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und so hatte die Conferenz durch diesen Rath, der ohnedies den Krieg nicht beseitigt, sondern nur für einige Zeit vertagt hätte, Nichts gewonUnter den Türken hatten inzwischen die russischen Forderungen eine solche Aufregung hervorgerufen, daß die Ulemas von dem Sultan Abdul Medschid entweder Abdankung oder entschiedene Zurückweisung der russischen Postulate verlangten; der Divan sah sich daher ge= nöthigt, am 8. Sept. 1853 das russische Ansinnen entschieden abzulehnen und die Unterhandlungen abzubrechen. Am 4. Oft. 1853 er: klärte die Pforte dem russischen Kabinet, daß sie den Krieg beginnen werde, wenn die Russen die Tonaufürstenthümer binnen 15 Tagen nicht geräumt hätten.

Der Kaiser Nikolaus von Rußland hatte schwerlich vermuthet, daß sich mit den Westmächten auch Desterreich und Preußen zu Gunsten der Türkei erklären würden. Er machte einen Versuch, beide Mächte von England und Frankreich abzuziehen. Zunächst veranstaltete er am 24. Sept. 1853 eine Zusammenkunft mit dem Kaiser Franz Joseph von Desterreich in Olmüş, dann am 4. Oktober eine Besprechung mit dem österreichischen Kaiser und dem König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen in Warschau. Allein beide Monarchen fanden den Krieg Rußlands gegen die Pforte ungerechtfertigt und gaben kein weiteres Versprechen, als daß sie neutral bleiben wollten, so lange die Russen die Donau nicht überschritten. Der rusfische Kaiser reiste nach der Warschauer Conferenz am 7. Okt. 1853 auch noch nach Berlin; allein auch dort konnte er keine nähere Verbindung mit Preußen zu Stande bringen.

Die türkische Armee, die sich unter dem Befehl Omer Pascha's an der Grenze der Donaufürstenthümer gesammelt hatte, bestand aus 45,000 Mann regulären und 57,000 Mann irregulären Truppen mit 250 Kanonen. Sie begann die Feindseligkeiten am 23. Okt. 1853, indem sie vom Fort Isaktsch a aus die auf der Donau fahrenden russischen Schiffe beschoß. Die russische Kriegserklärung an die Pforte erfolgte am 1. November. Die Russen mußten bald erfahren, daß ihnen die Besiegung der Türken doch nicht so leicht werde, wie sie erwartet haben mochten. Am 4. November 1853 schlugen 3000 Türken bei Olteniza den Angriff von 7000 Russen auf ihre Verschanzung tapfer zurück. Dagegen überfiel der russische Admiral Nachimoff am 30. Nov. 1853 während eines dichten Nebels unvermuthet die türkische Flotte, welche an der kleinasiatischen Küste im Hafen von Sinope vor Anker lag, und richtete sie völlig zu Grunde.

Nachdem der Krieg nun wirklich zum Ausbruch gekommen war, machten sich England und Frankreich (27. Nov. 1853) durch einen besondern Vertrag mit der Pforte zur Hülfeleistung verbindlich,

wenn Rußland auf billige Friedensbedingungen nicht eingehen sollte. Als solche stellte die wiener Conferenz (England, Frankreich, Desterreich, Preußen) am 5. Dezember 1853 folgende vier Punkte auf: 1) Rußland räumt die Donaufürstenthümer; 2) die Pforte erneuert die alten Verträge mit Rußland; 3) sie gibt den europäischen Mächten befriedigende Zusicherungen bezüglich der Behandlung der Christen in der Türkei; 3) das bereits getroffene Uebereinkommen in Betreff der heiligen Stätten bleibt aufrecht erhalten. Die Pforte protestirte gegen den zweiten Punkt, die Aufrechthaltung der alten Verträge mit Rußland; denn gerade diese Verträge waren es, welche dem russischen Kabinet eine beständige Handhabe zur Einmischung in die inneren Angelegenheiten der Türkei boten. In Konstantinopel verursachten diese Bedingungen große Aufregung; das russische Kabinet selbst aber verhinderte ihre Ausführung; der Kaiser Nikolaus erklärte, sein Streit mit der Türkei sei eine Angelegenheit der griechischen Kirche, und andere Mächte hätten sich in dieselbe nicht zu mischen. Anstatt die Donaufürstenthümer zu räumen, verfuhren die Russen darin wie die Herren; am 11. Dez. 1853 wurde auch das walachische Militär der russischen Armee einverleibt.

