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nen Kündigung von der gegenwärtigen Uebereinkunft zurück zu treten.

§. 15. Allen Deutschen Bundesstaaten, welche die gegenwärtige Uebereinkunft nicht mit abgeschlossen haben, steht der Beitritt zu derselben offen. Dieser Beitritt wird durch eine die Uebereinkunft genehmigende und eine der contrahirenden Regierung behufs weiterer Benachrichtigung der übrigen Contrahenten zu übergebende Erklärung bewirkt. 2. Ergänzende Uebereinkunft vom 11. Juli 1853. Die Regierungen von Preussen, Sachsen, Hannover, Kurhessen, Grosherzogthum Hessen, SachsenWeimar, Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Meiningen, Sachsen-Altenburg, Sachsen-Coburg-Gotha, AnhaltDessau- Cöthen, Anhalt-Bernburg, SchwarzburgRudolstadt, Schwarzburg - Sondershausen, Schaumburg-Lippe, Lippe, Reuss älterer und Reuss jüngerer Linie, sowie die freien Städte Frankfurt und Bremen sind übereingekommen, über die Grundsätze, welche gegenseitig in Bezug auf die Verpflegung erkrankter und Beerdigung verstorbener Angehörigen des andern Staates Anwendung finden sollen, sich vertragsmässig zu einigen, und haben zu diesem Zwecke Bevollmächtigte ernannt, welche demgemäss mit Vorbehalt der Genehmigung ihrer Regierungen folgende Bestimmungen vereinbart haben:

§. 1. Jede der contrahirenden Regierungen verpflichtet sich, dafür zu sorgen, dass in ihrem Gebiete denjenigen hülfsbedürftigen Angehörigen anderer Staaten, welche der Cur und Verpflegung benöthigt sind, diese nach denselben Grundsätzen, wie bei eigenen Unterthanen, bis dahin zu Theil werde, wo ihre Rückkehr in den zur Uebernahme verpflichteten Staat ohne Nachtheil für ihre oder Anderer Gesundheit geschehen kann.

§. 2. Ein Ersatz der hierbei (§. 1) oder durch die Beerdigung erwachsenden Kosten kann gegen die Staats-, Gemeinde- oder andere öffentliche Kassen desjenigen Staates, welchem der Hülfsbedürftige angehört, nicht beansprucht werden.

§. 3. Für den Fall, dass der Hülfsbedürftige oder dass andere privatrechtlich Verpflichtete zum Ersatz der Kosten im Stande sind, bleiben die Ansprüche auf letztere vorbehalten. Die contrahirenden Regierungen sichern sich auch wechselseitig zu, auf Antrag der betreffenden Behörde die nach der Landesgesetzgebung zulässige Hülfe zu leisten, damit denjenigen, welche die gedachten Kosten bestritten haben, diese nach billigen Ansätzen erstattet werden.

§. 4. Gegenwärtige Uebereinkunft tritt mit dem 1. Januar 1854 in Kraft. Mit demselben Tage erlischt die Wirksamkeit derjenigen Verabredungen, welche bisher über den gleichen Gegenstand zwischen einzelnen der contrahirenden Regierungen bestanden haben. Die Dauer der Wirksamkeit der gegenwärtigen Uebereinkunft wird zunächst auf den Zeitraum von drei Jahren verabredet. Sie ist aber auf je weitere drei Jahre als in Kraft befindlich für jede der contrahirenden Regierungen zu betrachten, welche nicht spätestens sechs Monate vor dem Ablaufe der Gültigkeit der Uebereinkunft dieselbe gekündigt hat. §. 5. Allen Deutschen Bundesstaaten, welche die

gegenwärtige Uebereinkunft nicht mit abgeschlossen haben, steht der Beitritt zu derselben offen. Dieser Beitritt wird durch eine die Uebereinkunft genehmigende und einer der contrahirenden Regierungen Behufs weiterer Benachrichng der übrigen Contrahenten zu übergebende Erklärung bewirkt.

