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aber zugleich empfehlen zu müssen, die übrigen Abtheilungen dieser Position, insoweit sie feinere Fabrikate umfassen, unberührt zu lassen, also dem Antrage von Bremen in dieser Ausdehnung nicht stattzugeben. Um den Begriff des „grünen Hohlglases" jedoch ein wenig zu erweitern, oder wenigstens die unter denselben fallenden Artikel unabhängig von willkührlicher Auslegung zu machen, schlagen wir vor, demselben etwa folgende Declaration beizufügen:

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Grünes und anderes gemeines, naturfarbiges und Halbweisses Hohlglas (Glasgeschirr), auch mit eingepresster Aufschrift; Glasflaschen (demijohns, Ballons etc. etc.) aus grünem Hohlglas; auch dergleichen mit geschälten oder ungeschälten Weidenruthen, Stroh und dergl. umflochten (Korbflaschen)."

Die Anmerkung zu c) u. e) umfasst dagegen weniger feine Fabrikate als Material und Werkzeug für feinere Fabrikation, und sind wir um deshalb dem Antrage von Königsberg auf Streichung dieser Abtheilung wieder beigetreten.

Wiederholt muss hervorgehoben werden, dass Glastheile (Einlagen zur Garnirung inländischer Knöpfe) mit 4 Thlr. pr. Ctr. versteuert sind, während fertige Glasknöpfe zu 2 Thlr. 20 Sgr. verzollt werden. Das erstere vertheuert unser Fabrikat an Knöpfen zum Export, letzteres benachtheiligt die inländische Glasknopf-Fabrikation. Den dahin gehenden Anträgen der Barmer Industrie glauben wir uns deshalb dahin anschliessen zu müssen, dass durch Declaration bestimmt werde, diese Glastheile aus pos. 10. e) nach 10.b) zu versetzen.

11. Haare,

ad b) (gesponnen) und c) (Oeltücher etc, etc.) zu streichen. Der Umstand, dass die Einfuhr namentlich in Rindvich- und Ziegenhaaren sehr erheblich von der Ausfuhr übertroffen wird, dass die Eingangszölle lediglich Finanzzölle mit fast durchgängig nur sehr geringem Ertrage, und dass Haare lediglich Rohmaterial für die Fabrikation sind (in Betreff der Borsten confer. Art. 4), hat sich der Ausschuss den Anträgen von Königsberg, Stettin, Danzig.und Bremen angeschlossen, dahin gehend, gesponnene Haare, gefärbte Federn, Borsten und Oeltücher etc. etc. ganz frei zu geben. Dagegen hat er von einem Antrage in Beziehung auf pos. d), Gewebe" absehen zu müssen geglaubt, weil er bis zur Zeit seiner Beschlussfassung sich nicht genügend informirt darüber erachtete, welcher Ursache das geringe Zollerträgniss dieser Position beizumessen ist.

12. Häute und Felle.
Freizugeben.

Der auf Fellen zur Pelzwerkbereitung haftende Zoll ist als reiner Finanzzoll zu betrachten, welcher ein Rohmaterial trifft. Wenn wir uns dem Antrage von Bremen, Königsberg und Stettin auf Aufhebung des Zolles anschliessen, trotz dem das Erträgniss desselben an sich nicht unbedeutend ist, so ist dieser Antrag als eine nothwendige Consequenz der bei Art. 28 beantragten starken Ermässigung des Eingangszolles für überzogene fertige Pelze zu vertheidigen.

13. Holz und andere vegetabilische und animalische Schnitzstoffe, sowie Waaren daraus, mit Ausnahme der Waaren von Schildpatt.

ad d) (in geschnittenen Fournieren, 15 Sgr.) zu streichen, resp. mit c) zu vereinigen.

ad e) (Hausgeräth, 1 Thlr.) ebenfalls freizugeben. ad f) u. g) (feine Holzwaaren, 4 Thlr., und gepolsterte Möbel, 3 Thlr.) auf 2 Thlr. zu ermässigen und in eine Position zu vereinigen.