Der Winter ging ohne besondere kriegerische Actionen vorüber. In den ersten Tagen des Januar 1854 versuchte der russische General Anrep mit 50,000 Mann den Brückenkopf Kalafat (auf dem linken Donauufer, Widdin gegenüber) zu nehmen, wurde aber von der tür kischen, 16,000 Mann starken Besatzung unter Achmed Pascha zurückgeschlagen, worauf er sich in sein verschanztes Lager bei Cetate zurückzog, hier jedoch (6. Januar 1854) von den Türken überfallen und zurückgetrieben wurde. Dieser Sieg der Türken hatte für die russischen Pläne die fatale Folge, daß der Aufstand der griechischen Bevölkerung in Serbien, Bosnien und Bulgarien, den die rusfische Regierung vorbereitet hatte, unterbleiben mußte. Auch in Epirus hatten die Russen einzelne Klephtenführer gedungen, um eine Erhebung der griechischen Einwohner zu veranlassen; die Sache hatte aber nur sehr geringen Fortgang. Es sammelten sich zwar einige Haufen Griechen unter Grivas, und in Peta wurde von Tzavellas sogar eine provisorische Regierung des künftigen byzantinischen Reiches eingesett; allein die Türken schlugen die kleinen griechischen Corps mit leichter Mühe, und bis zum April 1854 war der Aufstand völlig unterdrückt.

Die Großmächte hatten durch das bisherige Verhalten Rußlands die Ueberzeugung erlangt, daß das russische Kabinet sich einer friedlichen Vermittlung nicht fügen werde. England und Frankreich waren zur Theilnahme am Kriege entschlossen. Beide Mächte gingen. am 12. März 1854 mit der Pforte ein Bündniß ein auf folgende

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Bedingungen: 1) England und Frankreich wollen die Pforte außer der in den türkischen Gewässern bereits befindlichen Seemacht gegen Rußland auch mit einer Landmacht unterstüßen. 2) Die Pforte schließt mit Rußland keinen Frieden ohne Einwilligung des englischen und französischen Kabinets und theilt die russischen Vorschläge in dieser Beziehung sogleich beiden Regierungen mit. 3) So wie der Frieden abgeschlossen ist, verlassen die englischen und französischen Truppen das türkische Gebiet. 4) Während des Kriegszustandes aber haben dieselben freie Bewegung im türkischen Reiche. Am 10. April 1854 schlossen England und Frankreich noch einen besondern Vertrag unter sich bezüglich ihrer beiderseitigen Theilnahme am Kriege gegen Rußland. Die vier Großmächte England, Frankreich, Desterreich und Preußen aber unterzeichneten am 9. April 1854 zu Wien ein Protokoll, worin sie sich sämmtlich zur Aufrechthaltung des territorialen Umfanges der Türkei, zur Herbeiführung der Näumung der Donaufürstenthümer von Seite der Russen und zur Verbesserung der politischen und religiösen Verhältnisse der Christen in der Türkei verpflich teten. Desterreich und Preußen für sich wiederum schlossen am 20. April 1854 ein Schuß und Truzbündniß, worin sie sich ihren deutschen und außerdeutschen Länderbesitz gegenseitig garantirten.

