Abbildungen der Seite
PDF
EPUB
[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors]

Ein Klingen, Duften, Blühen
Zieht ihm in's Herz hinein.
Er fühlt ein sehnend Glühen

und schlummert lächelnd ein.

So, Börne, war dein Leben
Ein wilder Riesenkampf,
Ein glühend Freiheitsstreben,
Von Lieb' und Haß ein Krampf.

Ein Rittersmann, ein ganzer,
Flohst du des Lebens Scherz,
Zwar ohne Eisenpanzer,

Doch eisern war dein Herz.

Dein Roß war nur von Leder,

Doch bügelfest dein Siß,

Dein Schwert nur eine Feder,
Doch traf sie, wie der Bliz.

3.

und als du nun verschwendet
Dein Herzblut bis zum Tod,
Ward deinem Aug' gesendet
Ein mildes Abendroth.

Die bleiche Stirn umwallte
Des Lenzes linde Luft,
Ein fernes Rauschen schallte,
Herbei zog süßer Duft.

Da, als du ausgestritten, Fiel es dir schwer auf's Herz. Daß du dahingeschritten Umhüllt von starrem Erz.

Und wie du bittend riefest:
,,Schafft Blumen mir herbei!"
Ahntest, eh' du entschliefest,
Wie schön die Erde sei.

Die braunen Augen glühten So krank und kampfesmatt, Und sahn an Erdenblüthen Zum erstenmal sich satt.

Die Hand mit Blumen sinket, Der Blick sucht Himmelsschein Hinauf! Die Freiheit winket, und lächelnd schliefft du ein.

Wir gehen zu den Schriften Börnes im speciellen über.

Vor uns liegen

,,Gesammelte Schriften von Ludwig Börne“, welche im Jahre 1840 in dritter Auflage im Verlage der Brodhag'schen Buchhandlung in Stuttgart erschie nen sind. Es sind fünf Bände, über 130 Bogen stark, in denen übrigens die „Pariser Briefe“ und „der Franzosenfresser" fehlen. Der erste Band, mit der humoristischen Ankündigung Börnes enthält „dramaturgische Blätter,“ die zahlreichen Kritiken des Theaters und anderes dazu Gehörigen, welche Börne in der „Wage" und an andern Orten drucken ließ. Das bedeutendste aus diesem Bande sind die Artikel über Wilhelm Tell von Schiller, über Hamlet von Shakspeare und über das Auftreten der Henriette Sonntag in Frankfurt. Wir führen diese drei Arbeiten weiter unten an, ohne daß wir versuchen sollten, die eigenthümliche Beurtheilung, welche Börne in den beiden ersten Artikeln den genannten Dramen und ihren Helden zu Theil werden läßt, widerlegen zu wollen. Es mag z. B. das Börnesche Mißbehagen, daß Tell auf dem See sich allein rettet und den Landvogt mit seinem Schiff in die Wogen zurückschleudert; daß Tell ferner den Landvogt erschießt und sich selbst dabei in gehöriger Sicherheit befindet, von einem auf die Spize getriebenen Ehrgefühl unters stüßt werden; es ist aber nicht alles vernünftig, was ehrlich ist, und Jedermann würde es Tell sehr verdenken, wollte er, der einzelne Mann, sich dem Landvogte und seinem bewaffneten Gefolge allein in den Weg stellen, um ihn anzugreifen. Das wäre sehr unflug, sehr einfältig gewesen, und es ist doch nicht zu verlan

gen, daß man unklug handelt, um eigentlich noch sehr zweifelhaft ehrlich zu bleiben. Tell würde sich schwerlich geweigert haben, dem Landvogt Mann gegen Mann entgegenzutreten; indeß dazu hätte der Landvogt schwerlich Lust gehabt, und so galt es für Tell, der keine Auswahl von passenden Gelegenheiten hatte, die erste beste zu ergreifen, um nicht allein seinen, sondern überhaupt des Landes Feind zu tödten. Börnes Weichherzigkeit ließ ihn wohl hin und wieder das Nothwendige über dem streng Rechtlichen vergessen, sonst hätte er schwerlich sagen können: „Tell hätte den Apfel vom Kopfe seines Kindes nicht schießen dürfen, und wäre darüber aus der ganzen schweizerischen Freiheit nichts geworden."

Hier folgt der ganze Artikel:

Ueber den Charakter des Wilhelm Tell in Schiller's Drama.

Aus Schiller's liebevollem, weltumfluthenden Herzen entsprang Tell's beschränktes, häusliches Gemüth und seine kleine enge That; die Fehler des Gedichtes find die Tugenden des Dichters. Wäre es mir auch immer gleichgültig, nur diesesmal möchte ich nicht mißdeutet sein - ich vermisse, doch ich beklage nicht. Der reiche Schaß der Kunst kann eine Kostbarkeit entbehren, das Seltenste ist ein edler Geist. Dem liebenswürdigen Schiller stehen seine Mängel beffer, als besse= ren Dichtern ihre Vorzüge an. Ihm zittert das Herz, ihm zittert die Hand, welche formen föll, und formlos schwanken die Gestalten. Der Frost bildet glänzende Krystalle, bildet schöne Blumen an den Fensterscheiben, der Frühling schmilzt sie weg; das Glas wird leer,

« ZurückWeiter »