn ich von hier den Urlaub auf weitere Wochen nach Pommern erbitte, und in Paris die Antwort, sowie die Rückkehr des Königs nach Berlin erwarte, ehe ich reise; denn Gewißheit ist jeßt nöthig, oder ich nehme Knall und Fall meinen Abschied. Ich bin in dieser Minute noch nicht im Stande, mich zu entschließen; ich will erst etwas spazieren gehen, dabei wird mir wohl einfallen, wie ich es machen muß.

Mitte September. Telegraphische Berufung nach Berlin.
Begegnung mit dem Kriegs-Minister von Roon in
Magdeburg.

19. September. Ankunft in Berlin.

Audienzen beim König.

23. September. Berufung in das Ministerium.
Allerhöchste Ordre:

Nachdem der Prinz Adolph zu Hohenlohe- Ingelfingen auf sein wiederholtes Gesuch von dem Vorsiz im Staatsministerium entbunden, habe Ich den Wirklichen Geheimen Rath von Bismarck-Schönhausen zum Staatsminister ernannt und ihm den intermistischen Vorsiz des Staatsministeriums übertragen.

Wilhelm.

Von der Uebernahme des Ministeriums bis zum Prager Frieden.

1862-1866.

Von der Uebernahme des Ministeriums bis zum Prager Frieden.

1862-1866.

9. Der Militärkonflikt.

1862. Der Ausgangspunkt.

Ein Rückblick des stellvertretenden Vorsitzenden des Staats- Ministeriums, Finanz Ministers von der Heydt beim Beginn der Berathung des MilitärEtats im Abgeordnetenhause am 11. September 1862, führt den Nachweis, daß weder von der Regierung beabsichtigt, noch von dem Landtage erwartet sei, daß die Umgestaltung des Heeres nur eine temporäre Maßregel sein solle, daß vielmehr Einverständniß darüber geherrscht, wie dieselbe im Interesse des Landes und des Heeres unabweisbar dauernd geboten sei; die definitive Regelung sei lediglich dadurch aufgehalten worden, daß hierzu vom Landtage eine Abänderung des Gesetzes für erforderlich erachtet worden sei.

Nach Angabe der Gründe, warum die Wiedervorlegung des verlangten Gesetzes in der Sommersession unterblieben sei, erklärte der Minister auf das Bestimmteste, daß die Regierung in der nächsten Wintersession eine Gesetzes-Vorlage über die Wehrpflicht einbringen werde, und fügte hinzu: die Regierung glaube mit dieser Erklärung die erhobenen Bedenken um so mehr als beseitigt ansehen zu dürfen, als sie nach wie vor anerkenne, daß die zeitige Formation der Armee, insoweit solche eine dauernde Erhöhung des Etats oder eine anderweitig gesetzliche Regelung der Dienstverpflichtung erfordere, so lange als eine definitive nicht betrachtet werden könne, als dazu nicht die verfassungsmäßige Zustimmung des Landtags ertheilt sein werde, daß mithin durch die Bewilligung des Etats für 1862 dem fünftigen Beschlusse über die Wehrverfassung in keiner Weise präjudizirt werden solle. Sofern Werth darauf gelegt werden sollte, die Ausgaben ebenso wie 1861 in das Extraordinarium des Etats zu übertragen, werde die Staatsregierung dem nicht entgegen sein.

„Die Staats- Regierung“, fuhr Herr von der Heydt fort, „ist sich bewußt, daß sie zur Verausgabung der Kosten der Armee - Reorganisation der nachträglichen Zustimmung des Landtags ebenso bedarf, wie zu allen übrigen Ausgaben, welche vor gesetzlicher Feststellung des Etats geleistet sind, und sie glaubt auf diese Zustimmung um so mehr mit Sicherheit rechnen zu dürfen, als nachgewiesen ist, daß die fraglichen Ausgaben nicht zu vermeiden waren und im guten Glauben geleistet sind, daß eine weitere Ermäßigung derselben nicht thunlich ist und daß

1862.

zu ihrer Deckung hinlängliche Mittel in den gesetzlich bewilligten Einnahmen vorhanden sind.“

„Der Umstand, daß das Gesetz, durch welches die Wehrpflicht allgemein geregelt werden soll, nicht in der gegenwärtigen Session, sondern erst in der folgenden, also wenige Monate später, vorgelegt werden soll, kann es nicht rechtfertigen, durch Versagung der nöthigen Mittel eine Situation zu erzeugen, welche geeignet ist, die Ordnung im Staatshaushalte in der bedenklichsten Weise zu stören, die innere Verwaltung des Landes zum Nachtheile der wichtigsten öffentlichen Interessen zu lähmen und die Regierung dem Auslande gegenüber in eine Lage zu bringen, welche ihr auch die Lösung der nach dieser Richtung hin obliegenden Aufgaben erschwert."

„Die Staats- Regierung erkennt mit der Kommission an, daß die Verfassung das Zustandekommen eines Etatsgesetzes unbedingt voraussetzt. Wenn aber die Kommission gleichwohl die Ablehnung der Ausgaben für die Reorganisation der Armee empfiehlt und schon bis an die äußerste Grenze zu gehen glaubt, indem sie sämmtliche zur Existenz des Staats nothwendige Ausgaben bewillige und für das Heer nur die Summe. welche bis zum Jahre 1860 ausgereicht habe, zuge stehe, so kann sie sich darüber nicht täuschen, daß sie durch diese Vorschläge das Zustandekommen eines Etatsgesetzes unmöglich macht, weil sie die Thatsache gänzlich unberücksichtigt läßt, daß die Ausgaben für 1862 großentheils bereits geleistet sind und in den letzten Monaten Ersparnisse nicht mehr gemacht werden fönnen."

„Indem die Staatsregierung die ernste Erwägung dieser Erklärung dem hohen Hause empfiehlt und hierdurch wiederholt, daß es ihr fern liegt, die verfassungsmäßigen Rechte des Abgeordnetenhauses zu beeinträchtigen, indem sie vielmehr ausdrücklich anerkennt, daß alle Ausgaben der Zustimmung des Landtages bedürfen und die Zusicherung erneuert, daß sie in der nächsten Session das gewünschte Gesetz über die Leistung der Wehrpflicht vorlegen wird, kann sie, in dem Bewußtsein, daß sie nach Lage der Verhältnisse im allgemeinen Staatsinteresse nicht anders, als geschehen, verfahren konnte, der Beschlußnahme mit der Berubigung entgegensehen, welche die Ueberzeugung gewissenhafter Pflichterfüllung gewährt. Die Staatsregierung ist sich bewußt, durch thatsächliches Entgegenkommen ihr aufrichtiges Bestreben an den Tag gelegt zu haben, eine Lösung der obschwe benden Frage zu erleichtern; sie beharrt auch ferner in dieser Gesinnung, aber sie darf auch nicht unterlassen, der Landesvertretung die ganze Schwere der Verantwortung vor Augen zu stellen, welche auf einer Versagung der nach Lage der Sache durchaus unentbehrlichen und nachweislich vorhandenen Mittel ruhen würde." Die Budget - Kommission beantragt die Streichung der Kosten für die Armee Reorganisation.

Minister von der Heydt mahnte dringend, nicht Umstände herbeizuführen, „unter denen etwas geschehen müsse, was nicht ausdrücklich in der Verfassung geschrieben sei."

23. September. Das Abgeordnetenhaus lehnt die ge= sammten Ausgaben der Reorganisation für 1862 auch im Ertraordinarium ab.

An demselben Tage erfolgt die Berufung des Herrn von Bismarck.

Vertagung des Abgeordnetenhauses bis zum 29. September.

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