Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

Jährlich 26 Hefte in Quart. Abonnementspreis vierteljährlich 6 M., direkt franko unter Kreuzband für Deutschland und Oesterreich-Ungarn 6 M. 65 Pf., für das Ausland 7 M. 30 Pf.

HEFT 19 BAND 330.

Redaktionelle Sendungen sind zu richten an die Schriftleitung, Berlin W 66,
Mauerstr. 80, die Expedition betreffende Schreiben an Richard Dietze,
Verlagsbuchhandlung, Berlin W 66.

BERLIN, 18. SEPTEMBER 1915.

96. JAHRGANG

Zeichnet die dritte Kriegsanleihe!

Abermals ergeht an das gesamte deutsche Volk die Aufforderung: Schafft die Mittel herbei, deren das Vaterland zur weiteren Kriegführung notwendig bedarf! Seit mehr als Jahresfrist steht Deutschland einer Welt von Feinden gegenüber, die ihm an Zahl weit überlegen sind und sich seine Vernichtung zum Ziel gesetzt haben. Gewaltige Waffentaten unseres Heeres und unserer Flotte, großartige wirtschaftliche Leistungen kennzeichnen das abgelaufene Kriegsjahr und geben Gewähr für einen günstigen Ausgang des Weltkrieges, den in Deutschland niemand gewünscht hat, auf dessen Entfesselung die Politik unserer heutigen Gegner seit Jahren. zielbewußt hingearbeitet hat. Aber noch liegt Schweres vor uns, noch gilt es, alles einzusetzen, weil alles auf dem Spiele steht. Täglich und stündlich wagen unsere Brüder und Söhne draußen im Felde ihr Leben im Kampfe für das Vaterland. Jetzt sollen die Daheimgebliebenen neue Geldmittel herbeischaffen, damit unsere Helden draußen mit den zum Leben und Kämpfen notwendigen Dingen ausgestattet werden können. Ehrensache ist es für jeden, dem Vaterlande in dieser großen, über die Zukunft des deutschen Volkes entscheidenden Zeit mit allen Kräften zu dienen und zu helfen. Und wer dem Rufe Folge leistet und die Kriegsanleihe zeichnet, bringt nicht einmal ein Opfer, sondern wahrt zugleich sein eigenes Interesse, indem er Wertpapiere von hervorragender Sicherheit und glänzender Verzinsung erwirbt. Darum zeichnet die Kriegsanleihe! Zeichnet selbst und helft die Gleichgültigen aufrütteln! Auf jede, auch die kleinste Zeichnung kommt es an. Jeder muß nach seinem besten Können und Vermögen dazu beitragen, daß das große Werk gelingt. Von den beiden ersten Kriegsanleihen hat man mit Recht gesagt, daß sie gewonnene Schlachten. bedeuten. Auch das Ergebnis der laut heutiger Bekanntmachung des Reichsbank-Direktoriums zur Zeichnung aufgelegten dritten Kriegsanleihe muß sich wieder zu einem großen entscheidenden Siege gestalten!

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small]

Die Bedeutung der Technik für die Ausnutzung der inneren Linie.

Von Dipl.-Ing. Paul Béjeuhr in Charlottenburg.

Die innere Linie ist einer jener Begriffe, die, obgleich keineswegs neu, doch ganz plötzlich Allgemeingut, wenn auch etwas unklares Allgemeingut, geworden sind. Man faßt hierunter die Möglichkeiten zusammen, mit einem konzentrierten Heer auf kürzerem Wege schneller gegen einzelne Teile des umschließenden Gegners vorzugehen, als dieser seine Einzeltruppen an der gefährdeten Stelle zusammenzufassen vermag, so daß ein verhältnismäßig kleines konzentriertes Heer auf diese Weise erfolgreich gegen einen weit auseinandergezogenen stärkeren Gegner vorgehen kann. Vorbedingung für den Erfolg sind einerseits außerordentlich schnelle Truppenverschiebungen, andererseits Geheimhaltung bzw. Verschleierung

378

des plötzlichen Aufmarsches. Daß beide Vorbedingungen erst durch den heutigen Stand der Technik in vollem Umfange zu erfüllen sind, möge kurz erörtert werden.