Die bei uns eingegangenen Anträge von Cöln, Bremen, Königsberg, Frankfurt a. O. und Gladbach beziehen sich theils auf Aufhebung bald einzelner, bald mehrerer Positionen. Es wird darin ausgeführt, dass Fourniere, Korkplatten etc. etc. und Stuhlrohr als Rohmaterial betrachtet werden müssten, dass hölzerne Hausgeräthe (grobe Möbel), Böttcher- und Wagnerarbeiten eine weite Verfrachtung wegen der unverhältnissmässigen Transportkosten nicht ertrügen, und dass die Einfuhr von Spulen im Interesse der Industrie begünstigt werden müsse. Mit Rücksicht auf die zahlreichen Artikel, welche davon betroffen werden, schloss sich der Ausschuss daher den Anträgen auf Freigebung aller in den Abtheilungen d) und e) genannten Artikel an, und schlägt im Interesse der Vereinfachung des Tarifs eine Vereinigung der Abtheilungen f) und g) vor, wodurch wesentliche Interessen nach keiner Seite hin berührt werden.

14. Hopfen.

Zu streichen.

Der Eingangszoll auf Hopfen ist die Besteuerung eines unentbehrlichen Hilfsrohmaterials für ein im ganzen Gebiete des Zollvereins stark entwickeltes, in immer lebhafterem Aufschwunge begriffenes Gewerbe, und trifft einen Verbrauchsgegenstand, welcher sowohl durch verschiedene innere Steuern belastet ist, als auch beim Bezuge vom Auslande als fertiges Fabrikat einen Eingangszoll zu entrichten hat. Dieser Wiederspruch wird noch schärfer durch den Umstand, dass unsere inländische Hopfencultur in den letzten Jahren so bedeutend gewachsen ist, dass in manchen Jahren nicht unerhebliche Quantitäten zum Export gelangen, nicht selten aber bei Misswachs wieder in den Zollverein zurück importirt werden, so dass in diesem Falle eine Verzollung zollvereinsländischen Products beim Eingange in den Zollverein eintritt. Aus diesen Gründen glaubte der Ausschuss, dem Antrage Hamburgs auf Freigebung dieses Artikels nicht widersprechen und über das etwa entgegenstehende Finanzbedenken hinwegsehen zu dürfen.

15. Instrumente, Maschinen und

Fahrzeuge.

ad b) 1. (Locomotiven etc. etc.) auf 1 Thlr. zu ermässigen. ad b) 2. (andere Maschinen, y) 25 Sgr. und 8) 11⁄21⁄2 Thlr.) auf 15 Sgr. zu ermässigen, so dass a) — 8) in eine Position zusammenfällt.

ad b) 3. a) u. ẞ) (Walzen 2 Thlr., resp. 15 Sgr.) frei

zugeben.

ad d) 1, (hölzerne Schiffe, 5% v. W.) freizugeben,

Mit Rücksicht auf die ungleich höhere Verzollung musikalischer Instrumente in allen übrigen Ländern hat sich der Ausschuss dem Antrage Bremens auf Streichung der Pos. 1. a) nicht anschliessen können. Wenngleich die Exportfähigkeit der Production im Allgemeinen als feststehend betrachtet wurde, SO liess sich doch bei der grossen Mannigfaltigkeit der Artikel zur Zeit nicht übersehen, ob nicht einige derselben empfindlich davon berührt würden; zudem werden überwiegend feinere Instrumente von Frankreich, Oesterreich und England importirt, bei deren Bezug der Zoll nicht wesentlich in Betracht kommt. Dagegen hat sich der Ausschuss aus dem bereits bei Art. 6 (Eisen) geltend gemachten Grunde und im Interesse der Vereinfachung des Tarifs dem Antrage von Gladbach auf Ermässigung des Zolles für Maschinen im Allgemeinen und einem Antrage von Königsberg angeschlossen und beantragt demgemäss eine Herabsetzung des Zolles für Locomotiven, Tender und Dampfkessel (b. 1.) auf 1 Thlr. und eine Verschmelzung der Unterabtheilungen «), ), ), ) in b) 2. zu einer einzigen Abtheilung à 15 Sgr. Desgleichen empfiehlt er den gänzlichen Wegfall des Zolles für gravirte und ungravirte Walzen, welche ein nothwendiges Requisit für die Gewebedruckerei sind und im Inlande nicht in ausreichendem Maasse gefertigt werden.

