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den betreffenden Würdenträgern Entschädigungen aus dem Staatsichage bis zu 2000 Ducati (à zwei Gulden) versprach, kam doch nicht zur Ausführung.

Während man so die Vorsteher der Kirche maßregelte, Mönche und Nonnen aus ihren Häusern trieb und sie auf die Gasse warf, bewilligte Garibaldi der Mutter des in Neapel hingerichteten Soldaten, Agesilao Milano (welcher den König am 11. December 1856 bei einer Militärparade meuchlings verwundet hatte), eine jährliche Pension.

Wie alle sonstigen italienischen Concordate - das österreichische in der Lombardei nicht ausgenommen wurde auch das mit Neapel im Jahre 1818 geschlossene einfach annullirt (siehe päpstliche Allocution ddo. 18. März 1861). Ein königlich piemontesisches Decret vom 20. November 1861 hob sämmtliche Männer- und Nonnenklöster im Königreiche Neapel auf, mit Ausnahme jener, die sich mit Krankenpflege, Unterricht oder anderen gemeinnüßigen Werken beschäftigen. Da der Cardinal Riario Sforza vorzüglich wegen seiner während der Cholera bewiesenen Aufopferung bei den besseren Bewohnern Neapels sehr beliebt war, lud ihn die Regierung Victor Emanuel's in ihrem eigenen Interesse ein, nach Neapel zurückzukehren, indem ihm Farini alle Garantien für die freie Ausübung seines Oberhirtenamtes ver sprach. Am 30. November 1860 kam der Erzbischof wirklich aus Rom wieder in Neapel an, aber nur, um bald auch selbst zu erfahren, wie die neue Regierung Wort zu halten gewohnt sei; denn es währte nicht lange und er mußte wieder (31. Juli 1861) in die Verbannung, die er bis 1866 mit seinem Könige in Rom theilte.

Mit Decreten vom 5. März 1863 und 12. März, wieder 23. Mai d. I. verbot die S. Congregatio Rituum in firchlichen Gebeten im Königreiche Neapel des Victor Emanuel als „Königs von Italien" zu erwähnen; so wie dieselbe Congregation der Geistlichkeit wiederholt untersagte, sich ohne Erlaubniß der Bischöfe an den Functionen und Te Deum zur Feier der italienischen Einheit u. dergl. zu betheiligen.

Unterm 4. Mai 1863 richteten die neapolitanischen Bischöfe an Victor Emanuel eine Vorstellung gegen die Verordnung vom 5. März d. I. bezüglich des Placets für alle päpstlichen Erlässe.

Im vormaligen Königreiche beider Sicilien hatte Pius IX. die die beiden Bisthümer Gaëta und Catania zu Erzbisthümern erhoben;

die Bisthümer: Cajazzo, Vasto und Foggia aber neu gegründet. Das Gleiche that er mit Gozo auf der gleichnamigen Insel bei Malta. 1)

§ 20. Die katholische Kirche in Toscana und Modena.

Am 8. Februar 1849 mußte auch der Großherzog von Toscana, Leopold II.. als Flüchtling mit seiner Familie das Land vertassen, worauf er am 11. d. M. als abgesezt erklärt, und zuerst eine provisorische Regierung bestellt, bald aber gleichfalls die Republik ausgerufen und Guerazzi zum Dictator ernannt wurde. Doch noch im nämlichen Jahre, 29. Juli, gelangte auch Leopold II. gleich den übrigen vertriebenen Fürsten, den Herzogen von Modena, Franz V. und Parma wieder auf seinen Thron. Am 25. April 1851 schloß er mit dem heiligen Stuhle, statt des 1848 eingegangenen, ein neues Concordat ab (ratificirt am 19. Juni, in Wirksamkeit getreten am 25. August d. I., siehe Allocution ddo. 5. September 1851), wodurch die Leopoldinischen Geseze bezüglich der Kirche aufgehoben wurden.

Der Abfall der beiden Eheleute Francesco (Schenkwirth) und Roja Madiai zu Florenz zum Protestantismus, hätte für ganz Toscana bald die bedenklichsten Folgen gehabt. Weil nämlich die Genannten Proselytenmacherei trieben, so wurden sie nach dem Gesetze zur Gefängnißstrafe verurtheilt (1852). Durch das ganze protestantische Lager erscholl der Nothschrei, welch' grausamer Verfolgung die „Evangelischen" in Toscana preisgegeben seien; schon das bloße Lesen der protestantischen Bibel bringe auf die Galeeren oder gar auf den Scheiterhaufen (selbstverständlich unwahr). Aus England, Holland, Preußen, Würtemberg, der Schweiz u. s. w. machte sich eine großartige Depu tation auf den Weg, um sich beim Großherzog für die „Martyrer“ zu verwenden. Der preußische Gesandte in Florenz fand die Sache wichtig genug für eine diplomatische Intervention. Um sich Ruhe zu verschaffen, ließ die großherzogliche Regierung das gedachte Ehepaar im Frühjahre 1853 frei ziehen.