Die hohe militärische Bedeutung eines weitverzweigten Eisenbahnnetzes war schon vor diesem Weltkrieg allgemein anerkannt, was einen systematischen Ausbau auch mit Rücksicht auf militärische Interessen bereits in Friedenszeiten zur Folge hatte. Auch mit der Möglichkeit des Befahrens anderer als normalspuriger Bahnen war gerechnet worden und diesem Umstand durch entsprechende Laufachsen mit besonderer Spurweite bzw. durch genügende Materialvorräte für den sofortigen provisorischen Bau einer dritten Schiene in der normalen Spur Rech

nung getragen. Anders stand es mit den modernen Verkehrsmitteln, den Kraftwagen und den Flugzeugen. Ueber ihre Verwendung im Kriege lagen bisher so gut wie gar keine Erfahrungen vor, so daß man gänzlich auf die Rückschlüsse aus den Manöverergebnissen angewiesen

Vorsichtigerweise wurde den Kraftwagen zunächst nur ein beschränkter Wirkungsbereich zugewiesen. Sie sollten den Verkehr zwischen den letzten Eisenbahnetappen bis etwa 10 bis 12 km hinter der Front vermitteln, von wo aus Pferdewagen die Lasten bis unmittelbar an die Feuerlinie leiten sollten. Dieses Programm wurde sehr bald umgestoßen. Einmal zog die Kavallerie zur Ergänzung ihrer Verluste alles einigermaßen verwendbare Pferdematerial zusammen, so daß die Nachschubkolonnen entblößt wurden, dann aber zeigte sich der Kraftwagen in so überraschender Weise den schlechtesten Bodenverhältnissen gewachsen, daß man ihm den ganzen Zwischentransport zwischen Bahnstation und Frontlinie übertrug, wodurch außer anderen Vorteilen noch eine große Zeitersparnis erreicht wurde durch Fortfall des Umladens. Allerdings ging diese Umwandlung nicht so ganz glatt vor sich, wie hier angegeben, sondern sie verlangte vom Kraftwagen eine gewisse Anpassung an die erhöhten. Forderungen. Zuerst der Not gehorchend, mußten die lediglich für Chausseen und Feldstraßen bestimmten Kraftwagen plötzlich über Nacht querfeldein auf unwegsamem Gelände bis an die Schützengräben vordringen, sie wurden dem Vorpostenfeuer ausgesetzt, gerieten auch wohl ins Granatfeuer; weiter hatte man sich vielleicht nicht streng an die zulässige Belastungsgrenze gehalten - kurz fast sämtliche Wagen erwiesen sich als zu schwach, ihre Federung war zu weich, so daß die Industrie mit Hochdruck an die Aenderungen herangehen mußte. Weiter kam es häufig vor, daß beim eiligen Vormarsch der Kolonnen plötzlich ein Gebiet erreicht wurde, auf welchem Freund und Feind noch um die Besitzentscheidung rangen. Da galt es schnell zu wenden und hinter die eigene Linie zurückzugehen. Bestand nun die Kolonne aus Zügen mit Anhängern, so war es selbst bei schmalen. Straßen mit Seitengräben oder in Einschnitten wohl größtenteils möglich, den Kraftwagen zu wenden; den schwerbeladenen Anhänger mußte man aber in vielen Fällen zurücklassen, weil das Drehen ausgeschlossen war.

Vergegenwärtigt man sich, daß zur Beförderung eines kriegsstarken Armeekorps etwa 90 volle Militärzüge nötig sind, so kann man die Größe der Leistung ermessen, die häufig dadurch aufgestellt wurde, daß in einer Nacht, d. h. in den wenigen Stunden der Dunkelheit 50000 Mann mit allen modernen Transportmitteln bis zu 70 km weit von einem Platz zum anderen verschoben wurden. Denkt man ferner an das große Netz staatsfiskalischer Bahnen hinter der Front (von Maas bis Weichsel reichlich 25 unabhängige Linien), so ergibt sich daraus die Nichtigkeit feindlicher Prophezeiungen, die so gern darauf hinweisen, daß den vordringenden Deutschen ein neues ,,1812" bereitet wird.