Der von uns befürwortete Antrag Stettins auf Aufhebung des Eingangszolles von 5 Procent des Werthes für hölzerne Schiffe rechtfertigt sich durch die Ansicht, dass Alles, was das wichtige Werkzeug des Handels, das Schiff betreffe, nicht durch andere als in der Natur des Schiffsbaues selber liegende Verhältnisse vertheuert werden dürfe. Dieses Motiv war jedoch nicht stark genug, um einen gleicherweise gestellten Antrag auf Aufhebung des Eingangszolles auch für eiserne Schiffe zu unterstützen; es konnte hier der innige Zusammenhang mit der Eisenzollfrage nicht verkannt werden. Durch eine einseitige Aufhebung des Zolles für Eisen-Schiffe, ohne gleichzeitige Reduction der Eisenzölle, würden wichtige Industrie-Interessen verletzt, was bei der freien Einfuhr von hölzernen Schiffen nicht der Fall zu sein scheint.

17. Kautschuck und Guttapercha, sowie Waaren daraus.

ad b) (Fäden und Platten, 15 Sgr.) freizugeben. ad d) (lackirte Waaren etc. etc., 10 Thlr.) auf 6 Thlr. zu ermässigen.

ad e) (Gewebe, 15 Thlr.) auf 10 Thlr. zu ermässigen; die in der Anmerkung genannten Artikel freizugeben. ad f) (Gewebe mit anderen Materialien, 25 Thlr.) auf 20 Thlr. zu ermässigen.

Den uns vorliegenden Anträgen von Bremen und Königsberg auf ganze oder theilweise Aufhebung dieser Position haben wir eingehende Recherchen im Stande der Betheiligten folgen lassen, um zu einem klaren Bilde über den Stand der Industrie zu gelangen. Die uns daraus zugegangene Information lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Industriellen fast ausnahmslos erklären, dass sie eine Reduction der Eingangszölle ertragen und unter Umständen sogar darauf verzichten könnten; alle

weisen aber gleichmässig darauf hin, dass dem Oesterreichischen Tarif und beziehungweise dessen Declaration eine wesentliche Rolle bei dieser Concession beizumessen sei. Wir haben uns erlaubt, bei dem hohen Bundeskanzler-Amte deshalb schon unter dem 18. v. M. vorstellig zu werden.

Die Anträge des Ausschusses sind nach Maassgabe der uns vorliegenden Erachten unter dem Gesichtspunkte formulirt, dass es dem hohen Zollbundesrathe gelingen werde, eine Gleichstellung des Oesterreichischen Tarifs zu erzielen.

Der schon mehrfach hervorgehobene Grundsatz, dass Rohmaterialien und Hilfsfabrikate für die Industrie zollfrei eingehen sollten, hat speciell zu dem Antrage auf gänzliche Befreiung der in der Abth. b) und in der Anmerkung zu Abth. e) genannten Artikel führen müssen, umsomehr, als dieselben theilweise im Zollverein überhaupt nicht hergestellt werden, auch der Zollsatz selbst im Vergleich zum Handelswerth äusserst geringfügig ist. Nur seitens einer Harburger Fabrik lag uns ein Antrag sogar auf Erhöhung des Zolles vor.

Während Berliner und Harburger Fabrikanten darauf hinweisen, dass die Nebenstoffe, welche bei den Pos. 17. d. u. e. bezeichneten Artikeln wesentlich in Betracht kommen, z. B. Baumwoll-Tricotgewebe, glatte und geköperte Baumwollstoffe, Jaconet und Mousselin, div. Wollenstoffe und Seide zu einem ungleich höheren Satze im Vergleich zum Werthe besteuert seien, wie der Hauptstoff Gummi, und sie demgemäss einer Verminderung der Zollsätze von 10 und 15 Thlr. nicht das Wort reden könnten, so lange jenes Verhältniss besteht; da andererseits aber diese Fabrikanten einen stärkeren Nachdruck noch auf die Herabminderung und Gleichstellung der Oesterreichischen Zollsätze legen, glaubte der Ausschuss, nachdem er das letztere Petitum gewahrt hatte, der von andern Berliner Fabrikanten ausgesprochenen Ansicht, welche eine Ermässigung der beiden Sätze Pos. d) u. e) (10 u. 15 Thlr.) für zulässig erachteten, sich dahin anschliessen zu können, dass er dieselbe auf 6 und 10 Thlr. herabzusetzen vorschlägt.

Bemerken muss er, dass Berliner und Barmer Fabriken erklären, in Seiden-Elastics bei einer Herabsetzung des Zolles mit England nicht concurriren zu können; schon jetzt sei dies kaum möglich, weil die Engländer in Beschaffung der geeigneten Seide und der Arbeitskräfte günstiger situirt seien.

