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des Deutschen Vereins für öffentliche Gesundheitspflege dringend ans Herz lege.

Ich möchte aber andererseits nicht missverstanden werden; der Verein besitzt so zahlreiche Mitglieder, die, nach der einen oder der anderen Richtung hin, in ausgezeichneter Weise hervorragend sind, dass er an die Beurtheilung seiner Leistungen und damit auch seiner Zukunft den höchsten Massstab anlegen darf. Es reicht, meiner Ansicht nach, wie gesagt nicht hin, dass der Verein interessante Versammlungen hält, wohl ausgearbeitete Referate entgegennimmt und mehr oder weniger lebhaft discutirt. Meinem Gefühl nach genügen diese sogenannten Erfolge nicht, und soll der Verein sich mit Anregungen nicht zufrieden stellen, sondern dauernde Wirkungen erstreben.

Ich glaube, dass die Erfüllung der meinerseits formulirten Wünsche dazu beitragen wird, den Verein zu einer Macht heranwachsen zu lassen, dessen Stimme bei den Staats- und Communalbehörden nicht unbeachtet bleiben kann. Möge er ausserdem wie bisher stets vermeiden, Sonderinteressen zu dienen, und etwa das Urtheil eines kleinen Kreises wohlmeinender, aber nicht immer unparteiischer und weitsichtiger Männer für unbedingt massgebend zu halten. Es ist die Sache des Ausschusses, z. B. die Last der Referate und Correferate so zu vertheilen, dass nicht persönliche Vorliebe, sondern das Interesse der Sache und die gerechte Abwägung der Fähigkeiten und Leistungen dabei für die Wahl entscheidend ist. Ich wünschte endlich noch eine grössere Thätigkeit in der zwischen den Versammlungen liegenden Zeit. Der Ausschuss muss meines Erachtens den Versuch machen, Fragen in der Presse zu discutiren, welche eine besondere Bedeutung für die öffentliche Hygiene sind. Will man auf die gesetzgebenden Factoren wirken, so muss man vor Allem erst die Wählerschaften aufklären !

Herr Sonnenschein hat Danziger Schmutzwässer und Riesel wasser untersucht und ein Gutachten darüber abgegeben, welches ungünstig lautet, soweit es sich um Benutzung dieses Wassers zum Speisegebrauch handelt.

Hr. A. Müller beantragt Statistik des Wasserverbrauchs
und der Abpumpung,

chemische Untersuchung der Spüljauche vor
und nach der Rieselung

ín Danzig

im Interesse der Weiterentwicklung der Spüljauche-Wirthschaft nicht nur für Danzig, sondern für Deutschland.

Hr. Meitzen erklärt die geographische und geognostische Lage Danzigs.

Hr. Wiebe theilt mit, dass die Canäle in Danzig dicht angelegt sind, aber allerdings nicht ganz wasserdicht ausgefallen sind, wie das mit der Natur der Materialien zusammenhängt; ferner, dass bei der Canalisirung zugleich und mit Erfolg dränirt worden ist.

Am 7. November 1874 besuchte die Gesellschaft unter Führung ihres Mitgliedes, des Herrn Professor Gropius, das neue städtische Krankenhaus im Friedrichshain.

(Ordentliche Sitzung vom 8. December 1874.)

Vorsitzender: Herr Börner; Schriftführer: Herr Falk.

Im Beginne beschäftigte sich die Versammlung mit inneren VereinsAngelegenheiten.