Schon aus diesen Zahlen erhellt die Wichtigkeit des Kraftwagens für den modernen Heerführer, der tatsächlich

mit seinen Truppen wie die Kugel zwischen die Kegel des umstellenden Gegners fahren kann. So wird denn auch die Zahl der deutscherseits im Feld befindlichen Kraftwagen auf 60 000 geschätzt, auf 60 000 geschätzt, denen Frankreich 70000, England auf dem Kontinent etwa 20000 entgegenstellt, wobei aber zu berücksichtigen ist, daß unter den feindlichen Wagen mindestens 50000 von Privatleuten beschlagnahmte sich befinden, (allein 1100 Pariser Auto-Omnibusse!) für die die obigen Beanstandungen zutreffen, während ein großer Teil der deutschen Wagen schon unter Berücksichtigung dieser Punkte wesentlich verstärkt worden ist.

Derart gewaltige Truppenverschiebungen bedingen weiter die sofortige Nachsendung von Munition und Proviant, so daß die Verkehrsmittel nach Bewältigung des Menschentransports noch die gleiche Leistung für den Nachschub von Munition und Proviant aufzubringen haben. Das bedeutet aber nichts anderes, als daß sämtliche Hinund Rücktransportstraßen dauernd stark belastet werden, was der feindlichen Aufklärung sofort auffallen muß. Ein Erfolg des Aufmarsches ist aber nur zu erwarten, wenn dieser völlig geheim bleibt, so daß der Angriff mit überraschender Heftigkeit erfolgen kann. Folglich muß der Aufmarsch unbedingt verschleiert werden, und hier setzt als wirkungsvolle Ergänzung der Kavallerie die Tätigkeit der Flieger ein. Die Verschleierung erfolgt einerseits durch scheinbar umfangreiche Transporte nach Scheinstellungen, an deren Sichtweiten man die feindlichen Aufklärer heranlockt, und ebenso bestimmtes Fernhalten des Gegners vom eigentlichen Aufmarschgebiet. Während dies auf der Erde durch ablenkende Scharmützel der Kavallerie und durch langsam sich verschiebende Geplänkel weit hinausgeschobener Vorposten erreicht wird, fällt unseren Flugzeugen die Doppelaufgabe zu, durch ständige Erkundung über dem Feind den Aufmarsch vor einer feindlichen Ueberraschung zu schützen und außerdem die gegnerischen Flugzeuge von dem Aufmarschgebiet fernzuhalten. Für ersteren Zweck reichen die an dieser Stelle bereits mehrfach besprochenen Erkundungsflugzeuge aus, letztere Aufgabe kann mit Aussicht auf Erfolg nur gelöst werden, wenn die Flugzeuge so armiert sind, daß sie den Kampf mit dem Gegner aufnehmen können, und wenn ihre Geschwindigkeit eine derart dem. Feind überlegene ist, daß sie dem Gegner seinen Weg vorschreiben können. Daß unsere Industrie in der Lage ist, Luftfahrzeuge zu bauen, die durchaus beide Bedingungen erfüllen, wissen wir; daß sie trotz aller Anstrengungen der Feinde und trotz der Riesenlieferungen des neutralen Auslandes an unsere Feinde den Anforderungen der Heeresverwaltung weitaus schneller zu genügen vermag als irgend einer unserer Gegner, darauf dürfen wir getrost vertrauen; daß aber bei uns hinter den zahllosen Maschinen, die nun nach allgemeiner Ansicht den Krieg entscheiden werden, keine Maschinenmenschen stehen, sondern Geistesmenschen alter deutscher Kultur, einzig beseelt vom Willen zum Sieg das allein ist der Grund unserer Ueberlegenheit!

Anschluß der Formate an das metrische Maßsystem.

Von W. Porstmann in Großbothen i. Sa.

Inhaltsübersicht.

Es werden allgemeine Betrachtungen über Normensysteme angestellt, auf Grund deren dann der Anschluß der Formate an das Metersystem erörtert wird unter Berücksichtigung der Kritik von W. Speiser in D. p. J Bd. 330 S. 271 „Ueber die Weltformate".