18. Kleider und Leibwäsche.

Zu dieser Rubrik hat der Ausschuss in Betreff der Hauptpositionen nichts zu bemerken gefunden und beschränkt sich darauf, nach dem Antrage von Königsberg, die Streichung der Anmerkung zu beantragen. Die davon betroffenen Artikel sind durchgängig solche, welche zollfrei eingehen, wenn sie von dem Reisenden als Passagiergut beim Uebertritt über die Grenze mitgeführt werden, dagegen einer Verzollung unterliegen, wenn er sich dieselben als Frachtgut nachkommen lässt. Einen Unterscheidungsgrund für Zollfreiheit oder Verzollung ein und derselben Waare darin zu finden, ob die Waare in dieser oder jener Verfrachtungsweise die Grenze

passirt, können wir nicht gerechtfertigt erachten und ist auch ohne Analogie im ganzen übrigen Tarif, beziehungsweise in den zu seiner Handhabung getroffenen gesetzlichen Bestimmungen.

19. Kupfer und andere nicht besonders genannte unedle Metalle und Legirungen aus unedlen Metallen, sowie Waaren daraus. ad d) 1. (Drahtgewebe, 3 Thlr.) auf 2 Thlr. 20 Sgr. zu ermässigen und mit d) 2. zu vereinigen. Wenngleich die Hoffnung auszusprechen ist, dass auch dieser Industriezweig binnen kurzer Zeit der Eingangszölle ebenso wie Blei, Zinn und Zink wird entbehren können, und wenn auch nach Ausweis der statistischen Angaben der Export schon jetzt den Import übersteigt, so lagen uns doch aus Kreisen der Betheiligten und Sachverständigen so dringende Versicherungen vor, dass dieselben jetzt noch unentbehrlich seien, dass wir uns in Betreff dieser Position jedes irgend wie eingreifenden Vorschlages enthalten und nur aus Gründen der Vereinfachung die industriell und finanziell sicher unbedenkliche Herabsetzung des Zolles von 3 Thlr. für Drahtgewebe auf 2 Thlr. 20 Sgr. beantragen, so dass d) 1. und 2. in eine Position vereint werden können.

22. Leinengarn, Leinwand und andere Leinenwaaren.

ad a) 1. Alle Garne abwärts von Nr. 30, von denen das Schock 75 Pfd. oder darüber wiegt, auf 15 Sgr. herabzusetzen; für diejenigen Garne, welche unter 75 Pfd, wiegen, den Satz von 2 Thlr. aufrecht zu erhalten.

,, a) 2. ,, e)

(Jutegarn, 15 Sgr.) freizugeben.

(Graue Packleinwand und Segeltuch, 20 Sgr.) freizugeben.

g) u.h) Beide Positionen zum Satze von 10 Thlr. zu vereinigen.

Wir haben den vorstehenden Beschluss nach Einsicht der Berichte der Handelskanımern von Breslau, Schweidnitz, Hirschberg, Lauban, Bielefeld und Gladbach gefasst. Die beiden letztgenannten Kammern als Repräsentanten der Rheinisch - Westfälischen Leinenindustrie sprachen sich für die Beibehaltung der jetzigen Zollsätze aus; die Handelskammer von Bielefeld, welche sich als den Principien des Freihandels zugeneigt bekennt, hebt dabei hervor, dass beim Wegfalle der ausländischen Schutzzölle auch die dortige Industrie kein Interesse an der Erhaltung des inländischen habe; die Kammer von Gladbach erklärt unter Adoptirung desselben Gesichtspunktes der Reciprocität, dass die gegenwärtige Situation der Leinenindustrie sich in dem festen Vertrauen auf die im Handelsvertrage mit Frankreich und im Zollvereinsvertrage stipulirte 12 jährige Dauer derselben gebildet habe und ein plötzlicher Wechsel der Tarifsätze für die mit grossen Maschinenanlagen belasteten Industriezweige störend und nachtheilig sei.

Unterstützt wurde dieser Standpunkt durch die fernere Erwägung, dass die Leinenindustrie und speciell die Spinnereien den Flor der letzten Jahre

Staatshandbuch des Nordd. Bundes etc.