III. Schlussprotokoll, d. d. Eisenach, 25. Juli 1854. Nachdem die nebenbezeichneten Bevollmächtigten im Auftrage ihrer resp. Regierungen Behufs der Revision des Vertrages über die Aufnahme von Ausgewiesenen, d. d. Gotha, den 15. Juli 1851, zusammengetreten waren, sind in Beziehung auf die Auslegung und Anwendung dieses Vertrages mit Vorbehalt der Genehmigung ihrer Regierungen folgende Beschlüsse einstimmig gefasst worden:

1. Zu §. 1 des Vertrages. Die Versammlung hält dafür, dass es in dem Zwecke des Vertrages liege, und dem Interesse der durch denselben verbundenen Staaten entspreche, die Zahl der Heimathlosen so viel als möglich zu vermindern, insbesondere aber dem Uebergange von Staatsangehörigen in den Zustand der Heimathlosigkeit vorzubeugen. Sie spricht daher den Wunsch aus:

dass in denjenigen contrahireneen Staaten, deren innere Gesetzgebung kein Hinderniss entgegenstellt, die Erlaubniss zur Auswanderung in einen andern Deutschen Staat nicht eher ertheilt werde, als bis die Aufnahme in dem letzteren zugesichert worden ist; ingleichen, dass von der wirklich erfolgten Aufnahme zum Unterthan die betreffende Behörde des heimathlichen Staats in Kenntniss gesetzt werde.

2. Zu §. 1 und 2. Wenn Gebietstheile von dem einen den Vereinsstaaten an den andern abgetreten worden sind, so wird der abgetretene Theil in Beziehung auf alle, eine Uebernahmepflicht begründenden Thatsachen und Verhältnisse so angesehen, als ob derselben dem Staate, an welchen er abgetreten war, immer angehört habe.

3. Zu §. 4. Zur Beseitigung der bei der Auslegung des §. 4 des Vertrags angeregten Zweifel wird bestimmt:

a) dass, wenn es sich um die Uebernahme von Kindern nach zurückgelegtem 21. Jahre handelt, die Uebernahmepflicht nicht nach §. 4, sondern nach den Vorschriften der §§. 1, 2 und 6 zu beurtheilen sei;

b) dass, wenn in Beziehung auf Kinder unter 21 Jahren die Uebernahmepflicht durch Anerkenntniss oder schiedsrichterlichen Ausspruch (§. 13) festgestellt worden ist, diese Feststellung auch dann maasgebend bleibe, wenn das betreffende Individuum nach zurückgelegtem 21. Jahre, für sich betrachtet, von dem übernehmenden Staat auf Grund des §. 2 oder des §. 1 b) in einen andern Staat zurückgewiesen werden könnte, wogegen

c) jene Feststellung dann ausser Wirksamkeit tritt, wenn der übernehmende Staat die Aufnahme in einen andern Staat auf Grund des §. 1 a) zu fordern berechtigt ist, endlich

d) dass die Vorschrift des §. 4 auf solche Fälle überhaupt nicht zu beziehen sei, in welchen Kinder vor zurückgelegtem 21. Lebensjahre für

sich die Unterthanenschaft in einem Staate erworben haben.

4. Zu §. 6. Es wird allseitig anerkannt, dass Personen, welche in Gemässheit des §. 6 beibehalten werden müssen, nicht nur nicht ausgewiesen, sondern auch nicht durch sonstiges Verfahren einem andern Vereinsstaate zugeschoben werden dürfen.

5. Zu §. 8. Wenn die Uebernahme eines Ausgewiesenen behufs des Durchtransports auf Grund des §. 8 unter b) gefordert wird, so hat die ausweisende Behörde durch Beibringung einer AnnahmeZusicherung der Behörde des zur Uebernahme verpflichteten Staates oder durch eine der im §. 8 unter a) gedachten Legitimationen den Nachweis zu führen, dass der Transport dem hinterliegenden Staate wirklich angehöre.

