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Wir werden nun solche Eigenschaften der Kreise aufzusuchen haben, die bei einer Centralprojektion unveränderlich sind; dann kommen die gleichen Eigenschaften auch den Kegelschnitten zu. So werden alle Sätze beim Kreise, die aussagen, daß drei oder mehr Punkte auf einer Geraden liegen, oder daß drei oder mehr Gerade durch einen Punkt gehen, sich bei den Kegelschnitten wiederfinden müssen, da die Punkte einer Geraden und ebenso die Geraden durch einen Punkt sich wieder als Punkte und Gerade von der nämlichen Eigenschaft projizieren. Auch projektive Punktreihen oder Strahlbüschel, die beim Kreise auftreten, projizieren sich als projektive Punktreihen oder Strahlbüschel beim Kegelschnitt, und alle hierauf basierenden Sätze haben gleichzeitig für den Kreis und sein perspektives Bild den Kegelschnitt Gültigkeit. Insbesondere verlieren harmonische Punkte oder Strahlen und involutorische Reihen oder Büschel bei der perspektiven Abbildung ihre Eigenschaften nicht. Die Beziehungen zwischen Pol und Polare, wie sie beim Kreis auftreten, werden sich deshalb auch beim Kegelschnitt einstellen müssen. Hiermit ist aber die Richtung angegeben, in der sich unsere weiteren Untersuchungen zu bewegen haben. Zunächst sollen allerdings einige allgemeine Bemerkungen über die Kreisprojektionen vorausgeschickt werden.

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258. Wir stellen an den Anfang die Definition: Die ebenen Centralprojektionen oder perspektiven Bilder des Kreises heißen Kegelschnitte. Durchläuft ein Punkt P den Kreis, so dreht sich sein projizierender Strahl OP um das Centrum O und sein Bildpunkt P1 durchläuft den Kegelschnitt als Bild des Kreises. So wie P den Kreis in einem Zuge beschreibt und zur Ausgangslage zurückkehrt, so beschreibt auch P, von einem seiner Punkte anfangend den ganzen Kegelschnitt in einem ununterbrochenen Zuge und kehrt nach Durchlaufung desselben in die Anfangslage zurück. Man darf daher jeden Kegelschnitt, ebenso wie den Kreis, als eine stetige geschlossene Kurve bezeichnen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß bei der geschilderten Bewegung der Bildpunkt P1 sich ins Unendliche entfernt und wieder zurückkehrt, der Kegelschnitt also sich ins Unendliche erstreckt. Man hat ihn dann, ähnlich wie die gerade Linie (160), als im Unendlichen geschlossen aufzufassen.

259. Aus dem gegenseitigen Entsprechen der geraden Linien in der Original- und Bildfigur und ihrer Schnittpunkte mit dem gegebenen Kreise resp. mit seinem Bilde, dem Kegelschnitt, folgen unmittelbar die Sätze:

Ein Kegelschnitt wird von irgend einer Geraden seiner

Ebene in höchstens zwei Punkten geschnitten. Einer Kreistangente und ihrem Berührungspunkt entsprechen im Bilde eine Tangente des Kegelschnittes und deren Berührungspunkt.

An einen Kegelschnitt können aus irgend einem Punkte seiner Ebene höchstens zwei Tangenten gezogen werden, die in eine zusammenfallen, wenn der Punkt auf der Kurve liegt. Beim Kreise spricht man von einem Gebiete innerhalb und von einem solchen außerhalb desselben; dem ersteren gehören alle Punkte an, von denen sich keine Tangenten an den Kreis legen lassen, dem letzteren alle Punkte mit zwei Kreistangenten. Ganz ebenso sagt man man beim Kegelschnitt von einem Punkte seiner Ebene, daß er außerhalb oder innerhalb desselben liege, je nachdem durch ihn Tangenten an den Kegelschnitt gelegt. werden können oder nicht.

