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lich" festgestellt, denn ich glaube nicht, dass man bei der Grundlage solcher Gesetze zu sehr in das Detail eingehe.

Nach kurzer Debatte und Ablehnung einiger redactioneller Bemerkungen wird §. 2. angenommen.

Vorsitzender; Dann, meine Herren, liegt noch von Herrn Sigmund ein Antrag vor. Er lautet: Bei Bebauungsplänen ist Rücksicht zu nehmen, dass die Strassen wo möglich unter 45° gegen den Meridian gelegt werden."

Ich bemerke, dass, wenn dieser Antrag angenommen wird, er in al. 4 käme.

Hr. Sigmund: Ich glaube, es ist durchaus nicht gleichgültig, dass die Strassen meridiane Lagen haben; ausser dem Umstande, dass es für den Verkehr in der Strasse von Vortheil ist, so scheint es mir die Hauptsache zu sein, dass die reine Nordlage eine höchst gesundheitswidrige ist. Sie sehen es bei Kindern, dass sie, wo die Schlafzimmer nordseits liegen, nie gedeihen, Sie sehen es bei Reconvalescenten

u. s. W.

Hr. Wiebe: Aber sollte es mit der Lage nach Nordosten nicht ähnlich sein? Ich glaube, dass wir da viel zu sehr in's Detail eingehen.

Vorsitzender: Meine Herren, ich bitte, dass Sie zunächst sich darüber äussern, ob sie mit dem Inhalte des Amendements einverstanden sind?

(Die Mehrheit erklärt sich dafür.)

Nun kommt es darauf an, ob Sie mit der Fassung des Antrages einverstanden sind?

(Nach längerer Debatte wird auch die Fassung angenommen.) Vorsitzender: Es handelt sich nun noch um die dritte Frage,

wohin mit diesem Amendement? in welchen Paragraphen?

Hr. Börner: Wir können es nur in den zweiten stellen, da es eine weitere Specialisirung der Baufluchtlinien ist, und zwar nach dem ersten Absatz in §. 2.

Hr. Sigmund: Wir dürften dies wohl den Herren Antragstellern überlassen. (Allgemeine Zustimmung.)

Wün

Vorsitzender: Also der erste Antrag ist angenommen. schen Sie sich, m. H, nicht darüber auszusprechen, ob er an die Commission oder an das Präsidium des Abgeordnetenhauses gehen soll?

Hr. Zinn: Ich würde rathen, ihn an das Präsidium des Abgeordnetenhauses zu bringen.

Vorsitzender: Wenn die Herren nichts gegen Letzteres einzuwenden haben, so wird dies geschehen.

Es kommt jetzt der zweite Antrag an die Reihe. Er lautet:

Die Gesellschaft wolle eine Commission von fünf Mitgliedern mit dem Auftrag ernennen, ihr in einer bald möglichst stattfindenden Sitzung diejenigen. Abänderungs- Vorschläge vorzulegen, deren An

nahme im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege bei den Gesetz-Entwürfen: 1) einer Provinzial-Ordnung für die Provinzen Preussen, Brandenburg, Schlesien und Sachsen; 2) einer ProvinzialOrdnung für Berlin, Charlottenburg und die sie umgebenden Ortschaften zu beantragen ist.

Hr. Börner: Der Gesetz-Entwurf einer Provinzial-Ordnung für die Provinzen Preussen, Pommern, Brandenburg, Schlesien und Sachsen enthält besondere sanitäre Bestimmungen überhaupt nicht, und wir würden demnach kaum eine Veranlassung haben, uns mit demselben hier zu beschäftigen. Dagegen betrifft die dem Entwurfe beigefügte Denkschrift über die Reorganisation der allgemeinen Landesverwaltung des preussischen Staates, die mit demselben in der engsten Verbindung steht und als seine nothwendige Ergänzung angesehen werden muss, die Sanitätspolizei in sehr erheblichem Masse.

