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vom Reichstage angenommenen v. Hagke'schen Antrags geboten und möglich erscheint, und wie eine bessere Einrichtung der Archive zu erreichen ist.

Was den ersten Punkt anlangt, so erachten wir vor Allem erforderlich, dass für alle öffentlichen Archive die Aufnahme genügender Urkunden- und Actenverzeichnisse und überhaupt die Katalogisirung sämmtlicher Archivalien nach einem möglichst gleichmässigen System erfolge, in soweit diese Arbeit hier und da noch nicht oder noch nicht vollständig oder nicht in der erforderlichen Ausführlichkeit und Genauigkeit bewirkt ist. Die Organisationsarbeiten der einzelnen Deutschen Archive sind mit wenigen Ausnahmen, zu denen die Preussischen und Sächsischen Archive, die hierin wohl am weitesten in Deutschland, gehören, noch so wenig und so ungleich vorgeschritten, dass, wenn im seitherigen Geschäftsgange fortgefahren werden sollte, cine solche Registrirung noch für viele Jahre unmöglich sein würde.

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Wir glauben uns einer speciellen Bezeichnung dieser Archive enthalten zu dürfen und wollen nur anführen, dass z. B. Nassau, Kurhessen, Darmstadt, Luxemburg in der Organisation ihrer Archive noch so weit zurück sind, dass die Archivare derselben noch lange zu thun haben werden, um überhaupt ihre Bestände kennen zu lernen. Ueber den Wirrwarr, der in dieser Hinsicht hier und da herrscht, bemerken wir nur als ein Beispiel, dass, als wir im Jahre 1865 das Hauptstaats- Archiv in Kassel besuchten, uns Niemand anzugeben vermochte, wo die Urkunden und Acten des alten Hersfelder Archivs hingekommen seien, dass das Fuldaer Archiv noch nicht aufgestellt war und dass das alte Marburger Deutschordens-Archiv noch in Kisten verpackt auf dem Dachboden lag, ganz so wie dasselbe der verstorbene Archivar Dr. Landau vor Jahren aus Marburg abgeholt hatte.

Weiter ist zur Ausführung des im Reichstage gestellten Antrages in's Auge zu fassen, ob und in wie weit die Veröffentlichung der repertorisirten Urkunden resp. ausführlicher Extracte derselben ausführbar sei oder nicht. Das Copiren sämmtlicher in den Deutschen Archiven vorhandener Original-Urkunden und die Veröffentlichung dieser Copien durch den Druck oder auch nur die Veröffentlichung ausführlicher Auszüge dieser sämmtlichen Urkunden würde eine so colossale Arbeit sein, dass auch wir, trotz aller Begeisterung für diese Sache, vor einer derartigen Aufgabe zurückschrecken; dagegen erscheint es uns sehr wohl möglich und sogar geboten, die ältesten Urkunden bis zu einem gewissen Zeitpunkte vollständig, und nach diesem Zeitpunkte die wichtigsten der vorhandenen Urkunden auszugsweise durch den Druck zu vervielfältigen. Als Grenzscheide in dieser Hinsicht empfiehlt sich das Jahr 1300, weil bis zu diesem Zeitpunkte die heute noch bestehenden oder nachwirkenden Verhältnisse sich gebildet und consolidirt hatten, weil bis dahin die Masse der Urkunden noch keine so grosse ist, weil die bis zu jener Zeit reichenden Urkunden das höchste Interesse bieten, weil dieselben, vermöge ihres Alters, früher zerfallen werden, als die Urkunden späteren und neueren Ursprungs, und weil bis zu dieser Zeit so viele und treffliche Vorarbeiten vorhanden sind, dass es sich

eigentlich nur noch um die Ausführung, um die systematische Vollendung eines bereits begonnenen Werkes handelt. Sonach geht unser Vorschlag dahin, bis zum Ausgange des XIII. Jahrhunderts sämmtliche vorhandene Urkunden, nach einem hier nicht weiter zu eruirenden, aber jedenfalls durch Sachverständige zu bestimmenden System, drucken zu lassen und dieses grossartige Nationalwerk zu veröffentlichen, vom Jahre 1300 ab indess nur die historisch wichtigen Urkunden im Auszuge (Regestenform) zu publiciren.

