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ausgeschlossen. Von den beiden deutschen Großmächten wurden die Ver handlungen über eine definitive Entscheidung der Herzogthümerfrage jezt durch einen Depeschenwechsel fortgesetzt. Ende Dezember 1851 kamen sie mit der dänischen Regierung über folgende Puncte überein: Die dänische Gesammtmonarchie wird in ihrer gegenwärtigen Zusammensehung als ein Ganzes anerkannt. Holstein behält seine Provinzialstände, und es steht ihnen die Vertretung der eigenthümlichen Verhältnisse dieses Landes zu. Das holsteinische Heer ist deutsches Bundescontingent und steht unter dem Befehl des Königs von Dänemark. Das Herzogthum Schleswig darf weder bezüglich seiner Verfassung noch seiner Verwaltung Dänemark einverleibt werden, sondern behält, seine Provinzialstände und bleibt ein abgesonderter Theil der dänischen Gesammtmonarchie. Der nexus socialis zwischen den Ritterschaften von Schleswig und Holstein bleibt aufrecht erhalten. Diesen Bestim= mungen gemäß, die am 3. Juni 1852 vom deutschen Bunde anerkannt wurden (nur der Herzog Ernst von Koburg-Gotha protestirte dagegen), erließ der König von Dänemark am 27. Januar 1852 ein Manifest, nach welchem Schleswig einerseits und Holstein mit Lauenburg andererseits für die Zukunft jedes unter einem besonderen, nur dem König von Dänemark verantwortlichen Minister stehen sollten. Die Stände der beiden Herzogthümer sollten fortdauern, aber in getrennter Versammlung, die deutsche und dänische Sprache in Schleswig gleichberechtigt sein.

Die Hauptschwierigkeit für die Aufrechthaltung der dänischen Gesammtmonarchie bestand in dem dänischen Thronfolgegesek, welches die weibliche Erbfolge zuließ, die für Schleswig-Holstein keine Gültigkeit hatte. Es lag also nahe, diesen Anstand dadurch zu beseitigen, daß man das dänische Erbfolgegesetz in einer Weise umänderte, daß auch in Dänemark nur die männliche Erbfolge galt, und zum Nachfolger des kinderlosen Königs Friedrich einen in Schleswig-Holstein erbberechtigten Prinzen bestimmte. Ueber diesen Ausweg vereinbarten sich das dänische und petersburger Kabinet am 5. Juni 1851 zu Warschau, indem sie hier zum Nachfolger auf dem dänischen Throne den Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg bestimmten, dessen Gemahlin eine Enkelin des dänischen Königs Christian VIII. war. Derselbe hatte bisher in Kopenhagen gelebt und an der Bewegung der Herzogthümer nicht nur keinen Theil, sondern vielmehr Partei für die Dänen genommen. Von dem Proteste der Ag= naten gegen den offenen Brief des Königs Christian VIII. hatte er sich ausgeschlossen und war auch der einzige Prinz aus dem schleswig-holsteinischen Hause, der während des Aufstandes der Elbherzogthümer in dänischen Kriegsdiensten blieb. Man konnte also vorausseßen, daß seine

