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Schämen Sie sich doch. wenn meine Tochter aus

könnte noch an das Heirathen denken? Es wird indessen schlimm genug seyn, dem Hause ist. Wer soll mich künftig in meinem Alter warten und pflegen? Keinen Mann habe ich, der mir an die Hand gienge, und so einen, wie mein seliger Herr war, kriege ich in meinem Leben nicht wieder. Nein, Herr Vetter, rathen Sie mir ja nicht, daß ich wieder heirathen soll. Ein alter Mann ist unbehülflich, und ein junger hält mich nicht für gut, und verthut mir das Meinige. Uch denken Sie mir nicht an diese Schwachheit. Die Breter sind zu meinem Sarge bestimmt, der soll mein Brautbette seyn.

Ferdinand. Sie haben mich nicht recht verstanden, ich meynte zum Brautbette Ihrer Jungfer Tochter. Ich würde Ihnen nicht zur Ehe rathen, Frau Muhme, da ich weis, бар Sie in sechzig sind.

Fr. Richardinn. Warum nicht lieber in achtzig? Ich muß am besten wissen, wie alt ich bin. Es läßt sich mit meinen Jahren noch wohl halten, und meines Alters wegen könnte ich noch lange leben, wenn mich nicht Noth und Sorge vor der Zeit ins Grab brächten. Ich bin alle Tage bereit zum Tode. Doch möchte ich nur noch einige Jahre leben, damit ich sähe, wie es meiner Tochter gienge, und ob sie mich auch mit wohlgerathenen Kindern erfreuen würde. Wenn Sie nur nach Herr Simonen gerathen, so bin ich schon zufrieden.

Ferdinand. Frau Muhme, wir wollen noch nicht von den Kindern reden: denn es stößt sich noch an die Kleinigkeit, ob Herr Simon Christianchen zur Frau haben will.

Ich will ge

Fr. Richardinn, Davon bin ich überzeugt. hen, und den Bissen Essen zurechte machen lassen. Ueber Tische wollen wir die Versprechung zur Richtigkeit bringen.

Neunter Auftritt.

Ferdinand. Simon.

Simon. Wo ist denn meine Braut? Haben Sie noch nicht mit ihr gesprochen?

Ferdinand. Ja, ich weis nicht, welche Braut Sie meynen; ob die erste, oder die legte? Ob Christianchen, oder Lorchen? Simon. Wie können Sie doch fragen? Habe ich denn eine andere Braut, als Lorchen?

Ferdinand. Bey Ihnen ist es freylich Lorchen; aber bey meiner Frau Muhme ist es Christianchen. Sie will uns zu Lische behalten, und da soll die Versprechung vor sich gehen. Und wenn Sie Christianchen nicht zur Frau nehmen: so will meine liebwerthe Frau Muhme in eigener hoher Person ins Confiftorium laufen, all ihr Vermögen daran segen, und, wenn dieses nicht hilft, Sie durch ihr Gebet in das entseglichste Unglück beten.

Simon. Die Frau weis nicht, was sie will. Sie kann thun, was ihr gefällt. Lorchen ist meine Braut, und Christianchen dauert mich. Sie hat ist wieder mit mir gesprochen, und recht artig gethan. Sie ist wirklich nicht so wohl einfältig, als furchtsam. Sie hat recht mit mir gescherzt, und Lorchen bey mir auf eine lose Weise verklagt. Freylich hat sie mir nichts sinn: reiches gesagt; aber sie wußte es doch mit einer guten Miene vorzubringen. Sie bedankte sich recht zärtlich bey mir, daß ich auf ihr Bitten Lorchen hätte zu meiner Braut erwählen wollen. Ich hätte lieber über ihre Unschuld geweint. Doch, Herr Fers dinand, wo ist denn Lorchen? Haben Sie noch nicht mit ihr gesprochen?

Gellert II.

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Zehnter Auftritt.

Die Vorigen. Lorchen. Christianchen.

Lorchen. hat mich Christianchen bey Ihnen verklagt, Herr Simon?

Simon. Ja wohl, meine liebe Braut; und ich wollte bits ten, daß Sie sich selber eine Strafe auferlegten, damit ich es nicht in Christianchens Namen thun müßte.

Lorchen. Das ist doch ganz artig. Sie trauen der lofen Christiane, und verdammen mich, ohne mich gehört zu haben. Bey wem soll ich mich denn über Sie selbst beklagen? Bey der kleinen Christiane? Ja, ja, da würden Sie mit einer sehr leichten Strafe davon kommen.

Christianchen. Mein liebes Lorchen, ich habe nichts mehr gesagt, als was wahr ist. Ich hätte gern noch etwas dazu geseßt; aber ich konnte es nicht über das Herze bringen. Ich habe Sie gar zu lieb. Ich will es Ihnen auch gestehen, daß mir Herr Simon doch er mag es Ihnen selber sagen.