Um den Umfang und die Kosten eines derartigen Unternehmens annähernd zu überblicken, müssen wir in einige Einzelheiten eintreten. Bei dem vorberegten Vorhandensein sehr trefflicher und umfassender Vorarbeiten wird es zunächst darauf ankommen, diese Arbeiten übersichtlich zusammen zu stellen und zu prüfen, welche der zahlreich vorhandenen und theilweise sehr tüchtigen Urkundensammlungen für das vorhabende Nationalwerk verwendbar, und in welchen Ländern und Provinzen in dieser Hinsicht die empfindlichsten Lücken sind.

Wie Bayern seine monumenta boica besitzt, so hat Preussen seine monumenta zollerana; Mecklenburg, Lübeck, die Rheinprozinz, jetzt auch Westfalen, Hessen-Darmstadt und in neuester Zeit auch Cassel haben einen guten Anfang gemacht, der nur der Nachhülfe, der Unterstützung durch Geldmittel und Arbeitskräfte bedürfen wird, um zu einem guten Ende zu gelangen. Die Herausgabe der KaiserUrkunden bildet einen Theil der monumenta von Pertz und es ist Band I. druckfertig. Die Urkunden vieler Klöster sind bereits gedruckt und verschiedene bezügliche Arbeiten sind im Gange.

Von bedeutenden für unseren Zweck verwendbaren Arbeiten, die gegenwärtig in der Ausführung begriffen sind, nennen wir u. A. ein Repertorium der fuldischen Urkunden, welches der unter der Leitung des Reichstags-Abgeordneten Dr. Bernhardi stehende Verein für Hessische Geschichte und Landeskunde demnächst publiciren wird, die bereits fertige Sammlung der Urkunden bis 1300, welche den, unter des Archivraths Dr. Eltester in Coblenz trefflicher Leitung stehenden Archivbezirk Coblenz-Trier betreffen, bestehend aus 8000 Regestennummern und 4000 Urkunden-Copien, das vom Archivrath Beyer begonnene und von den Archivräthen Goerz und Eltester fortgesetzte mittelrheinische Urkundenbuch, ferner des Geheimen Archivraths Dr. Wilmans zu Münster Fortsetzung der von Dr. Erhard bis zum Jahre 1200 herausgege bene Regesta historiae Westphaliae, des Dr. Wilmans Veröffentlichung der Urkunden des Fürstenthums Münster, dessen Kaiser-Urkunden der Provinz Westfalen, den in der Vollendung begriffenen codex traditionum Westphalicarum von Dr. Wilmans und Dr. Friedlaender u. s. w.

All' diese Arbeiten werden sehr schätzbare Vorarbeiten für die Herausgabe der sämmtlichen bis 1300 vorhandenen Urkunden sein. Wenn wir uns auch nicht in der Lage befinden, das für unsere Aufgabe vorliegende Material vollständig zu überblicken, so wollen wir doch nicht unterlassen, einige Daten anzugeben, welche die Möglichkeit der Ausführung der von uns befürworteten Arbeit ausser

Zweifel stellen. Wir nehmen als Maassstab einige grössere und einige kleinere Archive an. Betrachten wir von ersteren zunächst das zu Münster befindliche Staatsarchiv für die Provinz Westfalen, so zählt dieses etwa 45,000 Original-Urkunden, wozu einige 1000 neu aufgefundene und neu erworbene Originale (von geringem Werthe), ferner die Original-Urkunden der Lehnsacten und die nur abschriftlich in den amtlichen Copiarien enthaltenen Urkunden treten, so dass die Gesammtzahl der Urkunden dieses Archivs sich auf etwa 100,000 beläuft, von denen etwa 7000 bis 8000 der Zeit bis zum Jahre 1300 angehören. Aehnlich gross und werthwoll wie dieses Archiv sind die Archive der Rheinprovinz zu Coblenz und zn Düsseldorf. Das Urkundenmaterial des Coblenzer Archivs bis zum Jahre 1300 haben wir oben angegeben; das des Düsseldorfer Archivs steht dem Coblenzer Archiv ziemlich gleich.