Unter den von Wilhelm Ostwald zusammengefaßten Sätzen zur Begründung einer einheitlichen eindeutigen Formatreihe ist ein Satz, der den Anschluß der Formate an das metrische Maßsystem fordert. Damit hat Ostwald den schöpferischen Gedanken ausgedrückt, daß die Aufstellung von Formatnormen in einer ähnlich exakten, wissenschaftlichen Weise zu behandeln ist, wie alle anderen Normbestimmungen in der Physik und Chemie, und daß geradezu die Formattypen unter die wissenschaftlichen Normen wie die Maße für Gewichte, Räume, Flächen, Längen.

Abb. 1.

Eine Formatreihe, die durch fortgesetztes Halbieren eines Quadrates als Ausgangsformat gewonnen ist. Die Reihe zerfällt in zwei Teilreihen, von denen die cine lauter Quadrate, die andere lauter Doppelquadrate enthält.

Arbeiten, Bewegungen usw. einzureihen sind. Von diesem Standpunkt aus behandelt er denn auch überall, WO er über „Einheiten" in irgend einer Beziehung spricht und schreibt, seine Weltformate als solche Normen gerade so wie die anderen Einheiten.1) Bevor aber diese Einordnung der Formatnormen in den allgemeinen Bestand der Wissenschaft erfolgt, ist das neue Problem erst allseitig zu prüfen und zu erörtern. Hierzu soll im folgenden ein Beitrag geliefert werden. Es ergeben sich bei diesen Betrachtungen zwei Teile: einmal die für den vorliegenden Fall notwendigen allgemeinen Erörterungen über das metrische Maßsystem und dann die über die Frage, in welcher Weise die neue Norm anzuschließen ist.

Als man daran ging, die Längenmaße zu normieren, die sich in einer ähnlichen Wildheit befanden, wie gegenwärtig noch die Formate, handelte es sich darum, ein einziges Ausgangsmaß zur allgemeinen Anerkennung zu bringen. War dies gelungen, so machte dessen weitere Behandlung keinerlei Schwierigkeiten; denn hinsichtlich der Ober- und Unterteilungen des Einheitsmaßes war das Dezimalsystem die stillschweigende Voraussetzung. Wäre seinerzeit das Dezimalsystem noch nicht allgemein angenommen und etwa das Zwölfer- oder andere Systeme noch in Anwendung gewesen, so wäre außer der Wahl

1) Vgl. u. a. Théorie des Unités par Wilhelm Ostwald, La Vie Internationale, 1913, fasc. 16 t IV, p. 113–163.

einer Einheitsnorm auch noch die Wahl des Systems vorzunehmen gewesen, nach dem die größeren und kleineren Längenmaße aus der Einheitslänge zu bilden waren. Wir können demnach bei einem System von Normen ganz allgemein zwei grundsätzlich verschiedene Teile feststellen: Erstens die Aufstellung der Einheitsnorm und zweitens den systematischen Zusammenhang der verschiedenen Normen desselben Bereiches mit der Einheitsnorm. Meter und Dezimalsystem sind diese beiden Teile für das gesamte System der Längenmaße. Für die Flächenmaße befaßt sich der erste Teil mit der Gewinnung einer Einheitsfläche, der zweite benutzt das Dezimalsystem in ganz bestimmter Weise zur Herstellung von größeren und kleineren Flächenmaßen aus der Einheitsfläche. Aufstellung einer Raumeinheit und Ableitung eines Systems von Raummaßen daraus sind die beiden Teile für das Raummaẞsystem usw.

Welches sind nun diese beiden Teile für die Formatnormen? Zusammenhang und Gestaltung der sämtlichen Formate der Formatreihe werden definiert durch die beiden Sätze: „Die Flachformate werden durch fortgesetztes Halbieren oder Verdoppeln eines Ausgangsformates gewonnen“ und „alle Formate sollen einander geometrisch ähnlich sein". (Diese zwei Sätze lassen sich, wie hier nebenbei bemerkt sei, mathematisch zusammenfassen in die Forderung, daß sowohl die beiden Seiten jedes einzelnen der rechteckigen Flachformate, wie auch entsprechende Linien benachbarter Formate der Reihe sich wie 12 verhalten.) Beide Sätze spielen bezüglich der Formattypen dieselbe Rolle wie z. B. das Dezimalsystem bezüglich der Längenmaße. Abb. 1 und 2 veranschaulichen diese Verhältnisse. Der dritte Satz, der

für die Formatreihe den Anschluß an das metrische Maßsystem fordert, ist die Grundlage zur Gewinnung eines

Abb. 2.