überwiegend der durch den Nordamerikanischen Krieg verursachten grossen Vertheuerung der Baumwollfabrikate verdankt habe, dass aber jetzt schon der unvermeidliche Rückschlag eingetreten sei und sich in hohem Maasse fühlbar mache. Auch sei die Concurrenz des Irischen und Belgischen Leinens nicht leicht zu überwinden, deren Industrieen sich grosser natürlicher Vortheile erfreuen und sich die Maschinen um 25 bis 30 Procent billiger zu beschaffen vermögen; die Englische, Belgische und Französische Industrie könne Russische und Ostseeflachse billiger und bequemer an sich ziehen. Notorisch sei ferner, dass die Franzosen niedrigere Frachtsätze im durchgehenden Eisenbahnverkehre bezahlten, als die Rheinländer und Westfalen. Eine verstärkte Einfuhr ausländischen Garns würde der Weberei zu Gute kommen, sicher aber den Flachsbau und die Flachsverarbeitung, bei deren Entwickelung auch ein landwirthschaftliches Interesse mitrede, benachtheiligen. Auch zeige die Weberei, Statistik, dass Flachsbau, Spinnerei, Bleicherei und Appretur sich bei dem bisherigen Zollsystem günstig entwickelt haben und daher eine absolute Fehlerhaftigkeit des letzteren nicht behauptet werden könne.

Auch die Breslauer Kammer vermag einer Ermässigung der Zölle nicht das Wort zu reden, dagegen deutet sie, wie die übrigen Schlesischen Kammern, auf das völlig anomale Verhältniss hin, unter welchem die Schlesische Leinenindustrie und der dortige Handel leidet und dessen Abstellung durchaus dringend sei. Rohe Leinwand geht auf der Böhmischen Grenze in Schlesien und Sachsen seit Friedrich's d. Gr. Zeiten zollfrei ein. Von 1853 bis zur Einführung des gegenwärtigen Systems wurde Böhmisches Leinengarn mit 15 Sgr. Eingangszoll besteuert. Bei diesem Satze fand der frühere Verkehr Bestehen und Entwickelung. Die Böhmischen Garne, welche für gröbere und billigere Leinwand ausserordentlich geeignet sind und sich in Böhmen wegen der günstigen Lohnverhältnisse billiger herstellen liessen, gaben der zahlreichen armen Weberbevölkerung in Schlesien erwünschte lohnende Beschäftigung. Die Schlesische Weberei concurrirte erfolgreich mit der Böhmischen, die in Schlesien heimische Bleicherei und Appretur fand Beschäftigung und der Exporthandel mit Schlesischer Leinwand nach Spanien, Amerika und vornehmlich nach Russland blühte. Während der Amerikanische Markt alsbald durch die leichten irischen Gewebe hinweggenommen, der Spanische aus anderen Gründen verloren ging, änderte gleichzeitig die Erhöhung des Garnzolls auf 2 Thlr. auch die ganze bis dahin günstige innere Lage. Es wurde plötzlich lohnender, die Böhmischen Garne auch in Böhmen verweben zu lassen; der um circa 1 Sgr. per Stück Garn niedrigere Stand der dortigen Arbeitslöhne und die Ersparung des Garnzolles waren entscheidend. Dies hatte zur Folge, dass die Schlesische Weberei empfindliche Schläge erhielt, dass in Böhmen selbst die weitere Verarbeitung des Garns erstarkte, Bleichereien und Appreturen in's Leben rief und der bis dahin Schlesien gehörige Exporthandel auch nach Russland hin in Böhmische Hände überging. Dass unter diesen Umständen die Forderung der Schle

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sichen Kammern auf Wiederherstellung des früheren Satzes von 15 Sgr. berechtigt erscheint, bedarf keines Beweises. Die Schwierigkeit bestand für uns nun in der Rechtfertigung dieses Satzes gegenüber der allgemeinen Lage der Leinenindustrie, welche den Satz von 2 Thlr. erheischte. Glücklicherweise bot sich in der Eigenthümlichkeit der Schlesischen Industrie selbst das Auskunftsmittel dar, welches von Breslau befürwortet wurde. Da vorzugsweise die gröberen Garnnummern Böhmischer Erzeugungsart in Frage waren, und diese in ihrem Gewichte per Schock ein charakteristisches Merkmal der Besteuerung blieben, so lag es nahe, die Ermässigung des Zolles auf diese gröberen Nummern zu beschränken.

