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Ein

dürften, wo sich der Krieg unmittelbar aus denselben entwickelt hätte. solcher Hinweis auf Art. 11 kann daher nur bedeuten, dass Preussen in dem bezeichneten Fall ganz allein auf sich und seine eigene Kraft angewiesen sein und ihm die Hülfe des Bundes in jedem Fall zu spät kommen würde.

In verstärktem Mass aber wird diese Verspätung bei jeder europäischen Complication oder jeder Bedrohung durch eine auswärtige Macht eintreten, und mit Preussen auch das übrige Deutschland einem auswärtigen Angriff unvorbereitet gegenüberstellen.

Bei der jetzigen Organisation der Militärmacht in allen grossen Staaten entwickeln sich Kriege rascher als die Bundesbeschlüsse unter den bisherigen Formen. Soll Preussen aber in den grossen europäischen Krisen auf seine eigenen Kräfte angewiesen bleiben, so verlieren die Bundeseinrichtungen nicht allein ihren Werth für dasselbe, sondern sie werden ihm zu Hindernissen und Hemmungen in der Entfaltung seiner Kräfte und der Fassung seiner Entschlüsse ein Verhältniss, bei welchem jedes naturgemässe und richtige Mass von Leistungen und Gegenleistungen fehlt.

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Wenn die königliche Regierung in erster Linie die politische und militärische Mangelhaftigkeit der Bundesinstitutionen hervorheben zu müssen geglaubt hat, so ist es kaum nöthig, noch besonders darauf hinzuweisen, wie viele das Interesse der Nation in ihrer innern Entwicklung nahe berührende Fragen auf andern Gebieten durch eine entsprechende Mangelhaftigkeit des Bundes unerledigt geblieben sind.

Der Zollverein hat nach einer Seite hin dem Bedürfniss, welches der Bund nicht befriedigen honnte, abgeholfen; aber es bleiben noch genug andere Bedürfnisse des Volks übrig, um auch mit Rücksicht auf diese das Verlangen nach einer Reform zu begründen.

Von allen Seiten her drängt sich demnach die Nothwendigkeit auf, die grosse Frage nicht länger zu verschieben. Eine hervorragende deutsche Regierung hat in ihrer nach Berlin und Wien gerichteten neuerlichen Mittheilung den Gedanken ausgesprochen, dass die gegenwärtige zwischen Preussen und Oesterreich drohende Kriegsgefahr der Ausdruck des Missbehagens über die mangelhafte Gestaltung der Bundesverhältnisse sei, und es ist hieran der Ausdruck der Bereitwilligkeit geknüpft worden, ihrerseits auf Verhandlungen über eine Umgestaltung der Bundesverhältnisse einzugehen. Die k. Regierung selbst kann um so weniger an einer gleichen Bereitwilligkeit aller ihrer hohen Mitverbündeten zweifeln, als solche ebenso sehr durch das Interesse jedes einzelnen deutschen Staats wie des gesammten Vaterlands geboten ist. Denn wenn Deutschland in derjenigen Verfassung, in welcher es sich gegenwärtig befindet, grossen europäischen Krisen entgegengehen sollte, so wird es entweder der Revolution oder der Fremdherrschaft verfallen.

Zu der Frage nun von der Neugestaltung der Bundesverfassung selbst kann sich die k. Regierung, was ihren eigenen Standpunkt betrifft, im we

sentlichen auf die an die deutschen Regierungen unter dem 22. Sept. 1863 gerichtete Eröffnung einfach zurückbeziehen.

Sie glaubt indess schon jetzt darauf bedacht sein zu sollen, dass neuen Verhandlungen ein besserer Erfolg als bisher gesichert werde, und dass die Bundesversammlung zuvörderst die Mittel und Wege in ernsteste Erwägung ziehe, welche den Regierungen wie der Nation in dieser Hinsicht eine beruhigende Zuversicht für die weitere Entwicklung der Angelegenheit gewähren können.

Die Geschichte der mannichfachen in den letzten Jahrzehnten unternommenen Reformversuche hat erfahrungsmässig gelehrt, dass weder die einseitigen Verhandlungen unter den Regierungen noch die Debatten und Beschlüsse einer gewählten Versammlung allein im Stande waren, eine Neugestaltung des nationalen Verfassungswerkes zu schaffen.

Wenn erstere immer bei dem Austausch verschiedenartigster Meinungen und der Ansammlung eines endlosen Materials stehen geblieben sind; so geschah diess, weil es an der ausgleichenden und treibenden Kraft des nationalen Geistes bei diesen Verhandlungen fehlte, und die particularistischen Gegensätze zu schroff und einseitig dabei festgehalten wurden.

