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geschlossen, und die Bevollmächtigten der Mittelstaaten eilten nach Wien, um an den Verhandlungen theilzunehmen. Was sollte jezt noch die Bundestruppen für den Krieg begeistern? Von Oesterreich waren sie verlassen; die Friedensverhandlungen hatten begonnen; jeder Erfolg, den sie fortan errangen, hatte keinen Zweck mehr; er konnte das stärkere Preußen höchstens auffordern, auf Kosten der süddeutschen Bundesregierungen Genugthuung zu suchen.

Der preußische Krieg gegen Bayern hatte noch eine kleine Episode, die wir nicht ganz übergehen wollen. Am 23. Juli überschritt das zweite preußische Reservecorps unter dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin die bayerische Grenze bei Hof und besetzte am 28. Juli Baireuth. Es bestand anfangs nur aus 8000 Mann, verstärkte sich aber durch Zuzüge (Mecklenburger, Braunschweiger, Altenburger, Dessauer) bis auf 20,000 Mann. Die bayerische Armee stand bei Würzburg; ihr Oberbefehlshaber verließ sich auf die Waffenstillstandsverhandlungen und schickte nur ein einziges Bataillon nach Baireuth, um diesen Ort zu beseßen. Als dasselbe vor der Stadt ankam, waren bereits Preußen darin. Der Großherzog erklärte, er wisse von keinem Waffenstillstand und könne einen solchen nur anerkennen, wenn er ihm vom preußischen Obercommando notificirt sei. Das bayerische Bataillon zog nun ab, wurde aber am anderen Tage (29. Juli) auf der Strasse nach Kemnath bei dem Dorfe Seybothenreuth in der Frühe von zwei Vataillonen Preußen, welche drei Kanonen und eine Escadron mecklenburgische Dragoner bei sich hatten, angegriffen und nach Creussen zurückgeworfen; 200 Bayern wurden gefangen. Schnell rückten die Preußen jezt nach Nürnberg vor, um diese Stadt noch vor Eintritt des Waffenstillstandes (2. August) in ihre Gewalt zu be= kommen. Eine Compagnie bayerische Infanterie ging ihnen über Nürnberg drei Stunden hinaus bis nach dem Flecken Eschenau entgegen ; man war der Meinung, die Preußen sollten, in der Vorausseßung, es käme ein größeres bayerisches Corps nach, einige Stunden vor Nürnberg Halt machen; allein die Preußen nahmen die Compagnie gefangen und zogen am 31. Juli in Nürnberg ein, das sie bis zum Frieden (22. August 1866) beseßt hielten.

Die Friedensverhandlungen begannen am 23. Juli zu Nikolsburg, einem mährischen Städtchen an der Grenze gegen Niederösterreich, zehn Meilen von Wien. Dieselben wurden österreichischerseits von dem Grafen Karolyi, dem Baron Brenner und dem Feldzeugmeister Grafen Degenfeld geführt, preußischerseits von dem Grafen Bismarck; auch der König Wilhelm selbst war in Nikolsburg anwesend. Der französische Gesandte in Berlin, Benedetti, befand sich gleichfalls in Nikolsburg und äußerte auf die Feststellung der Friedens