Ihnen zufolge steht Artikel VI. an der Spitze der Verwaltung eines jeden Regierungs- Bezirks der Regierungs-Präsident mit dem bisherigen Ressort, mit Ausnahme der Schulsachen, sowie der Domainen, Forsten und Regalien. Speciell gehört zu seiner Geschäftsordnung Art. VII. c., die Medicinal- und Gesundheitspolizei,

Weitere Bestimmungen enthalten die Artikel X., XI. al. 1.:

X. Dem Regierungs- Präsidenten wird die erforderliche Anzahl von Räthen und Hülfsarbeitern (Regierungs- Räthe und Assessoren), sowie von Technikern (Bau- und Medicinal - Räthe, DepartementsThierarzt, Fabrik - Inspektor etc.) und mindestens ein Justitiarius beigegeben, welche die Geschäfte nach seinen Anweisungen bearbeiten.

Ein Ober-Regierungs-Rath hat den Regierungs-Präsidenten in den ihm obliegenden Amtsgeschäften zu unterstützen und in Behinderungsfällen zu vertreten.

XI. Der collegialischen Berathung und Beschlussfassung des RegierungsPräsidenten und der ihm beigegebenen Räthe und Hülfsarbeiter unterliegen nach näherer Vorschrift des Organisationsgesetzes: 1) Die Entscheidungen über Anträge auf Ertheilung der Genehmigung zur Errichtung gewerblicher Anlagen gemäss §§. 16. bis 25. der Reichsgewerbeordnung vom 21. Juni 1869, soweit diese Angelegenheiten, sei es in erster, sei es in zweiter Instanz, Zuständigkeit der Bezirks-Regierungen gehören.

Zur

Es ist also in dieser Beziehung Alles beim Alten geblieben und eine Mitwirkung der ständigen Behörden anscheinend nicht vorgesehen. Es ist dies um so bemerkenswerther, als in der Kreisordnung §. 135., Art. XV. der Kreisausschuss mit bestimmten Pflichten und Befugnissen bezüglich des Sanitätswesens versehen wurde:

1) die Entscheidung über, die zwangsweise Einführung von sanitätspolizeilichen Einrichtungen, soweit nicht der Gegenstand durch Gesetz geregelt ist;

Vierteljahrsschr. f. ger. Med. N. F. XXII. 2

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2) die Entscheidung über die Verpflichtung zur Tragung der Kosten und über deren Vertheilung unter die Verpflichteten; letzteren bleibt in den gesetzlich zulässigen Fällen der ordentliche Rechtsweg vorbehalten.

Herr Virchow hat bei der allgemeinen Berathung sofort diesen Mangel hervorgehoben und ich will mir erlauben, Ihnen den betreffenden Passus seiner Rede im stenographischen Bericht vorzutragen.

„Ich habe bei dieser Gelegenheit, wo es sich um die Organisation der Instanzen handelt, noch einen Punct zu besprechen, in dem ich vielleicht geneigt bin, zu sehr von meinen persönlichen Erfahrungen aus zu sprechen, aber den ich um so mehr betonen muss, da er meiner Meinung nach in der Regierungsvorlage gänzlich in Vergessenheit gerathen ist; das ist die Stellung der öffentlichen Gesundheitspflege. Es ist allerdings an verschiedenen Puncten davon gelegentlich die Rede. In Nr. 10 werden Medicinalräthe erwähnt, welche dem Regierungspräsidenten beigegeben werden; an einer andern Stelle ist von einem Provinzial-Medicinalcollegium die Rede, ohne dass jedoch irgend etwas darüber ausgesagt ist, ob es überhaupt fortbestehen oder in irgend einer anderen Weise organisirt werden soll; man erfährt eigentlich nicht recht, wie die Sache werden soll. Auf Seite 40 ist die Medicinal- und Gesundheitspolizei einfach als zur Competenz des Regierungspräsidenten gehörig hingestellt, über welche er mit eigner Verantwortlichkeit entscheiden soll. Ich möchte glauben, dass diese Auffassung einigermassen dadurch bedingt ist, dass die Regierung sich immer noch nicht recht von der grossen Bedeutung überzeugt hat, welche für die Entwickelung des Volkes in einer gedeihlichen Organisation der öffentlichen Gesundheitspflege ruht. Wenn der Herr Minister des Innern gegenwärtig einmal sehen will, was die conservative Regierung in England thut, was gerade jetzt in der neuesten Thronrede wieder angekündigt wird, so wird er sich leicht überzeugen, wie seit Jahren, und gerade jetzt mit besonderer Intensität, diese Seite der Gesetzgebung ausgebildet wird. Diese Seite der Gesetzgebung kann wiederum nicht wirksam werden, wenn man nicht die Organe dazu schafft, um sie praktisch ins Leben zu rufen. Nun muss ich sagen, ich weiss in der That nicht, wie eine solche Organisation gestaltet werden soll, wenn der Regierungspräsident als der eigentliche Mittelpunkt derselben erscheint. Ist die Regierung schon gegenwärtig überzeugt, dass für solche besondere Dinge, für die nicht bloss das allgemeine Wissen ausreicht, sondern wozu gewisse specielle technische Kenntnisse gehören, wo auch die einzelne Individualität häufig nicht ausreicht, es nothwendig ist, um ein objectives Urtheil zu gewinnen, eine gewisse Mehrheit von Sachverständigen urtheilen zu lassen, so meine ich, kann man zu keinem anderen Ergebnisse kommen, als zu welchem die Regierung in Beziehung auf die Behandlung der Schulangelegenheiten gekommen ist. Hat sie sich dafür entschieden, ein Provinzial-Schulcollegium als bestimmende Instanz zu schaffen, die durch die ganze Provinz hindurch die Organisation der Schulen im Ganzen zu überwachen

