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Reichstag in seiner Sitzung vom 16. October 1867 mit Einstimmigkeit beschloss:

die Petition dem Bundeskanzler mit dem Ersuchen zu überweisen, auf die schleunigste Aufhebung aller Spielbanken im Gebiete des Norddeutschen Bundes hinwirken zu wollen. Gegenwärtig bestehen innerhalb des Bundesgebietes noch folgende öffentliche Spielbanken:

1) in den jüngst mit Preussen vereinigten Landestheilen zu Wiesbaden, Ems und Homburg, 2) in dem Fürstenthum Waldeck zu Pyrmont und Wildungen,

3) in dem vormals Kurhessischen jetzt Grossherzoglich Hessischen Badeort Nauheim,

4) zu Travemünde innerhalb des Gebietes der freien Stadt Lübeck.

Anlangend die unter Nr. 1. erwähnten Spielbanken, so würden die von den vormaligen LandesRegierungen ertheilten Concessionen noch fortdauern:

für die Banken zu Wiesbaden und Ems bis zum Jahre 1881,

für die Bank zu Homburg bis zum Jahre 1896. Allein nach dem in der neuesten Zeit für Preussen erlassenen, in der Anlage S. 824 beigefügten Landesgesetz vom 5. März d. J. (Preussische Gesetz-Sammlung, Seite 209) sollen diese Banken früher geschlossen werden. Das neue Gesetz bebestimmt:

Die Spielbanken zu Wiesbaden, Ems und Homburg würden spätestens am 31. December 1872 geschlossen; eine frühere Schliessung könne durch Königliche Verordnung entweder allgemein oder nur in Beziehung auf einzelne der gedachten Spielbanken ausgesprochen werden; bis dahin sei jedenfalls das Spiel an allen Sonn- und Feiertagen verboten; mit dem Tage der Schliessung seien die betreffenden Spielpachtverträge und Concessionen aufgehoben, eine Entschädigung wegen des entgehenden Gewinnes aus dem Hazardspiel-Betriebe finde nicht Statt.

In Preussen ist also die Nothwendigkeit erkannt, die öffentlichen Spielbanken wegen ihrer verderblichen Wirkungen noch vor Ablauf der für sie bestehenden Concessionen zu unterdrücken. Gleichwohl ist es für bedenklich erachtet, die sofortige Unterdrückung derselben auszusprechen. Zur Schonung wichtiger Interessen soll die Schliessung der Banken erst am 31. December 1872 eintreten, so zwar, dass auch eine frühere Schliessung möglich bleibt. Diese Möglichkeit ist vorbehalten, um die concessionirten Unternehmer zu vermögen, dass sie sich bereit erklären, einen erheblichen Theil des künftigen Spielgewinns zu öffentlichen Zwecken zu widmen, namentlich zur Gründung von Kurfonds, deren Bestimmung ist, den betreffenden Bade- und Kurorten zur Abwendung grosser Nachtheile einen angemessenen Ersatz für die beträchtlichen Summen zu gewähren, welche ihnen bisher aus dem Spielgewinne zugeflossen sind. Der gedachte Zweck ist in der That erreicht worden. Seit Erlass des Gesetzes sind mit den Unternehmern neue Verträge errichtet, nach welchen die Gründung des Kurfonds sicher gestellt, andererseits aber auch die Schlies

sung der Banken vor dem 31. December 1872 nicht zu erwarten ist.

Die Concessionen für die übrigen Spielbanken werden erlöschen:

für die Bank zu Pyrmont am 30. April 1873,

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Wildungen im Jahre 1885,
Nauheim mit Ablauf des
Jahres 1877,

