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halten, das ist dem Wohlhabenden Bedürfniss, der Gebildete hält es für seine Pflicht.

Je grösser also die Wohlhabenheit einer Gegend, desto grösser der Bedarf an Aerzten und Apotheken; die sich frei niederlassenden Aerzte beweisen das heute schon durch ihre Zahl.

Dazu kommt als zweites Moment: die Dichtigkeit der Bevölkerung, welche auf der einen Seite ja nur in wohlhabenden Districten, resp. in Districten, wo die Gelelegenheit zum Erwerb gegeben ist, eintritt, andererseits durch das Zusammendrängen der Menschen auf einen geringeren Flächenraum, durch die damit verbundenen Uebelstände der Luftverschlechterung, wie durch Gelegenheitsursachen zu plötzlichen Verletzungen, Veranlassung zur häufigeren Erkrankung, namentlich zur Entstehung von Epidemien giebt.

Also je wohlhabender, je dichter bevölkert, d. h. je höher die Kopfsteuer nach Staatssteuern berechnet ist, je mehr Menschen auf eine Raumeinheit zusammengedrängt wohnen, desto mehr Apotheken können bestehen, sind daher nöthig.

Eine weitere Rücksicht auf die bestehenden Apotheken zu nehmen, wie ich oben bereits andeutete, ist der Staat meines Erachtens nicht verpflichtet, ja der Staat hat nach meinem Dafürhalten nicht einmal das Recht, die Besitzenden so zu schützen, da dadurch wirkliche Monopole entstehen und bereits reichlich entstanden sind. Der Staat hat aber auch keine Verpflichtung, diese Werthe abzulösen, mit Ausnahme der Privilegien. Diese hat er selbst verkauft, muss sie also selbstredend wieder einlösen; die Concessions-Inhaber haben gar keinen Anspruch auf Staats- Entschädigung.

Der Staat hat die Concession gratis gegeben und hat dabei keinerlei Garantien übernommen, also auch keine Verpflichtung für Schäden aufzukommen, die durch eine das Allgemeinwohl schädigende Speculation herbeigeführt sind. Diese Speculation besteht auch heute noch trotz des Damoklesschwertes der drohenden Concessions-Vermehrung, event. Gewerbefreiheit.

Noch vor wenigen Monaten ist eine Apotheke mit 69,000 Thalern gekauft, die im Jahre 1864 56,000 Tbaler, im Jahre 1851 30,000 Thaler kostete! In einer anderen Provinz kostete ein Geschäft 1846 45,000 Thaler, der Besitzer wurde reich, that wenig oder nichts für die Aufbesserung des Geschäfts, verkaufte für 57,500 Thaler; der jetzige Besitzer kat keinen Grund zur Klage. Eine Concession

wird ertheilt, das neue Geschäft nach sage 2 Jahren für 75,000 Thaler verkauft, hat heute eine Receptur von gegen 200 Recepten. Müssten dahin nicht mindestens noch zwei Apotheken gelegt werden?

Wer sucht, wird solcher Beispiele mehr finden; diese stehen fest.

Ist der Staat nun auch keineswegs verpflichtet, die von den Concessions - Inhabern widerrechtlich beanspruchte Entschädigung zu zahlen, so wird er andererseits auch nicht jäh, wohl aber stetig mit neuen Concessionen vorgehen, um so die Entwerthung grosser Kapitalien zu vermeiden. Und spricht die Staatsregierung nur einmal es bestimmt aus, dass die Concessionen von einem bestimmten Zeitpunkt an rücksichtslos vermehrt werden, dann werden die Apothekenpreise bald zur Norm zurückkehren und Verkäufe wie die oben genannten von selbst aufhören.

