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Der große preußische Sieg bei Königgrät (3. Juli 1866) wirkte auch vortheilhaft auf die rumänische Frage ein; er verhalf dem Prinzen Karl von Hohenzollern plößlich zur Anerkennung von Seite der Pforte und der Großmächte. Bisher war das Unternehmen des jungen Fürsten als ein Abenteuer erschienen, das mit einem Siege der Desterreicher über die Preußen zerrinnen werde; jezt aber wurde der Prinz schon am 11. Juli 1866 von der Pforte und den Großmächten unter dem Namen Karl I. als erblicher Fürst von Rumänien anerkannt. Am folgenden Tage (12. Juli) nahm die rumänische Kammer die neue Verfassung an und Fürst Karl leistete den Verfassungseid. Der Fürst wandte sich jetzt schriftlich an die Pforte, um ihr zu erklären, daß er die Verträge pünktlich einhalten werde, und ersuchte dieselbe um friedliche und freundschaftliche Verständigung be züglich des neuen Verhältnisses. Er erhielt eine freundliche Antwort und begab sich hierauf am 21. Oktober 1866 selbst nach Konstantinopel, wo er mit fürstlichen Ehren empfangen wurde. Am 24. Oktober hatte er eine Audienz beim Sultan, der ihm persönlich den Ferman seiner Anerkennung überreichte; nach achttägigem Aufenthalt kehrte er nach Bukarest zurück. Die Verhandlungen mit der Pforte erhielten am 16. Dezember 1866 ihren Abschluß. Die Hauptpuncte derselben waren: 1) Die neuesten Verträge über das Verhältniß d. i. die Abhängigkeit der Donaufürstenthümer von der Pforte bleiben aufrecht erhalten.

2) Die Vereinigung der Fürstenthümer ist ferner keine zeitweilige und persönliche mehr, sondern wird unter dem erblichen Fürsten Karl von Hohenzollern, als Prinz-Regenten, von der Pforte für ewige Zeiten anerkannt.

3) Die reguläre Armee der Fürstenthümer, die bisher auf 18,000 Mann bestimmt war, darf bis auf 30,000 Mann vermehrt werden.

4) Die Verträge, welche die Pforte mit fremden Mächten schließt, find auch für die Fürstenthümer verbindlich, so weit sie nicht die Autonomie derselben berühren. Doch kann die rumänische Regierung mit denselben Mächten auch selbst Verträge schließen.

5) Das Gebiet der Fürstenthümer darf nicht Leuten zum Aufenthalt dienen, welche die Absicht hegen, im türkischen Reiche Unruhen zu erregen.

6) Die Unterthanen der Pforte genießen in den Fürstenthümern Schuß ihrer Interessen.

7) Der Fürst Karl kann zur Belohnung der Verdienste von Civil- und Militärpersonen Medaillen vertheilen.

8) Die rumänische Regierung hat das Recht, Münzen zu prägen.

9) Die Frage über den Tribut bleibt vorläufig vertagt. Der Tribut kann ohne Zustimmung der rumänischen Kammern keinesfalls erhöht werden.

Somit hatte der rumänische Verein für die Einigung beider Fürstenthümer unter einem erblichen europäischen Fürsten nach zehn= jähriger Wirksamkeit sein Ziel erreicht; Rumänien stand jezt unter der Regierung und gewissermassen auch unter dem Schuße einer mächtigen europäischen Dynastie: ein Verhältniß, das eine baldige völlige Unabhängigkeit von der Pforte in sichere Aussicht stellte. Der neue Fürst machte es sich sofort zur Hauptaufgabe, das rumänische Heer auf preußischem Fuß zu organisiren.