Ein solcher zu höherer Einigung der Gegensätze führender Factor ist nur in einer aus allen Theilen Deutschlands gewählten Versammlung zu finden. Wollten dagegen die Regierungen einer solchen Versammlung allein die Initiative bezüglich der Reconstruction der Bundesverfassung überlassen, wie diess im Jahr 1848 geschah; so würden dieselben Gefahren der Ueberhebung und der Nichtachtung des in deutscher Eigenthümlichkeit wirklich Begründeten wieder erwachen, und damit auch die Hoffnungen des deutschen Volks einer neuen Täuschung entgegengeführt werden.

Nur durch ein Zusammenwirken beider Factoren kann daher, nach der festen Ueberzeugung der kgl. Regierung, das Ziel erreicht werden, dass auf dem Grunde und innerhalb des Rahmens des alten Bundes eine neue lebensfähige Schöpfung erstehe. Diese Erwägung ist es, welche die kgl. Regierung zu dem Vorschlag an ihre hohen Mitverbündeten bestimmt, die Reform des Bundes sofort damit in Angriff zu nehmen, dass zur Mitwirkung für die Neugestaltung der Verfassung durch Bundesbeschluss eine allgemeine deutsche Versammlung von gewählten Vertretern berufen werde.

Die kgl. Regierung hat bereits in ihrer oben erwähnten Darstellung vom 22. Sept. 1863 entwickelt, in welcher Weise eine Versammlung, wie sie hier in's Auge gefasst ist, am zweckentsprechendsten gebildet werden könne. Sie muss auch jetzt an der damals vertretenen Ansicht festhalten, dass für eine Versammlung, berufen, um insbesondere das Interesse der Gesammtheit und das einheitliche Princip als solches zur Geltung zu bringen, der Grundsatz der directen Volkswahl im Gegensatz zur Delegation der Einzelkammern allein annehmbar erscheint.

Das allgemeine Stimmrecht aber muss für den im Auge gehabten Zweck und bei der Nothwendigkeit, die verschiedensten particularen Verhältnisse einem Massstab dienstbar zu machen, als das allein mögliche bezeichnet werden, und nimmt die kgl. Regierung um so weniger Anstand, diese Form der Wahl in Vorschlag zu bringen, als sie dieselbe für das conservative Princip förderlicher erachtet als irgend einen andern auf künstlichen Combinationen beruhenden Wahlmodus.

Die näheren Bestimmungen für Ausführung der Wahl werden leicht anzuordnen sein, nachdem erst das allgemeine Princip der Wahlen festgestellt ist, und kann die kgl. Regierung sich für jetzt darauf beschränken, in dieser Beziehung die Annahme der directen Wahl und des allgemeinen Stimmrechts zu beantragen.

Es ist bereits entwickelt worden, dass die kgl. Regierung es für rathsam erachten muss, dass die Regierungen nicht der gewählten Versammlung die Initiative der Reform allein überlassen, und sie beabsichtigt daher auch, sofort mit ihren hohen Bundesgenossen in die Verhandlung über das materielle der Frage selbst einzutreten.

Um solche zu einem erfolgreichen Abschluss zu führen, muss sich aber die Beschränkung dieser Verhandlung auf die wesentlichsten Punkte von entschieden praktischer Bedeutung empfehlen.

Wenn die Verhandlungen nun auf solche Weise dem wahrhaft dringenden Interesse der Nation und dem erfahrungsmässig Nothwendigen zugewendet bleiben; so wird die Zeit zwischen der Berufung und dem Zusammentritt des Parlaments unzweifelhaft hinreichen, um die Grundzüge einer Vorlage festzustellen, welche im Namen der Gesammtheit der Regierungen der Versammlung zur Prüfung darzubieten sind.

Die Bestimmung eines festen Termins für die Berufung des Parlaments wird aber der Nation zugleich die grosse Gewähr bieten, dass die Verhandlungen zwischen den Regierungen über die zu machenden Reformvorschläge nicht vollständig in's Ungewisse sich hinausziehen können.

Indem die kgl. Regierung alles Weitere den Verhandlungen mit ihren hohen Bundesgenossen vertrauensvoll vorbehält, stellt sie jetzt den Antrag:

Hohe Bundesversammlung wolle beschliessen: eine aus directen Wahlen und allgemeinem Stimmrecht der ganzen Nation hervorgehende Versammlung für einen noch näher zu bestimmenden Tag einzuberufen, um die Vorlagen der deutschen Regierungen über eine Reform der Bundesverfassung entgegenzunehmen und zu berathen; in der Zwischenzeit aber, bis zum Zusammentritt derselben, durch Verständigung der Regierungen untereinander diese Vorlagen festzustellen.

XVIII.

Die Friedenspräliminarien
zwischen Oesterreich und Preußen zu Nikolsburg,
26. Juli 1866.

(Der deutsche Krieg vom Jahre 1866.)