Es wurde ermittelt, dass 1 Schock Garn zu 60 Stück wiegt

Nr. 16. 18. 20. 22.25.30.35.40.45.50.55.60.70.SO. Pfd. 140. 125.112.102.90.75. 64. 56.50.45.44.38.32.28. und dass der Steuersatz von 2 Thlr. per Centner sich auf 1 Schock Garn nach Nummern berechnet wie folgt:

Nr. 16. 18. 20. 22. 25. 30. 35. 40. 45. 50. 55. 60. 70. SO. Sgr.84. 75. 68. 60. 54. 45. 38. 33. 30. 27. 26. 22. 20. 17. Hieraus erhellt, dass gerade die dort gangbaren gröberen Nummern ganz unverhältnissmässig, und wir möchten fast sagen ungerechter Weise vom Zolle betroffen werden, und dass schon aus diesem Grunde sich die Herabsetzung daselbst empfiehlt.

Wir glaubten dem Antrage Breslaus, von Nr. 12. bis 40. incl. die Ermässigung auf 15 Sgr. vorzuschlagen, uns aus dem Grunde nicht anschliessen zu sollen, weil der Abschnitt im Gewichte (56 Pfd.) uns nicht praktisch erschien, und dann auch die Gefahr der Beschädigung der feineren Schlesischen und Westfälischen Garnproduction zu nahe gelegt wurde.

Ebenso wenig schien es uns geeignet zu sein, die mittleren Nummern etwa auf 1 Thlr. und die niedrigeren auf 15 Sgr. zu setzen, weil wir eine Erschwerung der Steuercontrole besorgten. Wir glaubten deshalb unseren Antrag auf die Ermässigung des Zolles auf 15 Sgr. auf Nr. 12. bis Nr. 30. incl. beschränken zu sollen, welche im niedrigsten Gewichte mit 75 Pfd. oder genau Centner abschliesst.

23. Lichte.

ad b) (Andere, 2 Thlr.) auf 1 Thlr. 15 Sgr. zu ermässigen und mit a) zu vereinigen.

Der Unterschied zwischen den Positionen a) und b) ist so unbedeutend, der Ertrag von b) so auffallend gering, dass eine Theilung des Zolles nicht gerechtfertigt erscheint; die Ermässigung von b) auf 1 Thlr. 15 Sgr. wird um so unbedenklicher sein, wenn gleichzeitig unser Antrag zu Pos. 26b) Freigebung von Paraffin und Wallrath, zur Annahme gelangen sollte.

24. Material- und Specerei-, auch Conditor-Waaren und andere Consumtibilien. ad f) (Butter) und g) (Fleisch) zu streichen. ganz h) 2a) (Früchte etc. etc., 4 Thlr.) zum Satze von 2 Thirn, nach h) 1. zu versetzen und

h) 2p) ganz zu streichen,

ad k) (Heringe, 1 Thlr.) auf 15 Sgr. zu ermässigen. ad ) (Honig, 10 Sgr.) freizugeben.

ad m) 3. (Cichorien, 20 Sgr.) freizugeben; desgleichen: ad p) 2. den Artikel getrocknete Cichorien". ad q) 1. (Kraftmehl, Nudeln etc., 2 Thlr.) freizugeben. ad s) (Reis, 1 Thlr.) freizugeben.

Diese Rubrik enthält eine grosse Anzahl solcher Artikel, welche sowohl für die Erhaltung als für die Förderung und Kräftigung des physischen Lebens als nothwendig bezeichnet werden müssen. Nur wenige von ihnen dienen den verfeinerten Lebensgenüssen und fallen in das Gebiet des Luxus. Man wird es eine verständige Theorie nennen müssen, nach welcher diese Stoffe, die Vorbedingung aller Arbeitskraft überhaupt, zu möglichst billigen Preisen zur Consumtion gelangen sollen. Auch das andere Kriterium der Zollfreiheit, dass die Stoffe im Inlande überhaupt nicht erzeugt werden, trifft bei den meisten derselben zu. Dennoch sind sie seit langen Zeiten Gegenstände der indirecten Besteuerung der Staatsangehörigen geworden und liefern zu den Einkünften des Staates so beträchtliche Beiträge, dass an eine plötzliche Umänderung des Systems nicht gedacht werden kann. Für einige der darin einbegriffenen Artikel, namentlich aber für Zucker, hat sich allmälig auf Grund der bestehenden Eingangszölle eine einheimische Industrie herangebildet, welche so grossartige Dimensionen angenommen hat, dass sie vor leichtfertigen Experimenten sowohl im augenblicklichen finanziellen Interesse des Staats, als im Interesse ganzer Provinzen und ganzer Lebensstände bewahrt werden

muss.

