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1847.

haben, und daß jeder Staat, wenn er seine Dauer gesichert sehen, wenn er die Berechtigung zur Existenz nur nachweisen will, sobald sie bestritten wird, auf religiöser Grundlage sich befinden muß. Für mich sind die Worte: „Von Gottes Gnaden“, welche christliche Herrscher ihrem Namen beifügen, kein leerer Schall, sondern ich sehe darin das Bekenntniß, daß die Fürsten das Scepter, was ihnen Gott verliehen hat, nach Gottes Willen auf Erden führen wollen. Als Gottes Wille kann ich aber nur erkennen, was in den christlichen Evangelien offenbart worden ist, und ich glaube, in meinem Rechte zu sein, wenn ich einen solchen Staat einen christlichen nenne, welcher sich die Aufgabe gestellt hat, die Lehre des Christenthums zu realisiren, zu verwirklichen. Daß dies unserem Staate nicht in allen Beziehungen gelingt, das hat gestern der geehrte Abgeordnete aus der Grafschaft Mark in einer mehr scharfsinnigen, als meinem religiösen Gefühle wohlthuenden Parallele zwischen den Wahrheiten des Evangeliums und den Paragraphen des Landrechts dargethan. Wenn indeß auch die Lösung nicht immer gelingt, so glaube ich doch, die Realisirung der christlichen Lehre sei der Zweck des Staates; daß wir aber mit Hülfe der Juden diesem Zwecke näher kommen sollten als bisher, kann ich nicht glaubeu. Erkennt man die religiöse Grundlage des Staates überhaupt an, so, glaube ich, kann diese Grundlage bei uns nur das Christenthum sein. Entziehen wir diese religiöse Grundlage dem Staate, so behalten wir als Staat nichts als ein zufälliges Aggregat von Rechten, eine Art Bollwerk gegen den Krieg Aller gegen Alle, welchen die ältere Philosophie aufgestellt hat. Seine Gesetzgebung wird sich dann nicht mehr aus dem Urquell der ewigen Wahrheit regeneriren, sondern aus den vagen und wandelbaren Begriffen von Humanität, wie sie sich gerade in den Köpfen derjenigen, welche an der Spite stehen, gestalten. Wie man in solchen Staaten den Ideen, z. B. der Kommunisten über die Immoralität des Eigenthums, über den hohen sittlichen Werth des Diebstahls, als eines Versuchs, die angeborenen Rechte der Menschen herzustellen, das Recht, sich geltend zu machen, bestreiten will, wenn sie die Kraft dazu in sich fühlen, ist mir nicht klar; denn auch diese Ideen werden von ihren Trägern für human gehalten und zwar als die rechte Blüthe der Humanität angesehen. Deshalb, meine Herren, schmälern wir dem Volke nicht sein Christenthum, indem wir ihm zeigen, daß es für seine Gesetzgeber nicht erforderlich sei; nehmen wir ihm nicht den Glauben, daß unsere Gefeßgebung aus der Quelle des Christenthums schöpfe, und daß der Staat die Realisirung des Christenthums bezwecke; wenn er auch diesen Zweck nicht immer erreicht.

3. Nach den Märztagen 1848.

Die Stellung der Royalisten zur neuen Lage.

1848. 2. April. Aeußerung bei der Adreßdebatte im Zweiten Vereinigten Landtage.