Die Hauptsache bei der Vermehrung der Concessionen also ist die richtige Prüfung der Bedürfnissfrage, und diese muss vor allen anderen Rücksichten nach der Dichtigkeit und der Wohlhabenheit der Bevölkerung entschieden werden; die Wohlhabenheit wird, wie ich oben bereits auseinandergesetzt habe, am besten und sichersten nach der Kopfsteuer der directen Staatssteuern beurtheilt. Hieraus, wie aus dem approximativen Arzneiverbrauch pro Kopf, (ich glaube nicht, wie Hartmann, dass es möglich ist, diese Zahl mathematisch sicher zu berechnen, man wird sie immer nur annähernd bestimmen können) muss sich eine Proportion finden lassen, welche uns mit Zugrundelegung eines Norm-Verhältnisses aus der gewonnenen Erfahrung die Normativzahl für jeden einzelnen Bezirk durch eine einfache Gleichung berechnen lässt.

Ich erlaube mir im Folgenden Andeutungen in dieser Beziehung zu geben, bemerke aber im Voraus, dass ich keinen Anspruch auf eine richtige Proportion erhebe. Ich will durch meine Andeutungen nur anregend wirken und überlasse es dem Nationalökonomen im Verein mit dem Mathematiker, die Aufgabe der gesuchten Normativzahlen definitiv zu lösen.

Die mittlere Kopfsteuer für den ganzen Staat beträgt 2.87 Mark, die mittlere Volksdichtigkeit 3,722.

Der Regierungsbezirk Cassel mit 277 Wohlhabenheit und 4,170 Volksdichtigkeit scheint mir nach den eingezogenen Erkundigungen im Ganzen richtig mit Apotheken besetzt zu sein; die Kopfsteuerzahl wie die Zahl der Volksdichtigkeit stehen den mittleren Zahlen für den ganzen Staat ziemlich nahe. Ich nehme

daher das dort vorliegende Verhältniss als Norm-Verhältniss an und komme dabei zu Resultaten, die wenigstens der Wahrheit nicht allzufern liegen dürften.

Je grösser die Wohlhabenheit (je höher die Kopfsteuer) in einem gegebenen Bezirk ist, desto mehr Apotheken können caeteris paribus bestehen, desto weniger Einwohner genügen, um eine Apotheke zu erhalten.

Je grösser die Volksdichtigkeit ist, desto geringere Zahl von Menschen können ebenfalls eine Apotheke erhalten, vorausgesetzt, dass sie nicht auf einem nominell zu kleinen Raum wohnen, wie in Berlin oder sonstigen wirklichen Grossstädten; hier liegen die Quadratmeilen des mangelnden Territoriums in den Etagen der Häuser.

Kopfsteuer und Volksdichtigkeit sind umgekehrt proportionirt der Zahl der Einwohner, welche für den Bestand einer Apotheke nothwendig ist; oder praktisch angewandt finden wir die Zahl für den betreffenden Kreis auf folgendem Wege:

Wenn im Regierungsbezirk Cassel 6851 Einwohner bei 277 Kopfsteuer und 4170 Volksdichtigkeit eine Apotheke ernähren, wie viel Einwohner müssen im Regierungsbezirk Oppeln bei 207 Kopfsteuer und 5390 Volksdichtigkeit auf eine Apotheke gerechnet werden?

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Es würden hiernach für den Regierungsbezirk Oppeln 7,093 Einwohner ausreichen, eine Apotheke zu erhalten; diese Zahl erscheint sehr abweichend von der jetzt bestehenden anerkannt abnormen Wirklichkeit; ich glaube, dass sie höchstens um 1,000 Einwohner von dem richtigen Verhältniss abweicht, vielleicht ganz richtig ist, wenn man berücksichtigt, dass Oberschlesien Bezirke hat, in welchem sehr wohl 5,500, ja selbst 5,000 Einwohner für eine Apotheke genügen könnten, z. B. der grösste Theil des Industrie-Bezirks, während andere, wie Rosenberg, kaum mit 13,000 Einwohnern einer Apotheke ein Auskommen gewähren würden. Man würde hier den Bezirk noch wieder in verschiedene Unterbezirke theilen müssen. Andere Beispiele werden lehren, dass die Proportion bei durchgehend dünner und armer Bevölkerung sehr richtige Resultate giebt:

für Gumbinnen lautet die Normativzahl in derselben Weise berechnet: 17,140 Einwohner für 1 Apotheke,

jetzt sind de facto dort 17,291 Einwohner für 1 Apotheke;

für Bromberg:

15,397 Einwohner für 1 Apotheke,

jetzt kommen 14,168 Einwohner auf 1 Apotheke.

