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der Staaten vor der öffentlichen Meinung zu rechtfertigen und die Völker zu opferwilliger Theilnahme zu begeistern. Wir haben auch manche seither publicirte Briefe, die er damals geschrieben, und welche seine persönliche Auffassung der Verhältnisse und seiner Gesinnung noch deutlicher erkennen laffen. Aber sehr Vieles ist noch in den Archiven und in Privathänden verborgen. Wir wissen indessen genug, um eine hohe Meinung von der Kraft und Gewandtheit seines Geistes zu erhalten und ihm unter den staatsmännischen Führern jener Zeit eine würdige Stellung zuzugeftehen. Auch die furchtbaren Schläge, welche die deutsche Nation und Desterreich damals erdulden mußten, machten ihn nicht irre an der für wahr und gut erkannten Richtung, die schweren Niederlagen erschütterten ihn wohl heftig, aber immer richtete ihn die Elasticität seines Geistes wieder auf, und faum erholt feuerte er Alle wieder an, den großen Kampf fortzusehen. Sein österreichisches Kriegsmanifest von 1809 ist ein Meisterstüc politischer Beredtsamkeit, das von 1813 ein Muster diplomatischer Gewandtheit. Wie scharf er die realen Verhältnisse erkannte, sehen wir aus dem merkwürdigen Tagebuch über die Lage der preußischen Armee vor der Schlacht bei Jena. Die Briefe an Joh. Müller sind voll von deutscher Staatsweisheit und sind von jedem deutschen Staatsmann auch heute noch wohl zu beherzigen. Sein Absagebrief an den großen Historiker, als dieser zum Feinde überging, ist zwar nicht ohne Leidenschaft geschrieben, aber es ist eine edle patriotische Leidenschaft, welche ihm vernichtende Worte bes Zornes und des Bebauerns eingiebt.

Dritte Periode. Endlich war Deutschland wieder frei geworden von dem Drucke der französischen Uebermacht. Der Sieg war auf Seite der verbündeten alten Mächte. Sie hatten gefiegt mit Hülfe des neu erwachten nationalen Geistes der Völker. Die Revolution schien überwunden, die Legitimität wurde als das lettende Princip proklamirt, die Restauration übernahm es, die. Ordnung der Welt herzustellen und zu befestigen. Zu den Friedensschlüssen und politischen Kongreffen wurde G. wie der unentbehrliche diplomatische Protokollführer beigezogen. Er konnte sich rühmen. „auf sech 8 souveränen und zwei minifteriellen Kongressen, in Wien, Paris, Aachen, Karlsbad, Troppau, Laibach und Verona die Feder geführt zu haben". Seine Bruft war mit Orden überdeckt. Schon seit lange in den Adelsstand erhoben, nahm er auch in der vornehmen Gesellschaft eine beneidete Stelle ein. Er war anerkannter Maßen einer der ersten und von den Mächtigen geachtetesten Diplomaten seiner Zeit. Kam er auch später noch zuweilen in Geldverlegenheiten, welche Lurus und Spiel ihm gelegentlich bereiteten, so wurden dieselben immer wieder von der Macht gehoben, Der er diente.

Aber so äußerlich hoch und glücklich er war, sein staatsmännisches Leben war doch zu einem geschmückten Grabe geworden, wie im Grunde die gesammte Reftauration jener Jahre. Er hatte mit seiner eigenen Einsicht kapitulirt, welche ihm fagte, daß diese Politik ohne lebendiges Princip und ohne Aussicht auf dauerhaften Erfolg sei. Er wußte ganz gut, daß die größte Macht der Erde der Zeitgeist set. ,,Ich war mir ftets bewußt, daß ungeachtet aller Majeftät und Stärke meiner Kommittenten und ungeachtet aller der einzelnen Siege, die sie erfochten, der Zeitgeift zulest mächtiger bleiben würde, als wir; daß die Presse, so sehr ich sie in ihren Ausschweifungen verachtete, ihr furchtbares Uebergewicht über alle unsere Weisheit nicht verlieren würde, und daß die Kunft so wenig als die Gewalt dem Weltrade nicht in die Speichen zu fallen vermag." (Brief voy G. an die Generalin von Helvig von 1827.) Und dennoch vertauschte er mit Bewußtsein die