Die Differenzen zwischen Preußen und Desterreich nahmen im Monat April 1866 durch die neben ihnen hergehenden Rüstungen einen immer drohenderen Charakter an. Der deutsche Bund mahnte zum Frieden; er war auf den von Preußen am 9. April 1866 gestellten Antrag auf Bundesreform eingegangen und hatte am 29. April für die Berathung desselben einen aus neun Mitgliedern bestehenden Ausschuß eingesetzt; Oesterreich selbst hätte bei dem üblen Stand seiner Finanzen den Krieg gerne vermieden und that versöhnliche Schritte; aber Preußen wollte Krieg, nicht die Nation, jedoch der König und das Ministerium. Es schien sich noch von den Tagen von Bronzell und Imüş (1850) her ein alter Groll in den preußischen maßgebenden Kreisen fortgeerbt zu haben, der sich auch durch Neuerungen in der Heerverfassung bereits seit mehreren Jahren vorbereitet hatte, endlich mit Gewalt der Waffen die Rivalität des Hauses Habsburg aus dem Wege zu räumen, die überall hindernd dazwischen trat, wo das Haus Hohenzollern seinen Einfluß in Deutschland erweitern wollte. Das Verfahren Desterreichs gegen Preußen in den Jahren 1848 bis 1851, die Mißgunst, mit welcher damals das österreichische Kabinet der versuchten Erhebung der preußischen Tynastie auf den deutschen Kaiserthron entgegentrat, die Zerstörung der hierauf von Preußen in's Leben gerufenen deutschen Union, der zu diesem Behufe von Oesterreich und Bayern unternommene Kriegszug nach Hessen, die zuletzt in Verbindung mit Rußland ausgeführte vollständige Demüthigung der preußischen Machtbestrebungen in Olmüß, endlich der im Jahre 1863 unerwartet und ohne

Vorberathung mit Preußen vom österreichischen Kabinet berufene Fürstentag, welcher den Kaiser von Oesterreich an die Spiße von Deutschland stellen sollte dies waren allerdings Punkte, welche die preußische Dy= nastie verlegen mußten und nach dem Tode des bedenklichen und unentschiedenen Königs Friedrich Wilhelm IV. Genugthuung zu verlangen schienen; wenn man auch auf der anderen Seite nicht in Abrede stellen kann, daß auch die habsburgische Dynastie sich im Recht fühlen mochte, indem sie sich bemühte, ihren alten Traditionen gemäß sich an der Spitze von Deutschland zu behaupten. Für die deutsche Nation selbst war freilich diese fortwährende Rivalität der beiden mächtigsten Häuser ein beständiges Hinderniß der Einigung und Kraft= entwicklung gegen Außen, und vom deutsch-nationalen Standpunkt aus konnte man also nicht anders, als wünschen, daß dieser Streit endlich aufhöre, indem eine der Mächte entweder freiwillig zurücktrete oder im Kampf unterliege.

Eine am 26. April 1866 an das preußische Kabinet gerichtete österreichische Note sagte, der Kaiser von Oesterreich habe den dringenden Wunsch, den zwischen beiden Kabineten schwebenden Conflikt gründlich zu beseitigen; dazu sei aber nicht blos eine gegenseitige Ab rüst ung erforderlich, sondern auch eine Verständigung über Schleswig-Hol= stein. Bei der Eroberung der Herzogthümer durch die österreichischpreußische Armee sei es nicht auf die gegenwärtig bestehende Theilung von Schleswig-Holstein zwischen Preußen und Oesterreich abgesehen gewesen; das preußische Kabinet möge sich daher mit dem österreichischen dahin verständigen, dem deutschen Bundestag zu erklären, beide Mächte hätten beschlossen, die von Dänemark durch den wiener Frieden erwor= benen Rechte auf die Herzogthümer auf denjenigen Prätendenten überzutragen, welchem der deutsche Bund die überwiegende Berechtigung zur Erbfolge im Herzogthum Holstein zuerkennen würde. Biete Preußen zu diesem Ausgleiche die Hand, so wolle Desterreich überall mitwirken, damit dem preußischen Kabinet die Vortheile in den Herzogthümern bleibend gesichert würden, mit denen Oesterreich einverstanden sei; nämlich die Erwerbung militärischer Stellungen in Kiel, Rendsburg und Sonderburg, Anlage eines Kanals von der Ost zur Nordsee, MarineLeistungen der Herzogthümer an Preußen bis zur Herstellung einer deutschen Flotte, Eintritt der Herzogthümer in den Zollverein. PreuBen ging auf diesen Antrag nicht ein; es erklärte, beide Mächte hätten. nicht als Bundesmächte, sondern als europäische Großmächte die Herzogthümer erobert, und es stünde also dem deutschen Bunde keine Entscheidung über diese Eroberung zu; die preußische Antwort vom 30. April verlangte, daß Oesterreich vor Allem seine Truppen aus Schlesien, Mähren und Galizien, die dort in den lezten Wochen angehäuft wor

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