Am 27. April 1859 zwang die Revolution neuerdings den Groß

1) Am 6. September 1862 starb zu Neapel der Bischof von Ariano, Caputo, der es mit der Nationalpartei und mit Victor Emanuel hielt. Der Aufforderung der Congregation des Concils ddo. 28. Februar 1861, seine Stelle als königlich piemontesischer Groß-Almosenier niederzulegen, hatte er nicht Folge geleistet.

Stepischnegg, Papst Pius IX. und seine Zeit. I. Bd.

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herzog Leopold II. zur Abreise (nach Desterreich), worauf Victor Emanuel vorläufig das Protectorat in Toscana annahm; bis ihm auch dieses Land durch das sogenannte Plebiscit zugespielt wurde. Am 21. Juli 1859 trat Leopold II. seine Rechte an seinen Sohn Ferdinand IV. ab. Er starb im Februar 1870 in Rom. Das Concordat vom 25. April 1851 wurde (1860) kurzweg aufgehoben.

In Pisa machte sich der sogenannte Montanelli-Verein geradezu den Sturz der katholischen Religion und Kirche zur Aufgabe. Pius IX. hatte in Toscana das Bisthum Modigliana neu errichtet.

Modena erhob Pius IX. im Jahre 1855 zum selbständigen Erzbisthume mit den Suffragan - Bisthümern, Reggio, Carpi, Massa und Guastalla.

Mit Breve vom 13. Juni 1857 genehmigte Se. Heiligkeit einige Verfügungen der Regierung, welche die Befreiung der Kirche von der Mitwirkung einer Laienverwaltung ihres Vermögens mittelst fester Dotation zum Zwecke hatten.

Wenige Tage nach der Herzogin Louise von Parma (7. Juni 1859)') - wo einige Monate später der ehemalige Oberst Graf Anviti vom Pöbel in canibalischer Weise mißhandelt und endlich ent hauptet worden war floh auch der Herzog Franz V. von Modena vor der Revolution auf österreichisches Gebiet, wo er am 20. November 1875 in Wien starb. Ungeachtet der Stipulation von Villafranca wurde auch Modena in Folge des in Scene gesezten Plebiscites von Victor Emanuel annectirt (19. August 1859).

§ 21. Der Kirchenstaat und das neue Königreich Italien. So war denn durch Mittel mancher Art auch List und Gewalt nicht ausgenommen - das neue „Königreich Italien“ — am

1) In Folge des Todes der Erzherzogin Marie Louise (Witwe Kaiser Napoleon's I.) am 18. December 1847 kam Lucca an Toscana; die bourbonische Linie in Lucca aber succedirte in Parma. Carl II. dankte 1849 ab; sein Sohn und Nachfolger Carl III. wurde am 27. März 1854 ermordet, worauf dessen Witwe Louise im Namen ihres minderjährigen Sohnes Robert I. die Regents schaft übernahm; aber gleichfalls vor der Revolution flüchten mußte. Im October 1859 wurde Parma von Piemont in Besig genommen. Die Herzogin, Tochter der Herzogin von Berry, starb am 1. Februar 1864 zu Venedig.

17. März 1861 nahm Victor Emanuel den Titel eines Königs von Italien“ an geschaffen, sich erstreckend über die ganze schöne Halbinsel, mit Ausnahme des sogenannten Patrimoniums des hl. Petrus und des venetianischen Gebietes, welches lettere aber auch bald demselben zufiel.

Nach und nach erhielt es, wie schon erwähnt, die Anerkennung der meisten übrigen Staaten (obwohl sie früher gegen die flagranten Rechtsverlegungen auf der italienischen Halbinsel durch Piemont Protest erhoben hatten) „auf Grund der vollendeten Thatsachen“. Zuerst von Seite Englands, Schwedens und Frankreichs u. s. w.; dann Rußlands (dieses hatte 1860 sogar seinen Gesandten aus Turin abberufen) und Preußens (1862), Baierns (1865); im nämlichen Jahre auch von Spanien u. s. w.; endlich in Folge des unglücklichen Krieges Desterreichs gegen Preußen, auch von jenem.