allein staatsmännische Aufgabe, das Völkerleben den Bedürfnissen der Zeit gemäß zu schüßen und zu leiten mit ber nicht bloß undankbaren, sondern unfinnigen, die fortschreitende Zeit selbst aufzuhalten und zuräd zu schrauben, er vertauschte das Leben mit dem Tob. Da er selbst an die Fesseln der Knechtschaft sich gewöhnt hatte, so überredete er sich, daß die Knechtschaft für die verachteten Völker nöthig und weniger gefährlich sei als die Freiheit. In der That, an allen reftaurativen Maßregeln, welche mit den Aeußerungen der Zügellosigkeit zugleich die gesunde Entwidelung hemmten, welche die Völker um die Früchte auch ihrer Anstrengungen während des Befreiungslampfes und die Fürsten um den sichersten und besten Theil ihrer Macht betrogen, hatte er einen reichlichen Antheil. Wenn gleich er in manchen Fällen vor Uebertreibungen warnte und immer eine gewiffe Mäßigung empfahl, so läßt sich doch ein Wort, mit dem er früher das Berhältniß Napoleons zu dem spanischen Hofe bezeichnet hatte: „es besteht aus wesentlicher Uebermacht auf einer Seite und zuvorkommender Schwäche auf der anderen", zur Bezeichnung seines eigenen Verhaltens wider ihn tehren. Er war sogar noch eifriger in dem Dienfte der Reaktion, als selbst die damaligen deutschen Regierungen es ertrugen. Nicht ihm ist es zu verdanken, daß das fonftitutionelle Leben in den mittleren und fleinen deutschen Staaten nicht ganz erstickt, und die politische Civilisation in Deutschland nicht bis auf das Niveau der österreichischen Verfassungszustände niedergedrückt worden ist. Der Instinkt der Selbsterhaltung bewahrte die übrigen Regierungen vor dieser Gefahr, und G. zürnte nicht, daß seine Anträge nicht alle gebilligt wurden. Er half doch noch lieber die vermittelnde Formel finden, welche die bestehenden Gegensäge schonte und die Zustimmung aller Mächtigen gewann.

Die Restaurationspolitik hat den alten Staat nicht restauriren können und den neuen Staat nicht bauen wollen. Sie hat mit Mühe an den öffentlichen Zuftänden herumgeflickt und geleimt; sie war voll Aengstlichkeit und Mißtrauen, und fonnte baher weber Bertrauen weden noch finden, fleinlich und eng, und fonnte daher nichts Großes faffen, noch erhalten. Man kann ihr im Ganzen nicht vorwerfen, daß sie übelwollend war. Aber ihr Wohlwollen war so brüdend, daß es wie Uebelwollen wirkte. Das tonservative Erhaltungsprincip, welches das Leben schüßt, war unvermerkt verdichtet und erstarrt zu dem absolutistischen Stabilitätssystem, als deffen Bannerträger G. fich selbst bekannt hat. Und so wenig vermochte dieses ehrwürdige Stabilitätssystem", wie G. es nannte, die wichtigsten Erbschaften der Vergangenheit zu sichern, daß eben von ihm gereizt und neu belebt die todt geglaubte Revolution wieder aufstand. G. selbst hat noch bie Julirevolution vom Jahr 1830 erlebt, und so stark war der Einbrud auf thn, daß er sich nun zu dem System der friedlichen Dulbung des konstitutionellen Systems entschloß und mit Wärme vor einem Principienkriege warnte.. Die Gefahr der Zeit drängte ihn noch einmal kurz vor seinem Tode, dem liberal-konservativen Princip zu huldigen, das ihm schon in der Jugend als Ideal vorgefchwebt hatte.

Nur Ein, freilich ein großes Berdienst können wir G. auch in dieser dritten Beriobe zuschreiben. Er arbeitete unverbroffen, mit großem Geschick und mitt Erfolg, an der Bewahrung des europäischen Friedens während dieser Zeit. Die Böller bedurften dieses Friedens, um ihren Wohlstand herzustellen, der in den langen Kriegsjahren schwer gelitten hatte, um sich in den Gewerben und in den Künften des Friedens auszubilden, um in Gesittung und Civilisation fortzuschreiten; und fie dürfen dafür den Staatsmännern dankbar sein, welche ihnen den Frieden

gaben und sicherten. G. selbst war von diesem Friedensbedürfniß persönlich ganz durchbrungen; in dieser Hinsicht konnte er seine eigenen Wünsche auch mit den Volkswünschen identificiren.