Travemünde mit dem Ende der Badesaison 1872. Die Verlängerung oder Erneuerung der Concessionen liegt keineswegs in der Absicht der Regierungen; andererseits ist aber auch keine sichere Aussicht vorhanden, dass zum Zwecke einer früheren Schliessung ähnlich wie in Preussen durch das Gesetz vom 5. März 1868 eingeschritten werde. Bei dieser Lage der Dinge und da aus Gründen, welche offen zu Tage liegen, die dringende Nothwendigkeit unleugbar ist, den verderblichen Wirkungen der öffentlichen Spielbanken zu steuern, wird also die Bundesgesetzgebung einzugreifen haben, um, entsprechend dem Beschlusse des Reichstags vom 16. October 1867 sowohl die Ertheilung neuer Concessionen oder das Dulden neuer Spielbanken zu verhindern, als auch die frühere Schliessung der gegenwärtig noch concessionirten Spielbanken zu erreichen. Der vorliegende GesetzEntwurf soll zur Erreichung des doppelten Zwecks dienen. In Ansehung der Schliessung der gegenwärtig concessionirten Spielbanken nimmt er das Preussische Gesetz vom 5. März 1868 zum Vorbilde. Es ist in Erwägung gezogen, ob es nicht gerechtfertigt sei, über das Preussische Gesetz hinaus die sofortige Schliessung der Banken zu decretiren. Die Frage musste verneint werden. Für ihre Verneinung sprachen zunächst die bei der landtäglichen Berathung des Preussischen Gesetzes in grösster Ausführlichkeit geltend gemachten, aus den stenographischen Sitzungs-Berichten (stenogr. Sitzg.-Bericht des Herrenhauses Seite 264 u. f., des Hauses der Abgeordneten Seite 1928 u. f.) zu ersehenden Gründen. Allein sollte auch die Zulänglichkeit der letzteren anfechtbar sein, so würde doch ein Bundesgesetz, welches über das in der neuesten Zeit nach der gründlichsten Erörterung aller in Betracht kommenden Verhältnisse mit Zustimmung des Landtags in Preussen erlassene Landesgesetz hinausginge, für Preussen um so weniger annehmbar erscheinen, als auf Grund dieses Preussischen Gesetzes bereits neue Verträge geschlossen sind und die Königliche Bestätigung erlangt haben. Es würde nichts übrig bleiben, als die in Preussen noch bestehenden Banken von der Anwendbarkeit des Bundesgesetzes auszunehmen, worin eine ungleiche Behandlung zu finden wäre, die sicherlich auf Billigung keinen Anspruch hätte. Auch die Königlich Belgische Regierung hat jüngst behufs Schliessung der Spielbank zu Spa der Repräsentantenkammer einen Gesetz-Entwurf vorgelegt, welchem das Preussische Gesetz vom 5. März d. J. zum Vorbild gedient hat.

Zu den einzelnen Bestimmungen des Entwurfs wird noch Folgendes bemerkt: Zu §. 1.

Der §. 1. enthält eine Bestimmung, welche in

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Der §. 3. giebt im Wesentlichen den §. 3. des Preussischen Gesetzes wieder. Nur die Fassung hat eine Aenderung erlitten, vorzugsweise um ausser Zweifel zu stellen, dass die Vorschrift sich auch auf die Beschränkung durch das Verbot des Spiels an Sonn- und Feiertagen beziehe. Die Zulässigkeit der Ausschliessung des Ersatzes des entgehenden Gewinnes kann nach allgemeinen Grundsätzen keinem Bedenken unterliegen.

Die Aufnahme von Strafbestimmungen ist ungeachtet des strafrechtlichen Charakters des Gesetzes unterblieben, weil dieselbe, gegenüber der grossen Verschiedenheit der in den einzelnen Bundesländern bestehenden Strafsysteme, nicht allein bedenklich erschien, sondern auch für entbehrlich erachtet werden muss, da es in den einzelnen Bundesstaaten an zureichenden, das Hazardspiel betreffenden Strafgesetzen nicht fehlt, deren Anwendbarkeit in Ansehung der concessionirten Spielbanken selbstverständlich wird, sobald die Ĉoncessionen in Folge des neuen Gesetzes aufhören oder beschränkt werden. Sollte die Voraussetzung,

dass jene landesgesetzlichen Strafgesetze und deren

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Gesetz,

betreffend

die privatrechtliche Stellung der Erwerbs- und Wirthschafts

Genossenschaften.

Vom 4. Juli 1868.

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Von Errichtung der Genossenschaften. §. 1.

Gesellschaften von nicht geschlossener Mitgliederzahl, welche die Förderung des Credits, des Erwerbes oder der Wirthschaft ihrer Mitglieder mittelst gemeinschaftlichen Geschäftsbetriebes bezwecken (Genossenschaften), namentlich:

1) Vorschuss- und Creditvereine, 2) Rohstoff- und Magazinvereine,

3) Vereine zur Anfertigung von Gegenständen und zum Verkauf der gefertigten Gegenstände auf gemeinschaftliche Rechnung (Productivgenossenschaften),

4) Vereine zum gemeinschaftlichen Einkauf von Lebensbedürfnissen im Grossen und Ablass in kleineren Partien an ihre Mitglieder (Consumvereine),

5) Vereine zur Herstellung von Wohnungen für ihre Mitglieder,

erwerben die im gegenwärtigen Gesetze bezeichneten Rechte einer eingetragenen Genossenschaft“ unter den nachstehend angegebenen Bedingungen.

