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Da nun aber beim Stoss die Erwärmung oft in beträchtlichem Masse erfolgen kann und Wärmeschwingungen keine Schallwahrnehmungen erzeugen, so ist es recht wohl denkbar, dass eine intensivere Beanspruchung der Luft auf grösserer Entfernung weniger zum Ausdruck kommt.

Es ist aber noch ein rein physiologisches Moment, welches erklärend wirken kann, nämlich die Kürze des Knalles und der Umstand, dass zur deutlichen Wahrnehmung einer Schallempfindung, je nach der Stärke des Knalles, eine mehr oder minder lange Zeit erforderlich ist. Ist bei dem durch die Entfernung an sich schon abgeschwächtem Knall die Zeit zur Schallempfindung eine sehr kurze, so kommt man gewissermassen nicht zum deutlichen Bewusstsein des Knalles.

Dies meine auf die Hörbarkeit des Knalles bezüglichen Anschauungen. Ob sie nun richtig sind oder nicht: die Thatsache, dass nun der Knall aufgrösseren Entfernungen weniger heftig und kürzer ist als früher, schwächt dessen Orientirungsfähigkeit entschieden ab und das ist von grosser Bedeutung, wenn wie beim Waldgefechte wichtiges Orientirungsmittel ist.

der Knall ein

Ich würde nicht vollständig sein, wollte ich nicht die taktische Seite dieser Frage wenigstens streifen, es wie schon angedeutet Berufeneren überlassend, sich hierüber eingehend zu äussern.

Jedenfalls ist die taktische Seite dieser Angelegenheit, die ausserordentlich viel Staub aufwirbelt, einer eingehenden Erwägung wert, und sollte auf diesem Wege nur bewiesen werden, dass principiell Alles beim Alten bleibt, dass mit dem Rauch nicht auch die Grundsätze entschwunden sind, sondern dass mehr oder weniger Rauch" und mehr oder weniger Knall" nur den Grad der Schwierigkeit beeinflussen können, mit der die Ausübung gewisser Thätigkeiten verbunden ist.

Es ist bekannt, dass während bisher die technische Seite der Frage nur ganz oberflächlich berührt wurde der taktischen Seite eine wahre Fluth von Artikeln und Broschüren gewidmet wurde, und dass die Anschauungen über ein und dieselbe Sache fluthartig hin und her wogen.

Um nur einiges anzuführen, erwähne ich, dass z. B. ein Schriftsteller behauptet, „der Rauch allein hat orientirende Kraft", während ein anderer Verfasser dem Rauch jede orientirende Kraft abspricht und sie nur dem Knalle vindicirt.

Während solche unversöhnliche Gegensätze in Dingen rein physikalischer Natur vielleicht etwas befremden können, ist es andererseits ganz natürlich, dass bezüglich des Einflusses des moralischen Elementes Widersprüche bestehen müssen, deren Lösung der Zukunft

vorbehalten bleiben muss, da im Frieden wegen der Schwierigkeit die Aufregungen des Kampfes getreu zu reproduciren, eine ent scheidende Antwort nicht denkbar ist.

So war ich darüber gar nicht verwundert, dass ein Schriftsteller die Rauchmaske als muthfördernd hinstellt, während ein andere sie als muthlähmend qualificirt.

Soll ich den Gesammteindruck formuliren, den auf mich d vielen, zumeist gehaltvollen Studien machen, so muss ich bekennes dass ich den Satz: „Prophezeien ist eine schwere Sache" neuerding bestätigt fand, u. z. namentlich dort, wo es sich um das Walter moralischer Kräfte handelt.

Da sind nur mehr oder minder motivirte Meinungen denkbar der Umfang dessen, was ohne Widerspruch behauptet werden kans ist ein äusserst geringer.

So ist es evident, dass bei Gegnern, die beide rauchschwacher Pulver eingeführt haben und das werden sie schon vermeintlicht Vortheile willen thun, die Chancen des Erfolges nach der Theore des Gleichgewichtes gleich geblieben sind; ein Übergewicht ka höchstens jenem der beiden Gegner zufallen, der die Vor- und Nach theile des neuen Pulvers zufällig richtiger erkennt.

