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„die Allgewalt des Papstes, und die persönliche Unfehlbarkeit des Papstes." Beides sei nicht richtig. Auch bezeichnen sie es als eine „Lästerung“, daß die Kirche und ihre Lehre die Fürsten und Staaten gefährde.

Die Gläubigen aber ermahnen die Oberhirten zum treuen und standhaften Festhalten an dem Glauben der hl. katholischen Kirche, und protestiren zugleich mit aller Entschiedenheit gegen die Behauptung, als sei auf dem vaticanischen Concile „eine neue, in der uralten Ueberlieferung der Kirche nicht enthaltene Lehre verkündet worden; oder als jei durch die verkündigte Lehre von dem unfehlbaren Lehramte und der Amtsgewalt des Papstes das Verhältniß der Kirche zum Staate geändert, oder diese går der Staatsgewalt gefährlich geworden.“

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Das Vorgehen Preußens gegen die katholische Kirche gab Veranlassung zur Bildung eines Vereines deutscher Katholiken“ mit dem Size zu Mainz. Der Aufruf zum Beitritte ist vom 8. Juli 1872 datirt. Die Statuten bezeichnen als Zweck des Vereines: „Vertheidigung der Freiheit und der Rechte der katholischen Kirche und Geltendmachung der christlichen Grundsäße in allen Gebieten des öffentlichen Lebens durch alle sittlich und gesetzlich erlaubten Mittel; insbesondere durch Ausübung der verfassungsmäßig anerkannten und garantirten staatsbürgerlichen Rechte".

Unter Einem protestirt der Verein gegen die Beschlüsse in der Jesuiten-Angelegenheit.

Ein Erlaß der königlich preußischen Regierung in Aachen bezeichnete die Tendenz dieses Katholikenvereines als „höchst unpatriotisch, ja staatsfeindlich" und forderte die Behörden zur strengsten Ueberwachung auf. Am wenigsten dürfen Beamte, Lehrer und im Staatsdienste stehende Geistliche mittelbar oder unmittelbar sich an demselben betheiligen.

In einer Erklärung protestirt der Vorstand des Vereines gegen derlei Maßregelungen: „Wir erkennen darin eine die persönliche Freiheit und das persönliche Recht verleßende Maßregel, welche weder durch die Bestimmung des Gesetzes, noch durch thatsächliche Verhältnisse gerechtfertiget ist." Die Beschuldigung der Staatsfeindlichkeit wird zurückgewiesen.

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In seinem Schreiben an den Verein deutscher Katholiken" vom 10. Februar 1873 forderte sie der hl. Vater, in Erwiderung der Adresse vom 12. December 1872, auf, sich ihrer politischen Rechte als

Bürger zu bedienen, um den Gegnern auf geseßlichem Boden mit Entschiedenheit entgegen zu treten, und die Religion gegen deren Willkür zu schüßen.

Durch Obertribunal Erkenntniß wurde der Verein in Preußen als staatsfeindlich sogar ganz aufgelöst. Er erstand aber (1876) wieder unter der neuen Firma „Katholischer Verein für Deutschland“. Der Präsident des aufgelösten Vereines, Freiherr von Loë, wurde vom königlich preußischen Disciplinargerichtshofe mit Urtheil vom 23. September 1876 sogar seines Amtes als Landrath entseßt.

Die traurigen kirchlichen Verhältnisse in Deutschland verursachten es, daß das Project einer specifisch katholischen Universität definitiv aufgegeben wurde. Die bereits dafür gesammelten Beiträge fließen dem Bonifaciusvereine zu.

Die zweite, am 15. Juni 1874 in Mainz eröffnete Generalver sammlung des deutschen Katholikenvereines war eine wahrhaft impo sante. Zum Präsidenten wurde Freiherr von Loë erwählt. Es lief sogar aus Amerika eine Sympathie-Adresse mit 4000 Unterschriften ein.

Nachdem sehr zeitgemäße Resolutionen gefaßt, auch eine Ergebenheitsadresse an den Papst abgesandt wurde, welche Dieser am 23. Juli huldvoll beantwortete, erfolgte der Schluß am 17. Juni.

Am 22. September 1875 wurde die dritte Generalversammlung des Vereines der deutschen Katholiken in Mainz eröffnet. Ihre Resolutionen lehnen sich großentheils an jene der Katholikenversammlung in Freiburg i. B. an.

