Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

hat? Der Verdruß, den Sie mit der Frau Richardinn gehabt, hat sich gewiß ohne Ihr Wissen mit in das Spiel gemengt. Sie schlug Ihnen Christianchen ab, und gleich darauf trugen Sie mir Ihr Herz an. Ich mache Ihnen keinen Vorwurf: ich will Ihnen auch Ihre Liebe zu mir nicht verdächtig machen. Ich will nicht sagen, daß sie zu geschwind entstanden ist. Nein, ich will es anders ausdrücken. Ich glaube nicht, daß ich so viel Reizungen besiße, daß ich in so kurzer Zeit mir Ihre Liebe zu eigen machen könnte. Gesezt auch, daß sie noch so gegründet wäre, so bleibe ich doch bey meinem Vorsage. Ich habe alles wohl überlegt. Ihr Herz gehört niemanden, als Christianchen. Sie verdient es, wo nicht mehr, doch eben so wohl, als ich. Sie hat es aus Liebe zu mir nicht anneh men wollen, und um mich glücklich zu machen, hat sie spåter glücklich werden wollen. Sie liebt Sie, ohne es zu wissen, und Sie können nach meinem Urtheile nicht glücklicher wählen, als bey Christianchen. Bleiben Sie also bey Ihrem ersten Entschlusse. Sie sind nicht unbeständig gegen Christianchen gewesen, denn Sie haben ihren Werth nicht genug gekannt. Ich begleite Christianchen nach Berlin. Sie lebt noch ein Jahr bey mir, ehe Sie sich mit ihr vermählen. Es steht bey Ihnen, ob Sie meinem Rathe folgen wollen, der die aufrichtigste Absicht zum Grunde hat. Ge nug, ich bin nicht mehr Ihre Braut, sondern Ihre gute Freundinn.

Simon. Liebste Eleonore, in welche Bestürzung sehen Sie mich! Ich weis nicht, Ist es denn nicht möglich, daß Sie mich lieben können?

Lorchen. Ich will Ihnen die Mühe nicht machen, mich weitläuftig zu widerlegen. Ich will Unrecht haben. Ich glaube, daß ich Sie beleidige, und daß Sie sich dergleichen fremden Antrag niemals vermuthet haben. Alein ich wiederhole es:

Entweder Christianchen ist Ihre Braut, oder keine von uns beiden.

Ferdinand. Ach Lorchen! Wozu bringen Sie Herr Simonen? Uebereilen Sie sich doch nicht, ich bitte Sie.

Lorchen. Ich übereite mich nicht. Antworten Sie mir, mein lieber Herr Simon. Ist Christianchen Ihre Braut, und soll ich mit ihr nach Berlin reisen?

Simon. Lassen Sie mich doch nur von meiner Bestürzung zu mir selber kommen. Sie verfahren gewiß zu strenge mit mir. Ich weis ja nicht, ob die unschuldige Christiane sich entschließen kann Also darf ich mir keine Hoffnung ma chen, Sie zu besigen, meine Eleonore? Verdiene ich nicht län, ger, als etliche Augenblicke, von Ihnen geliebt zu werden? Träume ich, oder schlagen Sie mir wirklich Ihr Herz ab? Darf ich gar nicht mehr hoffen?

Lorchen. Nein, Sie dürfen nicht mehr hoffen. Beruhigen Sie sich, wenn ich Ihnen gestehe, daß es mir so sauer ankömmt, dieses zu sagen, als es Ihnen seyn kann, es anzuhōren. Genug, ich opfere die Liebe der Freundschaft auf, mein Herz mag dawider sagen, was es will. Sie gehören Christianchen zu, und ich will mich vollkommen glücklich schäßen, wenn Sie dieses liebenswürdige Kind von meiner Hand annehmen. Sie liebt Sie gewiß; allein sie hat, aus Liebe zu mir, mich durch Sie glücklich machen, und sich selber vergessen wollen. Ich bin also nicht einmal so großmüthig, als Christianchen. Was ich thue, ist nur eine Belohnung, oder eine Erkenntlichkeit für die Freundschaft, die sie mir freywillig erwies. Erfüllen Sie meine Bitte, lieber Herr Simon, und nehmen Sie meine unschuldige Freundinn von mir an. Ich reise mit ihr nach Berlin, und es bleibt bey meinem Versprechen. Ge ben Sie diesen Abend Ihr Wort von sich, und verschie ben Sie das Hochzeitfest noch ein Jahr. Ihre Ehe wird

alsdann ein Beyspiel der besten Ehen seyn. Denken Sie nicht mehr an mich; sondern von diesem Augenblicke an, an Christianchen. Ich bitte Sie bey der Zuneigung, die Sie mir heute geschenkt haben, denn ich weis nichts kostbarers.

Simon. Ich kann nichts weiter sagen, als daß ich Christianchen von Ihrer Hand annehmen, und Ihre Großmuth, und mein Schicksal zeitlebens bewundern werde. Uch Herr Ferdinand, wer hätte diesen Ausgang vor einer Stunde vermuthet? Ich gehorche dem Verhängnisse und der Liebe. Christianchen sey zum andernmale meine Braut, und auf ewig die Meinige. Wird sie mich auch lieben? Wie unruhig ist ein Herz, wenn es liebt! und was ist gleichwohl süßer, als die unschuldige Liebe? Liebste Eleonore, glauben Sie wohl, daß Christianchen mich liebt?

Lorchen. Ja. Sie liebt Sie, Herr Simon, und ich freue mich über den glücklichen Ausgang Ihrer Liebe. Ich will mit Christianchen reden; verlassen Sie sich auf mich, und auf Ihren eignen Werth. Wie zufrieden will ich seyn, wenn ich Sie beyde in dem Glücke sehe, das Sie verdienen, und wenn ich den süßen Gedanken mit mir herumtragen kann, daß ich zu diesem Vergnügen etwas beygetragen habe! Kommen Sie, wir wollen zur Frau Richardinn gehen, sie wird diesen guten Erfolg mehr, als einmal, ihrem Gebete zu= schreiben.

Ferdinand. Das heißt Großmuth! Das heißt Freundschaft! Wenn doch viele solche weltlichgesinnte Frauenzimmer in der Welt wären, wie Lorchen und Christianchen, und keine einzige so heilige Frau, wie meine Frau Muhme, die Betschwe fter! Lorchen, ich habe kein Kind. Sie sind meine Tochter. Nehmen Sie die fünf tausend Thaler von Herr Simonen nicht an. Ich will Sie allein glücklich machen. Kommen Sie, meine

liebe Tochter, wir wollen gehen. (Er nimmt sie bey der Hand, und sie küßt ihm die Hand.)

Lorchen (zu Simonen). Erlauben Sie mir das Vergnügen, daß ich Sie zu Ihrer Braut führen darf. Das gute Kind wird recht erschrecken.

Das

Loos in der Lotterie.

Ein Lustspiel in fünf Aufzügen.

« ZurückWeiter »