Wir sehen, dass wir hier den von der Behörde anerkannten Verhältnissen durch Rechnung sehr nahe kommen.

Für Magdeburg würde die Zahl 5,008 lauten; nun dass der Regierungsbezirk Magdeburg auf 5,000 bis 6,000 Einwohner 1 Apotheke unterhalten könnte, ebenso wie ein grosser Theil von Sachsen, ist mir nicht zweifelhaft.

Etwas Wahres liegt jedenfalls in dem von mir aufgestellten Verhältniss; ich glaube, wenn es gelingt, den Arzneiconsum pro

Kopf für jeden Bezirk auch nur mit annähernder Sicherheit zu bestimmen, so wird hierin die Correctivziffer für die etwa zu niedrig gegriffene Einwohnerzahl gefunden sein; mir sind die jetzt gefundenen Zahlen und die Vergleiche, die sich aus der Tabelle für das Verhältniss zwischen den neuen und alten Provinzen ergeben, dafür volle Bürgschaft, dass noch mehr als 330 Apotheken zur Zeit im preussischen Staat vor 1866 fehlten und heute noch reichlich diese Zahl allmählich, i. e. binnen 10 Jahren hinzukommen kann und bestehen wird, ohne dass die alten Apotheken untergehen.

Als Anhang erlaube ich mir eine kurze Kritik zu dem „Entwurf zu einer Norddeutschen Apotheker-Ordnung, Halle 1869." und zu den „Veränderungen des Apotheker-Ordnungs-Entwurfs von Dr. Hartmann, Magdeburg 1874." zu geben.

Ich bemerke im Voraus, dass ich nur kurz die Paragraphen herausheben werde, denen ich nicht zustimmsn kann. Der Entwurf im Ganzen entspricht meinen Anschauungen durchaus, ist sachgemäss und erschöpfend und durch die Veränderungen von Hartmann in mancher Beziehung vortheilhaft ergänzt.

§. 3. (der Veränderungen) geht zu weit; zwei so nahe verwandte Disciplinen, wie Medicin und Pharmacie, schliessen die gegenseitige Stimmfähigkeit in einem Collegium nicht aus. Sehr wohl können Apotheker über viele medicinische und Aerzte über pharmaceutische Angelegenheiten ein Urtheil haben.

§. 4. Durchaus einverstanden mit der Ernennung eines Regierungs-Apothekers für jeden Regierungsbezirk glaube ich doch im sachlichen, wie finanziellen Staats- Interesse darauf hinweisen zu müssen, dass diese Regierungs- oder Bezirks - Apotheker vollständig genügen dürften in der Form der jetzt bei den Medicinal-Collegien angestellten pharmaceutischen Medicinal-Assessoren. Für einen pharmaceutischen Regierungsrath fehlt es wahrhaftig an Arbeit, welche an vielen Regierungen schon den Regierungs- Medicinalräthen kärglich bemessen ist. Man stelle einen tüchtigen Apotheker als Medicinal - Assessor an mit vollem Votum in pharmaceutischen Angelegenheiten, nehme denselben aus der Regierungsstadt, falls dort ein Apotheker ist, der durch Charakter und Befähigung wie wissenschaftliche Bildung nach der Ansicht competenter Sachverständigen zu einer solchen Stellung sich eignet; sachverständig können in diesem Falle nur Aerzte und Apotheker sein. Ist eine solche Persönlichkeit am Regierungssitz nicht vorhanden, so wähle man aus dem Bezirk eine geeignete Persönlichkeit, die dann in einer Sitzung wöchentlich (gegen Zahlung von Diäten und Reisekosten) zu erscheinen hat. Die Arbeiten werden per Post übersandt. Der Staat mag immerhin für einen zuverlässigen, tüchtig gebildeten Sachverständigen jährlich einige hundert Thaler mehr ausgeben; diese Ausgabe wird reichlich gedeckt durch Charakter und Tüchtigkeit. Der Assessor würde bei den Apotheken-Revisionen der stehende pharmaceutische Commissarius sein und als Beamter jedenfalls weniger Rücksichten kennen, als dies heute hin und wieder vorkommen dürfte. Ausserdem hätte er die eingehenden Rechnungen nachzutaxiren, etwaige Analysen gegen Bezug der taxmässigen Gebühren zu machen, Gutachten über chemische und ähnliche Fabriken abzugeben.