bedingungen bedeutenden Einfluß; keine der beiden contrahirenden Mächte wollte sich den Kaiser Napoleon zum Gegner machen, jede zeigte sich daher nachgiebig gegen die französischen Vorschläge. Wie man aus dem sogenannten Gelbbuch erfuhr, das der französische Minister des Auswärtigen im Februar 1867 dem gesetzgebenden Körper in Paris vorlegte, trat der französische Kaiser sogleich nach der Schlacht bei Königgräß mit Zustimmung des österreichischen und preußischen Kabinets vermittelnd ein. Dem preußischen Kabinet war es vor Allem um den Austritt Desterreichs aus dem deutschen Bunde zu thun; es war dies preußischerseits die erste Bedingung des Friedens. Der Kaiser Napoleon empfahl am 12. Juli durch Telegramm dem Kaiser von Oesterreich die Annahme dieser Bedingung, da unter den gegebenen Verhältnissen eine Fortsetzung des Kampfes den Untergang des Kaiserstaates nach sich ziehen könnte. Am 13. Juli telegraphirte der Herzog von Grammont, französischer Gesandter in Wien, nach Paris, der Kaiser Franz Joseph wolle, bevor er diese Bedingung zugestehe, erst die übrigen preußischen Forderungen kennen; denn wenn im weiteren noch Abtretung von Gebiet verlangt würde, so wolle er lieber den Kampf fortsetzen und, wenn es sein müsse, in Ehren untergehen. Am 14. Juli übersandte das französische Kabinet an das österreichische die preußischen Bedingungen, welche Napoleon gut hieß; es waren ungefähr dieselben, welche nachher angenommen wurden, nur verlangte Preußen die Abtretung eines kleinen Gebietes zur Abrundung seiner schlesischen Grenze. Desterreich verweigerte Letzteres, worauf Benedetti von Napoleon angewiesen wurde, Alles aufzubieten, damit Preußen auf diesen Punct verzichte. Man wechselte über diesen Gegenstand noch mehrere Depeschen und war darüber noch nicht im Reinen, als am 23. Juli die directen Friedensverhandlungen zwischen Preußen und Oesterreich in Nikolsburg begannen. Am 25. Juli telegraphirte Benedetti nach Paris, Preußen habe die Integrität Desterreichs (mit Ausnahme Venetiens) und Sachsens zugestanden und die übrigen Puncte der Friedenspräliminarien nach dem französischen Vorschlag angenommen, jedoch mit dem Vorbehalt, daß das Abkommen in der Schwebe bleibe, bis Italien demselben zugestimmt habe, und letzterem der Erwerb Venetiens gesichert sei. Am 26. Juli wurden die Friedenspräliminarien in Nikolsburg unterzeichnet.

Preußen erkannte darin die Integrität Desterreichs (mit Ausnahme Venedigs) und Sachsens an. Dafür erklärte sich Desterreich mit der Auflösung des deutschen Bundes und mit einer Neugestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaates einverstanden, billigte zum Voraus die vom König von Preußen in Norddeutschland herzustellenden Einrichtungen, einschließlich der Territorialveränderungen, und trat an den König seine auf Schleswig-Holstein

erworbenen Rechte ab, jedoch mit der Clausel, daß die Bevölkerungen der nördlichen Districte von Schleswig, wenn sie durch freie Abstimmung den Wunsch zu erkennen gäben, mit Dänemark vereinigt werden. sollten. Diese Clausel ist augenscheinlich auf Betrieb des französischen Kabinets unter die Friedensbedingungen gekommen; denn das österreichische konnte keine Veranlassung haben, dieselbe zu verlangen. Be= züglich des Verhältnisses Preußens zu Süddeutschland sagte der Artikel 2 der Präliminarien: „Der Kaiser von Desterreich erkart sich damit einverstanden, daß die südlich von der Mainlinie gelegenen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbe halten bleibt." Es ist beachtenswerth, daß nicht die Präliminarien, wohl aber der später zu Prag am 23. August 1866 geschlossene definitive Friede im Artikel 4 zu diesem Passus den Zusaß brachte: „und der (nämlich der süddeutsche Verein) eine internationale, unabhängige Existenz haben wird." Letterer Zusaß war offenbar auf Betreiben des französischen Kabinets eingefügt worden. Die internationale Existenz sollte Süddeutschland schwach und französischen Einflüssen zugänglich erhalten und seine feste Einigung mit Norddeutschland ver= hindern. Der Passus beabsichtigte, das dreigetheilte Deutschland verwirklichen zu helfen, das in dem Plane Napoleons lag, damit das deutsche Volk an Größe und Macht sich nicht mit Frankreich messen könne und der französischen Nation, die seit dem Krimkrieg das entscheidende Wort in Europa geführt hatte, kein ebenbürtiger Rival erstehe. Hoffentlich wird sich Deutschland für die Dauer von Frankreich nicht vorschreiben lassen, wie es sich in seinem Inneren gestalten dürfe. Als Kriegskostenentschädigung zahlte Oesterreich an Preußen nur 20 Millionen Thaler. Preußen hatte 80 Millionen gefordert, beide Großmächte kamen aber überein, von diesen 80 Millionen die Hälfte, also 40 Millionen, den deutschen Alliirten Oesterreichs aufzulegen; von den übrigen 40 Millionen, die Oesterreich zu tragen hatte, durfte das österreichische Kabinet noch seine Kriegskosten in Schleswig-Holstein mit 15 Millionen Thalern und weitere 5 Millionen für die Verpflegung der preußischen Truppen auf österreichischem Gebiet für die Zeit vom Abschluß der Präliminarien bis zum definitiven Frieden in Abzug bringen.