In Ermangelung dieses Nachweises kann die Annahme und der Durchtransport der Ausgewiesenen verweigert werden.

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Wanderbuch

6. Zu §. 8. Ist der Pass auf einen bestimmten Zeitraum ausgestellt, so ist derselbe in Bezug auf die Vorschrift unter Litt. a. als fortdauernd gültig anzusehen.

7. Zu §§. 8 und 11. Auf Transporte von Personen aus einem Vereinsstaate in einen zu den contrahirenden Staaten nicht gehörigen Staat findet die Vorschrift des §. 8 eben so wenig Anwendung, als auf solche Personen, welche ein Vereinsstaat aus einem Theile seines Gebiets in einen andern durch das Gebiet eines Vereinsstaates transportiren lässt. 8. Zu §. 10. Es wird für zweckmässig erachtet, dass

a) in denjenigen Fällen, in welchen von einer Polizeibehörde gegen die Vorschrift des §. 10 verstossen worden, wonach Ausgewiesene nur dann, wenn keine Gefahr zu besorgen ist, mittelst beschränkten Reisepasses nach dem Bestimmungsorte dirigirt werden dürfen, der jener Behörde vorgesetzten Instanz zur Rüge Mittheilung gemacht; ingleichen

b) in allen Fällen der Ausweisung mittelst beschränkten Passes die Behörde des Bestimmungsortes durch die ausweisende Behörde von der Zuweisung benachrichtigt werde.

9. Zu §. 12. Die Berufung auf schiedsrichterliche Entscheidung ist nicht nur bei Streitigkeiten über die Verpflichtung zur Uebernahme eines Auszuweisenden, sondern bei allen zwischen den einzelnen Vereinsstaaten entstandenen Differenzen über die aus dem Vertrage entspringenden Rechte und Verbindlichkeiten zulässig.

10. Zu § 13. Zur Beseitigung der gegen die Auslegung des §. 13 mehrfach erhobenen Zweifel wird in Uebereinstimmung mit den bereits ergangenen schiedsrichterlichen Aussprüchen allseitig anerkannt, dass unter den Worten Fälle zweifelhafter Uebernahme - Verbindlichkeit" nichts weiter als Fälle bestrittener Uebernahme - Verbindlichkeit zu verstehen seien.

11. Zu §§. 13 und 15. Für die sich dem Vertrage nachträglich anschliessenden Staaten tritt an die Stelle des im §. 13 bezeichneten Tages der in der Beitritts-Erklärung bezeichnete Termin mit den im §. 13 angeführten rechtlichen Wirkungen.

12. Auf Auslieferungen, welche zufolge Antrags

oder vertragsmässiger Verpflichtung bewirkt werden, finden die Bestimmungen dieses Vertrages keine Anwendung.

13. Die Bestimmung des §. 1 des Schlussprotokolles vom 15. Juli 1851 begreift, dass Angehörige der Vereinsstaaten nur gegen Beibringung eines Consenses der Heimathsbehörde getraut werden sollen.

Da nun von den Preussischen Unterthanen, welche sich im Auslande verheirathen wollen, keine Ehe- Consense, sondern nur Atteste des Inhalts beigebracht werden:

dass nach der Preussischen Gesetzgebung Preussische Unterthanen zur Abschliessung einer Ehe im Auslande der obrigkeitlichen Genehmigung nicht bedürfen, und dass daher insoweit der Verehelichung des Inhabers ein gesetzliches Bedenken nicht entgegen stehe, so wird von den Preussischen Commissarien, dem ausgesprochenen Wunsche zufolge, die Erklärung abgegeben,

dass eigentliche Trauungs-Consense von Preussischen Behörden nicht ertheilt werden können, weil die Preussischen Gesetze derartige Consense nicht vorgeschrieben haben, dass aber jene Atteste bezüglich der Anerkennung der Gültigkeit der Ehe und der vertragsmässigen Verpflichtung zur Aufnahme der Ehefrau und der in der Ehe erzeugten Kinder dieselbe Wirkung äussern, als wenn sie die ausdrückliche Erlaubniss zur Eingehung der Ehe enthielten.

