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Dem siegreichen spanischen Feldherrn war es leider nicht lange vergönnt, seine Erfolge zu überleben; nach Madrid an den Hof berufen, starb er daselbst bereits am 13. März 1794 1).

Der Feldzug in den West-Pyrenäen.

(Hiezu die Skizze Nr. 16.)

Wie schon erwähnt, führte hier auf spanischer Seite GeneralLieutenant Ventura Caro das Commando über etwa 20.000 Mann, zum grösseren Theile Milizen, mit welchen er von der Oberleitung der Armee in die Defensive gewiesen worden war.

Die gegenüberstehenden Streitkräfte der Franzosen unter General Servan waren anfänglich weniger zahlreich als die Spanier; obwohl sie später erheblich verstärkt wurden, blieben sie doch auf der ganzen Operationsfront von etwa 100km verzettelt. Die Folge davon war, dass auf diesem Kriegsschauplatze grössere, einheitlich geleitete Operationen unterblieben und das Ganze mehr oder weniger in fortgesetzten kleinen Kämpfen Guerillakrieg sich abspielte.

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Caro hatte gleich beim Beginn der Feindseligkeiten (am 23. April) mit seinem linken Flügel die Grenze überschritten und das Fort Andaye am rechten Ufer der Bidassoa cernirt; dasselbe ergab sich am 31. Mai, worauf es sofort rasirt wurde. Am 30. April ging auch das spanische Centrum von Lesacca und Vera in zwei Colonnen zum Angriff vor und warf die bei Sare stehenden Franzosen auf Ustarritz zurück 2).

Servan hiedurch eingeschüchtert, concentrirte sich südlich von Bayone (bei Bidart) mit einer schwachen Vorhut an der Nivelle; in seiner linken Flanke liess er nur General Lagenetière mit 4.000 bis 5.000 Mann bei S. Jean Pied de Port stehen. Gegen diese Truppen richtete Caro einen neuen Angriff am 9. Juni, wobei es den Spaniern in einem mit hervorragender Tapferkeit durchgeführten Gefechte gelang, sowohl die feindlichen Feldverschanzungen, als auch das Fort Chateau Pignon zu erstürmen ); Lagenetière selbst fiel verwundet in die Hände der Spanier. Servan übertrug das Commando seines linken. Flügels der sich auf S. Jean Pied de Port zurückgezogen hatte, nunmehr an General Dubouquet, dem es bald gelang, daselbst die

1) Auch sein Nachfolger Generallieutenant Graf O. Reilly starb, bevor er bei der Armee eingetroffen war.

2) Französischerseits zeichnete sich bei der Deckung des Rückzuges insbe sonders Latour d'Auvergne aus.

3) Caro, der an einem Gichtanfalle litt, liess sich bis in die Feuerlinie hinauftragen.

Ordnung wieder herzustellen. Die Spanier räumten nach wenigen Tagen wieder Chateau Pignon und zogen sich in ihre ursprüngliche DefensivAufstellung zurück.

Servan hatte in der zweiten Hälfte des Juni nicht unerhebliche Verstärkungen erhalten, wornach er zu einem allgemeinen Angriffe auf die Spanier am 22. Juni sich entschloss; allein sowohl die in fünf Colonnen gegen die Bidassoa vorrückenden französischen Abtheilungen (6.800 Mann) gleich jenen, welche den Versuch machten, im oberen Thal der Bidassoa und in jenem von Roncal vorzurücken, wurden von den Spaniern zurückgeworfen.

Am 27. Juni erneuerten die Franzosen ihre Angriffe in den letztgenannten zwei Richtungen, jedoch mit dem gleichen ungünstigen Erfolge, indem der Angriff hauptsächlich an dem fanatischen Widerstande der Einwohner scheiterte, da selbst die Frauen das Gewehr zur Hand nahmen, um den heimatlichen Herd zu vertheidigen!