G. ftarb am 9. Juni 1832, im Alter von 68 Jahren. Er hatte den Fall Polens noch erlebt. Seine Herzensneigung war mit den Polen, er haßte die Russen und fürchtete ihr Uebergewicht. Der Beruf und die Gewohnheit, der legitimen Macht zu huldigen, nöthigten ihn aber, den Sieger zu beglückwünschen. Es war das eine seiner lezten und wohl traurigsten Pflichterfüllungen gewesen.

Die Werte von Gens find theilweise gesammelt von Weid, Ausgewählte Schriften von Fr. v. Gen. 5 Bände. Stuttgart und Leipzig 1836-38, und von G. Schlesier: Schriften von F. v. G., Ein Denkmal. 5 Bände. Mannheim 1838-40. Dazu ist nun gekommen: der Briefwechsel mit Adam Müller. Stuttgart 1857. Aus dem Nachlaß Fr. v. Genz (Denkschriften). Wien 1867 und 1868, bis jetzt 2 Bände; der Briefwechsel mit Pilat 1868, 2 Theile und aus der alten Registratur der Staatskanzlei, Briefe politischen Inhalts. Wien 1870. Gerechtigkeit, s. Rechtsbegriff.

Gericht.

Bluntschli.

Die Gerichte find Behörden, welche zum Zweck der Rechtspflege eingefeßt find. Durch die Geseze übt der Staat die ordnende, durch die Gerichte die wahrende Gerechtigkeit. Im Gesez spricht sich der abstrakte Rechtswille des Staates aus, durch die Gerichte bethätigt er sich als eine das Leben beständig beherrschende, jedem widerstreitenden Wollen und Handeln überlegene Macht.

I. Verhältniß der Gerichte zur Staatsgewalt. Die Fürsorge für die Aufrechterhaltung der Rechtsordnung ist ein wesentliches Attribut der Staatsgewalt. Daher geht die Anordnung und Berwaltung der Rechtspflege, die Gerichtsbarkeit, vom Staate aus. Der Zusammenhang der Gerichtsbarkeit mit der Staatsgewalt ist jedoch in Deutschland nicht immer streng gewahrt worden. In Folge der im Mittelalter üblichen Vermengung von öffentlichem und privatem Recht verstand man sich dazu, die Befugniß zur Rechtspflege auch als ein privates, veräußerliches und vererbliches Recht, insbesondere als Zubehör zum Grundeigenthum gelten zu laffen (Patrimonialgerichtsbarkeit). Gegenwärtig ist diese Anomalie bis auf wenige Reste beseitigt und selbst die dem ehemaligen Reichsadel durch Art. 14 der deutschen Bundesakte vorbehaltene Gerichtsbarkeit hat sich nur an wenigen Orten zu behaupten vermocht. Wo aber noch eine Privatgerichtsbarkeit besteht, ist sie auf die unteren Instanzen beschränkt, den für die Staatsgerichtsbarkeit bestehenden Regeln unterworfen und unter eine umfassende Aufsicht der Staatsgewalt gestellt, so daß auch in diesen Fällen das Richteramt wenigstens mittelbar als ein Staatsamt erscheint.

Wie die gesammte Staatsthätigkeit, so hat auch die Rechtspflege ihren Mittelpunkt in der Person des Souverains. Das Recht darf aber nicht der Willkür des Herrschers verfallen; es soll eine Macht sein, welche selbst ihn überragt. Deßhalb ist die Ausübung der Gerichtsbarkeit seiner persönlichen Thätigkeit ent zogen und Behörden übertragen, welche die Rechtspflege zum ausschließlichen Berufe haben. Diese Behörden, die Gerichte, find in ihrem amtlichen Wirkungskreise vollkommen selbständig und jeder Einwirkung und Beeinflussung von Seiten des Souverains enthoben; es ist ihre Pflicht, lediglich nach Maßgabe deffen, was fte selber für recht erkennen, zu verfahren und zu urtheilen. Schon in der ger