Unter diesen Umständen ist es äusserst schwierig, wenn nicht unmöglich, bei Prüfung der ganzen Rubrik ein festes, auf alle einzelnen Artikel gleich anwendbares Princip als Maassstab anzulegen. Es bleibt nur übrig, jede Abtheilung für sich concret zu behandeln, ihre Stellung in der Scala der Bedürfnisse festzustellen und daneben die finanzielle Bedeutung im Auge zu behalten. Von diesem, wie uns scheint, einzig und allein praktischen Standpunkte aus haben wir die mit Bezug auf diese Rubrik sehr zahlreich bei uns eingegangenen Anträge einer sorgfältigen Erwägung unterzogen, und gestatten uns demnach dazu folgende erläuternde Bemerkungen:

vor.

ad c) Hefen, liegt ein bestimmter Antrag nicht Es entstand jedoch die Frage, ob der Zollsatz von 11 Thlrn. pro Centner seine Entstehung nicht hauptsächlich dem Umstande verdanke, dass das nicht zum Zollverein gehörige Mecklenburg auf Grund seiner Branntweinsteuer-Gesetzgebung in der Lage gewesen ist, die Hefe sehr viel billiger herzustellen, als dies bei uns der Fall ist, und ob bei dem voraussichtlich nun bald erfolgenden Eintritte Mecklenburgs in den Zollverein dieser Zoll nicht seine Bedeutung in gewissem Grade verliere. Der Ausschuss beschränkt sich darauf, bei dem hohen Bundesrathe die Erwägung in Anregung zu bringen, ob bei dem Zutritte Mecklenburgs der Eingangszoll für Hefen nicht auf denjenigen Satz zu reduciren sei, welchen die Productionsverhältnisse

anderer Nachbarländer unbedingt nothwendig erscheinen lassen.

ad h) 2a) Südfrüchte. In dieser Position finden sich Artikel, wie z. B. ordinäre, getrocknete Pomeranzen und Korinthen, deren Einkaufspreis bisweilen weit unter der Höhe des darauf haftenden Eingangszolles zurückbleibt. Pomeranzen finden zudem in dem Gewerbe der Destillation eine unersetzliche Verwendung.

Korinthen haben per Pfund am Ursprungsorte einen Werth von 8-9 Pfennigen, die Steuer darauf beträgt 1% Sgr. Wenn wir die Ermässigung des Zolles auch für diesen Artikel beantragen, obgleich derselbe eine nennenswerthe finanzielle Einnahme bildet, so leitete uns dabei das Beispiel Englands, welches seinen Zoll von 44 Shilling im Jahre 1821 allmälig bis auf 7 Shilling im Jahre 1860 in rascher Reihenfolge ermässigte, während die Zolleinkünfte von 210,000 auf 280,000 Liv. stiegen. Es liegt hierin der Beweis, dass ein nicht zu unterschätzendes Bedürfniss für diesen Artikel vorliegt. Es ist aber im Ferneren darauf hinzuweisen, dass alle in dieser Position enthaltenen Artikel einen wichtigen Handelsgegenstand aus der Levante bilden, dass das Gedeihen der Schifffahrt ebenso sehr von Fracht als von Rückfracht abhängig ist, und dass gegenwärtig ein grosser Theil des Handels als Zwischenhandel dem englischen Markte und der englischen Schifffahrt zu Gute kommt.

Sollte für den einen oder den anderen Artikel aus dieser Abtheilung der Zoll auch an und für sich nicht übermässig normirt sein, so würde es sich doch kaum empfehlen, ihretwegen eine gesonderte Abtheilung aufrecht zu erhalten, und geht unser Antrag demgemäss dahin, sie ausnahmslos mit h) 1. zum Satze von 2 Thlrn. zu vereinigen.

Durch mehrseitige Eingaben sind wir auf einen Uebelstand aufmerksam gemacht worden, welcher die für diese Früchte und namentlich für Korinthen bewilligte Tara betrifft. Es wird allgemein behauptet, dass sie zu gering bemessen sei, und zwar um so viel, dass es sich lohnt, die Waaren an ausländischen Plätzen von ihrer natürlichen, für den Seetransport nothwendigen schwereren Fastage zu entkleiden und sie umzupacken. Erspart nun der Handel dadurch zwar an der Tara, so hat er dafür die Kosten der Umpackung zu tragen. Die Beseitigung dieses Uebelstandes dürfte mit geringen Schwierigkeiten verknüpft sein.