Fassen wir neben diesen grossen Archiven einige kleinere ins Auge, so zählt z. B. das Staatsarchiv der Provinz Pommern zu Stettin*) nur 5000 Urkunden, wobei wir nicht anzugeben vermögen, wie viele hiervon in die Zeit bis 1300 fallen. Etwas reicher als dieses Archiv ist das Staatsarchiv der Provinz Preussen zu Königsberg.**)

Das herzogliche Archiv zu Gotha enthält unter etwa 4000 Original - Urkunden vielleicht 400 bis zum Jahre 1300, das gemeinschaftliche Archiv des S. Ernestinischen Hauses zu Weimar hat an urschriftlichen Urkunden bis zum Jahre 1300 nur 260 Stück, das geheime Staatsarchiv daselbst aber 302 Stück und das Archiv zu Eisenach 45 Stück. Hieraus erhellt wohl zur Genüge, dass nur die wenigen grossen Archive sehr reich an alten Urkunden sind, die meisten Archive Norddeutschlands aber keine so zahlreichen Urkunden vor dem Jahre 1300 besitzen, dass eine Bekanntgebung derselben durch den Druck sich als unausführbar erweisen würde.

Werfen wir einen Blick auf die Kosten, welche das in Rede stehende Unternehmen verursachen dürfte, so lassen auch diese sich annähernd überschlagen, wenn man die Anzahl der zu druckenden Urkunden kennt und die Erfahrungen, die bei ähnlichen derartigen Unternehmungen gemacht wurden, zu Rathe zieht. Das mittelrheinische Urkundenbuch, welches im Band I. (von 335 bis 1169) 664, Band II. (von 1169 bis 1212) 314, Band III. (von 1212 bis 1259) 600 und Band IV. (von 1259 bis 1300) circa 800 Urkunden umfasst, kostet den Ständen der Rheinprovinz pro Band 600 Thlr. Wir nehmen an, dass ein Regestenband von circa 2000 Nummern etwa ebensoviel kostet, und hieraus lässt ein Gesammtkostenüberschlag sich unschwer gewinnen.

Nach der Vollendung der Repertorisirung der Archive und der Herausgabe der Urkunden bis zum Jahre 1300 würde dann die Auswahl aller historisch wichtigen Urkunden vom Jahre 1300 ab, behufs Anfertigung der durch den Druck bekannt zu machenden ausführlichen Excerpte derselben zu erfolgen haben. Was die Abfassung derartiger Regesten betrifft, so haben wir unter Anderm in dem Werke des

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Ritters v. Lang über das Königreich Bayern ein sotreffliches Vorbild, dass auch in dieser Beziehung kaum ein Zweifel obwalten dürfte. Die Urkundenauszüge werden in möglichster Kürze den wesentlichen Inhalt jedes Documents bei gedruckten Urkunden genügt eine bloss summarische Inhaltsanzeige zu liefern, die Anmerkungen aber sich zu beschränken haben auf kurze Angabe des Aufbewahrungsortes, des äusseren Zustandss und der Aechtheit des Originals, auf die nothwendigsten diplomatischen, linguistischen, historischen und geographischen Fingerzeige und bei den bereits gedruckten Urkunden insbesondere auf literarische und kritische Notizen.

Vorstehende Andeutungen werden genügen, um die Möglichkeit und die Art der Ausführung des vom Reichstage angenommenen v. Hagke'schen Antrags darzuthun, und es bleibt nur noch zu bemerken, dass, je mannichfaltiger die zur Mitwirkung an dem grossen Werke sich darbietenden Kräfte sind, es um so nothwendiger sein dürfte, dieselben einer einheitlichen Oberleitung zu unterstellen.

Wenn den vorstehend gemachten Vorschlägen an den entscheidenden Stellen Folge gegeben werden sollte, so würde damit freilich nur ein Anfang für die bessere Gestaltung des Deutschen Archivwesens gemacht, es würde damit nur das zunächst Unentbehrliche, die Fürsorge für bessere Erhaltung und Verwerthung unserer Urkundenschätze gewonnen, damit aber noch nicht die unumgänglich nothwendige zweckmässigere Einrichtung der Archive erreicht sein. Wir fühlen uns gedrungen, auch dieser Seite der Sache einige Worte zu widmen.