Hierauf theilte Hr. Falk ein von ihm auf private Requisition abgegebenes sanitätspolizeiliches Gutachten mit. Es handelte sich um das Project der Anlage eines gewerblichen Etablissements, dessen gasige Ausdünstungen wohl übelriechen, aber nach ärztlicher Erfahrung die Gesundheit der Arbeiter wie der Anwohner keinesweges schädigen. Hr. Falk hatte in diesem Falle um so weniger sanitäre Bedenken gegen die projectirte Anlage [der Leimsiederei], als der ihr am nächsten belegene Häuser - Complex etwa 2000 entfernt und daher eine Verschleppung der Ausdünstungsgase in lästiger Concentration bis dorthin nur bei heftig wehendem Nord-Ostwinde zu erwarten war. Trotzdem wurde die Concession versagt. Hr. Falk regte, hierauf Bezug nehmend, die allgemeine Frage an, ob nicht den medicinal-technischen Gutachten ein grösseres Gewicht als bisher verliehen werden müsse, und nicht schon um desswillen die Einrichtung von Kreisgesundheitsräthen zu erstreben sei.

Da durch den Vortragenden auch des Geruches der Rieselfelder erwähnt wurde, so entspann sich über diesen Gegenstand eine lebhafte Debatte, an welcher sich die Herren Orth, Wiebe, Wandel, Meitzen und Börner betheiligten. Es wurde nachgewiesen, dass irgend nachweisbare Uebelstände mit den Rieselfeldern durchaus nicht verknüpft seien, vorübergehenden sei sofort abzuhelfen.

Hr. Baer bestätigte die Geruchlosigkeit des Rieselfeldes der Strafanstalt am Plötzensee, auf welchem die Beamten der Anstalt sich eine Kegelbahn angelegt hätten.

Der gegentheilige Ausspruch des Kreises Teltow wurde schliesslich vom Vorsitzenden einer Kritik unterworfen und als mit Wissenschaft und Praxis im Widerspruche stehend erklärt.

(Ordentliche Sitzung vom 19. Januar 1875.)

Vorsitzender: Herr Börner; Schriftführer: Herr Falk.

Tages-Ordnung: 1) Vereins-Angelegenheiten.

Es ist der Antrag gestellt, einen Fragekasten in den Sitzungen aufzustellen. Herr Veit-Meyer empfiehlt die Annahme des Antrags, Herr Wiebe tritt dem bei und die Gesellschaft beschliesst demgemäss.

Herr Alexander Müller berichtigt einige Angaben eines früheren Sitzungs-Protokolles bezüglich der Danziger Rieselwiesen.

2) Herr Dr. phil. Petri (als Gast) demonstrirt mehrere durch sein in

Anbetracht der gegenwärtigen Patent - Gesetzgebung noch geheim zu haltendes Desinfections - Verfahren gewonnene Faecal - Steine und erwähnt, dass dasselbe nun in mehreren grossen Fabriken, Kasernen, und zwar mit bestem pecuniärem Erfolge eingeführt sei.

Hr. Marggraf rechtfertigt das ablehnende Verhalten des Berliner Magistrates, speciell der bezüglichen Commission, welche aus dem Redner und Herrn Prof. Virchow bestand, gegenüber dem Petri'schen, von Letzterem im Wesentlichen noch immer geheimgehaltenen Verfahren. Redner beweist, dass derartige oder ähnliche Desinfection beschränkter Complexe wohl möglich, aber damit noch nicht die Methode gegeben ist, grössere Städte zu assaniren; die Verbrennung der Faecalien ist natürlich möglich, aber schon die Kosten des Verfahrens müssten von allgemeiner Einführung desselben abschrecken. Ueberdies wurde der betreffenden Commission seiner Zeit ein viel complicirteres Verfahren Seitens des Herrn Petri angedeutet als heute.

Hr. Falk macht darauf aufmerksam, dass die Darstellung von den Faecal - Geruch bedingenden Körpern schon seit Jahren gelungen ist und einer derselben, dessen Formel bekannt, wegen seiner Verwandtschaft mit dem Indican Indol benannt worden ist; übrigens würde selbst mit eventueller Abscheidung der Riechkörper die Gährungs- und Fäulnissfähigkeit, damit aber auch die sanitäre Gefährlichkeit der Faecalien nicht aufgehoben.