a

Noch bevor der Schöpfer der italienischen Einheit“ sein Werk mit dem vollständigsten Erfolge gekrönt sah, rief ihn Gott vor seinen Richterstuhl. Graf Camillo Cavour starb nämlich bereits am 6. Mai 1861, in Folge eines Schlaganfalles, ') wie er versicherte, als „guter Christ", und zwar versehen vom Pfarradministrator S. Giacomo d Poerine mit den hl. Sterbesacramenten. Der Widerruf dessen, was er der katholischen Kirche und ihrem Oberhaupte Leides zugefügt, wurde nicht bekannt.) Sein Geist wirkte in obiger Richtung fort; denn auch die Nachfolger Cavour's auf dem Ministerstuhle ») meinten, in seinen Fußstapfen wandeln zu müssen. ')

1) Schon Anfangs 1861 soll das Chronogramm circulirt haben:

CaVe CaVoVr nVnC MInIster

annVs hIC tIbI sInIster.

2) Am S. November 1873 wurde in Turin das ihm gesezte Denkmal in Gegenwart des Königs enthüllt.

3) Zumal Baron Ricasoli, Toscaner; Urban Ratazzi (geboren 1810 zu Alessandria, gestorben 5. Juni 1873 unversöhnt mit der Kirche), auf welchen Carlo Luigi Farini kam, den man in ein Irrenhaus bringen mußte, eine ehemalige alte Abtei, welche über Antrag Farini's aufgehoben worden war, wo er 1866 starb.

4) Die Verhaftungen von Bischöfen, als: des Bischofs von Sessa, des Erzbischofs von Aquila und des Pro-Generalvicars Garbassi (1861) zeigen dies. Ebenso jene des Vicars des verbannten Cardinal - Erzbischofs von Neapel, Tipaldi; des Bischofs von Fano, Filippo Vespasiani; des Capitularvicars von

Kaiser Napoleon hatte indessen seine Congreßgedanken noch immer nicht aufgegeben, oder besser gesagt, er wollte noch immer mit derlei Vorschlägen die Welt täuschen (Rundschreiben des Ministers Drouyn de Lhuys, ddo. 18. October 1862), selbst auch den hl. Vater. Dieser versicherte ihn in seinem Antwortschreiben, ddo. 20. November 1863, seiner „moralischen Beihilfe, damit die heut zu Tage so verkannten und mit Füßen getretenen Grundsäße der Gerechtigkeit zum Vortheile der so tief verwirrten Gesellschaft wieder aufgerichtet werden“ u. s. w. (Vergl. Schreiben Napoleon's an Lavalette in Rom, ddo. 20. Mai 1862; des Ministers Thouvenel an denselben, ddo. 30. Mai, und dessen Antwort, ddo. 24. Juni).

Kein tiefer Blickender zweifelte schon damals, daß das eigentliche Endziel der Revolution in Italien die Republik sei. Garibaldi erhob offen das Banner der Empörung gegen die Regierung des Königs. Ueberall entflammte er die Massen zu dem fanatischen Rufe: „Roma o morte!" Am 29. August 1862 nahm ihn der Oberst Emil Pallavicini in dem Gebirge von Aspromonte, nordöstlich von Reggio in Calabrien, gefangen, von wo er nach Spezzia abgeführt, aber nicht lange hernach wieder freigelassen wurde. Was hätte auch Victor Emanuel mit ihm beginnen sollen? Ganz Italien — auch das nüchterne England, welches Garibaldi (1864) besuchte, trieb mit dem sich mühsam auf Krücken einherschleppenden verwundeten Abenteurer ge radezu abgöttischen Cult.

In eine neue Phase trat das Verhältniß „Italiens" zum bereits so arg reducirten „Kirchenstaate“ in Folge der länger geheimen Convention, welche Kaiser Louis Napoleon mit König Victor Emanuel ohne Mitwissen des Papstes am 15. September 1864 abschloß, (aus dem Rundschreiben des Cardinals Antonelli, ddo. 19. November 1865, erhellt, daß die päpstliche Regierung erst am 28. September 1864 zur Kenntniß der Convention gelangte) und worin sich Ersterer verpflichtete, binnen zwei Jahren die französische Besazung aus Rom zu ziehen (dies geschah bis 11. December 1866).

Man fürchtete, dies sei gleichbedeutend mit: Pius IX.

aller Bemäntlungen nnd Clauseln

trob

an seinen Feind auszuliefern. Das war denn doch nicht der Fall. Hatte ja Drouyn de Lhuys

Bologna, Canzi; des Cardinals Morichini, Bischofs von Jesi (1864), der aber wieder bald in Freiheit gesezt wurde; des Bischofs von Guastalla u. A.

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