Bei bestimmten Ausgangsformaten fällt die in Abb. 1 gekennzeichnete Zwiespältigkeit weg, es entsteht bei fortgesetzter Halbierung eine harmonische Reihe von lauter geometrisch ähnlichen Rechtecken. Es verhalten sich die beiden Seiten des Ausgangsformates wie 1: V2, also wie Kathete zu Hypotenuse eines gleichschenkligen, rechtwinkligen Dreiecks.

ganz bestimmten Ausgangsformates. Er stellt also den ersten der beiden Teile dar, die bei der Bildung eines ganzen Systems von Typen zu erledigen sind.

In einem jeden Normensystem gibt der praktische Umgang mit den herkömmlichen, noch wenig oder nicht systematisierten Normen durchgängig Anhaltspunkte, wie

bei einer etwaigen Systematisierung die einzelnen Normen derselben Art, also etwa die verschiedenen notwendigen Größen der Längenmaße, oder die großen und kleinen Flächenmaße, oder die verschieden großen Formattypen miteinander zu verbinden und von einer einzigen Type abhängig zu machen sind, wie also der von uns erkannte zweite Teil jeder Normierung zu erledigen ist. Auch für den ersten Teil ergibt die Praxis vielfach Anhaltspunkte, insbesondere bei den komplizierteren Normen. Es ist nämlich die festzulegende Einheit jedesmal ein ganz spezielles Ding der betreffenden Dinggruppe, für die ein Normensystem aufgestellt werden soll, und die qualitative Beschaffenheit dieser Einheit wird durchgängig von der Praxis bestimmt. Eine letzte quantitative Festlegung dagegen bleibt immer willkürlich. So ist die Flächeneinheit auf jeden Fall wieder eine Fläche. Die Praxis legt hinsichtlich der Form dieser Einheitsfläche das Quadrat nahe. Welches Quadrat nun aber zu nehmen ist, bleibt eine willkürliche quantitative Bestimmung. Als Raumeinheit muß ein bestimmter Raum dienen, die Form dieses Raumes ist praktisch am besten ein Würfel. Welcher Würfel aber gewählt wird, bleibt von der Praxis aus eine Willkür. Das Ausgangsformat für die Formatnormen muß auf jeden Fall eine Fläche mit der Seitenbeziehung 1/2 sein. Wie groß diese aber gewählt wird, ist eine Willkür.

Bei jeder Normierung bleibt also, um zu wiederholen, letztenendes noch eine quantitative Größe willkürlich zu bestimmen. So viel Normenarten wir haben, so viel derartige quantitative Freiheiten bleiben wählbar. Zur Beseitigung dieser „Zersplitterungsstelle" in den Vereinheitlichungsbestrebungen hat sich instinktiv die Befolgung eines ganz bestimmten Prinzips eingestellt, des Prinzips vom Anschluß der betreffenden Normengruppe an das metrische Maßsystem. Durch dieses Prinzip wird die letzte Freiheit für jedes Normensystem beseitigt. Alle die vielen quantitativen Willküren werden auf eine einzige beschränkt, nämlich auf die Bestimmung der Längeneinheit. Diese ist und bleibt eine willkürlich bestimmte Länge. Durch sie sucht man aber, wenn nur irgend möglich, alle übrigen Normen von Willkür zu befreien. Für die Flächen wird dies erreicht, indem man als Flächennorm das Quadrat mit der Längennorm als Kantenlänge festlegt, durch das Quadratzentimeter (Quadratmeter) sind dann Flächen ein für allemal dem Metermaße angeschlossen. Durch den Würfel mit der Längennorm als Kante erhalten wir ein für allemal den Anschluß der Räume. So wird das Gramm, das Erg, die Einheit der Geschwindigkeit, der Beschleunigung usw. usw. ge

wonnen.