Hiernach werden die Preussischen Atteste des gedachten Inhalts allseitig als genügend erachtet, um auf den Grund derselben in den anderen Vereinsstaaten die Eingehung der Ehe geschehen zu lassen.

14. Jede der contrahirenden Regierungen verpflichtet sich, insoweit es noch nicht geschehen, den übrigen Regierungen diejenigen Anordnungen mitzutheilen, welche ihrerseits in Gemässheit der Bestimmung in No. 1 des Schlussprotokolls vom 15. Juli 1851 getroffen worden sind.

Zu §. 8.

Die Reichstags-Commission erörterte aus Anlass dieses Paragraphen die Frage: ob nicht im Interesse der Kräftigung des Gemeindelebens die Vorschrift beizufügen sei, dass, wenn die Dauer des Aufenthaltes des neu Angezogenen einen gewissen Zeitraum, wie etwa den von 2 Jahren übersteigt, die Gemeinde berechtigt sein soll, zu verlangen, dass der neu Anziehende Mitglied des communalen Verbandes werde, wogegen dann eine Abgabe für die Aufnahme in den Gemeindeverband nicht erhoben würde. Es wurde hiergegen hervorgehoben, dass in vielen Deutschen Staaten die Erwerbung des Gemeinde-Bürgerrechts noch abhängig sei von vorherigem oder gleichzeitigem Erwerb des territorialen Staatsbürgerrechts, und dass daher, so sehr auch zu wünschen sei, die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes möge sich in der Richtung entwickeln, dass in Zukunft die communale, die wirthschaftliche und die politische Persönlichkeit des Individuums sich einander vollständig decken, doch

in dem gegenwärtigen Augenblicke, so lange ein allgemeines Norddeutsches Unions-StaatsBürgerrecht noch nicht ausgebildet und die Heimathsrechte in dem Bundesgebiete noch nicht gleichförmig und einheitlich regulirt seien, die Annahme eines solchen Vorschlages geeignet sei, Verwirrung in den öffentlichen Rechtszustand zu bringen und das Individuum unnöthigerweise in seiner persönlichen Freiheit zu beschränken. Weiter wurde die Frage erörtert: ob, wenn der Aufenthalt über den Zeitraum von 3 Monaten, für welchen der Gesetzentwurf die Befreiung von Lasten ausspricht, sich hinaus erstreckt und somit die Verpflichtung, an den Gemeindelasten zu partizipiren, eintritt, der Beginn derselben von dem Anfange der in Frage stehenden 3 Monate an, oder von dem ersten Tag nach Ablauf derselben datiren soll?

Die Commission war der Meinung, dass die Verpflichtung dann „ex tunc zurück datirt, d. h. dass, sobald einmal der Zeitraum von 3 Monaten überschritten sei, die Abgabefreiheit gänzlich wegfalle und die Leistungen noch nachträglich auch für die bereits abgelaufenen 3 Monate anszusprechen seien. Diese Meinung der Commission wurde von den Vertretern der Bundesgewalt getheilt, mit dem ausdrücklichen Bemerken, dass, wo die gegenwärtige Territorialgesetzgebung auch für den Fall der Verlängerung des Aufenthalts über die Zwischenperiode hinaus, die Zeit der letzteren für steuerfrei erklärt, dieses durch Publication des gegenwärtigen Entwurfes dahin abgeändert werde, dass der Zugezogene, wenn er länger als 3 Monate dableibt, auch für die abgelaufenen 3 Monate gleich den übrigen Gemeindeeinwohnern zu den Gemeindelasten heranzuziehen sei. Man war jedoch der Meinung, dass diese Auffassung sich schon aus den Worten des Entwurfs mit solcher Klarheit ergebe, dass eine ausdrückliche Vorschrift oder eine Aenderung der Redaction des Paragraphen nicht erforderlich sei.