Ich bin einer der wenigen, welche gegen die Adresse stimmen werden und ich habe um das Wort nur deßhalb gebeten, um diese Abstimmung zu motiviren und Ihnen zu erklären, daß ich die Adresse, insoweit fie ein Programm der Zukunft ist, ohne Weiteres acceptire, aber aus dem alleinigen Grunde, weil ich mir nicht anders helfen kann, nicht freiwillig, sondern durch den Drang der Umstände getrieben, thue ich es; denn ich habe meine Ansicht seit den 6 Monaten nicht gewechselt; ich will glauben, daß dieses Ministerium das einzige ist, welches uns auch aus der gegenwärtigen Lage einem geordneten und gesetzmäßigen Zustand zuführen kann, und aus diesem Grunde werde ich demselben meine geringe Unterstüßung überall widmen, wo es nur möglich ist. Was mich aber veranlaßt, gegen die Adresse zu stimmen, sind die Aeußerungen von Freude und Dank für das, was in den leßten Tagen geschehen ist; die Vergangenheit ist begraben und ich bedauere es schmerzlicher als viele von Ihnen, daß keine menschliche Macht im Stande ist, sie wieder zu erwecken, nachdem die Krone selbst die Erde auf ihren Sarg geworfen hat. Aber wenn ich dies, durch die Gewalt der Umstände gezwungen, acceptire, so will ich doch nicht aus meiner Wirksamkeit auf dem Vereinigten Landtage mit der Lüge scheiden, daß ich für dies danken und mich freuen soll über das, was ich mindestens für einen irrthümlichen Weg halten muß. Wenn es wirklich gelingt, auf dem neuen Wege, der jest einges schlagen ist, ein einiges deutsches Vaterland, einen glücklichen oder auch nur gefeßmäßig geordneten Zustand zu erlangen, dann wird der Augenblick gekommen sein, wo ich dem Urheber der neuen Ordnung meinen Dank aussprechen kann, jest aber ist es mir nicht möglich."

1849. Februar. Wahl zum Abgeordneten der Zweiten Kammer für West-Havelland.

1849.

Wahlrede in Rathenow:

„Jeder der es aufrichtig mit dem Vaterlande meint, der muß jezt die Regierung auf dem von ihr eingeschlagenen Weg unterstüßen, um die Revolution, die uns Alle bedroht, zu bekämpfen. Sie würden vielleicht besser thun, wenn Sie Einen aus Ihrer Mitte wählten, etwa einen von den Herren Fabrikanten oder Kaufleuten, der Ihre Verhältnisse kennt und das Interesse seiner Vaterstadt besser vertreten würde, als ich es vermag. Wenn Sie einen solchen finden, der zugleich unabhängig und unparteiisch genug ist, um die Sache des Landes über jedes andere Interesse zu stellen, und dem seine Privatverhältnisse erlauben, ihr in diesem Augenblicke seine ganze Thätigkeit zu widmen, dann trete ich zurück.“

„Wenn Sie aber in der Kammer einen Vertreter wünschen, der fest entschlossen ist, die Sache des Vaterlands zu seiner eigenen zu machen, ihr mit redlichem Willen aus vollem Herzen und ganzen Kräften zu dienen, und dessen nächstes Streben darauf gerichtet sein wird, die alten Bande des Vertrauens zwischen der Krone und dem Volke wieder fester zu knüpfen, damit Geseß und Ordnung walte, der Wohlstand und das gemeinsame Interesse aller friedlichen Bürger gefördert werde, dann richten Sie Ihr Auge auf mich. Das sind meine Ansichten; wenn Sie mit mir einverstanden find, bitte ich um Ihre Stimme."

Reden in der zweiten Kammer.

21. März. Gegen die Aufhebung des Belagerungszustandes in Berlin.

"In dem Augenblick, wo die Abgeordneten des ganzen Landes versammelt sind, um über die Grundlagen unserer politischen und sozialen Zustände zu berathen, scheint es mir gar nicht von Erheblichkeit, ob die Berliner die Zeitungshalle" und die ewige Lampe" lesen oder ihre Klubs halten. Diese lokalen Bedürfnisse einiger Berliner treten ganz in den Hintergrund gegen das allgemeine Bedürfniß des Landes, daß diese Versammlung gegen jede Störung gesichert sei und jedes Mitglied seine und seiner Wähler Meinung unumwunden aussprechen könne, ohne Insulten von Seiten Andersdenkender auf der Straße ausgesezt zu sein. Eine Beeinträchtigung der Freiheit unserer Berathungen kann ich nun in dem Belagerungszustande nicht finden, es sei denn, daß man die Freiheit einzelner Fractionen darunter verstehe, ihre Ansichten durch tumultuarische Demonstrationen auf der Straße zu unterstüßen 2c. Die ungezügelte Breßfreiheit und das Versammlungsrecht ohne Kontrolle find anticipirte Bruchstücke eines zukünftigen Rechtszustandes, Bruchstücke, welche, wo ihnen die Ergänzung durch Repressivgeseze fehlt, jede Regierung zu einem fortwährenden Kriegsfuß gegen den Aufruhr nöthigen. Wir haben im vorigen Sommer gesehen, wenn das Feuer der berliner Straßenpolitik durch den Wind der

