Abbildungen der Seite
PDF
EPUB

gleich F + E – K-1 ist. Es ist aber jetzt nur noch ein Seitenpolygon vom ganzen Vielflach übrig, so daß die Zahl der Ecken nun gleich der Zahl der Kanten ist, mithin muß

F + E - K − 1 = 1, oder: F + E = K + 2 sein.

Bei dieser Beweisführung wurde vorausgesetzt, daß jedesmal die Seitenfläche, die man abtrennt, an den freien Rand grenzt, aber nur mit einer Anzahl aufeinanderfolgender Kanten. Würde dagegen eine Seitenfläche entfernt, die an zwei getrennten Stellen - mit Kanten, die nicht aufeinander folgen an den Rand des offenen Vielflachs grenzt, so würden zwei getrennte Ränder entstehen. Das kann vermieden werden, wenn nicht zuletzt alle Seitenflächen an zwei Stellen an den freien Rand angrenzen; dann gilt der obige Satz nicht mehr, vielmehr müssen Modifikationen angebracht werden, auf die jedoch hier nicht eingegangen werden soll. Läßt sich auf einem Vielflach keine geschlossene Folge von Kanten angeben, ohne daß das Vielflach in zwei getrennte Teile zerfällt wenn man es längs dieser Kantenfolge aufschneidet, so sind die oben geschilderten Operationen immer möglich und der Satz ist gültig.

124. Legen wir uns jetzt die Frage vor: wie viele Bestimmungsstücke (Konstanten) besitzt ein Vielflach? Offenbar ist ein Vielflach durch die Wahl seiner Eckpunkte völlig bestimmt. Die Lage eines Raumpunktes hängt aber von der Wahl dreier Konstanten ab etwa seiner Abstände von drei festen Ebenen Die Annahme sämtlicher Eckpunkte ergiebt demnach 3 E Konstanten. An dieser Konstantenzahl sind indes noch zwei Korrektionen anzubringen. Erstens ist durch die Annahme der Eckpunkte im Raume nicht nur die Gestalt des Vielflachs an sich, sondern auch seine. räumliche Lage fixiert. Die Bestimmung der räumlichen Lage eines Gegenstandes erfordert aber 6 Konstanten. Denn einen Punkt desselben kann man an eine bestimmte Stelle im Raume bringen, das bedingt 3 Konstanten, einer Achse durch jenen Punkt kann man eine bestimmte Richtung geben, das bedingt zwei weitere Konstanten, und um jene Achse kann man den Gegenstand noch drehen, was noch eine Konstante erheischt. Die Zahl 6 ist also von der ursprünglich gefundenen Zahl zu subtrahieren. Zweitens können nicht alle Eckpunkte ganz beliebig angenommen werden, wenn die Seitenflächen nicht lauter Dreiecke sind. Ist z. B. eine Seite des Vielflachs ein Viereck, so können nur drei Ecken desselben beliebig im Raume angenommen werden, die vierte muß dann in der Ebene der drei ersten liegen. Jedes Viereck, das dem Vielflach angehört, vermindert also die Zahl der Konstanten um 1.

ROHN u. PAPPERITZ. I. 2. Aufl.

7

Ebenso vermindert jedes Fünfeck die Zahl der Konstanten um 2, Ida die vierte und die fünfte Ecke in der Ebene der drei ersten liegen müssen, u. s. w.

Die Gesamtzahl aller Seitenflächen hatten wir F genannt, und wir wollen nun mit F3, F4, F5, .... die Anzahl der dreieckigen, viereckigen, fünfeckigen .... Seiten bezeichnen, so daß: F = F ̧ + F1 + Fg + .... ist.

3

4

5

Die Zahl der willkürlichen Konstanten eines Vielflachs ist nun:

[merged small][ocr errors][ocr errors][merged small]

Mit Berücksichtigung der Relation: E+ FK + 2 wird sie:

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors]

Der Klammerausdruck ist aber = 2 K, da jede dreieckige Fläche drei, jede viereckige vier Kanten liefert u. s. f., wobei dann jede Kante zweimal gezählt ist. Wir erkennen also: Jedes Vielflach ent

hält ebenso viele willkürliche Konstanten als Kanten.