Hr. A. Müller frägt, ob der Ertrag einzig und allein durch die Faecalien bedingt ist, oder ob der desinficirende Zusatz eine wesentliche Bedeutung hierfür habe?

Hr. Oppenheim glaubt nicht, dass der von Herrn Petri isolirt sein sollende Riechkörper ein Fett sei, da solches an sich nicht übel rieche, bezweifelt auch, dass es sich wirklich um ein ganz neues Desinficiens handeln solle.

Hr. Veit-Meyer bedauert mit den anderen Rednern die völlige Geheimhaltung des Mittels, welche keine Grundlage für das wissenschaftliche Urtheil gestatte; übrigens sei mit keiner solchen Desinfections - Methode die Canalisation grosser Städte entbehrlich gemacht.

Hr. Petri erklärt sich bereit, die Ergebnisse von Analysen der Faecal-Steine demnächst vorzulegen und bemerkt, dass auch er der Canalisirung Berlins nicht habe entgegen treten wollen.

Hr. Skrzeczka fragt, wie sich Mass und Gewicht der Desinfections- zur Kothmasse verhalte?

Hr. Petri giebt als Minimum 2 3 Gramm auf 3 Pfund FaecalMasse an.

(Ausserordentliche Sitzung vom 25. Februar 1875.)

Vorsitzender: Herr Hirsch; Schriftführer: Herr Falk.
Tages-Ordnung:

1) Antrag der Herren Boerner, Hobrecht und Meitzen:

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Die Gesellschaft wolle sich mit folgenden, im Interesse der öffentlichen Gesundheitspflege gemachten Abänderungs-Vorschlägen zu dem GesetzEntwurf betreffend die Anlegung und Bebauung von Strassen und Plätzen in Städten und ländlichen Dorfschaften" einverstanden erklären und um die Annahme derselben bei dem Abgeordnetenhause vorstellig werden:

§. 1. Für die Errichtung oder Veränderung von Bauten an Strassen und Plätzen in Städten und ländlichen Ortschaften sind die Baufluchtlinien von der Ortspolizeibehörde im Einverständnisse mit dem Gemeindevorstande festzusetzen.

In gleicher Weise erfolgt die Festsetzung der Baufluchtlinien und der Höhenlinien bei Anlegung und Veränderung von Strassen und Plätzen.

Ueber die Punkte, hinsichtlich deren eine Einigung zwischen der Ortspolizeibehörde und dem Gemeindevorstande nicht stattfindet, entscheidet der Kreisaussc chuss.

§. 2. Die Baufluchtlinien sind dem öffentlichen Bedürfnisse entsprechend festzusetzen und ist dabei auf die Anforderungen der öffentlichen Gesundheitspflege und so viel als thunlich auf die Beförderung der Sicherheit und die Bequemlichkeit des Verkehrs Rücksicht zu nehmen.

Vorzugsweise ist für die Herstellung einer dem Verkehrs-Bedürfnisse genügenden Breite der Strassen, nach der die Höhe der Häuser sich richten muss, und einer guten Verbindung der neuen Bauanlage mit den bereits bestehenden Sorge zu tragen, auch darauf zu halten, dass eine Verunstaltung der öffentlichen Strassen und Plätze nicht eintrete.

Die Höhenlinie der Strassen muss mit Rücksicht auf die Reinigung und Entwässerung der Ortschaften festgestellt werden.

Dr. Boerner als Referent. Zuförderst möchte ich mir erlauben festzustellen, dass es sich nicht um eigentliche Commissionsberathungen bei dieser Gelegenheit gehandelt hat. Es schien genügend zu sein, wenn drei Mitglieder der Gesellschaft, die sich vorwiegend für die Frage interessirten, in durchaus freie Berathung miteinander traten. Die in der Einladung gemachten Vorschläge sind daher lediglich freie, und zwar derart, dass die eigene Verantwortlichkeit lediglich mir zufällt. Aufgenommen ist in den Vorschlägen das, in dem wir 3 übereinstimmten, während in denjenigen Bestimmungen, in welchen wir differirten, davon abgesehen ist, sie jetzt schon zum Vorschlage zu bringen.