Wie in allen übrigen Fällen sollte an diesem Misserfolge der französische Ober-Commandant Servan Schuld tragen, der abgesetzt und in den ersten Julitagen nach Paris abgesendet wurde. Seinem Nachfolger, General D'Elbecq einem völlig unfähigen General standen um diese Zeit 35 Bataillone mit etwa 30.000 Mann allerdings zumeist anarchistisches, disciplinloses Gesindel zur Verfügung, während Caro etwa 24.000 Mann unter den Waffen hatte.

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Am 13. Juli versuchten die Franzosen einen Angriff auf Biriatu, um daselbst die Bidassoa zu überschreiten und die verschanzte Stellung der Spanier am linken Ufer zu umgehen; dreimal mussten die Franzosen unter dem tapferen General Latour d'Auvergne den von dem erwähnten Schmuggler-Frei-Corps der Sierra morena unter ihrem Chef Ubeda vertheidigten Ort stürmen, ehe sie die Spanier zurückdrängen konnten und auch da blieb das Ortsreduit die Kirche noch im Besitz der Spanier, wodurch es denselben am folgenden Tage gelang, die siegreichen Franzosen zurückzuwerfen.

Beide Theile blieben nun in zuwartender Stellung stehen, keiner hatte rechte Lust zu einem neuen Angriff. Nachdem D'Elbecq Ende Juli eines natürlichen Todes (!) gestorben war, sah sich sein Nachfolger im Commando: Desprès-Crassier genöthigt, dem Drängen der Volksrepräsentanten nachzugeben und wieder einmal anzugreifen.

Dieser Angriff fand am 29. August auf die Front an der Bidassoa statt, wurde jedoch abermals von den Spaniern abgewiesen; das gleiche Schicksal hatte der folgende Angriff der Franzosen am 7. September gegen Zugarramundi und Urdax (Generallieutenant Horcasitas); genug der Unfälle, um den französischen Ober-Com

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mandanten um seine Stellung zu bringen; er wurde abgesetzt und durch den Divisions-General Müller (Schweizer von Geburt, der sich bei Mainz und in der Vendée ausgezeichnet hatte) ersetzt. Diesem gelang es wohl, Zucht und Ordnung wieder einigermassen in seine Truppen zu bringen, allein er scheute das Missglücken eines Angriffes. Caro, der Mitte October 7.000 Mann in die Ost-Pyrenäen hatte senden müssen, musste dagegen froh sein, dass die Franzosen ihn in Ruhe liessen.

Die Folge davon war, dass beide Theile auf Plänkeleien der Sicherungstruppen sich beschränkten. Zweimal versuchten die Franzosen noch einen halbwegs bedeutenderen Angriff; das erstemal, an 11. November gelang es ihnen, das Plateau südlich von Urrugn (woselbst das sogenannte: „,camp des Sans-Culottes" errichtet war zu besetzen, beim zweitenmale Ende November - wurden sie jedoch bei einem Vorstosse ins obere Bidassoa-Thal vom General Filanghieri geworfen.

Ohne eigentliche Winterquartiere zu beziehen, spann sich der Feldzug in dieser Art ins folgende Jahr hinüber, von beiden Theiler zum Einexercieren der Truppen verwendet.

Tagesfragen auf dem Gebiete des Waffen- und

Schiesswesens.

Von Nikolaus Ritter von Wuich, Oberstlieutenant des Artilleriestabes.

Nachdruck verboten.

I. Vortrag.

Übersetzungsrecht vorbehalten.

Der mich sehr ehrenden Aufforderung entsprechend, auch in diesem Jahre über mein Fach betreffende Gegenstände zu sprechen, will ich in zwei Vorträgen eine kritische Revue von Fragen bieten, welche die militärische Welt vornehmlich interessiren.

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Im I. Vortrage will ich unter anderen Fragen hauptsächlich die technischen Consequenzen des Shrapnelwurfes aus Mörsern behandeln, während der II. Vortrag den ich über speciellen Wunsch Seiner Excellenz des Herrn Chefs des Generalstabes halte ausschliesslich den rauchfreien, richtiger rauchschwachen Pulversorten gewidmet sein wird.