Wahl zum Thronfolger die Billigung des dänischen Volkes erhalte; und da er eine zahlreiche Familie hatte, so war auch gegen ein Aussterben der neuen königlichen Linie auf lange Zeit Vorsorge getroffen. Die Proteste der Herzogthümer gegen eine fernere Vereinigung mit Dänemark nach dem Tode des Königs Friedrich waren freilich auch durch diesen Ausweg nicht niedergeschlagen; denn dort war nach dem Aussterben der königlichen Linie in Dänemark nicht die Linie Glücksburg, sondern der Herzog Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg, und da dieser (16. Nov. 1863) zu Gunsten seines Sohnes Friedrich auf die Thronfolge verzichtete, der lettere erbberechtigt. Ohne die Ansprüche dieser Agnaten irgendwie zu berücksichtigen, erkannte nun auch die Conferenz der Großmächte in London den Prinzen Christian von Glücksburg als dänischen Thronerben an. Das sogenannte Londoner Protokoll vom 8. Mai 1852 sagte: „Die Königin von Großbritannien, der Kaiser von Oesterreich, der Prinz-Präsident der französischen Republik, der König von Preußen, der Kaiser von Rußland und der König von Schweden haben, in Erwägung, daß die Erhaltung der dänischen Gesammtmonarchie für die Erhaltung des Gleichgewichtes und des Friedens von Europa von der größten Wichtigkeit sind, folgende Artikel angenommen: 1) Der König von Dänemark hat, mit Zustimmung des Erbprinzen und des Kaisers von Rußland, des Chefs des älteren Zweiges des Hauses HolsteinGottorp, beschlossen, daß nach seinem Tode die dänische Krone auf den Prinzen Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg, erblich im Mannsstamme, übergehen soll. Die contrahirenden Mächte erklären, daß sie diese Bestimmung anerkennen. 2) Die hohen contra= hirenden Parteien erkennen das Prinzip der Integrität der dänischen Monarchie als permanent an. 3) Die wechselseitigen Verbindlichkeiten zwischen dem König von Dänemark und dem deutschen Bund bezüglich der Herzogthümer Holstein und Lauenburg bleiben aufrecht erhalten u. s. w. Bayern, Oldenburg und Sachsen-Koburg-Gotha protestirten gegen die Anerkennung dieses Protokolls von Seiten des deutschen Bundes, da die Zustimmung des erbberechtigten Hauses Augustenburg und der schleswig-holsteinischen Stände fehle; eine Anerkennung von Seiten des deutschen Bundes, die auch nicht verlangt wurde, unterblieb daher. Auf dänischer Seite jedoch hielt man jezt diese Erbfolge und mit ihr den Gesammtbestand der Monarchie für alle Zeiten gesichert. Fußend auf diese Erklärung der Mächte erließ der König Friedrich VII, am 31. Juli 1853 mit Zustimmung der dänischen Stände ein neues Thronfolgegefeß, welches bestimmte: „Das von König Friedrich III. am 14. November 1665 gegebene Königsgesetz, welches die weibliche Erbfolge zuläßt, ist aufgehoben; es soll ferner nur Mann von Mann mit

Ausschluß der Weiber zur Erbfolge in allen unter unserm Scepter vereinigten Ländern berechtigt sein. Die Thronfolge soll auf Unseren geliebten Vetter, S. Hoheit Prinzen Christian von Schleswig-HolsteinSonderburg-Glücksburg, welchem Wir von jezt an den Namen eines Prinzen von Dänemark beigelegt haben wollen, und auf Seine aus der Ehe mit unserer vielgeliebten Cousine, Prinzessin Luise Caroline von Glücksburg, geborenen Prinzessin von Hessen, entsproffene Nachkommenschaft übergehen." u. f. w.