hat und will sie, wie ich mit Vergnügen wenigstens aus den Versprechungen des Gesetzes ersche, die weitere Einwirkung auf die einzelnen Schulen nicht etwa dem Regierungspräsidenten, sondern auf die eventuellen Bezirksausschüsse oder Kreisausschüsse übertragen, so meine ich, muss die Regierung nothwendigerweise auch in Beziehung auf die öffentliche Gesundheitspflege in gleicher Weise vorgehen; sie muss nothwendigerweise eine technische Collegialinstanz schaffen, welche die generelle Beaufsichtigung und Initiative hat; dann kann sie nachher unbeschadet der Disciplin den aus der Selbstverwaltung hervorgegangenen Organen auch die Sorge für die öffentliche Gesundheitspflege überlassen. In Beziehung auf die ländlichen Bezirke und die Gutsbezirke ist ja schon durch die Kreisordnung in dieser Beziehung einigermassen vorgesorgt worden, in Beziehung dagegen auf die Städte fehlt es noch an jeder Bestimmung, und da gerade die Städte in erster Linie Gegenstand der Sorge in Beziehung auf die öffentliche Gesundheitspflege sein müssen vermöge ihrer complicirteren Verhältnisse, so halte ich es für dringend wichtig, dass die Regierung bei Zeiten in das System ihrer Organisation das Provinzial-Medicinalcollegium als eine active und mit bestimmten Verwaltungsbefugnissen ausgestattete Instanz aufnimmt, von der aus dann die generellen Anweisungen nach den einzelnen Verwaltungsinstanzen auszugehen haben."

Ich selbst halte den Gedanken, die Organisation des öffentlichen Gesundheitswesens auf dieser Stufe analog dem Provinzial-Schulcollegium zu organisiren, für einen sehr glücklichen, und bin nicht der Ansicht, dass man auch damit so lange warten soll, bis ein Gesetz über Ortsgesundheitsräthe und die Localgesundheitsbeamten zu Stande gekommen ist. Es klingt sehr schön, auf breiter Basis von unten herauf zu organisiren; praktisch würde man mit solchen Forderungen die Sache ad calendas graecas vertagen, während wir überzeugt sein können, dass gerade ein ProvinzialGesundheits- Collegium ebenso geeignet, als gewillt sein wird, diese Organisation durchzuführen. Man muss nur dabei nicht an unsere bisherigen Medicinal-Collegien denken, sondern an Behörden, die ihr Aufsichtsrecht praktisch ausüben und, wie die Schulcollegien, eine nichts weniger als unerhebliche Executive in Händen haben.