Hiebei werde ich meiner Berufsthätigkeit entsprechend das Hauptgewicht auf die technische Seite der Frage legen und die taktische Seite soweit ein vorschauender Blick überhaupt möglich nur in grossen Zügen streifen, es Berufeneren überlassend, die Details des Einflusses der neuen Pulversorten auf die Taktik klarzulegen.

Dem Vorgesagten entsprechend, wird es sich mir nicht um einfache Registrirung von Thatsachen handeln: diese sind ja als Gegenstände der Tagesliteratur zumeist bekannt; meine Aufgabe wird es vielmehr sein, an diese Thatsachen die Sonde der Kritik anzulegen, darzuthun, welchen Bedürfnissen sie ihre Existenzberechtigung verdanken endlich, zu zeigen, in welchem inneren Zusammenhange einzelne, scheinbar einander ganz heterogen gegenüberstehende Thatsachen stehen.

Die ganze moderne, beflügelten Schrittes vorwärts drängende Entwicklung der Waffenfrage ist die naturgemässe Consequenz einer Machtfrage, welche verlangt, die Wirkungsfähigkeit der schon bestehenden Feuerwaffen zu steigern, zudem neue Feuerwaffen mit erhöhter Wirkungsfähigkeit zu

construiren.

Lässt man alle Elemente der Wirkungsfähigkeit Revue passiren, so wird man sich überzeugen, dass mit jedem dieser Elemente gewisse technische Fragen im Zusammenhange stehen; wir werden demnach das Gebiet der neueren Bestrebungen am Leichtesten überschauen, wenn wir von jenen Grössen ausgehen, welche den Massstab für die Wirkungsfähigkeit der Feuerwaffen abgeben.

Für die Wirkungsfähigkeit der Feuerwaffen sind massgebend; die Treffgenauigkeit (Präcision des Schusses), die Wirkung des einzelnen Geschosses, die Feuerschnelligkeit und die Krümmungsverhältnisse der Bahn.

Bezüglich der Treffgenauigkeit ist zu unterscheiden zwischen der, der Feuerwaffe innewohnenden Treffgenauigkeit und jener, welche bei der Handhabung der Waffe erreichbar ist.

Die der Feuerwaffe eigenthümliche Treffgenauigkeit hängt von dem mehr oder minder grossen Einklang zwischen der Geschossconstruction und der Bohrung ab; sie ist für den Ausübenden etwas Gegebenes; sie bildet für ihn die obere Grenze der erreichbaren Treffgenauigkeit, welcher sich zu nähern er soweit es die vorhandenen Mittel erlauben verpflichtet ist.

Ohne mich in eine Darlegung des Einklanges zwischen Geschossund Rohrbau zum Zwecke einer grossen Schusspräcision einzulassen, möchte ich um das Verständnis für die späteren Be

trachtungen zu fördern

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nur darauf hinweisen, dass die Natur dieser Harmonie wesentlich von den Krümmungsverhältnissen der Bahn bedingt ist.

Will ich eine Feuerwaffe mit ausgesprochen flacher Bahn, d. h. grosser Horizontalwirkung, sowohl im terrainbeherrschenden Sinne als auch zur Zerstörung von verticalen Deckungen, so muss der Constructeur ganz andere Einklangsbeziehungen zwischen Geschoss und Rohr im Auge behalten, als wenn es sich um eine Feuerwaffe mit ausgesprochen stark gekrümmter Bahn handelt, die für das Beschiessen von Zielen hinter Deckungen und für das Zerstören horizontaler Deckungen erfordert wird.

Ist eine Feuerwaffe für bestimmte Krümmungsverhältnisse der Bahn rationell construirt, so ist es unbillig, ja widersinnig, von derselben bei wesentlich anderen Krümmungsverhältnissen die gleiche Präcisionsleistung zu fordern.

Für den Laien genügt es, sich ein specifisches Schiessgeschütz eine Kanone und ein specifisches Wurfgeschütz einen Mörser zu besehen, um zu erkennen, welch' verschiedene Aufgaben der Constructeur zu lösen hatte.

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