Behufs durchgreifender Verbesserung der Archivzustände in Deutschland ist es durchaus erforderlich, dass die fast überall, namentlich aber in Preussen, für Archivzwecke bewilligten, allzuknapp bemessenen Geldmittel wesentlich erhöht werden. An vielen, um nicht zu sagen an den meisten Archivorten sind die Archivlocale eben so unzweckmässig, als die Aufstellung der Archivalien ungenügend und mangelhaft, sowie das Archivpersonal unzureichend und viel zu gering besoldet ist. Preussen ist hierin nicht blos hinter den übrigen Grossmächten, sondern auch hinter vielen kleinen Staaten zurück. So ausgezeichnet, so leistungsvoll, so wissenschaftlich bedeutend die Preussischen Archivbeamten auch sind, stehen sie doch in ihren Rang- und Besoldungsverhältnissen den Archivbeamten anderer Staaten bedeutend nach, und so anerkennungswürdig auch die innere Organisationstüchtigkeit der Preussischen Archive ist, so gross ist doch der Abstand in der Dotation und Ausstattung derselben gegen die Archive der meisten kleineren Staaten. Welche Locale, Schränke, Repositorien, Bibliotheken, Gehälter, Rangstellung und sonstige Vorzüge besitzen diese geheimen Staatsarchive der meisten Deutschen Staaten gegen die Provinzialarchive Preussens von oft zehnfach grösserer geographischer Basis! Vergleichen wir z. B. das Staatsarchiv des vormaligen Herzogthums Nassau (85 Quadratmeilen und 466,000 Einwohner) mit dem Provinzialarchiv zu Coblenz. Ersteres, an Acten zwar reicher als letzteres, aber an Urkunden kaum zur Hälfte an dieses heranreichend,

ist in einem prachtvollen Schlosse mit den wundervollsten Arbeitsräumen und luxuriösem Mobiliar aufgestellt, das Personal desselben bestand aus einem Director mit 3000 Gulden Einkommen, Dienstwohnung und dem Titel Geheimer Regierungsrath, einem ersten Secretair mit 1900 Gulden, einem zweiten mit 1500, zwei Filialarchivaren mit 1000 und 600, einem Copisten mit 600 und einem Castellan mit 500 Gulden Gehalt. Letzteres, das Archiv zu Coblenz (486 Quadratmeilen, 3,300,000 Einwohner), die ältesten Archive Deutschlands umfassend, ist eng zusammengepresst in 5 dunklen, licht- und luftlosen, kellerartigen Räumen, hat einen Archivar mit 800, einen Secretair mit 700 und einen Hilfsarbeiter mit 200 Thalern Gehalt! Der Etat des historisch und archivalisch viel unbedeutenderen Idstein übertrifft also Coblenz um das Vierfache! Aehnlich, wenn auch nicht rücksichtlich der Gehälter der Beamten, doch hinsichtlich der äusseren Ausstattung der Archive verhält es sich an anderen Orten; so sind die Archive zu Gotha, Weimar, Sondershausen u. s. w. in hohen, schönen, luft- und lichtreichen Räumen der Residenzschlösser dieser Städte untergebracht, während z. B. das Archiv zu Magdeburg in den Gewölben einer Kirche sich befindet und nur ein kleines, dürftiges Arbeitszimmer für die 2 Archivbeamten hat, aber keinen Raum für die Studien der Archivbesucher bietet, die also, da das Mitnehmen von Archivalien in Privathäuser nicht gestattet ist, oder nur in beschränkter Weise auf Grund besonderer Ober- Präsidial - Ermächtigung genehmigt wird, sich auf den Anblick der Archivschätze zu beschränken haben. Mit dieser ungeeigneten Einrichtung der Mehrzahl der Archive in Preussen geht die ungeeignete Stellung der Archivbeamten Hand in Hand. Die Regierungen pflegen dieselben als Subalternbeamte anzusehen; da indess die Archivbeamten, insoweit dieselben classisch und academisch gebildete Männer sind, meist ebensoviel und in wissenschaftlicher Hinsicht oft mehr leisten als die Räthe der Regierungen, so darf wohl beansprucht werden, dass man wenigstens den Archivräthen den Rang und den Gehalt eines Regierungsraths beilege.

