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V. Abschnitt.

Friedensjahre 1868-1870.

1868.

Das Jahr 1868 verlief, da das Regiment sich schon bei Beginn desselben in seinen alten Garnisonen heimisch machen konnte, und da auch die Rekruten zu dem gewohnten Termin (4. November 1867) zur Einstellung gelangt waren, in der Weise, wie sie oben (1861) in allgemeinen Zügen geschildert worden ist; der Ausbildungsgang wurde durch keinerlei Sonderverhältnisse beeinflußt. Das FüsilierBataillon traf am 7. August in Cüftrin zum Regimentsexerziren ein, welches vom 8. bis 15. dauerte und bei welchem das Regiment auf besonderen Befehl des Königlichen Generalkommandos durch den Chef des Generalstabes des Korps, Oberst v. Voigts-Rhet, jezigen Generalinspekteur der Artillerie, geführt wurde. Das Brigadeexerziren fand vom 17. bis 21. August gleichfalls bei Cüstrin unter Generalmajor v. Schimmelmann, die Detachementsübungen unter Leitung des Oberst v. Diepenbrock-Grüter, Kommandeur der 5. Kavallerie-Brigade, zwischen Cüstrin und Neudamm statt. Zu den Divisionsübungen, welche Excellenz v. Stülpnagel leitete, und für welche der Terrainabschnitt Bärwalde-Mohrin-Königsberg N.M. bestimmt war, traf Se. Königliche Hoheit Prinz Friedrich Karl am 2. September in Königsberg N. M. ein; die Uebungen dauerten vom 29. August bis 5. September. Nach deren Beendigung traten die Bataillone den Rückmarsch in ihre Garnisonen an, in denen sie am 7. bezw. 9. September eintrafen.

Erwähnt möge hier werden, daß nach der Verordnung, betreffend die Dienstverhältnisse des Beurlaubtenstandes vom 4. Juli 1868 eine neue Kategorie von Offizieren in nähere Beziehungen zum Regiment trat, die der Reserveoffiziere des Regiments, als deren erster der

Sekondlieutenant Pescheck vom Reserve-Landwehr-Bataillon (Berlin) Nr. 35 die Nummer 48 anlegte und lange Jahre hindurch trug (cfr. Beilage 8).

1869.

Auch dieses Jahr nahm bis zum Beginn des Regimentsexerzirens einen normalen Gang, doch fand während des weiteren Verlaufs der Herbstübungen besonders das 1. Bataillon des Regiments eine Verwendung, welche zeigt, wie es auch im Frieden eine Thätigkeit giebt, die ganz besondere Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit des Soldaten stellt und Zwecken gewidmet ist, deren Bedeutung für die Erhaltung der Volkswohlfahrt nicht immer in genügender Weise gewürdigt wird.

Am 5. Auguft wurde nämlich der Ausbruch der Rinderpest konstatirt, welche durch die Einführung von Vieh aus Preußen eingeschleppt worden war, und noch an demselben Tage ergingen von der 5. Division die nöthigen Befehle zur Isolirung der infizirten Ortschaften. Schon am 6. August waren: Gernheim von der 4. Kompagnie (Hauptmann Schaer), Zicher von der 1. Kompagnie (Hauptmann Stülpner), Balz von 40 Mann der 2. Kompagnie (Lieutenant Rosérus I.) besetzt, und es folgten bis zum 10. Auguft nach Zechin und Nischen 40 Mann der 3. Kompagnie (Premierlieutenant v. Jena), nach Balz und Viet der Rest der 2. Kompagnie (Premierlieutenant Wonneberg). Diese Detachements fanden Verwendung als Posten und Patrouillen, zur dichten Absperrung der betreffenden Ortschaften, zur Beaufsichtigung der Tödtung des Viehes, der Verbrennung von Dünger, Heu und Stroh, sowie des Unterpflügens des nicht brennbaren Düngers.

Die geringe Stärke der Detachements gestattete anfangs nicht, den Mannschaften mehr als eine wachtfreie Nacht zu gewähren. Die Unterbringung derselben fand theils in den von der Seuche verschont gebliebenen Ausbauten, theils in Baracken statt; für die Posten wurden Schilderhäuser erbaut. Erst nach Eintreffen weiterer Verstärkungen 11. Kompagnie Leib - Grenadier - Regiments in Zicher, Abtheilungen des Jäger-Bataillons 3 in Zechin-Nischen, 3. Kompagnie des Regiments in Viet wurden zwei wachtfreie Nächte ermöglicht. Weiter folgten am 22. August die 9. Kompagnie zur Ablösung der 11. Kompagnie Leib-Regiments, am 28. August die 10. Kompagnie nach Baßlow und am 3. September waren nach Entlassung der

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Reserven das gesammte 1. und Füsilier-Bataillon in folgender Weise für Absperrungszwecke verwendet:

9. und 12. Kompagnie in dem Abschnitt westlich,

1., 10. und 11. Kompagnie in dem Abschnitt östlich der Zorndorfer Chaussee;

2/3 der 4. Kompagnie in Gernheim;

2., 3. und der 4. Kompagnie in Vieß und Balz.