manischen Gerichtsverfassung war dieser Grundsat in aller Schärfe durchgeführt: weber der Gerichtsherr selbst, noch seine Bertreter, die Gerichtsbeamten, hatten Theil an der Urtheilsfindung; diese lam allein den Gemeindegenoffen, den Schöffen, zu. Als später der Rechtsspruch auf die Gerichtsbeamten überging, wurde in den Reichsgesehen auf das eindringlichste verordnet, daß die Justiz ihren freien, ungesperrten, stracken Lauf haben und was dem zuwider erlanget und ausgehen würde, kraftlos, todt und ab sein solle" (Kammergerichtsordnung vom Jahr 1495, §§ 1, 13, 25, vom Jahr 1555, Einl. § 1, Th. I, Tit. 13, § 1, J. R. A. § 166; Wahllapitulation von 1792, §§ 1, 4, 7, 11, 17) und das Reichsfammergericht hat hierüber sowohl im Verhältniß zum Kaiser wie zu den Territorialherrn unablässig mit besonderem Eifer gewacht.

Daß die Rechtssprechung vom Souverain nicht beeinflußt werde, ist am entschiedensten in der konftitutionellen Monarchie geboten. Die Mitwirkung der Boltsvertretung zur Gesetzgebung würde feinen Sinn haben, wenn es dem Belieben des Monarchen überlassen wäre, zu bestimmen, was im einzelnen Falle Rechtens sein solle. Die Unabhängigkeit der Gerichte vom Souverain gründet sich auf einen ähnlichen Gedanken, wie die Volksvertretung. Es ist eine Mittelmacht zwischeu Herrscher und Unterthan dadurch, daß fie die Stellung beider theilt, die Darftellung des reinen Wesens der Untergebenen, angethan mit der Macht des Herrschers. Auf einer solchen Mittelmacht beruht alle politische Freiheit, sie ist der tieffte Gedanke, das innerste Urbild der ganzen Einrichtung der Staatsherrschaft“. (Stahl, Rechts- und Staatslehre, 3. Aufl., Abth. 2, S. 604). Demzufolge ist die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Richteramts in den neueren Verfassungsurkunden durchweg als eine Grundbedingung der Rechts- und Staatsordnung hingestellt und besonders durch die Bestimmung gesichert, daß eine Abseßung der Richter oder auch nur eine Minderung ihres Gehaltes und Ranges nicht im Verwaltungswege, sondern nur auf Grund des Gesezes durch richterliches Erkenntniß erfolgen darf (vrgl. z. B. die Verfassungs-Urkunden für Preußen, Art. 86-87, für Bayern Tit. 8, § 3, für Sachsen § 47). Wie aber auch immer der Souverän in den geordneten Gang der Rechtspflege eingreifen möge (Kabinetsjustiz), ob persönlich oder durch seine Ministerien, ob durch eigene Rechtssprechung oder durch Verordnungen darüber, wie die Gerichte ihr Verfahren einrichten und ihre Entscheidung fällen sollen, ob dadurch, daß er Rechtssachen dem gefeßlich zuständigen Gericht zu entziehen sucht oder den Gerichten die Berweigerung der Rechtshülfe anbefiehlt: ftets sind derartige Machtsprüche „kraftlos, todt und ab", und die Gerichte verpflichtet, ihnen teine Folge zu leisten (vergl. B. W. Pfeiffer, die Selbständigkeit und Unabhängigkeit des Richteramtes 1851)". Der Antheil, welcher dem Souverän an der Rechtspflege zukommt, beschränkt fich auf die Gerichtshoheit oder Gerichtsherrlichkeit (fog. jurisdictio sublimis). Diefelbe äußert sich in der Justizverwaltung und schließt folgendes in sich:

1) Die Besetzung der verfassungsmäßig bestehenden Gerichte mit dem erforberlichen Bersonal.

2) Die Regelung und Beaufsichtigung des Geschäftsbetriebes der Gerichte, insbesondere die Geschäftsvertheilung unter die Mitglieder der Kollegialgerichte, Ernennung der Vorfißenden, Erlaß von Vorschriften über das Bureauwesen, Abhaltung von Bisitationen, Einforderung von Berichten und Listen, um die Geschäftsführung zu kontroliren, Abstellung von Mängeln im Geschäftsbetrieb, ohne jedoch in die rechtliche Beurtheilung der richterlichen Verfügungen einzutreten.