§. 2.

Zur Gründung der Genossenschaft bedarf es: 1) der schriftlichen Abfassung des Gesellschaftsvertrages (Statuts);

2) der Annahme einer gemeinschaftlichen Firma. Die Firma der Genossenschaft muss vom Gegenstande der Unternehmung entlehnt sein und die zusätzliche Bezeichnung eingetragene Genossenschaft enthalten.

Der Name von Mitgliedern (Genossenschaftern) oder anderen Personen darf in die Firma nicht aufgenommen werden. Jede neue Firma muss sich von allen an demselben Orte oder in derselben Gemeinde bereits bestehenden Firmen eingetragener Genossenschaften deutlich unterscheiden.

Zum Beitritt der einzelnen Genossenschafter genügt die schriftliche Erklärung.

§. 3.

Der Gesellschaftsvertrag muss enthalten: 1) die Firma und den Sitz der Genossenschaft; 2) den Gegenstand des Unternehmens;

3) die Zeitdauer der Genossenschaft, im Fall dieselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein soll;

4) die Bedingungen des Ein- und Austritts der Genossenschafter;

5) den Betrag*) der Geschäftsantheile der einzelnen Genossenschafter und die Art der Bildung dieser Antheile;

6) die Grundsätze, nach welchen die Bilanz aufzunehmen und der Gewinn zu berechnen ist, und die Art und Weise, wie die Prüfung der Bilanz erfolgt;

7) die Art der Wahl und Zusammensetzung des Vorstandes und die Formen für die Legitimation der Mitglieder des Vorstandes und der Stellvertreter derselben;

8) die Form, in welcher die Zusammenberufung der Genossenschafter geschieht;

9) die Bedingungen des Stimmrechts der Genossenschafter und die Form, in welcher dasselbe ausgeübt wird;

10) die Gegenstände, über welche nicht schon durch einfache Stimmenmehrheit der auf Zusammenberufung erschienenen Genossenschafter, sondern nur durch eine grössere Stimmenmehrheit oder nach anderen Erfordernissen Beschluss gefasst werden kann;

11) die Form, in welcher die von der Genossenschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie die öffentlichen Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind;

12) die Bestimmung, dass alle Genossenschafter für die Verbindlichkeiten der Genossenschaft solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen haften.

§. 4.

Der Gesellschaftsvertrag muss bei dem Handelsgerichte, in dessen Bezirk die Genossenschaft ihren Sitz hat, nebst dem Mitgliederverzeichnisse durch den Vorstand eingereicht, vom Gerichte in das Genossenschaftsregister, welches, wo ein Handelsregister existirt, einen Theil von diesem bildet,

*) Im Bundes-Gesetzblatt, S. 416, steht für Betrag" irrthümlich „Beitrag".

eingetragen und im Auszuge veröffentlicht werden. Der Auszug muss enthalten:

1) das Datum des Gesellschaftsvertrages; 2) die Firma und den Sitz der Genossenschaft; 3) den Gegenstand des Unternehmens;

4) die Zeitdauer der Genossenschaft, im Falle dieselbe auf eine bestimmte Zeit beschränkt sein soll;

5) die Namen und den Wohnort der zeitigen Vorstandsmitglieder;

6) die Form, in welcher die von der Genossenschaft ausgehenden Bekanntmachungen erfolgen, sowie die öffentlichen Blätter, in welche dieselben aufzunehmen sind.

Zugleich ist bekannt zu machen, dass das Verzeichniss der Genossenschafter jeder Zeit bei dem Handelsgerichte eingesehen werden könne.

Ist in dem Gesellschaftsvertrage eine Form bestimmt, in welcher der Vorstand seine Willenserklärungen kund giebt und für die Genossenschaft zeichnet, so ist auch diese Bestimmung zu veröffentlichen.

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gen der nachfolgenden Paragraphen nur in denjenigen Puncten abweichen, bei welchen dies ausdrücklich für zulässig erklärt ist.

In Ermangelung einer anderen Bestimmung des Gesellschaftsvertrages wird der Gewinn unter die Genossenschafter nach Höhe von deren Geschäftsantheilen vertheilt, ebenso der Verlust, soweit diese Antheile zusammen zu dessen Deckung ausreichen, wogegen ein nach Erschöpfung des Genossenschaftsvermögens noch zu deckender Rest gleichmässig nach Köpfen von sämmtlichen Genossenschaftern aufgebracht wird.