Dass eine Organisation des Sanitätsdienstes im Interesse der öffentlichen Hygiene nothwendig ist, bedarf an dieser Stelle keines Beweises mehr; auch die besten Gesetze bleiben unfruchtbar ohne sie und behalten dann den Charakter legislatorischer Monologe. Diese Gesellschaft hat in Anerkenntniss solcher Nothwendigkeit, bei Gelegenheit des Impfgesetzes den Versuch gemacht, eine Abhülfe im Anschluss an die Ausführungsbestimmungen desselben zu schaffen. Der Versuch ist vergeblich gewesen und auf eine Reihe der unglaublichsten Missverständnisse gestossen. Das ihm zu Grunde liegende, durchaus praktische Princip wurde anscheinend auch in der Reichscommission für Medicinalstatistik verkannt, die über unsere Vorschläge ausserordentlich leicht hinweggegangen ist. Die Nothwendigkeit der Organisation der Gesundheitsbehörden bleibt aber bestehen,

und die schönen Vorschläge der genannten Commission haben, das wird dieselbe gewiss nicht vergessen haben, sie zur absoluten Vorbedingung. Die Gesellschaft muss daher, meines Erachtens, versuchen und nunmehr diese Gelegenheit benutzen, um auf einem anderen Wege, dem der particularstaatlichen Gesetzgebung, das von ihr als richtig Erkannte zur Ausführung bringen zu helfen.

Ich stelle daher anheim, ob die Gesellschaft dem Antrage, eine Commission zu wählen, beistimmen will, die den Auftrag erhält, diejenigen Vorschläge der Gesellschaft zur Genehmigung und Befürwortung vorzulegen, welche ihr im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege geboten erscheinen. Es ist möglich, dass sie zu dem Schlusse kommt, sie sei nicht in der Lage, rebus sic stantibus bestimmte Vorschläge zu machen; immerhin wird die eingehende Erwägung der Frage, werden die aus ihr entspringenden Debatten wesentlich zur Klärung der Anschauungen der Organisation des öffentlichen Gesundheitsdienstes innerhalb der Provinzialverwaltung wesentlich beitragen.

Es mag hierbei noch besonders erwähnt werden, dass die öffentliche Gesundheitspflege durch die Einrichtung der Verwaltungsgerichte in der allererheblichsten Weise afficirt wird. Bei der Zusammensetzung derselben, speciell der Kreis- und Bezirksausschüsse, befinden wir uns in der allerungünstigsten Stellung, wenn nicht den technischen Vertretern der öffentlichen Hygiene eine viel grössere Autorität zugesprochen wird als bisher. Die öffentliche Gesundheitspflege ist in diesen Kreisen sehr wenig populär, wo man vor Allem die Geldopfer fürchtet. Die monströsen Entscheidungen einiger Kreisausschüsse sind bekannt genug, um Alle, denen die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege am Herzen liegt, zu mahnen, hier nicht unthätig zu sein Auch nach dieser Richtung hin würde eine Commission vielleicht in der Lage sein, bestimmte Vorschläge zu machen.

Was den Gesetzentwurf, die Provinz Berlin betreffend, anlangt, so ist vor Allem zu constatiren, dass wir alle Ursache haben, uns desselben zu freuen. Eine Reihe von sanitären, für die Stadt Berlin nothwendigen Massregeln lassen sich in der That gar nicht durchführen, wenn die Hauptstadt mit ihrer Umgegend nicht unter einer und derselben Leitung in einen organischen Verband tritt.

Was unsere speciellen Wünsche im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege anbetrifft, so beziehen sie sich auf den §. 40 f. und §. 112.

§. 40 f. Herstellung von Wasserleitungen, Canalisationen, sowie anderen Vorfluths- und Entwässerungsanlagen, soweit dieselben nicht nur den Interessen einer einzelnen Gemeinde beziehungsweise eines einzelnen Gutsbezirks dienen.

§. 112.

Das Consistorium, das Provinzial - Schulcollegium, das Medicinal-Collegium und die Generalcommission der Provinz Brandenburg fungiren zugleich für die Provinz Berlin.

Was die letztere anbetrifft, so wird man auch hier wieder die

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