Auch die Prüfung und Abstellung der Beschwerden wegen Justizverweigerung und verzögerung gehört in den Bereich der Justizverwaltung; denn bet jenen Beschwerden handelt es sich nur darum, die Gerichte zu einer geschäftsordnungsmäßigen Thätigkeit anzuhalten, nicht aber um die Frage, nach welchen Rechtsgrundsäßen sie zu verfahren und zu urtheilen haben.

3) Das Vorgehen mit Disciplinarstrafen wegen pflichtwidrigen Verhaltens (f. Art. Disciplinarvergehen").

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4) Die Beftreitung der für die Rechtspflege erwachsenden Kesten (Besoldung der Gerichtsbeamten, Beschaffung und Unterhaltung der Gerichtslokale, Gefängnisse, des Mobiliars, der Utensilien u. s. w.), andererseits aber auch der Bezug der Gerichtseinkünfte (Sporteln, Stempelgebühren, Strafgelder).

Die Justizverwaltung wird vom Justizminifterium unter Beihülfe der Gerichtsvorstände versehen. Die französische Einrichtung, nach welcher die Staatsanwaltschaft als Organ der gesammten Justizverwaltung und als „Wächter des Gesetzes" eine beständige Aufsicht über die Rechtspflege ausübt, hat, obwohl von mancher Seite warm empfohlen, in Deutschland keine Aufnahme gefunden: man hat sich bei uns begnügt, der Staatsanwaltschaft die Rolle des öffentlichen Anklägers im Strafproceß einzuräumen (f. Art. Staatsanwaltschaft").

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II. Die gerichtlichen Funktionen. Der Wirkungskreis der Gerichte umfaßt die gesammte Civil- und Strafrechtspflege (f. die hiervon handelnden besonderen Artikel). In beiden Gebieten ist der Beruf des Richters nicht der, Recht zu schaffen, sondern der, das bestehende Recht zu erkennen und unanfechtbar festzustellen, indem er die Rechtsgrundsäße auf die thatsächlichen Verhältnisse, für welche fie gelten, anwendet und das Ergebniß dieser Rechtsanwendung als endgültiges, für alle Betheiligte bindendes Urtheil verkündet. Zur Vorbereitung des richterlichen Urtheils dient die Fürsorge für die zweckmäßige Einrichtung der Sachinftruktion (Proceßleitung). Die thatsächliche Durchführung des Urtheils erfolgt endlich durch die Vollstreckung.

In diesen Richtungen entfaltet sich die proceffualische, auf die Beseitigung oder Sühne bereits vollbrachter Rechtsverletzungen abzielende Wirksamkeit der Gerichte. Daneben liegen ihnen aber auch noch mancherlet Funktionen ob, welche darauf berechnet sind, einen noch ungestörten Privatrechtszustand gegen zukünftige Irrungen und Störungen zu sichern. Man kennzeichnet diese präventive Rechtspflege gewöhnlich mit dem Ausdrud: freiwillige Gerichtsbarkeit (jurisdictio voluntaria). Zu ihr gehört namentlich die Mitwirkung zur Errichtung von Rechtsgeschäften, das Grund- und Hypothekenbuchswesen, die Obervormundschaftsverwaltung und die Nachlaßregulirung.

Bis in den Anfang dieses Jahrhunderts waren gewöhnlich die Gerichte erster Instanz auch zugleich Verwaltungsbehörden: die Staatsgewalt stellte sich wie in höchster Spize, so auch in ihren unterften Verzweigungen als ein ungetheiltes Ganzes bar. Diese vorwiegend durch finanzielle Rücksichten begünstigte Einrichtung war jedoch dem Gedeihen der Rechtspflege nicht förderlich. Die Reinheit der auf unwandelbare, rücksichtslose Anwendung des Gesezes gerichteten Rechtssprechung wurde durch die freie persönliche Erwägung des Gemeinnüßigen, wie sie dem Richter aus seiner administrativen Thätigkeit geläufig war, getrübt und die SelbStändigkeit des Richteramtes durch die Abhängigkeit von den Weisungen der vorgefeßten Verwaltungsbehörden gefährdet. Gegenwärtig ist denn auch die Trennung der Justiz und Verwaltung, die schon längst nach dem Vorbilde des im Jahre 1495 errichteten Reichskammergerichts auch bei den höheren Terri

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