Von diesen äusseren Mängeln vieler Archive wenden wir uns schliesslich noch kurz zu der Nothwendigkeit einer principmässigen und gleichförmigen inneren Organisation der Deutschen Archive.

In Deutschland bestehen neben der häufig vorkommenden gänzlichen Principlosigkeit zwei Hauptmethoden für das Ordnen der Archive, von denen man die eine, weil sie der vortrefflichen Preussischen Archivinstruction zu Grunde liegt, die Preussische oder historische Methode, die andere, weil sie aus Frankreich nach Deutschland und namentlich Süddeutschland importirt wurde, die Französische, bureaukratische oder centralistische Methode nennen könnte. Die Preussische Methode ordnet die Archive nach ihrer historischen Entstehung innerhalb der vor

1806 bestandenen alten Deutschen Reichseintheilung; es besteht also z. B. für das vorgedachte Coblenzer Archivgebiet (conf. über dieses Archiv Friedemann, Zeitschr. I. p. 1–32) ein Archiv des Kurfürstenthums Trier, Mainz, Pfalz, des Herzogthums Luxemburg, Lothringen, der Grafschaft Sayn, Sponheim u. s. w., der Reichsritterschaft, der Klöster Laach, Prüm, Maximin u. s. w, so dass dieses Archiv nicht weniger als etwa 200 kleinere und grössere Archivabtheilungen hat, welche jede in sich ein staatlich und geographisch geschlossenes Ganze bilden. Die Französische, nach Süddeutschland übertragene Methode verlässt diesen historischen Boden gänzlich; dieselbe vertheilt sämmtliche Urkunden nach den modernen, staatlichen Eintheilungen, würde also weder ein Triersches oder Pfälzisches Archiv, noch irgend ein Klosterarchiv zusammenfassen, sondern Alles, um an obigem Beispiele festzuhalten, unter Regierungs - Bezirk Coblenz, Kreis Coblenz, Bürgermeisterei Coblenz, Stadt Coblenz u. s. w. bringen, oder mit Zwang zu bringen suchen. Das Staatsarchiv zu Darmstadt ist ein trauriges Exempel dieser bureaukratischen Methode. Das herrliche Mainzer domcapitularische Archiv liegt hier unter etwa 500 Ortschaften zersplittert und höchst origineller Weise befinden sich die grossen Kaiserprivilegien und geistlichen Bullen, welche dem Domstifte etwa 50 Orte bestätigen, unter demjenigen Orte, der zuerst genannt wird; also, wenn dies der Hof Albig wäre, unter Provinz Rheinhessen, Canton Alzey, Bürgermeisterei Alzey, Gemeinde Monsheim, Hof Albig. Diese Methode hat zwar die Annehmlichkeit schnellerer Orientirung für den Archivar, ist aber der Ruin alles historischen Wesens und wir können für die Archive der Norddeutschen Staaten nur auf das Dringendste vor dieser Methode warnen und dagegen auf das Angelegentlichste die Annahme der Preussischen oder historischen Methode mit der Maassgabe empfehlen, dass für die ältere Zeit das Jahr 1806 (Auflösung des Deutschen Reichs) als Normaljahr für die Constituirung der Archivabtheilungen angenommen werde. Durch diese Bestimmung würde die Grenze für den nothwendigen gleichmässigen Abschluss der mittelalterlichen Zustände für die Deutschen Archive gefunden werden und es würden von dieser Zeit an, resp. von 1866 ab die betreffenden, modernen, staatlichen Einrichtungen maassgebend werden.

Die uns hinsichtlich der principmässigen, gleichförmigen inneren Organisation unserer Deutschen Archive vielfach entgegentretenden Mängel weisen recht dringend auf das Erforderniss hin, das Archivwesen zur Bundesangelegenheit zu machen; um aber ein solches Organisationswerk mit der nöthigen Energie planmässig und nach einem gleichartigen Schematismus durchführen zu können, erscheint es unumgänglich, dass die leitenden Fäden in einer Hand, in der eines General-Directors der Archive des Norddeutschen Bundes vereinigt werden.