Alle diese durch den Einfluß jenes Prinzips zusammengeschweißten Einzelsysteme bilden in ihrer Gesamtheit das metrische System. Es gehören also nicht allein die Längen-, Flächen- und Raummaße dazu, sondern letztenendes alle darauf bezogenen Maßsysteme.

In welcher Weise sind nun die Formatflächen dem metrischen System anzuschließen? Die folgerichtige Antwort auf diese Frage lautet: Die Flächen sind dem metrischen System bereits angeschlossen, insofern als das

Metermaß in der Definition der Flächeneinheit verwendet wird, wenn also neue Flächenarten dem metrischen System untergestellt werden sollen, so sind sie in erster Linie auf die bereits allgemein angenommene Flächeneinheit zu beziehen, damit sind sie sekundär ohne weiteres auch dem Metermaß untergeordnet. Die Einheit für die Flachformatreihe ist demnach auf die Einheit des Flächenmaßsystems zu beziehen. Als dritter Grundsatz zur Definition der wissenschaftlich zu begründenden Formatreihe ist zu nehmen: Das Ausgangsformat der Reihe soll der Fläche nach gleich einem Quadratzentimeter sein. Mit Hilfe der oben erwähnten zwei Sätze für die Festlegung der Be

[blocks in formation]

ziehungen der Formatnormen untereinander läßt sich dann die Reihe der metrischen Flachformate in folgender Tabelle (s. S. 365) aufstellen. Zum Vergleich sind die Weltformate mit angeführt, und Abb. 3 gibt den geometrischen Zusammenhang beider Reihen wieder.

Diese Begründung der metrischen Flachformate is nun in D. p. J. Bd. 330 S. 271 von W. Speiser einer Kritik unterzogen worden. Wir wollen die dagegen aufgestellten Gründe Punkt für Punkt untersuchen.

„Die praktische Verwendbarkeit der Formatreihe darf nicht außer acht gelassen werden". In welcher Weise soll die Praxis die Definition der Formatnormen noch beeinflussen? Die Praxis hat ja die ganze Normierung erst verursacht. Denn der Gedanke einer Formatreform überhaupt ist das Ergebnis der Praxis. Halbierungssatz ist auf rein praktisch-technischen Bedürfnissen aufgebaut. Demgegenüber beruht die Forderung der geometrischen Aehnlichkeit auf ästhetisch - künstlerischen Bedürfnissen. Wenn sich schließlich auch ein praktischer Grund zur Bestimmung der letzten quanti

Der

tativen Willkür im Ausgangsformat angeben läßt, dann wird er willkommen sein; es muß aber dann der Satz vom Anschluß ans metrische System aufgegeben werden. Wenn gesagt wird, die metrische Formatreihe hat für den und den bestimmten praktischen Zweck kein besonders günstiges Format, wofür die konkurrierenden Weltformate besser passen, dann läßt sich eben so sicher ein Zweck dagegenhalten, für den jene günstiger liegen als diese. Außerdem ist dann die Frage ins Auge zu fassen, ob etwa der betreffende Zweck als praktischer Ausgangspunkt zur Begründung einer Reihe an Stelle des Anschlusses an das metrische System zu wählen ist.

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]

„Die Ostwald sche Lösung (Weltformate) mittels des Zentimeters ist mindestens gleichberechtigt." Der dritte Grundsatz heißt nämlich bei den Weltformaten: Es soll eine Seite des Ausgangsformats gleich 1 cm sein. Da ist zunächst zu erörtern, ob dieser Satz eine willkürliche Festsetzung oder der Anschluß an das metrische Maßsystem sein soll. Im ersteren Falle ist dann der Anspruch auf den wissenschaftlichen Anschluß aufzugeben. Im zweiten Falle ist zu prüfen, ob mittels des Zentimeters Formatflächen dem metrischen System in wissenschaftlicher Weise angeschlossen werden können. Wenn das Zentimeter in der Definition der Formate vorkommt, so ist damit noch nicht verbürgt, daß das Prinzip vom Anschluß an das metrische System durchgeführt ist, sondern es kann auch nur ein äußerer loser Zusammenhang mit dem System so erreicht sein. Um zu wiederholen, die Formate sind Flächen, und wir besitzen bereits ein wohl definiertes Flächenmaßsystem. Unsere Formatflächen haben wir in erster Linie mit unserer Flächeneinheit in Einklang zu bringen, damit ist der Anschluß an das metrische Maßsystem und mittelbar auch ein Zusammenhang mit der Längeneinheit herbeigeführt. Warum soll ferner gerade eine Seite gleich 1 cm sein? Etwa aus demselben Grunde weil die Flächeneinheit ein Quadrat ist, von dem auch zum Zwecke des Anschlusses die