Daraus folgt, daß, wenn die Kanten eines Vielflachs sowie ihre Verteilung in die Seitenflächen gegeben sind, im allgemeinen nur eine endliche Zahl entsprechender Vielflache existieren kann.

n E

125. Aus dem Eulerschen Satze können wir eine Reihe weiterer Schlüsse ziehen, wenn wir bestimmte Voraussetzungen über die Art der Seitenflächen und der Ecken eines Vielflachs machen. Nehmen wir an, daß alle Seitenflächen des Vielflachs Dreiecke und alle Ecken Dreikante sind, so ergiebt sich das Vierflach mit 4 Ecken. Sind die Flächen Dreiecke, aber die Ecken vierkantig, so erhält man das Achtflach mit 6 Ecken; sind endlich die Flächen Dreiecke, aber die Ecken fünfkantig, so entsteht das Zwanzigflach mit 12 Ecken. Für alle diese Fälle ist nämlich K also F2E-4, und ferner K = wo n = 3, resp. 4, resp. 5 zu nehmen ist. Vielflache, deren Seitenflächen Dreiecke sind, können nicht lauter sechskantige und mehrkantige Ecken aufweisen, wie sich direkt aus dem Eulerschen Satze ergiebt. Nehmen wir nun an, ein Vielflach besitze lauter viereckige Seitenflächen, so daß K 2 F, und E F +2 ist, und seine Ecken seien Dreikante, dann ist es ein Sechsflach mit 8 Ecken. Wollte man voraussetzen, alle Ecken seien Vierkante, Fünfkante u. s. w., so würde der Eulersche Satz wieder zu einem Widerspruch führen.

=

3 F
2

=

=

2

,

Ein Vielflach kann auch lauter fünfeckige Seitenflächen be

sitzen; sind dann alle Ecken Dreikante, so hat man es mit dem Zwölfflach mit 20 Ecken zu thun.

126. Es mag hier noch darauf hingewiesen werden, daß nicht alle Annahmen über die Zahlen der Ecken und Flächen, welche dem Eulerschen Satze genügen, auch wirklich einem Vielflache entsprechen. Einige Beispiele mögen dieses erläutern. Gehen wir von dem Falle aus, daß alle Seitenflächen Dreiecke sind, so folgt aus dem Eulerschen Satze die Zahl der Ecken: E

F
2

= +2. Bezeichnen wir die Zahl der Dreiecke, Vierecke u. s. w. wie vorher mit F3, F4 u. s. w. und analog die Zahl der Dreikante, Vierkante u. s. w. mit E, E u. s. w., so ergeben sich folgende Fälle.

[blocks in formation]

6, so findet man ein Vielflach mit E, =E=E=2 = = 6.

=

und eins mit: E Dagegen kann weder ein Vielflach mit: E, E = 1, E = 4 noch ein solches mit: E2 = E = 3 existieren, wie man sich leicht überzeugt, obgleich diese Zahlen den weiter oben angeführten Relationen

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][subsumed][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small][merged small][merged small]

=

=

5, E

= 2.

Andere Vielflache kann es dagegen hier nicht geben, so z. B. existiert ein Vielfach mit E, 2, E1, E 4 nicht, obgleich die angeführten Relationen diese Möglichkeit zulassen. Diese Beispiele mögen zur Beleuchtung des Gesagten genügen.

127. Über die Konstruktion von Vielflachen ist im allgemeinen wenig zu sagen. Man hat besonders auf die Gruppierung der Kanten in den Seitenfläcben und an den körperlichen Ecken zu achten; das Zeichnen der Kanten basiert im wesentlichen auf Dreieckskonstruktionen und auf der Affinität zwischen beiden Projektionen einer Seitenfläche, sowie auf der Konstruktion von Dreikanten. Ein Vielflach aus den Längen seiner Kanten und ihrer Anordnung zu zeichnen müßte nach 124 möglich sein, doch giebt es in den einfachsten Fällen bereits eine so große Anzahl von Lösungen (die, analytisch aufgefaßt, durch Bestimmung der Wurzeln von einer Reihe quadratischer und höherer Gleichungen gefunden werden müssen), daß das Problem konstruktiv zu große Schwierigkeiten bietet.