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Plakatenpresse und der Klubs angefacht wurde, so gab es Auftritte, die zu den schmachvollsten in der preußischen Geschichte gehören und gegen welche die Geseze sich machtlos erwiesen. Ich berufe mich auf das Zeugniß der Herren von Kirchmann und Temme, welche damals als Königliche Prokuratoren, wenn ich mich nicht irre, selbst zugaben, daß die bestehenden Geseze nicht ausreichen, den Unordnungen, über welche bei ihnen geklagt wurde, zu steuern! Ich kann in Betrachtung dieser Zustände dem Minifterium nur meinen Dank aussprechen, daß es durch exceptionelle Maßregeln unsere Freiheit geschützt hat, und diesen Dank theilen unter Anderen mehrere Tausend Berliner, die Unterzeichner dieser Petition um Nichtaufhebung des Belagerungszustandes, welche ich mir erlaube, auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Sie werden daraus ersehen, daß es eine unrichtige Angabe ist: Das Volk von Berlin will die Aufhebung des Belagerungszustandes.“

Meine Herren! Der besißende Theil des Berliner Volkes, der am meisten und am schnellsten unter Störungen von Verkehr und Kredit leidet, ist in dieser Kammer, wie ich behaupte, gar nicht repräsentirt. Das haben die Berliner Wahlen zur ersten Kammer unwiderleglich bewiesen 2c. Es ist kein Ausdruck im lesten Jahre mehr gemißbraucht worden, als das Wort Volk. Jeder hat das darunter verstanden, was gerade in seinen Kram paßte; gewöhnlich einen beliebigen Haufen von Individuen, die es ihm gelungen war, für seine Ansicht zu gewinnen. Das wahre preußische Volk hat in der lezten Zeit viel Geduld gezeigt und große Leichtgläubigkeit gegen diejenigen, die sich seine Freunde nennen. Aber in der Abstimmung über die Adresse, die uns vorliegt, wird das Volk Material genug erhalten, sich darüber aufzuklären, wer zwischen ihm und seinem Frieden, wer zwischen ihm und seinem Rechte steht.“

22. März. Gegen Bewilligung einer Amnestie.

(Rebellion und Humanität).

„Die Gründe, welche mich bei dieser Frage leiten, sind folgende: Die Begnadigung oder die Amnestie, oder welchen anderen Euphemismus Sie anwenden wollen, ist ein Recht der Krone, dessen Wesen gerade in freier und freiwilliger Ausübung besteht, wenn es überhaupt ein Recht bleiben soll. Forderte die Majorität dieser Versammlung in diesem Augenblick die Amnestie von der Krone, so würde es wenig mehr als die Erfüllung einer vorläufigen Bedingung sein, wenn die Krone darauf einginge. Der zweite Grund, welcher mich bestimmt, mich gegen die Amnestie auszusprechen, ist der, daß durch die wiederholten Amnestien das Rechtsbewußtsein im Volke auf das Tiefste erschüttert wird. In welchem Grade dies selbst bei den gebildetsten Ständen bereits der Fall sei, haben die Reden zweier Abgeordneten vor mir hinreichend bewiesen, indem der eine die Vorgänge nach dem 18. März v. J. so ins Auge faßte, als sei die Obrigkeit von dem, was er Volk nennt, amnestirt worden, während es mir scheint, daß der König die Rebellen amnestirt habe. (Aufregung auf der Linken) (Rebellen!) Ja, meine Herren, Rebellen! Es wird dadurch im Volke die Meinung verbreitet, als ob das ganze Staatsrecht