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Ansicht geltend gemacht, dass eine solche ausserordentliche Taxe schon durch das in dem §. 1 des Entwurfs enthaltene Verbot der Auferlegung „lästiger Bedingungen ausgeschlossen sei, und dass ausserdem ein solcher Zusatz schon um deswillen überflüssig erscheine, weil das mit dem Reichstag verabschiedete und demnächst zur Publication gelangende Pass-Gesetz die Aufenthaltskarten ganz abschaffe.

Zu §. 11.

Der Präsident des Bundeskanzler-Amtes erklärte in der Sitzung vom 21. October 1867 (Sten. Ber. S. 544): ,Was das Verhältniss der Gemeindeangehörigkeit anlangt, so bedarf es, glaube ich, kaum der Versicherung, dass es den verbündeten Regierungen sehr fern gelegen hat, durch das hier vorliegende Gesetz die Grundlagen eines gesunden Gemeindelebens erschüttern zu wollen. Hätten sie die Besorgniss gehabt, dass das vorliegende Gesetz diese Consequenz haben könnte, dann würden sie es, wie ich glaube, nicht vorgelegt haben. Ich glaube aber auch nicht, dass sich aus dem vorliegenden Gesetze eine solche Consequenz ergeben kann. Wo nach der bestehenden Gesetzgebung oder nach der Local-Verfassung zu der Befugniss, sich aufzuhalten oder niederzulassen, die vorgängige Erwerbung des Bürgerrechts oder der Gemeindeangehörigkeit gehört, da tritt allerdings durch dieses Gesetz eine Aenderung ein; von der vorgängigen Erwerbung der Gemeindeangehörigkeit oder des Bürgerrechts kann der Aufenthalt oder die Niederlassung in Zukunft nicht mehr abhängig gemacht werden. Aber ganz verschieden davon ist der andere Fall, wo nach der bestehenden Gesetzgebung oder der Localverfassung aus der Niederlassung, aus dem Erwerb des Grundeigenthums, aus einem längeren oder kürzeren Aufenthalte die Verpflichtung folgt, Bürger, Gemeindeangehöriger zu werden. dieser Seite ändert das Gesetz in den bestehenden Bestimmungen gar nichts, es ist scharf zu unterscheiden zwischen der Voraussetzung und der Folgerung: wo das Bürgerrecht Voraussetzung war, fällt das weg, wo es Folge des Aufenthalts war, bleibt die Folge bestehen. Es ist völlig zweifellos, dass, wo die bestehenden Verhältnisse eben in Folge der von mir zugegebenen Aenderungen, die das vorliegende Gesetz hineinträgt, es wünschenswerth erscheinen lassen, die Gesetzgebung über die Verpflichtung zum Bürgerwerden zu ändern, also diese Verpflichtung, mit anderen Worten den Erwerb des Bürgerrechts, der Gemeindeangehörigkeit nicht mehr abhängig sein zu lassen von einem ausdrücklichen Antrag, sondern sie zur gesetzlichen Consequenz der Erwerbung des Grundeigenthums oder längeren oder kürzeren Aufenthalts zu machen wo, sage ich, die Verhältnisse es wünschenswerth erscheinen lassen, alle solche Veränderungen zu treffen, da ist die Territorial-Gesetzgebung völlig unbeschränkt."

Nach

B. Die Ausführung der Bundesgesetzgebung in den einzelnen Staaten.

Unterm 12. Januar 1868 ersuchte der Bundeskanzler sämmtliche Bundesregierungen um Mittheilung derjenigen Verordnungen und reglementarischen Bestimmungen, welche zur Ausführung des mit dem 1. Januar d. J. in Kraft getretenen Freizügigkeitsgesetzes für die betreffenden Staaten oder einzelne Gebiete erlassen worden seien oder noch erlassen werden würden. Das auf diese Aufforderung hin in den Monaten Januar bis März 1868 eingesandte officielle Material bildet die Grundlage der nachstehenden Angaben.

