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Vorwort zur ersten Auflage.

Für die Studierenden der exakten Wissenschaften liegt die Notwendigkeit vor, sich eine geläufige Raumanschauung zu erwerben. Ohne diese ist ein tieferes Eindringen in die einzelnen Naturwissenschaften und technischen Fächer unmöglich. Die praktische Erfahrung hat aber gelehrt, daß genaue Raumvorstellungen schwer zu erlernen sind. Das einzige Mittel hierzu bietet die bildliche Wiedergabe räumlicher Objekte nach mathematischer Methode, also die darstellende Geometrie. Durch sie und nur allmählich unter Behandlung zahlreicher Beispiele wird der Studierende dahin gebracht, sich in den Fragen, welche die räumlichen Formen betreffen, mit Sicherheit zurecht zu finden. Die darstellende Geometrie hat die Methoden zur Abbildung aller der geometrischen Gebilde zu entwickeln, die als Formelemente an den praktisch vorkommenden komplizierteren Objekten wiederkehren. Bei der Auswahl und Anordnung des Stoffes ist aber vor allem als Ziel die Entwickelung der Raumanschauung ins Auge zu fassen. Von diesem Gesichtspunkt aus erscheint es zweckmäßig, auch bei den ebenen Figuren zur Erklärung ihrer Eigenschaften und ihrer Abhängigkeit voneinander die sich im Raume vollziehende Projektion zu benutzen und die letztere überhaupt, wo es nur angeht, in den Vordergrund zu stellen. Dies gilt beispielsweise von der Erklärung der Kollinearverwandtschaften ebener Figuren und von der Theorie der Kegelschnitte; bei den letzteren ist die Entstehung aus der Centralprojektion des Kreises als Ausgangspunkt geeigneter, als die. Erzeugungsweise durch projektive Büschel und Reihen, die der mehr formalen Methode der Geometrie der Lage entspricht.

Das vorliegende Buch soll nach der Meinung der Verfasser vornehmlich dem Zwecke dienen, durch die Lösung der Darstellungsprobleme dem Leser die klare Erfassung geometrischer Fragen und die Bildung präziser Raumvorstellungen zu vermitteln. Es setzt

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nur die einfachsten geometrischen Kenntnisse voraus, schreitet systematisch vom Leichten zum Schwereren fort und bezieht viele solche stereometrische Aufgaben in den Lehrbereich ein, die zur Erreichung des oben bezeichneten Zieles geeignet erscheinen. Hierdurch dürfte es besonders den Bedürfnissen des Studierenden Rechnung tragen. Dem mit dem Stoff vertrauten Leser wird neben dem Bekannten gewiß manches Neue, manche Vereinfachung von Konstruktionen und Beweisen entgegentreten.

Der Wunsch, die Ergebnisse der darstellenden Geometrie durchweg auf die Projektionsmethoden begründet zu sehen, mag das Erscheinen dieses Buches rechtfertigen. Möge es sich im dargelegten Sinne als nutzbringend erweisen!

Im August 1893.

Karl Rohn. Erwin Papperitz.

Vorwort zur zweiten Auflage.

Die neue Auflage unterscheidet sich von der ersten in mehreren Beziehungen.

Im I. Kapitel erschien eine Kürzung zweckmäßig: von dem Abschnitt über die im weiteren Sinne affinen Figuren der Ebene sind nur die konstruktiv wichtigsten Ergebnisse beibehalten, aber zusammen mit einigen Konstruktionen des V. Kapitels in die übrigen Abschnitte eingereiht worden. — Der Gang der Entwickelung ist im II., III. und IV. Kapitel derselbe geblieben, wie vorher; nur wird man bemerken, daß die Lösungen verschiedener Aufgaben vereinfacht sind. Beim Dreikant wurde der Grundgleichungen der sphärischen Trigonometrie gedacht. Durch die Einfügung von Beispielen für die Schattenkonstruktion an architektonischen Objekten soll den Studierenden technischer Richtung die praktische Anwendung der erlernten Methoden leichter gemacht werden. Das V. Kapitel hat eine tiefergreifende Umgestaltung erfahren; ihr Ziel ist wiederum Vereinfachung der Theorie und Abkürzung der Konstruktion; zugleich hat der Stoff manche wichtige Bereicherung empfangen. Weil die Schulung der geometrischen Vorstellungskraft die vornehmste Aufgabe der deskriptiven Geometrie ist und ein gründliches Durcharbeiten der Lehre von den Kegelschnitten an der Hand anschaulicher Methoden hierzu eines der förderlichsten Mittel bietet, ist die Begründung der Kegelschnittkonstruktionen durch die im Raume sich vollziehende Centralprojektion des Kreises wie früher in den Vordergrund gestellt, aber noch mehr systematisch durchgeführt worden. Dabei blieb der Erzeugung der Kurven 2. Ordnung durch projektive Büschel und Reihen genügender Raum gewahrt, um der Vorteile, die sie für eine glatte Entwickelung vieler graphisch verwertbarer Sätze darbietet, nicht verlustig zu werden. Der Abschnitt über die Krümmungskreise der Kegelschnitte giebt eine durchaus neue Begründung der zweckmäßigsten Konstruktionen.

Auch die Untersuchung über die gemeinsamen Elemente zweier
Kegelschnitte hat eine völlig neue Gestalt erhalten. - Am Anfang
des VI. Kapitels sind die Vorbemerkungen über die geometrische
Verwendung des Begriffes unendlich kleiner Größen zur Erleichterung
des Verständnisses ausführlicher gehalten und schärfer begründet
worden. Im VII. Kapitel ist bei der stereographischen Projektion
der Aufgaben der Kartenprojektion Erwähnung gethan und am
Schlusse sind einige Beispiele für die Anwendungen auf Schatten-
und Steinschnittkonstruktion angefügt worden.

Ein Anhang bringt Litteraturnachweise und historische An-
merkungen, die freilich bei ihrer Kürze keinen Anspruch darauf
erheben, ein vollständiges Bild der geschichtlichen Entwickelung
zu geben.

Wir hoffen durch die vorgenommenen Änderungen die Brauch-
barkeit unseres Buches erhöht zu haben. Möge es wiederum
freundliche Aufnahme finden!

Im März 1901.

Karl Rohn. Erwin Papperitz.

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