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auf der Barrikade beruhe, als ob ein Jeder, dem ein Gesez mißfällt, oder der es für ungerecht hält, das Recht habe, dies Gesez als nicht vorhanden zu betrachten, als ob ein Jeder, dem es gelingt, eine hinreichende Anzahl von Individuen, bewaffnet oder unbewaffnet, zu sammeln, hinreichend eine schwache Regierung einzuschüchtern und ihr zu imponiren, oder, wenn sie sich nicht einschüchtern läßt, sie durch Barrikaden über den Haufen zu werfen, vollkommen im Rechte wäre. Mein dritter Grund, weswegen ich gegen die Amnestie bin, ist ein bei den Berathungen in den Abtheilungen bereits genannter, nämlich die Menschlichkeit. Der Brinzipienstreit, welcher in diesem Jahre Europa in seinen Grundvesten erschüttert hat, ist ein solcher, der sich nicht vermitteln läßt. Die Prinzipien beruhen auf entgegengesetzten Grundlagen, die sich von Hause aus einander ausschließen. Das eine zieht seine Rechtsquelle angeblich aus dem Volkswillen, in Wahrheit aber aus dem Faustrecht der Barrikaden. Das andere gründet sich auf eine von Gott eingesette Obrigkeit, auf eine Obrigkeit von Gottes Gnaden und sucht seine Entwickelung in der organischen Anknüpfung an den verfassungsmäßig bestehenden Rechtszustand. Dem einen dieser Prinzipe sind Aufrührer jeder Art heldenmüthige Vorkämpfer für Wahrheit, Freiheit und Recht, dem anderen sind sie Rebellen, die unter Umständen allerdings durch die Amnestie gegen den Arm der weltlichen Gerechtigkeit geschüßt werden können. Ueber diese Prinzipien wird nicht durch die parlamentarische Debatte, nicht durch Majoritäten von eilf Stimmen eine Entscheidung erfolgen können; über kurz oder lang muß der Gott, der die Schlachten lenkt, die eisernen Würfel der Entscheidung darüber werfen. (Beifall auf der Linken.) Es freut mich, meine Herren, daß Sie die Wahrheit meiner Worte anerkennen, und uns wenigstens wird dabei die Ueberzeugung bleiben, daß wir in einem Kampfe gestritten haben, dessen Preis von dem irdischen Erfolge unabhängig ist. (Beifall.) Der Soldat faßt es nicht, daß er einen und denselben Aufrührer mehrmals gefangen nehmen soll und voraussehen muß, daß derselbe sich ihm immer von neuem gegenüberstellen wird; ich fürchte also, er wird weniger Gefangene machen und die weinerliche Sentimentalität unseres Jahrhunderts, welche in jedem fanatischen Rebellen, in jedem gedungenen Barrikaden Kämpfer einen Märtyrer findet, wird mehr Blutvergießen herbeiführen, als eine strenge und entschlossene Gerechtigkeit, wenn sie von Anfang an geübt worden wäre, hätte thun können."

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10. April. Bur Ablehnung der Deutschen Kaiserkrone.

„Die Erklärung, welche wir so eben von dem Herrn MinisterPräsidenten erhalten haben, bestärkt mich um so mehr in der Absicht, für den Antrag auf Tagesordnung zu stimmen. Es ist das viertemal seit unserer zweimonatlichen Sißungszeit, daß uns zugemuthet wird, unsere Ansichten und Gefühle über eine Frage auszudrücken, welche verfassungsmäßig unserer unmittelbaren Entscheidung und Beschlußnahme für jest nicht unterliegt. Wir haben das erstemal in der Antwort auf die Thronrede über die deutsche Frage Gelegenheit gehabt, unsere Meinung zu sagen. Nachher haben uns zwei Anträge des Abgeordneten von Vince

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