Anhalt.

„Ausführungsbestimmungen in Form einer allgemeinen Verordnung sind nicht erlassen, auch nicht für nothwendig gehalten worden, weil diejenigen Bestimmungen des Freizügigkeitsgesetzes, welche das Particularrecht modificiren, selbstverständlich vorzugsweise zur Anwendung kommen müssen, was Jeder, der die Vertrautheit mit den Regeln der Auslegung und Anwendung der Gesetze besitzt, wie solches von den Behörden vorausgesetzt werden darf, ohne eine allgemeine Instruction vermag. In zweifelhaften Fällen sind die Behörden auf vorgängige Anfrage beschieden und darauf hingewiesen worden, dass die Angehörigen des Norddeutschen Bundes den Anhaltinern gleich zu behandeln sind, was schon Art. 3 der Norddeutschen Bundesacte verschreibt."

Braunschweig. Vacat.

Bremen.

Laut Bericht der Senatscommission für Bundesund auswärtige Angelegenheiten ist sofort nach Publication der Bundesverfassung in Gemässheit des Art. 3 derselben die völlige Gleichstellung der Angehörigen des Norddeutschen Bundes mit den Bremischen Staatsangehörigen, welche sich in einer Gemeinde, der sie nicht als Gemeindebürger angehören, niederlassen und daselbst Handel, Gewerbe oder sonstige Geschäfte treiben wollen, ausgesprochen worden; die desfallsigen Vorschriften sind in dem zwischen Senat- und Bürgerschaft vereinbarten Gesetz vom 1. Januar 1863 (§. 7) niedergelegt, rücksichtlich deren Anwendung auf Bundesangehörige am 28. Juni 1867 eine besondere Instruction erlassen wurde. In Folge des Bundesgesetzes vom 1. November 1867 hat diese Instruction einige weitere Abänderungen erfahren, welche in folgender Instruction für die Polizeidirection, die Landesherren und die Aemter der Hafenstädte" enthalten sind:

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a) der betreffenden Polizeibehörde auf Erfordern davon Anzeige zu machen und nachzuweisen, dass sie einem Bundesstaate angehören,

b) nach Ablauf dreier Monate seit ihrem Einzuge gleich dem Gemeindebürger zu Zwecken der bürgerlichen und kirchlichen Gemeinde, sowie des Schul- und Armenwesens, und zwar mit Einschluss der verflossenen drei Monate beizutragen.

2. Von Bundesangehörigen ist die bisher übliche Sicherheitsleistung für Fälle der Erkrankung künftig nicht mehr zu verlangen.

3. Die Aufenthalts-Erlaubniss kann den Bundesangehörigen nur in folgenden Fällen verweigert beziehungsweise entzogen werden

a) durch gerichtliches Erkenntniss ausgewiesenen Personen,

b) allen bestraften Personen, welche in einem andern Staate Aufenthaltsbeschränkungen unterworfen sind, also namentlich den unter Polizeiaufsicht stehenden und den auswärts mit Landesverweisung bestraften Personen,

c) in einem Bundesstaate wegen wiederholten Bettelns oder wiederholter Landstreicherei innerhalb der letzten 12 Monate bestraften Personen,

d) wenn genügende Gründe für die Annahme vorliegen, dass die Neuanziehenden nicht die nöthigen Kräfte und Mittel haben, um sich und die Ihrigen zu ernähren; welchen diejenigen gleichstehen, die sich hier ohne Arbeit und ohne Unterhaltsmittel längere Zeit aufhalten, e) Personen, welche sich keine Wohnung oder kein Unterkommen verschaffen können, sowie f) welche, wenn Minderjährige oder Ehefrauen, die Genehmigung ihrer Väter, Vormünder, Ehemänner nicht nachweisen können. Ausser diesen Fällen ist eine polizeiliche Ausweisung Bundesangehöriger unzulässig.