Rauch und Knall haben nicht gleiche orientirende Kraft, d. sie sind nicht in gleichem Masse verlässlich; denn während die Licht empfindung ein isolirter Vorgang ist und eine Richtungstäuschu nicht leicht möglich ist, erscheint die Schallempfindung als e summarischer, Richtungstäuschungen leicht ermöglichender Vorgan

Da nun die Rauchintensität eine starke Einbusse erlitten ha so hat man bei dem verlässlichsten Orientirungsmittel eine gross Einbusse erfahren.

Nun ist aber zu bedenken, dass das Pulver nicht ganz raud frei ist, und dass man bei ernster Übung namentlich an der Ha guter Beobachtungsmittel es zu einiger Fertigkeit in der Orientiru auch bei rauchschwachem Pulver bringen kann; auch ist der Übu im Orientiren nach dem Knalle und auch nach der Feuerscheinun wenn die Umstände hiefür günstig sind, eine besondere Aufmerksam keit zu widmen.

Der Einfluss der Rauchverminderung ist je nach der Gros der Distanz ein verschiedener.

Es ist bekannt, dass die unterscheidende Kraft des Auges n der Distanz rasch abnimmt, und dass auf grosse Distanzen dem Augesoll es vor Täuschungen bewahrt werden jede Unterstützung, w Hintergrund, plötzlich auftretender Rauch in Folge Schiessens wi kommen ist.

Für das Erkennen des Zieles, richtiger der Position des Zieles auf grosse Distanzen, ist die Verminderung der Rauchintensität ein grosser Nachtheil.

Auf den näheren Distanzen ist hingegen die Rauchverminderung ein grosser Gewinn: der Überblick ist ein grosser, die Feuerleitung ist erleichtert, desgleichen das Erfassen des Zielpunktes, wodurch sofern, wie beim Angriffe, nicht die Nerven die entscheidende Rolle spielen die Feuerkraft eine bedeutende Steigerung erfährt, Überraschungen werden schwieriger u. s. f.

Es erfährt demnach, allem Anscheine nach, die Vertheidigung einen bedeutenden Kraft zu wachs, während der Angreifer auf Mittel sinnen muss, diesen Kraftzuwachs zu paralysiren.

Zu diesen Mitteln gehören: das Niederkämpfen des Vertheidigers auf den grösseren Entfernungen, d. i. gründliche Vorbereitung des Angriffes, rasche Bewegung, Verminderung der Zielhöhe, Anwendung jener Bewegungsformen, bei denen der Treffeffect ein geringer ist, Benützung des Terrains zur gedeckten Annäherung.

Da der Rauch auf grössere Entfernungen die Wahrnehmung nicht mehr, wie früher unterstützt, so muss der Meldedienst ausserordentlich geregelt werden.

Und nun am Schlusse anknüpfend an obige Behauptungen eine Meinung :

Der allgemeine Gang des Gefechtes ist das Ergebnis früherer, auf Nachrichten basirter Erwägungen, hat also mit dem Rauch und Knall nichts zu thun; diese können nur Detail-Dispositionen entweder nöthig machen oder modificiren.

Ferner habe ich das Gefühl, dass man in den Kriegen der Zukunft an die moralische Kraft des Soldaten die höchsten Anforderungen wird stellen müssen und dass der Hebung derselben die intensivste Aufmerksamkeit zuzuwenden ist; denn es ist nicht mehr bildlich, wenn man jetzt sagt:

Der Soldat muss lernen, dem Tode in's Angesicht zu sehen.“

Organ der Milit.-wissenschaftl. Vereine. XL. Band. 1890.

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Militärische und technische Mittheilungen.