Freizügigkeit im Norddeutschen Bunde.

Inhalt: A. Die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes.

I. Artikel 3 der Verfassung des Norddeutschen Bundes.

II. Das Gesetz vom 1. November 1867.

III. Anlagen und Anmerkungen.

B. Die Ausführung der Bundesgesetzgebung in den einzelnen Staaten.

A. Die Gesetzgebung des Norddeutschen Bundes.

I. Artikel 3 der Verfassung des Norddeutschen

Bundes.

Für den ganzen Umfang des Bundesgebietes besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, dass der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem andern Bundesstaate als Inländer zu behandeln und demgemäss zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetrieb, zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechtes und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist.

In der Ausübung dieser Befugniss darf der Bundesangehörige weder durch die Obrigkeit seiner Heimath, noch durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden.

Diejenigen Bestimmungen, welche die Armenversorgung und die Aufnahme in den localen Gemeindeverband betreffen, werden durch den im ersten Absatz ausgesprochenen Grundsatz nicht berührt

Ebenso bleiben bis auf Weiteres die Verträge in Kraft, welche zwischen den einzelnen Bundesstaaten in Beziehung auf die Uebernahme von Auszuweisenden, die Verpflegung erkrankter und die Beerdigung verstorbener Staatsangehörigen bestehen.

Hinsichtlich der Erfüllung der Militairpflicht im Verhältniss zu dem Heimathslande wird im Wege der Bundesgesetzgebung das Nöthige geordnet werden.*)

) Eines der nächsten Hefte der Annalen" wird eine eingehende Darstellung der Gesetzgebung und Organisation des Kriegswesens und u. a. auch das Gesetz betr. die Verpflichtung zum Kriegsdienste vom 9. November 1867 enthalten.

Dem Auslande gegenüber haben alle Bundesangehörigen gleichmässig Anspruch auf den Bundesschutz.

II. Gesetz über die Freizügigkeit.

Vom 1. November 1867.

Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden König von Preussen etc. verordnen im Namen des Norddeutschen Bundes, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt:

§. 1.

(Vergl. S. 476.)

Jeder Bundesangehörige hat das Recht, innerhalb des Bundesgebietes:

1. an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen im Stande ist; 2. an jedem Orte Grundeigenthum aller Art zu erwerben;

3. umherziehend oder an dem Orte des Aufenthalts, beziehungsweise der Niederlassung, Gewerbe aller Art zu betreiben, unter den für Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen.

In der Ausübung dieser Befugnisse darf der Bundesangehörige, soweit nicht das gegenwärtige Gesetz Ausnahmen zulässt, weder durch die Obrigkeit seiner Heimath, noch durch die Obrigkeit des Ortes, in welchem er sich aufhalten oder niederlassen will, gehindert oder durch lästige Bedingungen beschränkt werden.

Keinem Bundesangehörigen darf um des Glaubensbekenntnisses willen oder wegen fehlender Landesoder Gemeindeangehörigkeit der Aufenthalt, die Niederlassung, der Gewerbebetrieb oder der Erwerb von Grundeigenthum verweigert werden.

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§. 7. (Vergl. S 478.)

Sind in den in §. 5 bezeichneten Fällen verschiedene Bundesstaaten betheiligt, so regelt sich das Verfahren nach dem Vertrage wegen gegenseitiger Verpflichtung zur Uebernahme der Auszuweisenden d. d. Gotha, den 15. Juli 1851, sowie nach den späteren, zur Ausführung dieses Vertrages getroffenen Verabredungen.

Bis zur Uebernahme Seitens des verpflichteten Staates ist der Aufenthaltsstaat zur Fürsorge für den Auszuweisenden am Aufenthaltsorte nach den für die öffentliche Armenpflege in seinem Gebiete gesetzlich bestehenden Grundsätzen verpflichtet. Ein Anspruch auf Ersatz der für diesen Zweck verwendeten Kosten findet gegen Staats-, Gemeindeoder andere öffentliche Kassen desjenigen Staates, welchem der Hülfsbedürftige angehört, sofern nicht anderweitige Verabredungen bestehen, nur insoweit statt, als die Fürsorge für den Auszuweisenden länger als drei Monate gedauert hat.

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