Bei der Projektion eines Vielflachs haben wir einen sichtbaren und einen unsichtbaren Teil zu unterscheiden. Jeder pro

jizierende Strahl, der das Vielflach durchschneidet, enthält einen sichtbaren und einen oder mehrere unsichtbare Punkte seiner Oberfläche; der sichtbare Punkt ist derjenige, der am weitesten von der Projektionsebene absteht, die anderen Punkte sind verdeckt. Es giebt auf dem Vielflach ein Polygon (oder mehrere), in dessen Punkten die projizierenden Strahlen das Vielflach nur streifen; dieses Polygon wird als der wahre Umriß und seine Projektion als der scheinbare Umriß bezeichnet. Der wahre Umriß trennt offenbar im allgemeinen den sichtbaren Teil der Oberfläche von dem unsichtbaren; es kann indessen vorkommen, daß er selbst unsichtbar ist, womit auch die beiderseits anliegenden Seitenflächen unsichtbar werden. In allen Fällen wird das erwähnte Kriterium ausreichen, um zu entscheiden, ob eine Kante sichtbar ist oder nicht. Am besten wählt man dazu projizierende Strahlen, die zwei Kanten des Vielflachs treffen, also durch einen Schnittpunkt ihrer Projektionen gehen; aus der anderen Projektion kann man dann unmittelbar ersehen, welcher der beiden Punkte der Projektionsebene näher liegt und somit verdeckt wird. Die unsichtbaren Kanten eines Vielflachs sind in den Zeichnungen punktiert.

128. Ein Vielflach, das nur reguläre, unter sich kongruente Seitenpolygone und ebenso reguläre, unter sich kongruente Ecken besitzt, heißt regulär. Nach 125 giebt es folgende reguläre Vielflache: das Vierflach (Tetraëder), Achtflach (Oktaëder) und Zwanzigflach (Ikosaëder), die von Dreiecken begrenzt werden, das Sechsflach (Würfel, Hexaëder), das von Quadraten und das Zwölfflach (Dodekaëder), das von Fünfecken gebildet wird.

Die Konstruktion der regulären Vielflache. Wir können hier vom Vierflach und vom Würfel absehen, da ihre Konstruktion ohne weiteres einleuchtet. Beim regulären Achtflach stoßen in den Ecken je vier gleiche Kanten zusammen, die ein reguläres Vierkant bilden und deren Endpunkte deshalb ein Quadrat bestimmen. Hieraus erkennt man, daß die 12 Kanten des Achtflachs drei Quadrate bilden, deren Ebenen aufeinander senkrecht stehen. Der Schnittpunkt dieser Ebenen ist der Mittelpunkt des regulären Achtflachs; ihre Schnittlinien sind die drei Diagonalen oder Achsen desselben und tragen die 6 Ecken; sie sind zugleich die Diagonalen der genannten Quadrate.

Um das Achtflach darzustellen, stellen wir etwa eine Achse senkrecht zur Horizontalebene, sie projiziert sich dann im Aufriß in wahrer Länge, während die beiden anderen Achsen im Grundriß in wahrer Länge erscheinen. Der Grundriß wird demnach ein

Quadrat mit seinen beiden Diagonalen, im Aufriß liegen die Punkte C", D", E", F" auf einer Parallelen zur x-Achse, da das Quadrat CEDF zum Grundriß parallel ist (Fig. 98)..

[merged small][merged small][merged small][merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small][merged small]

Wir geben noch eine zweite Darstellung des Achtflachs, indem wir eine Seitenfläche in die Grundrißebene legen, etwa A ACE (Fig. 99). Der Mittelpunkt O des Achtflachs liegt senkrecht über der Mitte jeder Seitenfläche, also fällt O' mit dem Mittelpunkt von AAC'E' zusammen. Verlängert man OA, OC und OE um sich selbst über hinaus, so erhält man die Achsen AB, CD und EF, so daß O' die Projektionen A'B', C'D' und E'F' halbiert, wodurch sich der Grundriß bestimmt. Im Aufriß fällt A"C"E" auf die x-Achse und B"D"F" wird parallel zn ihr; es ist also nur noch der Abstand dieser beiden Parallelen zu finden. Hierzu können wir etwa die Seite AD benutzen, von der wir die Projektion 'D' und die wahre Länge (= 'C') kennen. Jener Abstand ist = DD', wenn DA' A'C' ist. wenn Ꭰ 129. Konstruktion des Zwölfflachs. Die Ecken des Zwölfflachs sind reguläre Dreikante; errichtet man in den Mitten dreier, in einer Ecke zusammenlaufenden Kanten senkrechte Ebenen, so schneiden sich diese in einem Punkte O, der auf der Mittelsenkrechten jedes der drei regulären Fünfecke liegt, die jene körper

=

« ZurückWeiter »