Genossenschafter, welche auf ihre Geschäftsantheile die ihnen statutenmässig obliegenden Einzahlungen geleistet haben, können von anderen Genossenschaftern nicht aus dem Grunde, weil letztere auf ihre Antheile mehr eingezahlt haben, im Wege des Rückgriffs in Anspruch genommen werden, sofern nicht der Gesellschaftsvertrag ein Anderes festsetzt.

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Insoweit die Genossenschaftsgläubiger aus dem Genossenschaftsvermögen nicht befriedigt werden können, haften ihnen alle Genossenschafter, ohne dass diesen die Einrede der Theilung zusteht, für die Ausfälle solidarisch und mit ihrem ganzen Vermögen. Diese Solidarhaft kann von einem Genossenschaftsgläubiger nur geltend gemacht werden, wenn im Falle des Concurses die Voraussetzungen des §. 51. vorliegen, oder wenn die Eröffnung des Concurses nicht erfolgen kann.

Wer in eine bestehende Genossenschaft eintritt, haftet gleich den anderen Genossenschaftern für alle von der Genossenschaft auch vor seinem Eintritte eingegangenen Verbindlichkeiten.

Ein entgegenstehender Vertrag ist gegen Dritte ohne rechtliche Wirkung.

Die einer Genossenschaft beigetretenen Frauenspersonen können in Betreff der dadurch eingegangenen Verpflichtungen auf die in den einzelnen Staaten geltenden Rechtswohlthaten der Frauen sich nicht berufen

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Die Bestimmung des vorigen Paragraphen gilt auch in Betreff der Privatgläubiger, zu deren Gunsten eine Hypothek oder ein Pfandrecht an dem Vermögen eines Genossenschafters kraft des Gesetzes oder aus einem anderen Rechtsgrunde besteht. Ihre Hypothek oder ihr Pfandrecht erstreckt sich nicht auf die zum Genossenschaftsvermögen gehörigen Sachen, Forderungen und Rechte, oder auf einen Antheil an denselben, sondern nur auf dasjenige, was in dem letzten Satze des vorigen Paragraphen bezeichnet ist.

Jedoch werden die Rechte, welche an dem von einem Genossenschafter in das Vermögen der Genossenschaft eingebrachten Gegenstande bereits zur Zeit des Einbringens bestanden, durch die vorstehenden Bestimmungen nicht berührt.

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Die Genossenschaft wird durch die vom Vorstande in ihrem Namen geschlossenen Rechtsgeschäfte berechtigt und verpflichtet. Es ist gleichgültig, ob das Geschäft ausdrücklich im Namen der Genossenschaft geschlossen worden ist, oder ob die Umstände ergeben, dass es nach dem Willen der Contrahenten für die Genossenschaft geschlossen werden sollte.

Die Befugniss des Vorstandes zur Vertretung der Genossenschaft erstreckt sich auch auf diejenigen Geschäfte und Rechtshandlungen, für welche nach den Gesetzen eine Specialvollmacht erforderlich ist. Zur Legitimation des Vorstandes bei allen, das Hypothekenbuch betreffenden Geschäften und Anträgen genügt ein Attest des Handelsgerichts, dass die darin zu bezeichnenden Personen als Mitglieder des Vorstandes in das Genossenschaftsregister eingetragen sind.

§. 21.

Der Vorstand ist der Genossenschaft gegenüber verpflichtet, die Beschränkungen einzuhalten, welche in dem Gesellschaftsvertrage oder durch Beschlüsse der Generalversammlung für den Umfang seiner Befugniss, die Genossenschaft zu vertreten, festgesetzt sind. Gegen dritte Personen hat jedoch eine Beschränkung des Vorstandes, die Genossenschaft zu vertreten, keine rechtliche Wirkung. Dies gilt insbesondere für den Fall, dass die Vertretung sich nur auf gewisse Arten von Geschäften erstrecken oder nur unter gewissen Umständen oder für eine gewisse Zeit oder an einzelnen Orten stattfinden soll, oder dass die Zustimmung der Generalversammlung, eines Aufsichtsrathes oder eines anderen Organs der Genossenschafter für einzelne Geschäfte erfordert ist.

§. 22.

Eide Namens der Genossenschaft werden durch den Vorstand geleistet.

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