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Durch diese verschiedenen Verträge waren also dem Kaiser Nikolaus nicht nur alle Aussichten auf eine Allianz verschlossen, sondern es stellten sich im Gegentheil seinem Plan einer Vergrößerung Rußlands durch türkisches Gebiet und einer Eroberung Konstantinopels die sämmtlichen vier übrigen europäischen Großmächte entschieden gegenüber. Unter diesen Umständen hätte eine kluge Politik zur Nachgiebigkeit gerathen; denn augenscheinlich konnte das Unternehmen nur zum Nachtheil Rußlands enden. Allein der Kaiser war bisher gewohnt, in Europa das Machtwort zu sprechen; er wollte jezt, obwohl er in Olmüß und Berlin zum ersten Mal empfunden hatte, daß sein Wille bei Oesterreich und Preußen nicht als Befehl gelte, von dieser Stellung nicht herabtreten; er begann also einen verhängnißvollen Krieg, vielleicht auf die eigenthümlichen Verhältnisse seines Reiches bauend, dem die Feinde im schlimmsten Fall wenig anhaben könnten, da Niemand nach russischem Gebiet Lust trug und der Krieg in dem uncultivirten Reiche nichts weniger als einladend war. Die russischen Gesandten verließen London und Paris bereits am 4. Februar 1854; die Gesandten Englands und Frankreichs blieben noch einen Monat über diese Zeit in Petersburg, in der Erwartung einer friedlichen Wendung; da diese nicht erfolgte, reisten sie am 3. März ab; die förmliche Kriegserklärung der beiden Westmächte an Rußland, welche von einem ausführlichen Exposé über die Nothwendigkeit, Rußland mit den Waffen entgegen zu treten,

begleitet war, erfolgte am 28. März 1854.

Bereits am 11. März

war eine englische Flotte, bestehend aus 44 Schiffen mit 2200 Ge= schützen und 22,000 Mann unter Admiral Napier von Spithead nach der Ostsee abgesegelt; eine französische Flotte schloß sich an. Diese Flotte sollte die russische Flotte in der Ostsee zerstören, die Festung Kronstadt nehmen und Petersburg bombardiren. Mit gespannter Erwartung verfolgte man diesen Seezug, der Rußland an seinem empfindlichsten Punkte, an der Hauptstadt selbst, angreifen sollte; aber die verheißenen Erfolge blieben vollständig aus; die Flotte richtete Nichts weiter aus, als daß sie die russischen Ostseehäfen blokirte, einige Dörfer an der finnischen Küste und die kleine Festung Bomarsund auf einer der Alandsinseln zerstörte. Sie schwamm, ohne Etwas auf Kronstadt zu unternehmen, bis zum Spätherbst des Jahres 1855 in der Ostsee umher, wo sie sodann nach Hause kehrte. Man hätte gedacht, sowohl die englische als die französische Admiralität müsse mit den Verhältnissen der Festungen an den europäischen Meeren genau bekannt sein; allein man machte die gegentheilige Erfahrung; beide Flotten waren ohne alle Kenntniß der Dertlichkeiten auf gut Glück gegen Kronstadt gesegelt, und erst als sie dort angekommen waren, gelangten die Admirale zu der Ueberzeugung, daß diese Festung von der See aus nicht zu nehmen sei, da die Schiffe in dem schmalen Fahrwasser zwischen den Batterien ihren sicheren Untergang finden müßten.