ad i) Gewürze. Die durch das amtliche Waarenverzeichniss in diese Position versetzten Artikel Galgandwurzeln, Sternanis und Cubeben scheinen durch ein Versehen in diese Stellung gelangt zu sein, da alle drei den Charakter von Gewürzen auch nicht im Entferntesten tragen. Sternanis und Cubeben sind reine Medicinal - Droguen und gehören unzweifelhaft nach 5. b) 2., während Galgandwurzel, nur in der Destillation verwendet, bei einem Preise von S Mark Bco. in Hamburg einen Zoll von 61⁄21⁄2 Thlr. zu zahlen hat. Wir haben eine niedrigere Position, in die sie zu verweisen wären, im Tarif nicht auffinden können und schlagen daher vor, sie aus i) nach h) 1. mit Südfrüchten zum Satze von 2 Thlrn. zu vereinigen.

ad k) Heringe Bei dieser Position wirkten

verschiedene Momente für die Erwägung und Beschlussnahme. Dass Heringe ein sehr wertvolles und ein namentlich in den Küstenprovinzen in grossem Maassstabe verbrauchtes Nahrungsmittel seien, und dass man daher ihre gänzliche Befreiung von jedem Eingangszolle wünschen müsse, darüber herrschte keinerlei Meinungsverschiedenheit. Dass auch die Verhältnisse der Seefischerei und der Schifffahrt darauf hindrängen, konnte nicht verkannt werden. Wenn sich der Ausschuss nichtsdestoweniger nicht für vollständige Aufhebung, sondern nur für Ermässigung des Zolles auf die Hälfte entschieden hat, so war dabei einerseits die beträchtliche Einnahmequelle für den Staat, andererseits der Umstand maassgebend, dass ein Connex dieser Position mit der Salzsteuerfrage nicht zu leugnen ist. Die Ermässigung auf die Hälfte des Zolles für gesalzene Heringe wird immerhin noch reichlich die Steuer für das in den Heringen enthaltene Salz decken, und wird bei einem voraussichtlich nicht übermässigen Ausfall in den Zollrevenuen Spielraum lassen für die Beobachtung, ob sie auf den Import die erwartete Wirkung ausübt. Dem zu erhebenden Einwande, dass sich der Segen dieser Maassregel so zersplittere, dass auf das einzelne Stück ein Einfluss nicht bemerkbar sein könne, wurde damit begegnet, dass dieser Einwand, der sich fast bei allen Zollermässigungen anführen lasse, unerheblich sei gegenüber dem Vortheil, welcher dem Handel und der Schifffahrt erwachse, und dass sich hieraus schliesslich doch eine Rückwirkung auf die Preise bemerklich machen müsse. Aus diesen Gründen hat der Ausschuss die Anträge von Stettin und Düsseldorf auf gänzliche Streichung abgelehnt und sich dem Antrage von Bremen angeschlossen.

ad q) 1. (Kraftmehl, Nudeln, Sago) und s) (Reis). Für die Entschliessung, den Anträgen einer grossen Anzahl von Plätzen auf gänzliche Freigebung dieser Artikel beizutreten, war die einfache Erwägung bestimmend, dass sie sämmtlich directe Ernährungsmittel sind, sich durch nichts von dem Charakter unserer einheimischen Mehlfabrikate oder Getreidesorten unterscheiden, und dass innerhalb dieses Charakters der Unterschied der unbedingten Nothwendigkeit und eines gewissen Luxus nicht zu ziehen ist. Die über den Nahrungswerth des Reis erhobenen Zweifel, gestützt auf vielfach missverstandene und nicht in Relation zu den übrigen Eigenschaften dieser Getreidefrucht gebrachte chemische Analysen, müssen zurücktreten vor der Thatsache, dass ganze Welttheile ihr hauptsächliches, fast einziges Nahrungsmittel darin finden. Auch der Hinweis darauf musste von Einfluss sein, dass es von ersichtlicher Wichtigkeit ist, den Gefahren der Folgen einer Missernte im Inlande dadurch vorzubeugen, dass durch jede mögliche Verbilligung der Waare die Bevölkerung sich an den Genuss von Getreidefrüchten gewöhnt, welche im Inlande nicht erzeugt werden. Gerade der gegenwärtige Augenblick liess die Bedeutung dieses Moments in volles Licht treten.

Diese Gründe erschienen dem Ausschuss so überzeugend, dass er glaubte, über das entgegenstehende finanzielle Bedenken, wie erheblich sich dasselbe

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