260. Es giebt drei Arten von Kegelschnitten, auf deren Unterscheidung man sofort geführt wird, wenn man ihre Beziehung zur unendlich fernen Geraden der Ebene in Betracht zieht. Geht man vom schiefen Kreiskegel aus, dessen Spitze das Centrum der Perspektive und dessen Mantellinien projizierende Strahlen sind, so kann die Bildebene П, die den Kegel in der Bildkurve schneidet, folgende drei wesentlich verschiedene Lagen gegen den Kegel einnehmen. Die Ebene П kann entweder nur den einen Mantel des Kegels schneiden, oder sie kann beide Mäntel (Kegel und Gegenkegel) treffen; zwischen beiden Fällen aber bildet ein dritter den Übergang. Von solchen Fällen, die keine eigentlichen Kegelschnitte liefern, sehen wir ab. Denkt man sich durch das Centrum 0 (Spitze des Kegels) eine Parallelebene zu П gelegt, so wird sie den genannten drei Fällen entsprechend entweder keine Mantellinie des Kegels enthalten, oder deren zwei, oder sie wird ihn längs einer Mantellinie berühren. Die fragliche Ebene schneidet aber die des gegebenen Kreises k (die Originalebene E) in der Verschwindungslinie e Hiernach können wir unsere Unterscheidungen auf die Lage des Originalkreises gegen die Verschwindungslinie seiner Ebene basieren.

261. Die Centralprojektion eines Kreises auf eine Ebene ergiebt drei verschiedene Kegelschnitte, je nachdem der Kreis mit der Verschwindungslinie seiner Ebene keinen, zwei getrennte, oder einen Berührungspunkt gemein hat; sie heißen: Ellipse, Hyperbel, Parabel.

Aus dieser Erklärung folgt:

Die Ellipse ist im Endlichen geschlossen. Ihre Über

einstimmung mit der affinen Kurve des Kreises (vergl. die Definition. in 15) wird weiterhin nachgewiesen werden.

Die Hyperbel schneidet die unendlich ferne Gerade ihrer Ebene in zwei getrennten Punkten; sie verläuft also zweimal durch das Unendliche. Ihre beiden unendlich fernen Punkte sind die Bilder der Schnittpunkte des Originalkreises mit der Verschwindungslinie e. Die Tangenten der Hyperbel in diesen Punkten sind die Bilder der Tangenten des Kreises in seinen beiden Verschwindungspunkten und heißen Asymptoten; die unendlich fernen Punkte der Hyperbel werden durch die Asymptotenrichtungen vertreten.

Die Parabel berührt die unendlich ferne Gerade ihrer Ebene. Der Berührungspunkt ist das Bild des Berührungspunktes von Verschwindungslinie und Originalkreis.

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262. Da man aus einem Kreise die gleichen Bilder sowohl durch eine ebene wie durch eine räumliche Perspektive erhalten

kann, werden wir bei der konstruktiven Erzeugung des Kegelschnittes die erstere benutzen, weil sie für die Zeichnung bequemer ist. Sind Centrum 0, Achse e, und Verschwindungslinie e, oder an Stelle der letzteren ein Paar entsprechender Punkte gegeben, so können wir nach den in 166 bis 171 auseinandergesetzten Prinzipien zu beliebig vielen Punkten und Tangenten eines vorgelegten Kreises die perspektiven Bilder und somit beliebig viele Punkte und Tangenten eines Kegelschnittes erhalten. In Fig. 171 sind drei konzentrische Kreise so gewählt, daß einer die Verschwindungslinie e ev nicht schneidet, einer dagegen sie schneidet und einer sie berührt. Dementsprechend werden die Bilder durch eine Ellipse, eine Hyperbel und eine Parabel dargestellt. Von der Hyperbel sind zugleich die Asymptoten angegeben.

