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Selbstverständlich beeinflußt die Terraingestaltung die tatsächliche Ausnützung der möglichen Schußweite durch die Artillerie; doch ist zu beachten, daß beim indirekten Schießen die Beobachtung des Zieles, welche zur Feuerleitung genügt, auch durch einen weit von den Geschützen entfernten Beobachter erfolgen kann.

Worauf hätten nun diese Patrouillen, wenn sie ihren Zweck erreichen sollen, ihre besondere Aufmerksamkeit zu richten? Offenbar auf die vom Feinde herführenden Wege, da die gegnerische Artillerie dieselben auf weiteren Entfernungen zweifellos zum Vorwärtskommen benützen wird.

Wir hätten also ad 1.) auf den innerhalb des Marschraumes einer Division vom Feinde heranführenden Wegen Nachrichtenpatrouillen auf etwa 15 km vor die eigene Infanterie vorzutreiben und ständig auf dieser Entfernung vor der Division zu erhalten. - Dies letztere ist von großer Wichtigkeit.

Diese Patrouillen, welche die Sicherung der folgenden Division vor Überraschungen durch feindliche Artillerie besorgen, dürften aber in den meisten Fällen auch dem dringendesten Nachrichtenbedürfnis einer Truppen division im Verbande überhaupt entsprechen. Wenn der Divisionär, bei der Vorhutreserve reitend, die erste Meldung über den Feind in einem Momente erhält, wo dieser noch 6 km von der eigenen Vorhutreserve, somit ca. 10 km von der Tete der eigenen Haupttruppe entfernt ist, wenn sonach, beiderseits Fortsetzung der Bewegung vorausgesetzt, bis zum Zusammenstoße der Teten noch etwa 1 Stunde vergeht, so hat er genügend Zeit, seinen Entschluß zu fassen, seine Befehle zu geben, und die für den eventuellen Kampf nötige Gruppenbildung einzuleiten.

Wie es nun mit dem gegenseitigen Verhältnisse zwischen Patrouillen und Division während des Marsches aussieht, zeigt Figur 2. Es ist nicht schwer einzurichten, daß diese Patrouillen den Abstand von ca. 15 km von der Division während des Marsches beiläufig einhalten; man braucht ihnen bloß den Ort der langen Rast und den Wiederaufbruch aus derselben (letzterer gleichzeitig mit jenem der Division) anzubefehlen. Die Fig. 2 zeigt, daß sich infolge der verschiedenen Marschgeschwindigkeiten dieser Abstand zeitweise vergrößert, aber nie unter das erwünschte Maß sinkt, dann daß die Patrouillen ohne Beeinträchtigung ihrer Tätigkeit ausgiebig (zirka 3 Stunden) rasten können, daß demnach eine übermäßige Beanspruchung dieser Abteilungen nicht stattfindet.

Nun wird aber begreiflicherweise gefragt werden: Warum sendet. denn der Divisionär diese Patrouillen nicht gleich bis an den Feind? Warum hält er dieselben durch Einschaltung einer sehr langen viel

leicht übermäßig langen Rast auf einer gewissen, nicht zu überschreitenden Distanz vor seinen Truppen fest?

So wichtig es für den Divisionär ist, zu wissen, wo sich der Feind befindet, ebenso wichtig ist es für ihn, festzustellen, daß ersterer sich in einem bestimmt begrenzten Raume nicht befindet.

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Nun könnten auch die im Nachrichtendienste vorgehenden Abteilungen über Anordnung von bestimmten Punkten negative Meldungen senden!? Ganz richtig; aber von wann sind diese Meldungen?

Nachrichtenabteilungen gehen mit der größten überhaupt zulässigen Marschgeschwindigkeit schnurstracks auf ihr Ziel, den Feind, los

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(253); sie trachten naturgemäß, möglichst rasch nach vorwärts zu gelangen, und die Entfernung zwischen den flüchtigen Hufen ihrer Pferde und der nachmarschierenden Division wächst von Minute zu Minute.

Die gestrichelte Linie in Fig. 2 zeigt, daß sich eine mit einstündiger Rast vorgehende Nachrichtenpatrouille bereits 28 km vor der Infanterietruppendivision befinden kann, wenn letztere ihre lange Rast beginnt. (Aufbruch 2 Stunden vor der Infanterietruppendivision, Marschgeschwindigkeit 200× in der Minute.)