Um auf die Sache selbst einzugehen, so mag es gestattet sein, bei

dem vorliegenden Gesetzentwurfe zuvörderst die ihm zu Gruude liegenden Principien zu discutiren, wie sie in den Motiven sich herausstellen. Schon in der im Jahre 1865 vorgelegten Wegeordnung fanden sich Bestimmungen vor, in welchen, abgesehen von anderen, die für die Entwickelung grösserer Ortschaften höchst bedeutungsvollen Fragen bezüglich des Rechtes die bei Bauten einzuhaltenden Fluchtlinien, sei es für die einzelnen concreten Fälle, sei es im Voraus durch Aufstellung allgemeiner Bebauungspläne zu bestimmen - der gesetzlichen Lösung entgegengeführt werden sollen. Wegen des Mangels einer Kreisordnung die Bemühungen der Staatsregierung jener Zeit vergeblich und nicht minder bekannt ist es, dass auch spätere Versuche gescheitert sind. Die Regierung nahm daher einen Plan wieder auf, den sie schon 1866 verfolgt hatte, die betreffenden Fragen nicht innerhalb der Wegeordnung, sondern in einer selbstständigen Frage zur Erledigung zu bringen. Die Motive sagen mit Recht, dass, je weiter der Territorialumkreis ist, für welchen das Gesetz bestimmt ist, umsomehr eine Beschränkung des materiellen Inhaltes desselben für erforderlich zu erachten gewesen sei.

waren

Die Bestimmungen beziehen sich demnach zunächst auf die Festsetzung der Fluchtlinien, einmal für die bestimmten concreten Fälle und sodann im Voraus für ganze Ortschaften oder Theile derselben durch Aufstellung allgemeiner Bebauungspläne. Zu den wesentlichen Einschränkungen, welche diejenigen, die innerhalb der Ortschaften oder an öffentlichen Wegen ihre Grundstücke bebauen wollen, sich gefallen zu lassen haben, gehört nach denselben Motiven die Verpflichtung, den im Interesse des öffentlichen Verkehrs nöthigen Vorschriften und namentlich der Festsetzung der Fluchtlinien für alle Bauten sich unterwerfen zu müssen. Schon das Allgemeine Landrecht gibt die Grundlage für diese Beschränkungen, da nach seinen Bestimmungen die Obrigkeit darauf zu achten hat, dass die Bauten nicht zum Schaden oder zur Verunstaltung der Städte und öffentlichen Plätze gereichen und eine solche unzweifelhaft eintreten würde, wenn die Bauten ohne Rücksicht auf die Lage und die Breite schon bestehender oder künftig anzulegender Strassen beliebig zugelassen werden sollen.

Auf diese Erwägungen gründet sich nun das Gesetz selbst. Die Motive geben an, dass auf derselben oben erwähnten rechtlichen Basis die Befugniss der Polizeibehörde beruhe, Bebauungspläne aufzustellen. Ein solcher sei eben nichts anderes als die Feststellung von Fluchtlinien im Voraus nach einem einheitlichen Plane, welcher die Richtung der Strassen, die Anlegung öffentlicher Plätze u. S. W. in Obacht nimmt. Der Bebauungsplan bietet schliesslich, worauf nach den Motiven ein besonderes Gewicht zu legen ist, die alleinige Möglichkeit für eine zweckmässige Erweiterung der Ortschaften und für eine genügende Berücksichtigung der Forderungen der Verkehrs-, Sanitäts- und Sicherheitspolizei dar. Es mag nun erlaubt sein, gleich hier hervorzuheben, dass diese Seitens der Motive ausgesprochene Anschauungen über die Nothwendigkeit

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