Nachdem die preußischen und österreichischen Truppen im Februar 1852 aus den Herzogthümern abgezogen waren und der deutsche Bund am 3. Juni 1852 die dänische Uebereinkunft mit dem österreichischen und preußischen Kabinet anerkannt hatte, glaubte die dänische Regierung ungehindert mit beschränkenden und strafenden Maßregeln gegen die Herzogthümer vorgehen zu können. Das holsteinische Contingent erhielt dänische Uniform und dänisches Commando, die Soldaten aus den Herzogthümern wurden in dänische Garnisonen, dänische Soldaten in die Herzogthümer versezt, 'die schleswig-holsteinische Flotte (3 Dampfschiffe, ein Schoner und 12 Kanonenboote) wurde nach Kopenhagen geführt und die Festung Rendsburg geschleift. Die schleswig-holsteinischen Arsenale, die Archive, die Sternwarte von Altona brachte man nach Kopenhagen; der schleswig-holsteinischen Staatsschuld (8 Millionen Thaler) wurde die Anerkennung versagt. Unter den Beamten nahm die dänische Regierung eine ausgedehnte Purificirung vor; sehr viele, unter ihnen auch Geistliche, und 8 Professoren der kieler Universität wurden entlassen. In Deutschland stellte man Sammlungen für die Vertriebenen an und suchte sie anderweitig zu versorgen. Die Danisirung des Her= zogthums Schleswig wurde von der dänischen Regierung wieder mit großem Eifer aufgenommen; im ganzen Herzogthum bis auf eine Stunde nördlich von der Stadt Schleswig wurde die deutschen Prediger ent= fernt und auf Kanzeln und in Schulen nur noch die dänische Sprache geduldet; nur in dem südlichsten Theile des Herzogthums, von der holsteinischen Grenze bis zur Stadt Schleswig, sollte sich die deutsche Sprache erhalten, während sie doch auch in Mittelschleswig die herrschende war. In diesen gedrückten Verhältnissen blieben die Herzogthümer mehrere Jahre; sie klagten beständig und laut; aber die Deut schen waren müde und die Volksstimmen vermochten auch Nichts mehr. Die dänische Regierung octroyirte den Lauenburgern (20. Dez. 1853), Schleswigern (15. Febr. 1854) und Holsteinern (11. Juni 1854) eine Provinzial-Verfassung, welche die früheren Volksrechte sehr wesentlich beschränkte; dazu kam noch die dänische Gesammtstaatsverfas= jung vom 2. Oktober 1855, die man ebensowenig den Ständen der Herzogthümer zur Begutachtung vorgelegt hatte; leßtere nahm noch obenein

die reichen Domänen und Domanialabgaben von Schleswig, Holstein und Lauenburg für den dänischen Gesammtstaat in Anspruch. Als der Unwille der deutschen Presse über die Hülflosigkeit, welcher man die Herzogthümer überließ, sich wieder allgemeiner und entschiedener auszu= sprechen anfing, erließ endlich Preußen am 1. Juni 1856 eine Note an das dänische Kabinet, worin gemahnt wurde, letteres möge einer tiefer gehenden Aufregung in den Herzogthümern durch Maßregeln vorbeugen, welche den Einwohnern die Zuversicht geben könnten, daß ihre Interessen nicht schuklos bedroht seien. In der zweiten Hälfte des Oktober 1856 liefen aus Berlin und aus Wien in Kopenhagen Noten ein, welche verlangten, daß sowohl die im Jahre 1854 octroyirten Provinzialverfassungen, als die dänische Gesammtstaatsverfassung vom Jahr 1855 den Ständen von Holstein und Lauenburg zur Begutachtung vorgelegt würden. Diese Mahnungen blieben in Kopenhagen ohne Wirkung; das dänische Kabinet erklärte am 23. Febr. 1857, die Gesammtverfassung sei allen Provinzen Dänemarks octroyirt worden, und es könne den Herzogthümern Schleswig und Holstein nicht ausnahmsweise eine Prüfung derselben gestattet werden; der deutsche Bund möge sich in diese Sache nicht mischen. Da das dänische Ministerium Scheele aber immer weiter ging und schleswig-Holsteinische Domänen im Werth von 11,600,000 Thalern, lauenburgische im Werth von 4,500,000 Thalern verkauft und damit dänische Staatsschulden abbezahlt hatte; so legten Desterreich und Preußen am 22. Oktober 1857 die Beschwerden Holsteins und Lauenburgs dem deutschen Bunde vor, der am 6. November einen eigenen Ausschuß für diese Angelegen= heit constituirte. Auf das Gutachten dieses Ausschusses beschloß der Bund am 11. Febr. 1858, daß die dänische Regierung zur Veräuße rung der holsteinischen und lauenburgischen Domänen kein Recht habe, und daß die dänische Gesammtverfassung, so wie die Provinzialverfassungen, in beiden Herzogthümern zu Recht nicht bestünden, da sie den Ständen nicht vorgelegt worden seien. Die dänische Regierung antwortete ausweichend und fuhr in ihrer bisherigen Weise fort; der König erließ am 6. November 1858 ein Patent, wodurch die Gesammtstaatsverfassung für Holstein und Lauenburg aufgehoben und für diese Länder in ge meinsamen Angelegenheiten die absolute Königsgewalt wieder hergestellt wurde, was noch schlimmer war. Die Beschwerden mehrten fich; die schleswigischen Stände beschlossen am 30. Januar 1860 mit 27 gegen 14 Stimmen eine Verwahrung an den dänischen König wegen Unterdrückung der deutschen Sprache, und am 1. März 1860 mit 26 gegen 14 Stimmen einen Protest gegen die Einverleibung Schleswigs in Dänemark; beide Beschwerden blieben unbeachtet, die Ständeversammlung wurde aufgelöst. Der deutsche Bund seiner:

seits erklärte dem dänischen Kabinet am 8. März 1860, daß alle Gesetvorlagen, welche dem dänischen Reichstag zugingen, auch den Ständen der Herzogthümer Holstein und Lauenburg unterbreitet werden müßten, und daß in den genannten Herzogthümern kein Gesetz eingeführt werden dürfe, welches nicht vorher die Zustimmung ihrer Stände erhalten habe. Als nun die dänische Regierung das Staatsbudget vom 1. April 1860 bis 1. April 1861 publicirt und in Kraft gesezt hatte, ohne daß es den Ständen von Holstein und Lauenburg vorgelegt worden war, trug die oldenburgische Regierung am 26. Juli 1860 beim deutschen Bunde auf Execution gegen Dänemark an. Leßterer verlangte hierauf am 7. Februar 1861 von Dänemark binnen sechs Wochen eine ent schiedene Erklärung, ob das Ministerium dem Bundesbeschluß vom 8. März 1860 nachkommen wolle oder nicht. Das Ministerium antwortete am 29. Juli 1861, es werde für das laufende Finanzjahr die Steuerquote des Herzogthums Holstein auf das Normalbudget vom 28. Febr. 1858 beschränken, worauf die Bundesexecution am 12. August 1861 wieder sistirt wurde. Dänemark, das diese Zusage nicht hielt, denn es nahm den Mehrbedarf aus dem holsteinischen Reservefond, wollte die auf diese Weise gewonnene Frist zu internationalen Verhandlungen benüßen, um England, Frankreich und Rußland zu sei= nem Beistande zu gewinnen. Diese Verhandlungen begannen im Oc= tober 1861 und endigten im November 1862 ohne Erfolg. England machte am 15. und 20. Nov. 1862 und am 21. Januar 1863 Vergleichsvorschläge, auf welche die deutschen Großmächte einzugehen bereit waren, aber Dänemark wies sie zurück. Das dänische Kabinet schien nicht mehr daran zu glauben, daß der bedächtige und langsame deutsche Bund die Execution je verwirklichen werde.

Am Anfang des Jahres 1863 versammelten sich die holsteinischen Stände und legten dem König Friedrich VII. in einer Adresse die gedrückte Lage des Landes dar; die Adresse wurde zurückgewiesen; die Stände wandten sich deßhalb wiederholt beschwerend an den deutschen Bund. Endlich kam am 30. März 1863 die Sache zum Bruche. An diesem Tage erließ der König Friedrich VII. das sogenannte Märzpatent, welches das Programm der eiderdänischen Partei vollzog, indem es Schleswig dem dänischen Reiche völlig einverleibte, Holstein dagegen davon absonderte. Mit diesem Patent hatte das dänische Kabinet alle Zusagen an den deutschen Bund, daß Schleswig und Holstein vereint bleiben und ersteres Dänemark nicht einverleibt werden solle, gebrochen und sich von den Verträgen von 1852 factisch losgesagt. Zugleich wurde befohlen, daß fortan die dänische Sprache in ganz Schleswig alleinige Kirchen-, Schul- und Gerichtssprache sein solle. Die Schleswiger selbst waren mit der neuen Ord

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