Durch die Güte des fürstlichen Kabinets sind wir in den Stand gesezt, außer den neuesten Actenstücken, auch die ältesten Capitulationen der Fürstenthümer mit der Pforte mitzutheilen. Wir geben folgende Urkunden:

1) Die Kapitulation des walachischen Fürsten Mircea mit dem Sultan Bajazet Jlderim vom Jahr 1393,

2) die Kapitulation des walachischen Fürsten Vladu V. mit dem Sultan Mahomed II. vom Jahr 1460,

3) die Kapitulation des moldauischen Fürsten Bogdanu mit dem Sultan Bajazet II. vom Jahr 1511,

4) die Kapitulation des moldauischen Fürsten Basil Supu mit dem Sultan Mahomed IV. vom Jahr 1634,

5) die pariser Convention der Großmächte mit der Pforte vom 19. August 1858 bezüglich einer definitiven Organisation der Donaufürstenthümer,

6) das Protokoll der Conferenz der Großmächte vom 6. Dez. 1861 und den Ferman des Sultans, wodurch die temporäre Vereinigung beider Fürstenthümer genehmigt und die Fürstenwürde an Cusa auf Lebenszeit übertragen wird,

7) Documente, welche sich auf die Wahl des Prinzen Karl von Hohenzollern-Sigmaringen zum erblichen Fürsten von Rumänien im Jahr 1866 beziehen, nämlich das Protokoll des rumänischen Ministerraths, und das Plebiscit,

8) ein Schreiben des rumänischen fürstlichen Kabinets über die neueste (vom 16. Dezember 1866 datirte) Uebereinkunft mit der Pforte.

Die zwischen den rumänischen Fürstenthümern und dem osmanischen Reiche geschlossenen ältesten Kapitulationen.

L. Die zwischen Mircea I., Fürsten der Walachei, nnd dem Sultan Bajazet Ilderim im Jahre 1393 geschlossene Kapitulation.

Art. 1. Aus unserer grossen Willfährigkeit genehmigen wir, dass das Fürstenthum Romanien (Walachei), welches sich vor Kurzem unter den mächtigen Schutz unseres unüberwundenen Reiches, sammt seinem Fürsten begeben hat, nach seinen eigenen Gesetzen regiert werde, und dass der Fürst Romaniens volle Macht habe, mit seinen Nachbarn Krieg zu führen und Frieden zu schliessen, wann immer er dies für gut befinden wird, und dass er auch Herr über Leben und Tod seiner Unterthanen (Souverain) sein soll.

Art. 2. Die Christen, welche zur mahomedanischen Religion übergetreten sind und sich dann aus dem Gebiete unsers Reiches nach Romanien begeben und dort wieder die christliche Religion annehmen, sollen überall unbelästigt bleiben und nie zurückgefordert werden.

Art. 3. Die Rumänen, welche in das Gebiet unsers Reichs in ihren eigenen Angelegenheiten kommen, sollen von allen Abgaben frei sein und ihre Kleidungsstücke sollen nie visitirt werden,

Art. 4. Die christlichen Fürsten sollen von dem Metropoliten und den Bojaren gewählt werden.

Art. 5. Aber wegen dieser unserer grossen Willfährigkeit und weil wir dieses Land in die Liste der übrigen unserm Schulze anvertrauten Länder eingetragen haben, wird dasselbe seinerseits verpflichtet sein, jährlich 3000 rothe Landesmünzen oder 300 Silberpiaster unseres Münzfusses für unseren kaiserlichen Schatz zu zahlen.

Gegeben zu Nicopolis im Jahre (der Hegira) 805 im Monate RebiulEvvel und eingetragen in den Reichsbüchern.

II. Die zwischen Vladu V., Fürsten der Walachei, und dem Sultan Mahomed II. im Jahre 1460 geschlossene Kapitulation.

Art. 1. Die Türken werden sich weder in die inneren Angelegenheiten des Landes einmischen, noch Etwas im Lande besitzen. Es darf kein Türke in das Land kommen ausser einem einzigen k. Boten, und nur mit der fürstlichen Genehmigung. Dieser Bote soll auf seiner Reise von der Donau bis Tirgoviste von einem fürstlichen Manne begleitet, und nachdem er den Tribut erhalten, wieder von fürstlichen Männern bis Giurgiu geführt werden, wo das Geld in der Summe von 10,000 Sultaninen unseres Münzfusses neuerdings gezählt werden muss. Alsdann wird derselbe, mit einem Bestätigungs-Schein von dem Verwalter jenes Ortes versehen, von Giurgiu nach Rustschuk überfahren und dort einen neuen Bestätigungs-Schein erhalten, damit das Land unverantwortlich bleibe, wenn das Geld unterwegs verloren gehen sollte. **

Art. 2. Das Land soll nach seinen eigenen Gesetzen regiert werden; es soll vollkommene Macht haben, mit seinen Nachbarn Krieg zu führen und Frieden zu schliessen, und der Fürst soll Herr über Leben und Tod seiner Unterthanen sein.