[ocr errors]

Seite gleich 1 cm ist? Warum wird dann für die Formate die Flächeneinheit übersprungen? Hierfür läßt sich schlechterdings keine haltbare Begründung bringen. Weltformate und metrische Formate sind daher wissenschaftlich durchaus nicht gleichberechtigt (daß sie praktisch gleichwertige Vorteile und Nachteile haben, tut hier nichts zur Sache). Die unendlich vielen Linien, die im Ausgangsformat zum Zwecke des Anschlusses gleich 1 cm gemacht werden können, werden durch die Zugrundelegung der Fläche zum Anschluß in idealer Weise organisatorisch zusammengefaßt. Daß eine Seite von den vielen Linien eine besonders in die Augen springende ist die Diagonale ist das auch. Daß wir mit unsern gewöhnlichen Hilfsmitteln die Fläche nicht unmittelbar nach Quadratzentimetern messen können, sondern die Seiten erst nach Zentimetern messen müssen“, ist erst eine Folge des schon erfolgten Anschlusses der Flächen an das Metermaß. Naturgemäß muß jede Linie auf einer Fläche eben mit dem Längenmaß gemessen werden. Dem Flächenmaßsystem liegt aber grundsätzlich nicht eine Linie, sondern eine Fläche zugrunde. Es ist gerade ein von Ostwald vertretener Standpunkt, daß, wie auch oben eingehend erläutert ist, einer bestimmten Gruppe von Normen stets ein Ding derselben Gruppe als Einheit zugrunde gelegt sein muß, daß also für den Begriff der Flächennormierung z. B. die Flächeneinheit das primäre Element ist, während die Linie erst durch das Prinzip vom Anschluß an das Längenmaßsystem hineingekommen ist, also eine sekundäre Rolle spielt. Das Verhältnis ist demnach gerade umgekehrt, wie es von Speiser aus praktischen Gründen abgeleitet ist.

Alle diese Punkte treten also der Formatreform hindernd in den Weg, wenn der „Anschluß an das Metersystem" durch das Zentimeter bewirkt werden soll. Je exakter die Grundlegung ist, desto sicherer wird einem System die Zukunft. Jemand, der sich bisher noch nicht mit der Formatreform beschäftigt hat, wird bei objektiver Beurteilung der Sachlage ohne weiteres zugeben, daß sich gegen die Grundlagen der metrischen Formate nicht die mindesten Zweifel aufdrängen, während die Grundlagen der Weltformate durch allerlei anfechtbare Gründe verteidigt werden müssen.

,,In durchaus logischer Verfolgung seines Gedankenganges kommt Porstmann dann zu einer sehr interessanten Bestimmung der Einheit für Raumformate". Hier gibt also Speiser den Wert der „Konsequenz“ zu. Die Begründung der Einheit für Raumrechtecke enthält notwendigerweise bei den Weltformaten wieder dieselbe Willkür, insofern die Höhe gleich 1 Zentimeter gemacht wird. Dagegen wird hier auf Grund der Prinzipien des metrischen Systems folgerichtig definiert: Die Raumformate sind in erster Linie Räume, also wird der Anschluß an das metrische System gewonnen, indem wir die Raumformatnorm gleich der metrischen Raumnorm, dem Kubikzentimeter machen, so erhalten wir das metrische Raumformat 0 mit den Seiten 0,84X1,19X1. Wie sich auf Grund dieser Raumnorm nun das System der Raumformate aufzubauen hat, ist erst noch endgiltig zu erörtern. Der

« ZurückWeiter »