Und daß sich im Rücken der eigenen Nachrichtenabteilungen feindliche Kolonnen unbemerkt in diesen leeren Raum hineinschieben, verschieben und einschwenken können, ist eine Tatsache, welche nicht nur durch die jährlichen Manöver, sondern auch durch die Kriegsgeschichte bekräftigt wird. Ganz abgesehen davon, daß weit vorgeschobene Nachrichtenabteilungen verdrängt oder zersprengt werden können, ohne daß die nachfolgenden Truppen auch nur eine Ahnung davon haben.

Ja, dann wäre aber die so vielfach gerügte doppelte Aufklärung derselben Linien mit den (vermeintlichen) Gefahren der Kraftverschwendung und des Kraftmißbrauches zum Gesetz erhoben?

Diese Gefahr liegt nicht oder wenigstens nur selten vor; denn diese vorgeschobenen Patrouillen gelangen häufig gar nicht bis dorthin, wo die Nachrichtenabteilungen auf den Feind treffen; sie bilden gewissermaßen nur ein Netz, eine Sicherungslinie, vor der Infanterietruppendivision, um zu verhindern, daß feindliche Kolonnen nach Zersprengung des eigenen Nachrichtendienstes oder durch Umgehung desselben überraschend auf die eigenen Truppen stoßen.

Hie und da wird sich natürlich der Fall ereignen, daß die in Fühlung mit den vorrückenden feindlichen Marschkolonnen zurückweichenden eigenen Nachrichtenabteilungen auch bis in die Linie dieser vorgeschobenen Patrouillen gelangen, und daß nun tatsächlich zwei Patrouillen dieselbe Weglinie und dieselbe feindliche Kolonne beobachten. Wenn aus diesem Vorgange auch wirklich die doppelte Anzahl von Meldungen über den Feind hervorgehen würde, so wäre diese sogenannte Kraftverschwendung gewiß kaum zu beklagen.

Diese vorgeschobenen Patrouillen sind nichts anderes, als unsere bisherige vorgeschobene Kavallerie*), aber mit einem bestimmteren Zwecke versehen als bisher, und an Stärke wesentlich geringer als bisher. Mit diesen vorgeschobenen Patrouillen können auch die Artillerieaufklärer reiten. (263.)

*) Vgl. I. Gallina: Verhaltungen der im Armeeverbande stehenden Truppendivisionen u. s. w. im ..Organ" 1881. Abschnitt XIII.

Es wäre manchmal gewiß von Vorteil, wenn diesen vorgeschobenen Patrouillen eine Abteilung als Rückhalt (238, 2. Absatz) zur Entsendung neuer Patrouillen und zur Erleichterung des Meldewesens folgen würde.

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Die Erfahrung lehrt aber, daß Kavallerieabteilungen, welche auf relativ große Entfernungen vorgeschoben werden, den höheren Kommandanten sehr bald aus der Hand zu kommen pflegen. Der Trieb nach Selbständigkeit ist stark und leicht begreiflich; er wird gefördert durch die größere Freiheit, welche die Befehlgebung einem vorausgesendeten Kavalleriekommandanten lassen muß. Der stößt auf den Feind; ein rascher Entschluß geziemt dem Reitersmann. Den Ausgang der rasch begonnenen Unternehmung kann aber selbst ein braver Oberstwachtmeister nicht im vorhinein bestimmen; in kurzer Frist kann sich die vorgeschobene Kavallerie an einem Orte, in einer Lage und in einem Zustande befinden, welchen ihr Kommandant niemals vorher für möglich hielt.

Für ihren Divisionär ist sie damit verloren, und die durch veränderte Umstände oft geforderte Vervollständigung der bisherigen Aufklärung oder Einleitung einer solchen in einer neuen Richtung ist unmöglich geworden.

Das einzige Mittel für den Kolonnenkommandanten, die Aufklärung rasch in die jeweilig von ihm gewünschte Richtung zu bringen, besteht darin, einen guten Teil der Divisionskavallerie in seiner unmittelbaren Nähe zurückzuhalten. (238, 1. Absatz.)