263. Wir werden jetzt eine Reihe von Sätzen für den Kreis aufstellen, die sich unmittelbar auf die Kegelschnitte als perspektive Bilder des Kreises übertragen lassen. Insbesondere werden wir dabei den Satz benutzen: Bei der perspektiven Abbildung einer Figur in eine andere gehen projektive Punktreihen oder Strahlbüschel wieder in projektive Punktreihen oder Strahlbüschel über. Denn das Bild der ersten Reihe ist projektiv (sogar perspektiv) zu dieser Reihe; nach Voraussetzung ist die erste Reihe projektiv zu einer zweiten, und diese wiederum ist projektiv (sogar perspektiv) zu ihrem Bilde. Somit sind nach 189 auch die Bilder der beiden Reihen projektiv.

264. Eine Reihe beliebig auf einem Kreise gegebener Punkte A, B, C, D, ... wird aus irgend zwei festen Punkten

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B

A

D

Fig. 172.

S

Sund S, desselben durch kongruente Strahlbüschel projiziert (Fig. 172). Denn je zwei Strahlen des einen Büschels, etwa SA und SB, schließen den gleichen Winkel ein, wie die entsprechenden StrahS len SA und SB des andern (Peripheriewinkel über dem gleichen Bogen AB). Dabei entspricht ersichtlich dem Strahl SS des ersten Büschels im zweiten Büschel die Kreistangente in S1 und dem Strahl S1S des zweiten Büschels im ersten Büschel die Kreistangente in S.

Verwandelt man den Kreis durch perspektive Abbildung in einen Kegelschnitt, so gehen (nach 263) die kongruenten Strahlbüschel der Kreisfigur da die Kongruenz ein Spezialfall der Perspektivität

ist in projektive Büschel beim Kegelschnitt über, und wir haben den Satz: Eine Reihe beliebig auf einem Kegelschnitt gegebener Punkte A, B, C, D, wird aus irgend zwei festen Punkten S und S, desselben durch projektive Strahlbüschel projiziert. Der Tangente in S (resp. S1) entspricht dabei der Strahl 88 (resp. SS).

Für den Kreis gilt offenbar auch die Umkehrung des obigen Satzes: Zwei kongruente Strahlbüschel erzeugen einen Kreis, d. h. ihre entsprechenden Strahlen schneiden sich in den Punkten eines Kreises, der durch die Scheitel der beiden Büschel hindurchgeht. Dagegen wissen wir nicht, ob zwei beliebig gegebene projektive Strahlbüschel einen Kegelschnitt erzeugen. Dazu gehört noch der Nachweis, daß zwei derartige Strahlbüschel stets durch perspektive Abbildung aus zwei kongruenten Strahlbüscheln gewonnen werden können, was erst im nächsten Abschnitt gezeigt wird.

B1

a

t

265. Zieht man an einen Kreis irgend welche Tangenten a, b, c, d, . . ., so schneiden sie auf zwei beliebig gewählten Kreistangenten t und t, projektive Punktreihen aus. Beide Punktreihen werden vom Kreismittelpunkt M durch kongruente Strahlbüschel projiziert (Fig. 173). Bezeichnen wir die auf t und t, ausgeschnittenen Reihen mit A, B, C, D, . . . resp. A1, B1, C1, D1, so brauchen wir nur zu zeigen, daß die Strahlen MA, MB, MC, ... in die Strahlen MA1, MB1, MC, . . durch Drehung um den gleiIchen Winkel und in dem gleichen Sinne übergehen.

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Dann sind die Strahlbüschel

D1

d

M

b

t

C D

A

В

Fig. 173.

1

1 1

CAA1

kongruent und schneiden auf t und t, projektive Punktreihen aus. Nun bilden t und t1 mit jeder der Tangenten a, b, c, . . . ein Dreieck und alle diese Dreiecke habentt, gemein. Folglich ist + ≤ C1Ą1A = ≤ CBB1 + ≤ C1B1B, oder wenn man alle Winkel der Gleichung halbiert: MAA,+L MA1A = ▲ MBB1 + ▲ MB1B, was die Relation LAMA, BMB, nach sich zieht. = ▲ Drehung um diesen Winkel gehen MA und MB in MA, und MB, über. Man zeigt ebenso einfach, daß CMC, 2 RAMA, ist; CMC, ist aber in entgegengesetztem Sinne gerechnet wie AMA1.

=

Durch

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