§. 11 b. (Veränderungen). Dieser ganze Paragraph ist nur eine Oratio pro domo oder vielmehr pro aerario pharmacopolarum. Also der Staat soll seine eigenen Geschenke den Besitzern jetzt noch wieder abkaufen, weil er die durch Speculation herbeigeführte Zinsenlast nicht mehr garantiren will.

Da müsste der Staat am Ende auch jeden fiscalischen Pächter, der falsch bei seiner Pachtung speculirt hat, entschädigen! Ein sehr bescheidenes Verlangen in der That.

Zu §. 12. Der Ertheilung von Personal-Concessionen stimme ich gern zu, halte aber daran fest, dass die Bezirks - Regierung die Concession nach den von mir früher aufgestellten Principien verleiht. Kreis wie Communen sind zu kleine Complexe, in denen Nepotismus und Rancune leichter Platz finden.

Zu §. 15. Von Verpachtung der Apotheken muss entschieden wieder Abstand genommen werden, es muss dagegen, aber nicht dafür ein Gesetz emanirt werden. Die Verpachtung begünstigt schlechte Speculation; der Besitzer und der Pächter wollen ja doch dann auskömmlich leben, statt eines zwei Menschen; dann können bei reeller Verwaltung auch zwei Apotheken dort bestehen.

Ebensowenig sind Compagnie-Geschäfte (§. 20.) statthaft, das würde in gleicher Weise schädlich wirken.

§. 26. muss lauten:

Wer keinen Gehülfen hat, darf mit Erlaubniss der Regierung einen
Lehrling halten.

Dieser Zusatz ist durchaus nothwendig, da meine geringen Erfahrungen aus zwei Kreisen und einem Regierungsbezirk doch schon Beispiele aufweisen für Apotheker, denen ich persönlich die Ausbildung eines Lehrlings trotz vorhandener Gehülfen nicht einmal anvertraut haben würde.

Die im Titel III. für die Neuanlage von Apotheken gemachten Vorschläge sind durchaus annehmbar; doch möchte ich den Passus im §. 65c. (Veränderungen), betreffend die Schädigung der Existenzfähigkeit der bestehenden Apotheken, nur so verstanden wissen, wie früher erörtert.

Als Durchschnitt kann ich nur 8,000 Seelen auf eine Apotheke gelten lassen, limitire abwärts bis 5,000 und aufwärts bis 12,000 Seelen.

§. 66. Der Antrag auf Anlage neuer Apotheken kann von Jedermann gestellt werden, muss aber den Instanzenweg innehalten. Die Bezirks - Commission zu betheiligen, erscheint nicht rathsam, sie hesteht nur aus Interessenten.

§. 66a. (Veränderungen). Wenn die schon vorhandenen Besitzer keinen Einspruch mehr erheben, kann man sicher sein, dass sie sehr wohl geborgen sind, und dass der neue Concessionär einen sehr schweren Stand haben wird. Gerade diese Calamität, früher öfters durch zu späte Neuanlagen herbeigeführt, muss durch eine richtige Würdigung der Verhältnisse und rechtzeitige Neuanlage vermieden werden.

§. 66 c. Die Anschauungen und damit das Urtheil der Menschen verändern sich oft in kurzer Zeit, Personen in massgebender Stellung wechseln, und so kann, was heute aus irgend welchen Gründen nicht möglich war, in einem Jahre genehmigt werden, während bei dem gemachten Vorschlage nur zu leicht 10jährige Schonung möglich ist.

§. 81b. (Veränderungen). Gegen die Anlage von Haus-Apotheken der

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