Die Schlappe, welche die Russen im Januar 1854 an der Donau von den Türken erhalten hatten, bestimmte den Kaiser Nikolaus, am Anfang des Frühjahrs (Mitte März 1854), wo der Krieg ernstlich be= gonnen werden sollte, seinen Feldherrn Paskiewitsch an die Spiße der Armee an der Donau zu stellen. Paskiewitsch veränderte den bisherigen Kriegsplan; die Russen überschritten jezt die Donau und belagerten die Festung Silistria. Die Festung wurde von Mustapha Pascha, der einen in türkische Dienste übergetretenen preußischen Artillerieoffizier Namens Grach an der Seite hatte, tapfer vertheidigt; Paskiewitsch, der vor der Festung einen Streifschuß erhalten hatte, gab die Belagerung am 21. Juni 1854 auf und zog die ganze russische Armee hinter den Pruth zurück. Lezteres geschah in Folge einer am 3. Juni von Oesterreich ergangenen Sommation an das russische Kabinet, die Donaufürstenthümer zu räumen. Indem Paskiewitsch nämlich die Donau überschritt und Silistria belagerte, hatte er die Bedingung verlegt, unter welcher Desterreich und Preußen dem Kaiser Nikolaus Neutralität zugesagt hatten. Der Kaiser Franz Joseph von Oesterreich hielt deßhalb am 12. Juni eine Zusammenkunft mit dem König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen zu Teschen, und letterer versprach, das österreichische Kabinet bei seiner

Forderung einer Räumung der Moldau und Walachei von russischen Truppen zu unterstüßen. Mit der Pforte schloß die österreichische Regierung in dieser Beziehung am 14. Juni 1854 zu Boyadji-Keuy einen besondern Vertrag ab. In demselben verpflichtete sie sich, die Donaufürstenthümer im Nothfall mit Gewalt der Waffen von den Russen zu räumen, beim Frieden dieselben der Pforte zurückzustellen und mit Rußland keinen Vergleich einzugehen, der nicht die Integrität des türkischen Reiches aufrecht erhielte.

England und Frankreich waren über folgende 4 Punkte übereingekommen, von denen sie den Frieden mit Rußland abhängig machten: 1) Das russische Protectorat über die Moldau und Walachei hört auf; die Privilegien dieser Fürstenthümer werden unter die Collectivbürgschaft der Großmächte gestellt. 2) Die Donauschifffahrt wird frei bis in's Meer und alle Hindernisse werden beseitigt. 3) Der Vertrag der Mächte mit der Pforte vom 13. Juli 1841 bezüglich des Einlaufens fremder Schiffe in die Dardanellen unterliegt einer Revision, welche die russische Macht im Schwarzen Meere einschränkt. 4) Es soll keiner einzelnen christlichen Macht zustehen, ein officielles Protectorat über die christlichen Unterthanen der Pforte auszuüben, vielmehr sollen die Großmächte gemeinsam die Christen des türkischen Reiches in ihren Rechten schüßen, ohne jedoch dabei der Würde und Unabhängigkeit der Pforte zu nahe zu treten. Diese Uebereinkunft wurde am 24. Juli 1854 vom französischen Ministerium dem österreichischen und preußischen Kabinet mitgetheilt. Sie bildete fortan die GrundLage der Verhandlungen.

Die englisch-französische Mittelmeerflotte war schon am 3. Januar 1854 in das schwarze Meer eingelaufen, heftige Stürme aber zwangen sie zur Rückkehr in den Bosporus und zum Erwarten einer günstigeren Jahreszeit. Anfang April schiffte sie sodann in dieses unruhige Meer wiederum ein und richtete ihren Lauf zunächst nach Odessa, wo sie einige Häuser am Hafen zusammenschoß und mehrere russische Handelsschiffe wegnahm. Ernstlicheres gegen diese Handelsstadt zu unternehmen, verwehrten die englischen Handelsinteressen. Die russische Flotte unter Admiral Nachimoff, 54 Segel stark, wich dieser Flotte der Westmächte, der sie sich nicht gewachsen fühlte, aus und zog sich hinter die Festungswerke von Sebastopol zurück, wo sie beim Beginne der Belagerung (am 22. September 1854 und den folgenden Tagen) von den Russen versenkt wurde, um den Eingang in den Hafen den feindlichen Schiffen unzugänglich und die Belagerung der Stadt von der Seeseite unmöglich zu machen.

Die französischen und englischen Landtruppen, die mit großen Kosten zur See herbeigeschafft worden waren, hatten ihren Sammelplatz in Galli

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