Bei der alle sieben Jahre stattfindenden sogenannten Heiligthums. fahrt zu Aachen waren vom 9. bis 24. Juli 1874 nahezu 700.000 Personen eingetroffen. Daselbst werden bekanntlich hl. Reliquien, als: Kleid, Gürtel und Schleier der allerseligsten Jungfrau Maria; die Windeln und das Lendentuch des Herrn gezeigt.

Zur Lösung der das Wohl oder Wehe der Zukunft entscheidenden socialen Frage bildeten sich in Rheinland und Westphalen „christlichsociale" Vereine, welche durch besondere Delegirte vertreten, zum ersten Male in Elberfeld vom 6. bis 9. März 1870 tagten. Von da erließen sie einen Aufruf. Professor Dr. Schulte zu Paderborn ließ sich die Sache sehr angelegen sein. Versammlungen zu demselben Zwecke hatten auch anderwärts statt; so am 20. November die baierische Landesversammlung zu Bamberg. Außer der Adresse an den Papst wurde

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auch eine an den König gerichtet. Es ist nicht abzusehen, heißt es in dieser, welche Gefahren Europa bedrohen, wenn es der Revolution gelingt, den Thron zu zerschlagen, der älter und geheiligter ist, als alle Throne, die auf Erden stehen."

§ 14. Der Oesterreichisch-preußische Krieg. Die Neugestaltung

Deutschlands.

Der 1815 gestiftete „deutsche Bund" trug bei der Rivalität der Bundesmitglieder, zumal des immer mehr erstarkenden Preußen gegen die Präsidialmacht Oesterreich, den Keim der Auflösung in sich. Schon der 1832 zwischen Preußen und den Mittelstaaten begründete „Zollverein" ließ ahnen, mit welchen Zukunftsgedanken sich jene Macht trage. Die Demüthigung Preußens, welche 1851 (29. November) Oesterreich in Olmüß gelang, war für jenes ein Stachel, der es antrieb, jeine Zeit klug abzuwarten. Durch seine, wenn auch indirecte, Theilnahme am Krimkriege (1854) hatte Oesterreich Rußland verleßt. 1859 verlor Desterreich die Hegemonie in Italien. Im nämlichen Jahre tagte die Minister-Conferenz zu Würzburg. Die im nächsten Jahre zu Baden-Baden stattgehabte Zusammenkunft Napoleon's III. mit dem Prinz Regenten von Preußen, der ihm den Besuch im September 1861 im Schlosse von Compiègne zurückgab, ließ bereits ahnen, daß ihm der Franzosenkaiser nicht hinderlich in den Weg treten werde, sollte es einmal wider Desterreich losgehen. Daß auch Kaiser Franz Josef mit dem Prinz-Regenten am 25. Juli 1860 in Tepliß, und Beide mit dem Czaren am 22. October g. I. in Warschau eine Besprechung hielten, konnte obige Besorgniß nicht ganz beheben. Preußens Antrag auf Revision der Bundesmilitär-Verfassung, welcher ihm die Führerschaft im Norden im Falle eines Bundeskrieges gesichert hätte, wurde 1860 vom Bundestage abgelehnt; nicht anders erging es dem Antrage des damals sächsischen Ministers Baron von Beust (1861), daß Preußen und Oesterreich jährlich im Präsidium wechseln sollen; sowie jenem des österreichischen Premierministers, Grafen Rechberg, auf Anschluß auch des nicht-deutschen Lesterreich an den deutschen Bund.

An dem, von Oesterreich nach Frankfurt a. M. berufenen, und daselbst am 17. August 1863 feierlich eröffneten Fürstentage" wollte sich der König von Preußen nicht betheiligen, und protestirte gegen die

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Reformbeschlüsse desselben. Die Bevollmächtigten der zu Frankfurt a. M. versammelt gewesenen Fürsten tagten am 23. October noch einmal in München ohne eine Verständigung mit Preußen zu erzielen.

Gelang die Neuconstituirung Deutschlands den Fürsten nicht, umjo weniger dem durch Parteiungen zerklüfteten Volke. Als Organ desselben gerirte sich insbesondere der am 17. Juli 1859 in einer Versammlung zu Eisenach gegründete und am 16. September 1859 in Frankfurt a. M. förmlich constituirte „Nationalverein“, eigentlich nur die Fortsehung der ehemaligen Mehrheit der Paulskirche, oder der sogenannten Gothaer-Partei. Sein Programm lautete: Einigung Deutschlands unter Preußen mit Ausschluß Oesterreichs also „klein deutsch". Dagegen vertraten die 1862 in Frankfurt a. M. beschlossenen „Reformvereine“ die großdeutsche“ Partei.