Wiewohl das französische Kabinet bei seiner Friedensvermittlung darauf bedacht gewesen war, Preußen sich nicht über den Main hinüber ausdehnen zu lassen und Deutschland in drei Theile zu theilen; so hatten doch die außerordentlichen Erfolge, welche die preußische Armee in der kurzen Zeit von vier Wochen errungen hatte, den preußischen und mit ihm den deutschen Namen im Ausland zu hohem kriegerischem Ansehen gebracht und Frankreich, welches bisher für die erste europäische

Kriegsmacht galt, in Schatten gestellt. Der französische Nationalstolz empfand dies übel und mißbilligte die Politik Napoleons, die durch ihre Neutralität den preußischen Waffen freie Bahn gelassen hatte. Unter den Deutschen aber mußten diese Erfolge die Ueberzeugung wach rufen, daß sie unbedingt das Machtwort in Europa sprechen könnten, wenn fie einig und eng verbunden wären.

Friedenspräliminarien

zu Nikolsburg zwischen Preussen und Oesterreich,

26. Juli 1866.

JJ. MM. der Kaiser von Oesterreich und der König von Preussen, beseelt von dem Wunsche, ihren Ländern die Wohlthaten des Friedens wiederzugeben, haben zu diesem Ende und behufs Feststellung von Friedenspräliminarien zu ihren Bevollmächtigten ernannt: Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich die HH. Grafen Karolyi und Frhrn. v. Brenner-Felsach; Se. Maj. der König von Preussen: den Ministerpräsidenten Grafen v. Bismarck-Schönhausen, welche, nachdem ihre Vollmachten ausgetauscht und in richtiger Form befunden, über folgende Grundzüge als Basis des demnächst abzuschliessenden Friedens übereingekommen stnd.

Art. I. Der Territorialbestand der österreichischen Monarchie, mit Ausnahme des lombardisch-venetianischen Königreichs, bleibt unverändert. Se. Maj. der König von Preussen verpflichtet sich, seine Truppen aus den bisher von denselben occupirten österreichischen Territorien zurückzuziehen, sobald der Friede abgeschlossen sein wird, vorbehaltlich der im definitiven Friedensschlusse zu treffenden Massregeln wegen einer Garantie der Zahlung der Kriegsentschädigung.

Art. II. Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich erkennt die Auflösung des bisherigen deutschen Bundes an, und gibt seine Zustimmung zu einer neuen Gestaltung Deutschlands ohne Betheiligung des österreichischen Kaiserstaats. Ebenso verspricht Se. Majestät, das engere Bundesverhältniss anzuerkennen, welches Se. Maj. der König von Preussen nördlich von der Linie des Mains begründen wird, und erklärt sich damit einverstanden, dass die südlich von dieser Linie gelegenen deutschen Staaten in einen Verein zusammentreten, dessen nationale Verbindung mit dem norddeutschen Bunde der näheren Verständigung zwischen beiden vorbehalten bleibt.

Art. III. Se. Maj. der Kaiser von Oesterreich überträgt auf Se. Maj. den König von Preussen alle seine im Wiener Frieden vom 30. Oct. 1864 erworbenen Rechte auf die Herzogthümer Holstein und Schleswig, mit der

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