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Wie die Münchener Allgemeine Zeitung" mittheilt, gelangt in der deutschen Feldartillerie demnächst ein Geschoss zur Einführung und zum Versuch in der praktischen Verwendung bei der Truppe, welches je nach Bedarf als Granate oder Shrapnel zu benützen ist. Vorläufig sollen jedoch neben der versuchsweisen Einführung dieses neuen Geschosses noch die bisher benutzten Granatund Shrapnel-Geschosse weitere Verwendung finden, auch wird neben diesen Geschossen die Ausrüstung der Feldartillerie mit einigen Kartätschschüssen für jedes Geschütz als Vertheidigungsmittel gegen überraschenden Angriff der Cavallerie beibehalten werden. Man hegt jedoch in artilleristischen Kreisen die zuversichtliche Erwartung, dass das neue Geschoss sich bewähren und dass es binnen Kurzem gelingen werde, das neue Einheitsgeschoss auch für die Verwendung als Kartätsche nutzbar zu machen. Die deutsche Feldartillerie würde, wenn diese Erwartung sich bestätigt, künftig ein Universalgeschoss besitzen, dessen Construction bisher von keinem anderen Heere erzielt wurde.

Das Auflassen der Stadtbefestigung von Koblenz soll unmittelbar bevorstehen. Als Festungen werden nur beibehalten die Forts Konstantin und Alexander, ferner der Ober-Ehrenbreitstein, der Asterstein und die nach Arzheim zu gelegenen Höhenbefestigungen. Den Rayonbeschränkungen unterliegt ferner nur noch ein kleines, um den Moselbahnhof herum befindliches Gebiet. Das zur Bebauung freigegebene Gebiet hat etwa die fünfmalige Grösse der jetzigen Stadt Koblenz. Eine neue Umwallung wird nicht mehr geschaffen, die crenelirte Mauer an der Rhein- und Moselseite vollständig abgetragen.

Unmöglich?

Vortrag, gehalten am 9. Jänner 1890 vor dem Officiers-Corps des InfanterieRegimentes Graf von Abensperg und Traun Nr. 21, vom Obersten RegimentsCommandanten Alexander Kirchhammer.

Nachdruck verboten.

Übersetzungsrecht vorbehalten.

In seinem geistvollen Buche „Das Volk in Waffen" spricht Colmar Freiherr von der Goltz die Prophezeiung aus:

„Sicher ist, dass ein Krieg der nächsten Zukunft von dem Element der Beweglichkeit, welches unseren letzten Feldzügen so sehr zu eigen war, viel verlieren muss ... Gewiss ist es von Nutzen, sich das klar zu machen, um an einen künftigen Krieg nicht mit falschen Vorstellungen zu gehen. Den Illusionen würde die Enttäuschung unausbleiblich folgen. Diese aber könnte das Vertrauen zur Führung erschüttern, während doch der langsame Schritt der Ereignisse ganz in der Natur der Sache liegt. Die Arbeit wird künftig unter allen Umständen schwerer, der Lohn von Anfang weit karger sein."

Dieser Gedanke, der allerdings von ganz bestimmten Voraussetzungen ausgeht er ist nicht allgemein, sondern insbesondere für das deutsche Volk in Waffen" ausgesprochen worden verdient, wie ich glaube, auch unsererseits volle Beachtung.

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Wer prüfenden Blickes das Kriegstheater überschaut, das sich am Nordfusse des Karpathenwalles weitet, dessen Phantasie wird schwerlich ein Bild „reissend fortschreitender Kriegshandlungen" gestalten, von „Entscheidungen auf dem Schlachtfelde, welche einander ununterbrochen folgen, von raschem Eindringen bis tief in das Herz des feindlichen Landes hinein und von einem damit erzwungenen schnellen und glücklichen Frieden."

Der amerikanische Bürgerkrieg ist in dieser Beziehung sehr lehrreich. Er zeigt was übrigens schon a priori einleuchtet dass ein weitgedehntes Kriegstheater mit einem wenig entwickelten Wegnetz die Absicht des Vertheidigers: den Angreifer zu zwingen, beim Vorgehen eine ganz bestimmte Richtung einzuschlagen, weit mehr begünstigt, als ein Kulturland par excellence, wie z. B. das heutige Frankreich, welches dieses System nach 1870 adoptirt hat.

Organ der Milit -wissenschaftl. Vereine. LX. Band. 1890.

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