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Am 24. September 1862 hatte König Wilhelm I. von Preußen, nach Abdankung des vorigen Ministeriums den Freiherrn von Bis marck Schönhausen in sein neues Cabinet berufen, und schon am 8. October zum Chef desselben ernannt. Wessen man sich zu versehen habe, mochte man aus dem von Bismarck erzählten Ausspruch ahnen: Die großen Fragen der Zeit werden nicht durch Kammerreden und Mehrheitsbeschlüsse, sondern durch Blut und Eisen entschieden.“ Cb Napoleon III. von Bismarck, welcher mit ihm im Bade Biarriß in der Nähe der Pyrenäen im October 1864 zusammentraf, über diese Politik nähere Aufschlüsse erhielt — weiß Niemand. Ebensowenig, was der Hauptgegenstand der Besprechung gewesen ist, welche Napoleon III. im selben Jahre mit dem Könige Wilhelm I. selbst zu Baden-Baden hatte.

Vom 20. bis 24. August 1864 war König Wilhelm I. der freundlichst aufgenommene Gast des Kaisers Franz Josef I. zu Schönbrunn. Wohl ahnte damals kaum Jemand, daß nach kurzer Zeit sich die prenßischen Adler -- deren einer über der Ehrenpforte Schönbrunn's angebracht war, in feindlicher Absicht den Thoren Wiens nähern werden.

Der Wiener Friedensschluß vom 30. October 1864 machte dem zwischen Oesterreich und Preußen einer und Dänemark anderseits geführten Kriege ein Ende (siehe Dänemark). In der darin stipulirten gemein samen Herrschaft Lesterreichs und Preußens über die von Dänemark abgetretenen Länder war unschwer der Keim zum nachherigen Zerwürf:

nisse der siegenden Mächte unter einander selbst zu erkennen. Dies fühlten wohl diese Mächte selbst auch heraus; deshalb, „überzeugt, daß das bisher bestandene Condominium zu Unzukömmlichkeiten führt, welche gleichzeitig das gute Einvernehmen zwischen den obbenannten Regierungen und die Interessen der Herzogthümer gefährden“, schlossen der Kaiser von Desterreich und der König von Preußen durch ihre Bevollmächtigten: Gustav Graf von Blome und von BismarckSchönhausen am 14. August 1865 zu Gastein eine Convention abgenehmigt von den beiden Souveränen zu Salzburg am 20. d. M. - deren Hauptartikel I bestimmt: „Die Ausübung der von den hohen vertragschließenden Theilen durch den Artikel III des Wiener Friedenstractates vom 30. October 1864 gemeinsam erworbenen Rechte wird, unbeschadet der Fortdauer dieser Rechte beider Mächte an der Gesammtheit beider Herzogthümer, in Bezug auf das Herzogthum Holstein auf Se. Majestät den Kaiser von Desterreich; in Bezug auf das Herzogthum Schleswig auf Se. Majestät den König von Preußen übergehen.“

Artikel II bestimmt Kiel zum nachmaligen Bundeshafen.

Artikel III nimmt Rendsburg als deutsche Bundesfestung in Aussicht.

Artikel IV bis VIII handeln von den Militärstraßen und der Telegrafenverbindung für Preußen durch Holstein; vom Beitritte der Herzogthümer zum Zollverein; von der Preußen concedirten Führung des Nord-Ostsee-Canals durch das holsteinische Gebiet und von den von den Herzogthümern zu übernehmenden financiellen Leistungen.

Im Artikel IX überläßt der Kaiser von Lesterreich dem Könige von Preußen die im Wiener Friedensvertrage erworbenen Rechte auf das Herzogthum Lauenburg gegen die Entschädigung von zwei Millionen fünfmalhunderttausend dänischen Reichsthalern.

Feldmarschall-Lieutenant Freiherr von Gablenz wurde k. k. Statthalter von Holstein; der königlich preußische Generallieutenant Freiher von Manteuffel Gouverneur von Schleswig.

Es lag im Plane Preußens, die beiden Herzogthümer früher oder später sich zu annectiren. Dies war schon in der eigenmächtigen Bejezung Rendsburgs (Juli 1864) ersichtlich. Bestand Lesterreich auf

1) Er erschoß sich in Zürich am 28. Jänner 1874 in Folge großer finanzieller Verlegenheiten und Verluste.

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