Nun kommen noch die für den Sicherungsdienst bei den Kolonnenteilen nötigen Abteilungen, dann bei mehrtägigen Operationen deren Ablösung, und so dürfte für die vorgeschobene Abteilung nur wenig, etwa ein Achtel oder ein Sechstel der Divisionskavallerie, verbleiben.

Von taktischen Lagen selbstverständlich abgesehen, in welchen das Vortreiben jedes irgendwie entbehrlichen Reiters gebotene Pflicht ist.

In sehr vielen Fällen werden aber besonders angewiesene Nachrichtenpatrouillen die Rolle der bisherigen vorgeschobenen Kavallerie und damit die Sicherung gegen Artillerie vollständig übernehmen können. (238, 2.)

Für diese vorgeschobenen Patrouillen müßten, wie erwähnt, um ihren Zusammenhang mit der nachfolgenden Kolonne aufrechtzuerhalten, Zwangsrasten in bestimmten Linien angeordnet werden.

Bei unseren kleineren Friedensübungen, bei welchen beide Parteien meist relativ nahe aneinander stehen, besorgen die im Nachrichtendienste stehenden Abteilungen auch gleichzeitig die Sicherung gegen Artillerie, und es ergibt sich bei diesen Übungen infolge der Nähe der

beiden Teile das Bedürfnis nach einer besonderen Sicherung zu diesem Zwecke im allgemeinen nicht*).

Bei unseren Friedensübungen haben wir selbstverständlich nie Gelegenheit, die Wirkungen eines Geschützfeuerüberfalles zu empfinden; es blitzt irgend etwas in weiter Ferne auf - wer kümmert sich darum? Im Ernstfalle kann aber diesem Zeichen innerhalb einer Minute ein Hagel mörderischer Geschosse mit allen ihren unheilvollen Wirkungen folgen.

Der Divisionär ist verpflichtet, auch solchen Möglichkeiten vorzubeugen; die Ausrede: Vor 2, 3 Stunden wurde doch eine Nachrichtenpatrouille auf dieser Linie entsendet! entschuldigt nicht.

Die Einschaltung vorgeschobener Patrouillen (oder kleiner Detachements) hinter dem Nachrichtendienste scheint demnach für viele Lagen im Felde sehr empfehlenswert, um die eigenen Kolonnen vor Überraschungen durch feindliches Geschützfeuer zu sichern, insbesonders, wenn Ungewißheit über den Aufenthalt der eigenen Nachrichtenabteilungen oder des Feindes herrscht.

Zu A 2.

a) Sicherung gegen Gewehr(Maschinengewehr)feuer. Die Notwendigkeit der Sicherung der Infanteriekolonnen gegen überraschendes Gewehr- (Maschinengewehr-) Feuer erfordert keine nähere Begründung**).

Die wirksame Tragweite der modernen Handfeuerwaffen 2 km - sowie die für das Überbringen einer Meldung nötige Zeit bedingen, wie aus den Figuren 3-5 entnommen werden wolle, daß das Terrain, in welchem die Infanterie marschiert, auf ca. 2-3 km vor ihrer Spitze und ebensoweit seitwärts der Marschlinie durchsucht und beobachtet werde.

Diese theoretisch gefundene Distanz verkürzt sich natürlich oft im Terrain. Beschränkt dessen Gestaltung den Ausschuß auf die Kolonne, so muß nur bis zu dieser Sichtgrenze, vermehrt um einen Zuschlag für das Überbringen der Meldungen, aufgehellt werden. Figur 6.

*) Bei diesen Übungen können selbst die Nachrichtenpatrouillen selten die gewünschte Entfernung von ca. 15 km vor der nachfolgenden Truppe gewinnen, ohne vorher auf den Gegner zu stoßen.

**) Exerzier reglement für die k. u. k. Fußtruppen von 1911, Punkt 559: Bei der mächtigen Wirkung der jetzigen Feuerwaffen kann eine Truppe durch einen Feuerüberfall in kürzester Zeit erschüttert werden. Sie davor zu bewahren, muß die unausgesetzte Sorge jedes Führers sein.

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