Lorchen. Ich höre es schon, mein Herr Bräutigam wird Ihren kleinen Muthwillen mit etlichen Mäulchen bestraft haben, und Sie werden sich diese harte Bestrafung haben gefallen lassen. Sie sagen nichts, Herr Simon? Soll ich etwan auch stille schweigen, und Ihre erste Untreue gleich mit Gelassenheit ansehen?

Christianchen. O! reden Sie doch nicht von der Untreue. Sie haben mir es ja selbst befohlen. Herr Simon liebt Sie von Herzen, und wir haben von nichts, als von Ihnen, gesprochen. Er hat Ihnen die größten Lobsprüche beygelegt, und ich auch. Wenn ich von Ihnen rede, so werde ich recht beredt.

Simon. So, meine liebe Christiane! Immer vertheidigen Sie mich bey meiner Braut. Sie sehen wohl, daß sie eifersüch tig auf Sie ist. Aber, liebste Eleonore, wir wollen die wenigen

Augenblicke noch zu einigen Berathschlagungen wegen unserer morgenden Abreise anwenden. Weis es denn die Frau Richar dinn, daß Sie meine Braut sind? Wird fie auch ihre Christiane mit herr Ferdinanden reisen lassen?

Christianchen. Wie? Herr Simon! Ich soll nicht mit Lorchen reisen, und nur mit Herr Ferdinanden? Ist dieses Ihr Versprechen? Das hätte ich Ihnen nicht zugetraut.

Simon. Nein, mein liebes Kind, Sie reisen mit uns, und was Sie in Berlin verlangen, das soll zu Ihren Diensten stehen.

Ferdinand. Sie sollen meine Tochter seyn, und ich will Ihnen mehr halten, als ich verspreche. Ich mache mir eine Ehre daraus, ein Frauenzimmer in meinem Hause zu haben, das so angenehm und sittsam ist, als Sie sind. Sie wissen es nicht, wie liebenswürdig Sie Ihre Unschuld macht; und desto mehr verdienen Sie, hochgeschäßt zu werden. Jungfer Lorchen und meine Frau sollen alles zu Ihrem Umgange und zu Ihrem Vergnügen beytragen,

Lorchen. Ich will nichts weiter sagen, meine liebe Christiane. Genug, Sie sollen bald sehen, daß mir Ihre Zufriedenheit so lieb, wo nicht gar noch lieber, als die meinige, ist.

Christianchen. So wollen wir immer gehen, die Mama wird ganz gewiß schon mit dem Essen auf uns warten. Herr Simon und Herr Ferdinand, ich verlasse mich auf Ihren Fürspruch. Nehmen Sie es nur nicht übel, wenn die Mama wieder verdrießlich werden sollte. Si meynt es nicht so böse.

Simon (zu Lorchen). Also kommen Sie, meine liebe Braut. Wir wollen sehen, wie wir mit der Frau Richardinn aus einan= der kommen. Ich habe noch für ein größer Präsent gesorgt, sie wird sich schon befriedigen lassen.

Lorchen. Meine liebe Christiane, gehen Sie immer voran. Wir wollen gleich nachkommen. Thun Sie nur indessen gegen

die Mama, als ob Herr Simon noch Ihr Bräutigam wäre. Wir wollen es nach dem schon machen. (Sie geht ab.)

Eilfter und legter Auftritt.
Die Vorigen.

Lorchen. Ich habe noch ein Wort mit Ihnen zu reden, Herr Simon. Sie sind so großmüthig gewesen, und haben mich zu Ihrer Braut erwählt, und ich gestehe Ihnen, daß ich mir kein größer Glück in der Welt wünsche, als die Frau eines so edelgesinnten Mannes zu seyn. Allein ich höre auch mit diesem Geständnisse auf *), die Ihrige zu seyn. Ihr Herz war nicht für mich, sondern für Christianchen, bestimmt, und je mehr Vergnügen ich in der Ehe mit Ihnen würde genossen haben, desto unruhiger würde ich geworden seyn, daß ich meiner Freundinn so viel entzogen hätte. Werfen Sie mir nicht vor, daß ich zu zärtlich in der Freundschaft bin. Ich will lieber durch den Ueberfluß der Freundschaft fehlen, als durch den Mangel.

Simon. Its möglich, daß ich recht höre? Was fangen Sie mit mir an? Wozu bringen Sie mich? Ist mir denn alles in der Liebe zuwider?

Lorchen. Lassen Sie mich ausreden, so werden Sie hören, ob ich Ihnen Unrecht thue. Sie haben mich gewiß aus der be ften Absicht gewählt, und ich glaube, daß ich Ihr Herz einigen von meinen Eigenschaften zu danken habe. Allein, überlegen Sie wohl, ob nichts mehr, als die Liebe, an dieser Wahl Antheil

*) Ich gebe Ihnen die aufrichtigste Versicherung, daß ich Sie liebe. (Sie füßt ihn.) Allein ich höre auch in eben dem Augen: blicke auf

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