Die Befugniss zur Ausweisung von NichtbundesAngehörigen bleibt unverändert.

II. Gewerbebetrieb.

Bundesangehörige, welch eim Bremischen Gebiete ein freies oder, sofern es der obrigkeitlichen Erlaubniss auch für Einheimische bedarf, ein bereits so erlaubtes Gewerbe betreiben wollen, haben ausser dem nach obiger Vorschrift unter I. 1. zu Beobachtenden und ausser der Leistung aller an sich damit für Einheimische verbundenen Steuern und Abgaben eine jährliche Recognition in die Gemeindekasse zu zahlen, hinsichtlich welcher die Bestimmungen für Bremische Staatsgenossen, welche das Gemeindebürgerrecht am Orte des Gewerbebetriebes nicht besitzen, sub 4. 5 des §. 7. der am 1. Januar 1863 publicirten, das Gemeindebürgerrecht betreffenden Verordnung zur Anwendung kommen, und welche nur bei Angehörigen solcher Staaten hinwegfällt, deren Unterthanen bisher überall oder hinsichtlich bestimmter Geschäfte von derselben befreit waren.

III. Staatsbürgerrecht. Bundesangehörige, welche dasselbe erlangen wollen, haben ihre Aufnahmen in eine Bremische Gemeinde zu bewirken, somit der Gemeindebehörde nachzuweisen:

a) die Erlaubniss der Staatsbehörde dazu, b) genügenden Nahrungszweig oder Unterhalt, und c) an die Gemeindekassen dieselben Gebühren zu entrichten, welche Bremische Staatsgenossen nach der allegirten Verordnung von 1863 zu zahlen haben, wogegen die daselbst erwähnten der Staatskasse zu entrichtenden Gebühren nicht zu erheben sind.

In Gemässheit dieser Instructionen haben die Polizeibehörden im Wesentlichen übereinstimmende Verordnungen zur Regelung der Fremdenpolizei erlassen. Durch dieselben ist rücksichtlich der Bundesangehörigen, welche im Bremischen Staate Handel oder Gewerbe selbständig betreiben wollen, als Voraussetzung nur die Nachweisung ihrer Bundesangehörigkeit vorgeschrieben.

Hamburg.

Ein Reglement für die Fremden-Polizei und was dem anhängt", vom 1. Januar 1868, besagt im §. 3: Solche Fremde, welche sich hierselbst zur Betreibung eines selbständigen Gewerbes niederlassen wollen, haben einen Heimathschein oder ein anderes gleich bündiges Document über ihre Angehörigkeit und in allen Fällen ein Sittenzeugniss über die letzten 3 Jahre beizubringen. Solchen Personen, die in ihrer Heimath unter polizeilicher Aufsicht stehen, ist der Aufenthalt nur unter besonderer Genehmigung des Polizeiherrn zu gestatten. Die beigebrachten Legitimationspapiere sind bei der Polizeibehörde aufzubewahren. Lauten dieselben nur auf eine bestimmte Zeit, so ist eine Verlängerung derselben nur dann zu erlangen, wenn sich die Besorgnisss ergiebt, dass die bisherige Staatsangehörigkeit mit dem Zeitablauf gelöst werden könne und die Sache dess Endes dem Polizeiherrn vorzulegen."

Unterm 7. Februar richtete der Minister für Lauenburg an den Bundeskanzler eine Beschwerde, ,weil in Hamburg die Niederlassung von Bundesangehörigen von der Beibringung der Zusicherung ihrer jederzeitigen Wiederaufnahme Seitens ihrer bisherigen Heimaths commune abhängig gemacht werde."

Hessen.