An Stelle des 1. Bataillons war das Füsilier-Bataillon LeibRegiments zur Garnisonsverstärkung in Cüstrin beordert worden. Diesen Maßregeln war es zu danken, daß sich endlich auch ein Erfolg bemerkbar machte; am 7. September konnte der Abschnitt Viet, am 10. September Gernheim und am 14. September der Abschnitt Zicher dem allgemeinen Verkehr übergeben, und die Kompagnien in ihre Garnisonen entlassen werden.

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Während das 1. Bataillon infolge seiner Abkommandirung weder an dem bis 7. August dauernden Regiments exerziren bei Cüstrin, noch an dem Brigadeererziren bei Frankfurt a. D. — 12. bis 16. August noch auch den Detachementsübungen bei Neu-Hardenberg 19. bis 21. August unter Generalmajor v. Schimmelmann Theil nehmen konnte, fand es vom Beginn der Divisionsübungen — 23. und 24. August unter Generallieutenant v. Stülpnagel bei Seelow und Buckow ab Gefährten in Theilen des FüsilierBataillons, und doch folgten gerade jetzt Uebungen, welche noch ein besonderes Interesse bieten mußten, da vom 27. bis 30. August Manöver der 5. gegen die 6. Division zwischen Straußberg und Müncheberg, und am 31. August Korpsmanöver vor Sr. Majestät dem Könige stattfanden.

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So konnte auch nur das 2. Bataillon den Ausspruch des Königs für sich voll entgegennehmen, welcher anerkannte:

„guten Geist, Aufmerksamkeit und Ausdauer der Truppen".

1870.

Das Jahr 1870 zeigte in seinem Beginn einen ungetrübten politischen Horizont, Niemand ahnte, wie bald schwere Wetterwolken heraufziehen sollten. Kurze Zeit vor diesem Ereigniß sah das Regiment seinen hochverdienten und allgemein geliebten Kommandeur, den Oberst v. Diringshofen, scheiden, der durch Allerhöchste Kabinets-Ordre vom 12. April mit der Führung der 38. Infanterie

Brigade beauftragt worden war, in dem bisherigen Kommandeur des Jäger-Bataillons Nr. 2, Oberstlieutenant v. Garrelts einen Nachfolger erhalten und mit dem sich das Offizierkorps bis zur Trennungsstunde in jener Harmonie vereint gefühlt hatte, welche Sr. Excellenz dem Generallieutenant v. Stülpnagel bei seiner ersten Berührung mit dem Regiment entgegengetreten war.

Es mögen daher den Schluß dieses Abschnitts die Abschiedsworte bilden, die Oberst v. Diringshofen in dem Parolebefehl vom 15. April dem Regiment aussprach:

„Ich scheide von dem Regiment, an dessen Spize Dank der Tüchtigkeit und dem trefflichen Geiste des Ganzen, wie des Einzelnen, mir jederzeit nur Freude, Ehre, Glück und wohlthuende Begegnung zu Theil geworden ist.

Kameraden! Wir haben so manchen Ehren- und Freudentag des Regiments, so manche ernste und frohe Stunde miteinander durchlebt! Das knüpft feste Bande, die auch Zeit und Trennung überdauern, und die mich stets nur mit wärmster Dankbarkeit und mit den aufrichtigsten Wünschen für das Wohl des mir so werth und theuer gewordenen Regiments, an jeden Einzelnen in demselben zurückdenken lassen werden."

Gesch. d. 5. Brandenburg. Inf. Regts. Nr. 48.

1337

VI. Abschnitt.

Der Feldzug gegen Frankreich 1870/71.

1. An den Rhein.

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Es war ein eigenthümliches Spiel des Zufalls, daß gerade an dem Gedenktage der Schlacht von Königgrät, am 3. Juli 1870, der seit 1866 französischerseits immer wiederholte Ruf „Rache für Sadowa“ anfing, eine lebhaftere Färbung dadurch anzunehmen, daß der französische Geschäftsträger Le Sourd im auswärtigen Amt in Berlin den ungünstigen Eindruck schilderte, den die Kandidatur eines Hohenzollern-Prinzen für den spanischen Königsthron in Paris hervorgerufen habe. Diesem ersten Schritte schlossen sich in rascher Folge an: die Rede des Herzogs v. Grammont vom 5. Juli, welche die Volksleidenschaften zum Kriege erregte und anfachte der Artikel des „Pays" vom 8. Juli, welcher dieselben zu voller Lohe entzündete die Zumuthungen, welche an Se. Majestät den König zu wiederholten Malen gestellt wurden, um Ihn zu einem Akte zu veranlassen, dessen demüthigende Tendenz kaum stärker gedacht werden konnte ferner am 14. Juli die Einberufung der Reserven und Forderung eines Kriegskredits und endlich am 19. Juli die Kriegserklärung. Dies sind in kurzen Zügen die Momente, welche dem französischen Nationalcharakter genügten, um den blutigsten Krieg der Neuzeit herbeizuführen und dem preußischerseits nichts weiter gegenüberstand, als die einfache Ablehnung jener erwähnten demüthigenden Zumuthung.

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War es zum Kriege gegen Dänemark nur nöthig gewesen, einen Bruchtheil der preußischen Armee mobil zu machen, hatten die Ver

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