Art. 3. Die Christen, welche in der Türkei die mahomedanische Religion annehmen und nachher sich nach Romanien begeben, wo sie wieder zur christlichen Religion zurückkehren, sollen weder belästigt noch zurückgefordert werden.

Art. 4. Die Romanen, welche in ihren Angelegenheiten sich nach der Türkei begeben, sollen von allen Abgaben frei sein und wegen ihrer Kleidungsstücke nicht belästigt werden.

Art. 5. Die christlichen Fürsten sollen von dem Metropoliten, den Bischöfen und den Bojaren gewählt werden.

Art. 6. Wenn ein Türke irgend einen Prozess mit einem Romanen hat, so soll sein. Prozesss im fürstlichen Divan nach der Landessitte behandelt werden und der richterliche Spruch Geltung haben.

ST

Art. 7. Die türkischen Kaufleute, welche in Handelsangelegenheiten in das Land reisen, sollen mit Willen und Wissen des Fürsten kommen und zwar versehen mit Zeugnissen von dem Orte, aus welchem sie sind... Sie sollen ohne Zeitverlust in den Städten einkaufen oder ihre Waaren zum Verkauf bringen und sogleich das Land wieder verlassen; da es ihnen nicht gestattet ist, im Lande herumzuwandern und an verschiedenen Orten zu kaufen oder zu verkaufen.

Art. 8. Diese türkischen Kaufleute dürfen weder einen rumänischen Diener noch eine rumänische Dienerin mit sich nehmen; sie dürfen auch keinen besonderen Beteort im Lande haben.

Art. 9. Wegen keiner Reclamation soll irgend ein Ferman gegen einen

Eingebornen erlassen, noch Jemand aus dem Lande ergriffen werden, um nach Konstantinopel geführt oder vor ein anderes türkisches Gericht gezogen werden.

Gegeben im Jahre 872.

III. Die zwischen Bogdanu, Fürsten der Moldau, und dem Sultan Bajazet II. im Jahre 1511 geschlossene Kapitulation.

Art. 1. Die Pforte erkennt die Moldau als freies und ununterworfenes Land an.

Art. 2. Die christliche Religion, welche in der Moldau herrscht, wird weder gestört noch verletzt werden; vielmehr wird das Volk von nun an, wie vorher, seine freien Kirchen haben.

Art. 3. Die Pforte verpflichtet sich, die Moldau gegen alle Angreifer zu vertheidigen und das Land in seinem vorherigen Zustande zu erhalten, ohne demselben irgend einen Abbruch zu thun oder zu dulden, dass die geringste Abtrennung von demselben stattfinde.

Art. 4. Die Moldau wird nach eigenen Gesetzen und ihrer eigenen Verfassung regiert werden, ohne die geringste Einmischung der Pforte.

Art. 5. Die Fürsten werden vom Volke gewählt und von der Pforte anerkannt werden.

Art. 6. Die Fürsten werden Regierer des ganzen Landes Moldau sein; sie dürfen unter ihrer Botmässigkeit eine besoldete Armee entweder aus Inländern oder aus Ausländern haben.

Art. 7. Die Moldauer werden in Konstantinopel ein Haus für die Wohnung ihrer Agenten kaufen und besitzen, wo sie auch eine Kirche werden bauen dürfen.

Art. 8. Die Türken werden in der Moldau keine Grundstücke kaufen oder besitzen dürfen; sie werden sich weder im Lande niederlassen, noch eine Giami (Moschee) in demselben besitzen oder bauen dürfen.

Art. 9. Der Fürst mit dem Volke wird dafür sorgen, jährlich an die Plorte 4000 Dukaten d. h. 10,000 Piaster, 40 Falken und 40 Zuchtstuten zu schicken. Alles dies unter dem Namen eines Peschkesch (Geschenk).

Art. 10. Zur Zeit einer Kriegsunternehmung wird der Fürst der Mol

dau mit seinen Truppen Hülfe leisten.

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