Officielle Mittheilungen liegen hier nicht vor, doch soll eine eigentliche Ausführungsverordnung nicht erschienen sein.

Was die Ausdehnung des Freizügigkeitsgesetzes auf das südliche Hessen betrifft, so ist ein desfallsiger Antrag Seitens der Grossherzogl. Regierung im Januar 1868 beim Bundeskanzler gestellt und von Letzterem dem Bundesrathe neuerdings zur Entscheidung vorgelegt worden. Die Entscheidung ist gegenwärtig (Ende April 1868) noch nicht erfolgt.

Staatshandbuch des Nordd. Bundes etc.

Lauenburg.

Von der Königlich Preussisch-Herzoglich Lauenburgischen Regierung wurde zunächst unterm 1. Februar 1868 folgende Verfügung erlassen:

Behufs näherer Feststellung der im §. 10 des Bundesgesetzes vom 1. November 1867 vorbehaltenen Vorschriften über die Anmeldung der neu Anziehenden werden hierdurch von Ober-Polizeiwegen die nachstehenden Bestimmungen getroffen. §. 1. Wer an einem Orte neu anzieht, dem er nicht angehört, um daselbst nach §. 1 des Bundesgesetzes vom November 1867 seinen dauernden Aufenthalt zu nehmen, hat sich, unter Nachweisung seiner Angehörigkeit (Heimathsberechtigung) an einen Ort im Herzogthum Lauenburg oder in einem zum Norddeutschen Bunde gehörigen Staate, binnen 8 Tagen nach bewirktem Zuzuge bei der Ortsobrigkeit zu melden, welche darüber, dass und wann dies geschehen, eine Registratur aufzunehmen und dem Angemeldeten eine Bescheinigung auszustellen hat.

§. 2. Jeder, welcher einem Neuanziehenden Wohnung oder Unterkommen gewährt, hat darauf zu halten, dass die Meldung geschehe, und von deren Versäumniss binnen weiteren vom Ende der Meldungsfrist an laufenden 8 Tagen der Ortsobrigkeit Anzeige zu machen.

§. 3. Die Versäumniss der Meldung (§. 1) sowohl, als der Anzeige (§. 2) wird, ohne Unterschied des Gerichtsstandes des Contravenienten, von der Orts - Polizeibehörde mit einer im Unvermögensfalle mit Gefängniss abzubüssenden Brüche von 2 bis zu 10 Thalern geahndet.

§. 4. Die obigen Bestimmungen finden auf Personen, welche sich als Fremde oder Reisende an einem Orte aufhalten, keine Anwendung. Auch bedarf es für alle im öffentlichen Dienst stehende Beamte, welche ein nothwendiges Domicil haben, der Meldung nicht.

Ferner existirt folgendes Ausschreiben der Regierung an alle Obrigkeiten, betr. das Gesetz über die Freizügigkeit, vom 29. Februar 1868:

Wenngleich in Betreff der Anwendung und Ausführung des Gesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November v. J. voraussichtlich die Erlassung noch weiterer bundesgesetzlicher Bestimmungen bevorsteht, so glaubt die Regierung zur Beseitigung der ihr von verschiedenen Seiten geäusserten Zweifel über die bei Anwendung des Freizügigkeitsgesetzes zu befolgenden Grundsätze doch schon jetzt auf nachstehende Punkte aufmerksam machen zu müssen.

1. Der Artikel 3 der Verfassung des Norddeutschen Bundes bestimmt, dass der Angehörige eines jeden Bundesstaates in gewissen Beziehungen (namentlich hinsichtlich der Zulassung zum festen Wohnsitz und zum Gewerbebetrieb) in jedem anderen Bundesstaate als Inländer zu behandeln ist, wodurch jedoch diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den localen Gemeindeverband betreffen, nicht berührt werden.

De entsprechend bestimmt das Freizügigkeitsgesetz in den §§. 1 und 11, dass jeder

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